Deutsche Christen

Adolf Hitler Quelle: Aus „Mein Kampf“

Wikipedia schreibt:

„… Die Deutschen Christen (DC) waren eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus, die diesen von 1932 bis 1945 an die Ideologie des Nationalsozialismus angleichen wollte.

Sie wurde 1931 als eigene Kirchenpartei in Thüringen gegründet und gewann 1933 die Leitung einiger Landeskirchen in der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK). Mit ihrer Gleichschaltungspolitik und dem Versuch, durch die Übernahme des Arierparagraphen in die Kirchenverfassung Christen jüdischer Herkunft als Judenchristen auszuschließen, löste sie den Kirchenkampf mit anderen evangelischen Christen aus. Diese gründeten daraufhin im Mai 1934 die Bekennende Kirche, die die Deutschen Christen als Häretiker betrachtete und aus der Kirchengemeinschaft ausschloss.“

Was in dieser Beschreibung stellenweise etwas „harmlos“ klingt, zeigt bereits beim Begriff „Gleichschaltung“ auf, was damit gemeint ist, nämlich die erzwungene Eingliederung aller sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Kräfte in die Organisation der nationalsozialistischen Diktatur, die damit die Kirche vereinnahmt und kontrolliert.

Vom Himmel gefallen ist diese verbrecherische Kirchenströmung nicht und sie war auch keine Erfindung der Nationalsozialisten, sondern bereits im Kaiserreich gab es protestantische Gruppen, die extrem völkisches, nationalistisches und rassistisches Gedankengut in die herkömmlichen Kirchen einbrachten mit dem Ziel, eine Art „deutsches Christentum“ zu „installieren“. Wikipedia nennt das: „arteigene Volksreligion“ und schreibt weiter: „Sie fanden ihr Vorbild etwa in dem Berliner Hofprediger Adolf Stoecker, der Arbeiterschaft und christliches Kleinbürgertum in den 1880er Jahren gegen angeblich jüdische „Überfremdung“ zu positionieren versuchte und dazu auch parteipolitisch tätig wurde.“

Adolf Stoecker reitet das orientalische Wüstenross, 1884 Quelle: Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung

Parteipolitisch tätig hieß, Stoecker gründete am 5. Januar 1878 in Berlin die „Christlichsoziale Arbeiterpartei“ (CSAP) als Alternative zur Sozialdemokratie. „Das verbindende Element der widersprüchlichen Programmmischung war nun ihr Antisemitismus: Linksliberale und Sozialisten bezeichnete sie als „verjudet“, so wie ihr Antipode, die Eigentümer der großen Kapitalien, „verjudet“ seien. Ein weltverschwörerisch agierendes „internationales Judentum“ plane die Vernichtung u. a. des „deutschen Volkes“, so Wikipedia.

In’s gleiche Horn stieß die so genannte „Berliner Bewegung“, entstanden Ende der 1870er Jahre und auch in der spielte Stoecker eine maßgebliche Rolle.

Wikipedia schreibt:

„… dabei handelt es sich nicht um eine Partei oder einen Verein, sondern um eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Gruppierungen und Personen, deren gemeinsamer Nenner die Judenfeindschaft war. (…) Besonders pointiert verliehen die Schriften des Publizisten Otto Glagau diesem Gedankengut Ausdruck.

Stoecker war einer der Erstunterzeichner der „Antisemitenpetition“ prominenter Judengegner. Sie denunzierte die Angehörigen der Minderheit als kollektive „Gefahr für unser Volksthum“. Sie verlangte unter anderem die Erfassung des jüdischen Bevölkerungsteils, den Ausschluss der jüdischen Deutschen aus allen obrigkeitlichen Funktionen und dem Lehramt der Volksschulen, ihre nur eingeschränkte Verwendung in den weiterführenden Schulen und der Justiz sowie ein Verbot der jüdischen Zuwanderung. In diesem Sinne vertrat Stoecker die Christlich-Sozialen 1882 auf dem Internationalen Antisemitenkongreß in Dresden.

Otto Glagau (Mitte) und weitere Antisemiten der „Berliner Bewegung“, ca. 1880 Quelle: Wikipedia

Da Stoecker der Ruf anhing, ein Tumulte auslösender Hetzer zu sein, bemühte er sich in öffentlichen Auftritten vor einem gediegenen Publikum um den Anschein der Seriosität, Konzilianz und Besonnenheit. Daraus ergaben sich immer wieder Lügen. Seine Unterschrift unter die Antisemitenpetition bietet ein anschauliches Beispiel. 1881 antwortete er im Preußischen Landtag auf die Frage „Haben Sie unterschrieben?“ mit „Nein“, woraufhin ihm seine Unterschrift vorgehalten wurde.“

Stoeckers erste Rede vermittelt vielleicht einen Eindruck seiner Einstellung.

Portrait von Arthur und Beate Bonus (um 1900) Quelle: gemeinfrei

Arthur Bonus – evangelischer Pfarrer und Autor – propagierte 1896 eine „Germanisierung des Christentums“ und der Schriftsteller und Dichter Max Bewer behauptete in „Der deutsche Christus 1907, „Jesus stamme von deutschen Söldnern im römischen Heer in Galiläa ab und seine Verkündigung sei von „deutschem Blut“ beeinflusst. Er folgerte daraus, die Deutschen seien die besten Christen unter den Völkern, die nur durch das materialistische Judentum an der Entfaltung ihrer Geisteskräfte gehindert seien“, so Wikipedia.

