Hellmut Georg von Gerlach

Aus Wikipedia:

„… geboren am 2. Februar 1866 in Mönchmotschelnitz, Provinz Schlesien, Preußen; gestorben am 1. August 1935 in Paris) war ein deutscher Publizist, Politiker und Pazifist.

Hellmut von Gerlach wurde als Sohn des Gutsbesitzers Max von Gerlach (1832–1909) und dessen Ehefrau Welly geb. Peyer (1837–1899) in Mönchmotschelnitz geboren. Sein Großvater väterlicherseits war Karl von Gerlach (1792–1863), Polizeipräsident in Berlin, Regierungspräsident in Köln und Erfurt und ein Urgroßvater mütterlicherseits Johann Gottlieb Koppe (1782–1863).

Leben

Hellmut von Gerlach besuchte das Gymnasium in Wohlau. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften in Genf, Straßburg, Leipzig und in Berlin trat Gerlach in den preußischen Staatsdienst ein. Während seines Studiums wurde er Mitglied des VDSt. (Verband der Vereine Deutscher Studenten) Erste journalistische Sporen verdiente er sich als Mitarbeiter des Deutschen Adelsblatts.

Als Referendar wirkte Gerlach in Lübben, Berlin, Schleswig und Magdeburg. Dann wurde er Regierungsassessor und Stellvertreter des Landrats für den Kreis Herzogtum Lauenburg in Ratzeburg. 1892 verließ er den Staatsdienst, um sich politischer und journalistischer Arbeit zu widmen. Zunächst stand er dem christlich-sozialen, antisemitischen Flügel der Konservativen um Adolf Stoecker nahe. Von 1892 bis 1896 war er Redakteur der christlich-sozialen Tageszeitung Das Volk. Im Juni 1894 nahm Gerlach brieflichen Kontakt mit Friedrich Engels auf und besuchte ihn in London. Unter dem Einfluss Friedrich Naumanns entwickelte Gerlach eine liberale politische Haltung. Mit seinem Bundesbruder Naumann gründete er 1896 den Nationalsozialen Verein.

Von 1898 bis 1901 und erneut von 1906 an war Gerlach Chefredakteur der Berliner Wochenzeitung Die Welt am Montag. In seinen Beiträgen forderte er politische Reformen zur Parlamentarisierung des Reichs. Gerlach bearbeitete intensiv zwei Wahlkreise, um für die Nationalsozialen in das Preußische Abgeordnetenhaus und in den Reichstag zu gelangen. Im preußischen Abgeordnetenhauswahlkreis Lingen-Bentheim im äußersten Westen der Provinz Hannover an der niederländischen Grenze gründete er dazu nationalsoziale Arbeitervereine, die in den Textilarbeitergemeinden Nordhorn, Schüttorf und Gildehaus sowie unter den Eisenbahnarbeitern in Lingen an der Ems viel Zulauf erhielten. 1898 gewann er so viele Wahlmänner, dass im Bündnis mit dem Zentrum in diesem Teil des ehemaligen Reichstagswahlkreises Ludwig Windthorsts trotz des Wahldrucks gegen seine Anhänger und die Zentrumspartei die Wahl Gerlachs in das Preußische Abgeordnetenhaus nahe schien. Da boten die nationalliberalen Fabrikanten dem bislang so verhassten Zentrum an, einen Zentrumsmann zu wählen, um einen Sieg von Gerlachs zu verhindern. Da er die bislang duldsame Arbeiterschaft organisierte, wurden hier er und die Nationalsozialen für einige Jahre das Feindbild der Fabrikanten schlechthin. Das Zentrum nahm das Angebot der Nationalliberalen an, so dass es hier zu einem weithin Aufsehen erregenden Stimmverhalten der Nationalliberalen kam. Obwohl von Gerlach mit der angekauften Schüttorfer Zeitung ein höchst aktives Presseorgan zu seiner Unterstützung besaß und er bei den nächsten Wahl 1903 seine Stimmenzahl steigern konnte, blieb seine Bewerbung ebenso erfolglos wie die Kandidaturen im Reichstagswahlkreis „Meppen“ im Januar und Juni 1903.

Gerlachs politische Arbeit im Reichstagswahlkreis Marburg-Frankenberg-Kirchhain war erfolgreicher. Als einziger Nationalsozialer gehörte er vom Juni 1903 bis zum Januar 1907 dem Reichstag an. Dort schloss er sich als Hospitant der linksliberalen Freisinnigen Vereinigung an, da sich der Nationalsoziale Verein nach der Wahlniederlage von 1903 aufgelöst hatte. Gewählt wurde er mit Hilfe des Zentrums und der SPD. 1907 verlor er den Wahlkreis an einen Angestellten des Deutschen Landbundes. 1908 verließ Gerlach die Freisinnige Vereinigung und wurde Mitbegründer der Demokratischen Vereinigung (DV). Als deren Vorsitzender Rudolf Breitscheid nach der erfolglosen Teilnahme an der Reichstagswahl 1912 sein Amt niederlegte und zur SPD wechselte, übernahm Gerlach, der in seinem angestammten Wahlkreis Marburg-Frankenberg als einziger Kandidat der DV in die Stichwahl gekommen war, den Vorsitz der Vereinigung.

Im Ersten Weltkrieg nahm Gerlach eine pazifistische Haltung ein. Dabei unterstützte er die Reformerin Helene Stöcker. Überzeugt von der deutschen Kriegsschuld, forderte er in seiner Zeitung Welt am Montag eine Verständigungspolitik. 1918 gehörte er mit Friedrich Naumann zu den Gründern der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der Deutschen Friedensgesellschaft. 1918/1919 war er Unterstaatssekretär im preußischen Innenministerium. In diesem Amt setzte er sich für die deutsch-polnische Aussöhnung ein und war infolgedessen heftigen Anfeindungen ausgesetzt.

1919 trat Gerlach dem Rat des Internationalen Friedensbüros bei. Als Journalist kämpfte er gegen politische Umsturzversuche rechtsgerichteter Kreise. So trat er für die Erfüllung des Versailler Vertrags ein und prangerte die illegale Aufrüstung an. In der Welt am Montag setzte er sich besonders für eine deutsch-französische Verständigung ein. 1920 entging er nur knapp einem Mordanschlag nationalistischer Kreise. 1922 trat er aus der DDP aus und wurde 1926 Vorsitzender der Deutschen Liga für Menschenrechte. In dieser Funktion nahm er an mehreren internationalen Friedenskongressen teil. 1930 wurde Gerlach Gründungsmitglied der politisch einflusslosen Radikaldemokratischen Partei.

Für den inhaftierten Carl von Ossietzky übernahm Gerlach 1932 die politische Leitung der Zeitschrift Die Weltbühne. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1933 ging Gerlach ins Exil nach Österreich; er stand auf der im August in Kraft getretenen und veröffentlichten Ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933. Auf Einladung der französischen Liga für Menschenrechte siedelte er nach Paris über, wo er sein journalistisches und pazifistisches Engagement fortsetzte und vor dem nationalsozialistischen Regime warnte.

Gerlach nominierte erfolgreich Carl von Ossietzky für den Nobelpreis.

1948 wurde in Deutschland die Hellmut-von-Gerlach-Gesellschaft gegründet, die sich um die Deutsch-Polnische Verständigung bemühte.

Hellmut von Gerlach heiratete 1904 Hedwig Wiesel (1874–1956), mit der er einen Sohn und eine Tochter atte.