Und weiter: „Julius Bode (1876–1942) dagegen sah die Christianisierung der Germanen als Aufzwingen einer „undeutschen“ Verstandesreligion, die dem germanischen Fühlen wesensfremd geblieben sei und von der es sich befreien müsse.“

Houston Stewart Chamberlain Von Bundesarchiv, Bild 119-1600-06 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Von Bundesarchiv, Bild 119-1600-06 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5337539

Aber dieser abstoßende Antisemitismus beschränkte sich keinesfalls nur auf das „Deutsche Kaiserreich“. Der in England geborene Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain „gilt als Verfasser zahlreicher populärwissenschaftlicher Werke, unter anderem zu Richard Wagner, Immanuel Kant und Johann Wolfgang von Goethe, mit pangermanischer und antisemitischer Einstellung. Sein bekanntestes Werk sind „Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“ (1899), das zu einem Standardwerk des rassistischen und ideologischen Antisemitismus in Deutschland avancierte“, schreibt Wikipedia.

Aber setzen wir die Reihe der Theologen fort, die als „Unterstützer“ des Antisemitismus nicht nur in theologischer Weise, sondern auch politisch eine extreme Rolle übernommen haben.

der Kieler Pastor Adalbert Paulsen Quelle: Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte

Der Flensburger Pastor Friedrich Andersen – Mitbegründer der Deutschen Christen, ausgewiesener Antisemit und Wegbereiter des völkischen Christentums – forderte 1904 die Abschaffung des Alten Testaments und „aller jüdischen Trübungen der reinen Jesuslehre“. Das heißt u.a.: Im Religions- und Konfirmandenunterricht sollten keine Stoffe des Alten Testaments, wie z.B. die Zehn Gebote mehr gelehrt werden und auch das Neue Testament müsse „von jüdischen Einflüssen zu „reinigen sein“. Im Jahre 1918 veröffentlichte er eine „Übersicht über die gegenwärtigen Versuche, das Judentum aus dem deutschen Christentum auszuscheiden“ und 1921 schrieb er „Der deutsche Heiland, in dem er den Gegensatz zum Judentum auf eine apokalyptische Entscheidung zuspitzte, diese Sätze:

„Wer wird siegen, der sechseckige Stern Judas oder das Kreuz? – Die Frage ist vorläufig noch nicht auszumachen. Der Jude geht jedenfalls zielbewusst seinen Weg (…) Niederwerfung seines tödlich verhassten Gegners. Wenn die Christenheit Karfreitag feiert, sollte sie sich jedenfalls nicht in Träume wiegen; (…) sonst könnte noch einmal ein viel schrecklicheres Golgatha kommen, wo das Judentum der ganzen Welt am Grabe des zu Boden getretenen Christentums seine Jubelgesänge zu Ehren des menschenmordenden, völkerausrottenden Jahu singt.“

Und er meinte: „Gegen die „Verseuchung mit jüdischen Ideen“ vornehmlich aus dem Alten Testament sollten sich Kirche und Deutschtum „gegenseitig nützen und stützen“. Dann würde das Christentum seinen Ursprungscharakter als „Volks- und Kampfesreligion“ zurückgewinnen und sei dann tauglich, dass „der große Ausbeuter der Menschheit, der böse Feind unseres Volkes endlich unschädlich gemacht werde.“

Adolf Bartels Quelle: Wikipedia

1917 gaben Andersen, der Schriftsteller Adolf Bartels, der Kirchenrat Ernst Katzer und Hans von Wolzogen, der 1936 Hitler „als Verkörperung des völkischen Geistes“ feierte – 95 Thesen heraus, um ein „Deutschchristentum auf evangelischer Grundlage“ zu begründen. Darin hieß es:

„Die neuere Rassenforschung endlich hat uns die Augen geöffnet für die verderblichen Wirkungen der Blutsmischung zwischen germanischen und nichtgermanischen Volksangehörigen und mahnt uns, mit allen Kräften dahin zu streben, unser Volkstum möglichst rein und in sich geschlossen zu halten.

Hans von Wolzogen Quelle: Walchensee Museum

Religion ist die innerste Kraft und feinste Blüte im geistigen Leben eines Volkes, kann aber nur in völkischer Ausprägung kulturkräftig wirken (…) Eine innigere Verbindung zwischen Deutschtum und Christentum ist nur zu erreichen, wenn dieses aus der unnatürlichen Verbindung gelöst wird, in der es nach bloßem Herkommen mit der jüdischen Religion steht.“

Dazu gründete Andersen mit Joachim Kurd Niedlich – Schriftsteller und Pädagoge – dem Pastor Ernst Bublitz im Mai 1921 den „Bund für deutsche Kirche“, dessen Vorsitz er übernahm.

Über den „Bund für Deutsche Kirche“ schreibt Wikipedia:

„… Der Bund für Deutsche Kirche wurde im Juni 1921 von Joachim Kurd Niedlich, Ernst Bublitz und Friedrich Andersen gegründet. An der Gründung beteiligt waren Houston Stewart Chamberlain, Adolf Bartels, Arthur Bonus, Hans von Wolzogen sowie weitere Wagnerianer aus der Bayreuther Gegend. Er sollte dazu beitragen, die evangelische Kirche völkisch zu verändern, und stand in Konkurrenz zu den Deutschen Christen. Man verstand sich als „Kampf- und Arbeitsgemeinschaft“ mit dem Ziel, die Kirche aus ihrer jüdischen Umklammerung zu befreien, und ein deutschheimatlich durchtränktes Christentum zu schaffen. Vor allem ging es um die Abschaffung des Alten Testamentes als Grundlage des Deutschen Christentums. So sollte zum Beispiel der Aaronitische Segen nicht mehr erteilt werden. Die Deutschkirche gab eine Zeitschrift mit dem Namen Die Deutschkirche heraus. Schriftleiter war der Pfarrer Ernst Bublitz. Mit dem Tode Kurd Niedlichs 1928 verlor die Deutschkirche ihr Aushängeschild. Andersen blieb formal Vorsitzender, die praktische und theologische Leitung lag aber mehr und mehr in der Hand von Ernst Bublitz.“

Die Zeitschrift „Die Deutschkirche“ erschien zweimonatlich mit einer Auflage von 12.000 Stück und propagierte die Ideen des Bundes: Jesus solle als „tragisch-nordische Gestalt“ gegen die „Zweckreligion“ gestellt, das Alte Testament durch die „Deutsche Mythe“ ersetzt werden. Jede biblische Geschichte sei „nach deutschem Empfinden zu messen, damit das semitische Empfinden aus dem deutschen Christentum entweicht wie der Beelzebub vor dem Kreuz.“ Dieser Bund vereinte sich 1925 mit zehn weiteren völkischen, germanophilen und antisemitischen Verbänden zur deutschchristlichen Arbeitsgemeinschaft, so Wikipedia.

Artur Dinter Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 119-1416 / CC BY-SA 3.0 DE, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5337514

In Nürnberg gründete Artur Dinter – antisemitischer Schriftsteller, Gründer der Deutschen Volkskirche und völkischer Politiker – die „Geistchristliche Religionsgesellschaft“ und wollte damit die bestehenden Kirchen „entjuden“ und eine konfessionslose „Volkskirche“ bilden.

Doch nicht in allen kirchlichen Kreisen fanden diese antisemitistischen Forderungen Unterstützung, Der Theologe Johannes Schneider, Mitglied der DNVP, schrieb 1925:

„Wer das Alte Testament preisgibt, wird bald auch das Neue verlieren.“

Über die weitere „Historie“ schreibt Wikipedia:

„… 1927 reagierte der Evangelische Kirchenbund auf die zunehmende Radikalisierung der deutschchristlichen Gruppen mit einem Kirchentag in Königsberg, wo das Verhältnis des Christentums zu „Vaterland“, „Nation“, „Volkstum“, „Blut“, „Rasse“ geklärt werden sollte. Viele dortige Referenten versuchten, sich vom Rassismus abzugrenzen, zeigten aber nur, wie weit dieser schon in ihr Denken eingedrungen war. Paul Althaus z. B. erklärte:

„Volkstum ist eine geistige Wirklichkeit (…) niemals freilich wird ein Volkstum ohne die Voraussetzung z. B. der Blutseinheit. Ist aber das Volkstum einmal gezeugt, so kann es als geistige Wirklichkeit (…) auch fremdes Blut sich an[zu]eignen. Wie groß immer die Bedeutung des Blutes in der Geistesgeschichte sein mag, das Herrschende ist doch, wenn einmal zum Volkstum geboren, der Geist und nicht das Blut.“

Und weiter:

„… Auf dieser Basis ließ sich das Sendungsbewusstsein der radikaleren Deutschchristen kaum bremsen. 1927 sammelten sie sich in Thüringen, um die Thüringer Kirchenbewegung „Deutsche Christen“ zu gründen. Diese suchte den Kontakt zur NSDAP, für die Andersen seit 1928 als Redner auftrat. Ihr Mitteilungsblatt trug den Namen „Briefe an Deutsche Christen.“

Alfred Rosenberg ca. 1939, Foto: Bauer (Bundesarchiv) Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1985-0723-500 / Bauer, Friedrich Franz / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5344939

Alfred Rosenbergs Buch Der Mythus des 20. Jahrhunderts (erschienen Anfang 1930) fand in diesen Kreisen große Zustimmung und gab ihnen neuen Aufschwung. Seine Polemik gegen alles „Undeutsche“ und „Artfremde“ im Christentum richtete sich gegen dessen Glaubensgrundlagen und seine konfessionellen Organisationen zugleich. Marxistischer und katholischer Internationalismus wurden als zwei Facetten desselben jüdischen Geistes angegriffen. Eine erneuerte Nationalreligion wurde als Vollendung der Reformation ausgegeben.“

Der Mythus des 20. Jahrhunderts“, Einband der 143.–146. Auflage von 1939

Die „Arbeitsgemeinschaft Deutsche Glaubensbewegung“ war eine völkische Bewegung, die außerhalb der beiden christlichen Kirchen die Etablierung einer „dritten Konfession“ vorsah, von völkischem Gedankengut geprägt, die das Christentum ablehnte und durch einen „arisch-nordischen“ Glauben ersetzen wollte.

Wikipedia schreibt:

„… Die 1933 gegründete Deutschgläubige Bewegung leitete ihre religiösen Überlegungen aus dem volkstümlichen Christentum ab. Der ideologische Ursprung beruht auf der „arteigenen Frömmigkeit“ und findet seine Ansätze in der Ariosophie. Der Begriff Ariosophie, abgeleitet von „Arier“ und „Weisheit“, soll „Weisheit der Arier“ bedeuten. Für die Deutsche Glaubensbewegung bedeutete dies, dass eine „arteigene Frömmigkeit“ an ein bestimmtes Volk oder eine Rasse gebunden sei. Dabei wurde „arisch“ mit „germanisch“ gleichgesetzt. Sie umfasste als Sammlungsbewegung zahlreiche neopagane und freireligiöse Gruppen und bemühte sich um einen den Kirchen vergleichbaren Körperschaftsstatus. Laut einer Veröffentlichung aus der frühen NS-Zeit beteiligten sich an der neuen Gruppierung auch zahlreiche (ehemals kommunistische) Freidenker. Herm Mythus Herman Wirth gehörte zu denen, die das Christentum im völkischen Sinne umzudeuten versuchten und einen nordischen Ursprung des ursprünglichen Monotheismus propagierten.“

Zurück zur Geschichte der „Deutschen Christen“ und ihrer Gründung. Aus Wikipedia:

„… Schon 1931 war in Altenburg in Thüringen im Umfeld der Pfarrer Siegfried Leffler und Julius Leutheuser aus dem Wieratal eine Gruppierung mit der Bezeichnung „Deutsche Christen“ zu einer Kirchenvertreterwahl angetreten. Am 6. Juni 1932 gründete der Berliner Pfarrer Joachim Hossenfelder die „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ als innerevangelische Kirchenpartei für das ganze Reich. In ihren „Richtlinien“ vom selben Tag hieß es:

„Wir sehen in Rasse, Volkstum und Nation uns von Gott geschenkte und anvertraute Lebensordnungen. (…) Daher ist der Rassenvermischung entgegenzutreten. (…) In der Judenmission sehen wir eine schwere Gefahr für unser Volkstum. Sie ist das Eingangstor fremden Blutes in unseren Volkskörper. (…) Insbesondere ist die Eheschließung zwischen Deutschen und Juden zu verbieten.“

Joachim Hossenfelder Quelle: https://religiosity-of-nazism.fandom.com/wiki/Joachim_Hossenfelder

Zu diesem Programm gehörte ferner

die Auflösung der von Synoden regierten 29 Landeskirchen, die in ihrem Bekenntnis frei waren, und Schaffung einer nach dem Führerprinzip strukturierten „Reichskirche“

der Ausschluss der Judenchristen

die „Entjudung“ der kirchlichen Botschaft durch Abkehr vom Alten Testament, Reduktion und Umdeutung des Neuen Testaments

die „Reinhaltung der germanischen Rasse“ durch „Schutz vor Untüchtigen“ und „Minderwertigen“

die Vernichtung des angeblich „volksfeindlichen“ Marxismus.

Die Alternative zwischen Reichskirche oder Kirchenbund war nicht nur eine Frage der Organisation. 1918 hatten die evangelischen Landeskirchen mit ihrem jeweiligen Landesherrn ihren summus episcopus (obersten Bischof) verloren; die Weimarer Verfassung sah die Trennung von Kirche und Staat vor. Seit 1919 lag die Kirchengewalt nicht mehr beim Staat, sondern war auf die Kirchen zurückgefallen. Die evangelischen Kirchen hatten sich eigene Verfassungen gegeben, die parlamentarisch-demokratische Elemente enthielten. Im Gegensatz zur einheitlich geführten katholischen Kirche hatten die evangelischen Kirchen unterschiedliche Bekenntnisse. Das war einer der Gründe, warum die Landeskirchen sich bis 1933 nur zu einem lockeren Kirchenbund zusammengeschlossen hatten. Die DC hatten zwar vor, den Parlamentarismus in der Kirche zugunsten des Führerprinzips abzuschaffen. Sie ließen aber unbeantwortet, welchem Bekenntnis eine Reichskirche und ihre Führung folgen sollte.

Nationalismus, Demokratiefeindschaft, Antikommunismus und Rassismus unterschieden die DC nicht wesentlich von anderen kirchlichen Gruppen, die eine Synthese oder Angleichung von Volkstum und Christentum anstrebten. Viele Mitglieder der DC waren in dieser Richtung volksmissionarisch tätig. Sie gaben Gesangbücher, eigene Schriften zur Katechese heraus und entwarfen eigene Gottesdienstformen.

Am 9. September 1932 erkannte der altpreußische Evangelische Oberkirchenrat (EOK) die DC mitsamt ihrem Programm als Kirchenpartei an. Bei den folgenden altpreußischen Kirchenwahlen am 13. November 1932 traten sie erstmals mit eigenen Listen an und erreichten durchschnittlich ein Drittel aller Sitze in den Presbyterien der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. Sie waren dort nicht die einzige rechtsgerichtete Gruppe, sondern standen in Konkurrenz vor allem mit der deutschnationalen Liste der Rechtsgruppen und der Gruppe Positives Christentum, die sich an Punkt 24 des 25-Punkte-Programms der NSDAP anlehnte. In anderen Landeskirchen, die zudem ihre Kirchenwahlen nicht gleichzeitig hatten, gelang es ihnen damals noch nicht, wesentliche Erfolge zu erzielen.

Aufstieg

Anfang 1933 trat die DC-Gruppe aus dem Wieratal bei Altenburg in die Leitung der Thüringer Landeskirche ein und benannte sich in „Kirchenbewegung deutsche Christen“ um. Sie hatte fast eine Million Mitglieder, darunter ein Drittel der Pfarrerschaft.

Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begrüßten zahlreiche Protestanten als eine Art von Gott gesandte „Erlösung“. Viele Landeskirchen veranstalteten Fest- und Dankesgottesdienste, DC-nahe Pastoren ließen in Kirchen Hakenkreuzflaggen als „Symbol der deutschen Hoffnung“ aufhängen. Doch bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 verfehlte die NSDAP trotz Verbots der KPD und SA-Straßenterrors die absolute Mehrheit. Daraufhin bejahte Hitler in seiner Regierungserklärung vom 23. März 1933 die positive Rolle der bestehenden Großkirchen für die Volkserziehung und versprach, ihre Rechte und Stellung im Staat nicht anzutasten. Dies enttäuschte die Hoffnung der DC auf eine Gleichschaltung der Kirchen nach ihren Vorstellungen zunächst.

Ludwig Müller (1933) Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-H30223 / Autor unbekannt / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5434140

Daraufhin ließ Ludwig Müller, DC-Leiter in Ostpreußen, die DC-Richtlinien überarbeiten und ihre Forderungen, die bereits starke Kritik bei reformatorisch orientierten Protestanten hervorgerufen hatten, abmildern. So wollte er die Chancen der DC, von den übrigen Protestanten anerkannt zu werden, verbessern. Ihr Ziel blieb eine überkonfessionelle bzw. konfessionslose Reichskirche.

Nach der Machtergreifung Hitlers schrieb der evangelische Theologe Emanuel Hirsch:

„Kein einziges Volk der Welt hat so wie das unsere einen Staatsmann, dem es so ernst um das Christliche ist; als Adolf Hitler am 1. Mai seine große Rede mit einem Gebet schloß, hat die ganze Welt die wunderbare Aufrichtigkeit darin gespürt.“

Im April 1933 ernannte Hitler Ludwig Müller zu seinem „Sonderbeauftragten für Kirchenfragen“. Daraufhin wählte die DC ihn sofort zu ihrem „Schirmherrn“ und Kandidaten für das erst noch zu schaffende Reichsbischofsamt. Die neuformierte „jungreformatorische Bewegung“ nominierte den weithin angesehenen Pastor Friedrich von Bodelschwingh als ihren Gegenkandidaten. Um der befürchteten staatlich verordneten Neuordnung der evangelischen Kirche zuvorzukommen, wählten die versammelten Landeskirchenvertreter Bodelschwingh im Mai 1933 zum Reichsbischof, obwohl dieses Amt im Kirchenvertrag mit dem Staat noch gar nicht vorgesehen war. Deshalb sprachen DC und Staatsvertreter von einem Vertragsbruch. Auf Grund dieses Drucks trat Bodelschwingh nach 26 Tagen zurück.

Friedrich von Bodelschwingh um 1900 Quelle: Wikipedia

Hitler setzte zur selben Zeit eine neue Verfassung der DEK in Kraft, die das „Führerprinzip mit einem lutherischen Reichsbischof“ festsetzte und von 28 Landeskirchen anerkannt wurde. Am Vorabend der von ihm kurzfristig angesetzten Kirchenwahlen in allen Landeskirchen ergriff Hitler im Radio deutlich Partei für die DC. Daraufhin errangen diese am 23. Juli 1933 einen Erdrutschsieg und gewannen in fast allen Landeskirchen eine Mehrheit von etwa zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen. Danach übernahmen sie in einigen Landeskirchen und vielen reichsweiten DEK-Gremien die Führungsämter.

Bei der DEK-Synode am 6. September 1933 wählten die Delegierten aller Kirchengruppen, auch die der unterlegenen Jungreformatoren, Ludwig Müller einstimmig zum neuen Reichsbischof. Am 29. September trat er sein Amt an. Dies stärkte den Einfluss der DC auch in den intakten Landeskirchen, die noch von ihren Gegnern geleitet wurden. Von nun an führten die DC-geführten Landeskirchen Arierparagraphen für Geistliche und Beamte ein.

Nach Müllers Wahl bildete sich der Pfarrernotbund, um Judenchristen vor Ausgrenzung zu schützen.

Niedergang

Reinhold Krause https://www.geni.com/people/Max-Reinhold-Krause/6000000024318383208

Die Ausbreitung der DC kam trotz Hitlers Unterstützung und ihrer Wahlsiege infolge einer Kundgebung im Berliner Sportpalast am 13. November 1933 zum Stillstand. Dort sprach der Berliner Gauobmann Reinhold Krause das Anliegen der DC deutlich aus:

„Unsere Religion ist die Ehre der Nation im Sinne eines kämpfenden, heldischen Christentums. (…) Wenn wir Nationalsozialisten uns schämen, eine Krawatte vom Juden zu kaufen, dann müßten wir uns erst recht schämen, irgendetwas, das zu unserer Seele spricht, das innerste Religiöse vom Juden anzunehmen. Hierher gehört auch, daß unsere Kirche keine Menschen judenblütiger Art mehr in ihren Reihen aufnehmen darf. Wir (…) haben immer wieder betont: judenblütige Menschen gehören nicht in die deutsche Volkskirche, weder auf die Kanzel, noch unter die Kanzel. Und wo sie auf den Kanzeln stehen, haben sie so schnell wie möglich zu verschwinden.“

Die „Seele des deutschen Volkes“ gehöre „restlos dem neuen Staat“. Dessen Totalitätsanspruch könne folgerichtig auch vor der Kirche „nicht halt machen“. Der Nationalsozialismus wolle diese „aus seinem Geist erneuern und neu gestalten“.

Vereinigung aller Religionen und Konfessionen in einer „völkischen Nationalkirche“ sei das Gebot der Stunde. Dazu bedürfe es umgehend einer „Befreiung von allem Undeutschen in Gottesdienst und im Bekenntnismäßigen, Befreiung vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lohnmoral, von diesen Viehhändler- und Zuhältergeschichten.“ Zudem sei notwendig, „daß alle offenbar entstellten und abergläubischen Berichte des Neuen Testaments entfernt werden und daß ein grundsätzlicher Verzicht auf die ganze Sündenbock- und Minderwertigkeitstheologie des Rabbiners Paulus ausgesprochen wird […] Hierbei gehört auch, daß unsere Kirche keine Menschen judenblütiger Art mehr in ihren Reihen aufnehmen darf.“ Für Judenchristen seien abgesonderte Gemeinden einzurichten.

Etwa 20.000 Zuhörer nahmen diese Rede begeistert auf. Eine entsprechende Erklärung mit Krauses Forderungen wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen. Viele evangelische Gemeindeglieder, die bis dahin mit den DC sympathisiert hatten, hörten die Rundfunkübertragung der Rede. Diese bewirkte bei ihnen einen Stimmungsumschwung. Krauses Forderungen waren zwar Programmpunkte der DC, vielen Protestanten aber trotz des zurückliegenden Wahlkampfs nicht voll bewusst geworden.

Sie drückten die zuvor außerhalb und parallel, nun auch innerhalb der DC zur Macht drängende Strömung des Neuheidentums aus, die faktisch eine Auflösung und Ersetzung des bekenntnisgebundenen Christentums durch eine „deutsch-germanische“ Nationalreligion anstrebte. Aufgrund der Bejahung des „positiven Christentums“ im Parteiprogramm der NSDAP war diese Strömung zuvor nicht in den Vordergrund getreten. Sie hatte aber ebenfalls seit Januar 1933 enorm an Zulauf gewonnen. Ihre Vertreter sahen in den DC die Chance, ihre antijüdische und antichristliche „deutsch-germanische Weltanschauung“ mit ihren endzeitlich geprägten Ideologien von „Blut und Boden“, Führerkult und Rassenlehre in breiten protestantischen Bevölkerungskreisen zu verankern.

Vielen Kirchengemeinden und Mitgliedern der DC, denen eher eine „christliche“ Nationalreligion vorgeschwebt hatte, gingen diese Konsequenzen nun zu weit, und sie traten zu Tausenden wieder aus. Fast alle evangelischen Teilkirchen distanzierten sich relativ rasch von den DC. Um die kirchliche Einheit und sein Leitungsamt zu retten, enthob Reichsbischof Müller Krause aller kirchlichen Ämter und legte selbst die „Schirmherrschaft“ über die DC nieder. Doch er wurde nicht länger als Führer der DEK akzeptiert, da er deren Einheit nicht wahren konnte.

Nachfolgeorganisationen

Nach dieser Sportpalastrede spaltete sich die „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ auf; Konkurrenzkämpfe dominierten. Als reichsweite Nachfolgeorganisation mit volksmissionarischer Ausrichtung bildete sich die „Reichsbewegung Deutsche Christen“, die sich 1938 in „Lutherdeutsche“ umbenannte.

Die Kräfte, die eine überkonfessionelle Nationalkirche anstrebten, sammelten sich in der „Kirchenbewegung Deutsche Christen“. Diese versuchten ab 1936 erfolglos, Mitgliederzahl und innerkirchlichen Einfluss über einen relativ gemäßigten „Bund für deutsches Christentum“ zu vergrößern. 1937 schlossen sich die meisten dieser Gruppen zur „Nationalkirchlichen Bewegung Deutsche Christen“ zusammen. Kirchenminister Hanns Kerrl gewährte diesem Bündnis zeitweise Unterstützung, ohne jedoch dessen kirchlichen Wirkungsgrad zu verstärken.

Hossenfelder, der aufgrund der Spaltungen von seinem Posten als Reichsleiter der DC hatte zurücktreten müssen, gründete später die „Kampf- und Glaubensbewegung DC“. Reinhold Krause formierte im November 1933 eine „Glaubensbewegung Deutsche Volkskirche“, trat aber zum Jahresende aus der DEK aus.

1934 gab es 32 verschiedene „Glaubensbewegungen“. Hitler hatte in seinem Buch Mein Kampf geschrieben, er warne vor den „sogenannten religiösen Reformatoren auf altgermanischer Grundlage“:

„Führt doch ihre ganze Tätigkeit das Volk vom gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den Juden, weg, um es stattdessen seine Kräfte in ebenso unsinnigen wie unseligen inneren Religionsstreitigkeiten verzehren zu lassen.“

Vorstöße zur „Entjudung“ der Bibel

Die Thüringer DC behielten nach dem Sportpalastskandal die Leitung der thüringischen Landeskirche. Sie gründete 1939 mit Zustimmung von elf deutschen evangelischen Landeskirchen in Eisenach das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Auch viele Bekenntnischristen befürworteten ein solches Vorgehen in der Hoffnung, dass dadurch die Kirchenaustrittsbewegung der Jahre von 1937 bis 1940 gebremst werden könnte.

Das Institut leitete Siegfried Leffler. Wichtige Mitarbeiter waren der wissenschaftliche Leiter Walter Grundmann, der Geschäftsführer Heinz Hunger und Grundmanns Doktorand Max Adolf Wagenführer. Eines der Ziele des Instituts war die Zusammenstellung eines „Volkstestaments“ im Sinne des von Alfred Rosenberg geforderten „Fünften Evangeliums“, das den Mythos des „arischen Jesus“ verkünden sollte. Grundmann und der Altenburger Oberpfarrer Erich Fromm veröffentlichten zusammen mit den anderen Mitarbeitern des Arbeitskreises Volkstestament 1940 das völkische Testament Die Botschaft Gottes. An dessen dichterischer Fassung war Lulu von Strauß und Torney (1873–1956), eine bekannte Balladendichterin und Inhaberin des Eugen-Diederichs-Verlages, beteiligt. Die Botschaft Gottes fand vor allem in Thüringen reißenden Absatz, rief aber auch entschiedenen Widerspruch hervor, etwa von dem Theologen Hans Freiherr von Soden. Heute erinnert in Eisenach ein 2019 errichtetes Mahnmal an den „Irrweg“, den die Gründung des „Entjudungsinstituts“ darstellte.

Kirchenratswahlen am 23. Juli 1933: Wahlpropaganda mit SA-Unterstützung vor der St.-Marien-Kirche am Neuen Markt in Berlin Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1985-0109-502 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5344665

Nachwirkungen

Nach 1945 bildeten die verbliebenen DC-Strömungen kleinere Gemeinschaften und Zirkel in Distanz zur neu gegründeten EKD. Auf die Geschichtsschreibung des Kirchenkampfes suchten der DC nahestehende Personen in einer „Kirchengeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft“ Einfluss zu nehmen. Für die Theologie und Politik blieben sie jedoch fortan bedeutungslos.

In der Württembergischen Landeskirche traten einige Abgeordnete der Deutschen Christen des Landeskirchentages in andere württembergische Synodalgruppen ein. Deutschchristliche Pfarrer verließen die Landeskirche, wurden in den Wartestand bzw. vorzeitigen Ruhestand versetzt oder kehrten gar nach einem Gesinnungswandel in den Dienst der Landeskirche zurück. Dazu gehörte der vormalige NSDAP-Schulungsleiter und Pfarrer Erhard Schilling.

DC-Folgegruppen waren die „Gemeinschaft Christlicher Lebensglaube“ oder die „Freunde christlicher Freiheit“, nicht wenige fanden auch eine neue Heimat im „Bund für Freies Christentum“. Andere ehemalige Mitglieder der DC riefen nach 1945 mit der Freien Christlichen Volkskirche und der Volkskirchenbewegung Freie Christen zahlenmäßig unbedeutende eigenständige Religionsgemeinschaften ins Leben.

Während die Deutschen Christen als „staatstragende“ Kirchenbewegung angesehen werden kann, die die verbrecherischen Ziele der NSDAP vorbehaltlos unterstützte, ist die „Bekennende Kirche“ nicht automatisch das „Gegenteil“. Wikipedia schreibt:

„… Ein Teil der Theologen und Pfarrer in der BK, wie Walter Künneth und Rudolf Homann, vertraten einen entpolitisierten Kirchenkampf und beschränkten sich in ihren Schriften darauf, evangelische „Antworten“ auf die kirchenfeindlichen ideologischen Angriffe in Alfred Rosenbergs „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ zu geben – in „Abwehr“ der von Rosenberg propagierten „völkischen Religion“ und Kirche eines nationalsozialistischen „Neuheidentums“, dessen antisemitische Ausrichtung und Umsetzung im nationalsozialistischen Staat sie andererseits zu affirmieren bereit waren. (…)

Walter Künneth Quelle: https://www.discogs.com/de/artist/2708877-Walter-K%C3%BCnneth

… Inzwischen hatte sich die Bekennende Kirche aber in zwei Flügel geteilt, den gemäßigten, der eine Zusammenarbeit mit dem im September 1935 ernannten neuen „Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten“ Hanns Kerrl in dem neuen Reichskirchenausschuss befürwortete, und den radikalen Flügel, der dies ablehnte. Eine geheime Denkschrift der Bekennenden Kirche an Hitler vom Mai 1936 bezeichnete die Existenz der Konzentrationslager zwar als härteste Belastung des evangelischen Gewissens, wurde aber von der Bekennenden Kirche nie veröffentlicht. Nach Bekanntwerden der Denkschrift im Ausland kam es zu vereinzelten Verhaftungen von Geistlichen, die Mehrheit der Bekennenden Kirche rückte aber sofort von der Denkschrift ab und selbst die folgende Abkündigung auf einigen Kanzeln durch entschiedenere Vertreter der Bekennenden Kirche ließ die entscheidenden politischen Passagen aus der Denkschrift, die sich nicht nur mit Christen befassten, weg.“

Martin Niemöller (1952) Quelle: Wikipedia

Martin Niemöller fasste das Geschehene 1976 so zusammen:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Seine und die Schuld der Kirche beschreibt er mit den Worten: „Wir haben uns noch nicht verpflichtet gefühlt, für Leute außerhalb der Kirche irgendetwas zu sagen … so weit waren wir noch nicht, dass wir uns für unser Volk verantwortlich wussten.“ (Aus Wikipedia)

Am Samstag, den 1. April 1933 ließen die Nationalsozialisten den so genannten Judenboykott im gesamten Reich durchführen – also den Boykott jüdischer Geschäfte, Warenhäuser, Banken, Arztpraxen, Rechtsanwalts- und Notarkanzleien, (…) den das NS-Regime seit März 1933 plante (und) in ganz Deutschland durchführen ließ. Damit nahm die Regierung die seit dem 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 geplante Verdrängung der deutschen Juden aus dem Wirtschaftsleben erstmals durch eine reichsweite, gezielt nur gegen sie gerichtete Maßnahme in Angriff“, schreibt Wikipedia.

Die Reaktionen der Kirchen, also der katholischen Kirche, aber auch der beiden Richtungen der evangelischen Kirche beschreibt Wikipedia im Kapitel „Christen und Kirchen“ folgendermaßen:

„… Der Boykott jüdischer Geschäfte war ein erster großer Testfall für die Haltung der Christen im nationalsozialistischen Deutschland zu den Juden und zur Regierung. Der Kirchenhistoriker Klaus Scholder resümiert:

„Kein Bischof, keine Kirchenleitung, keine Synode wandte sich in den entscheidenden Tagen um den 1. April gegen die Verfolgung der Juden in Deutschland.“

– Klaus Scholder: Die Kirchen und das Dritte Reich, Band I. Frankfurt 1977, S. 338.

Otto Dibelius (links) und Konrad Adenauer, 1957 Quelle: Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F005314-0028 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5448845

Stattdessen rechtfertigte der evangelische Generalsuperintendent Otto Dibelius (Bekennende Kirche) in einer am 4. April in den USA ausgestrahlten Rundfunkansprache die Aktionen als notwendige staatliche „Verteidigung“, die in „Ruhe und Ordnung“ verlaufen sei. In einem Brief an alle Brandenburger Pastoren bekannte er sich wenige Tage darauf als Antisemit und warb um „volle Sympathie“ für die Terrormaßnahmen der Nationalsozialisten:

„Man kann nicht verkennen, dass bei allen zersetzenden Erscheinungen der modernen Zivilisation das Judentum eine führende Rolle spielt.“

– zitiert nach Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. Band I, S. 55.

Allenfalls konvertierte Juden galten als schützenswert. Die Deutschen Christen wollten jedoch auch diese Judenchristen aus der Kirche ausschließen.

Die deutschen römisch-katholischen Bischöfe schwiegen ebenfalls. Dabei hatte Oscar Wassermann, Direktor der Deutschen Bank, auf Initiative des Berliner Dompropstes Bernhard Lichtenberg ihren Vorsitzenden Kardinal Adolf Bertram am 31. März um kirchlichen Protest gegen den Boykott gebeten. Bertram lehnte diesen in einem Rundbrief an die Erzbischöfe von Köln, München, Freiburg, Paderborn und Bamberg vom 31. März 1933 ab, da er als Einzelperson keinen Auftrag dazu habe und die Begründung des Boykotts nicht beurteilen könne. Er führte aus:

„Meine Bedenken beziehen sich 1. darauf, daß es sich um einen wirtschaftlichen Kampf in einem uns nicht nahestehenden Interessenkreise handelt; 2. daß der Schritt als Einmischung in eine Angelegenheit erscheint, der das Aufgabengebiet des Episkopates weniger berührt…Daß die überwiegend in jüdischen Händen befindliche Presse gegenüber den Katholikenverfolgungen in verschiedenen Ländern durchweg Schweigen beobachtet hat, sei nur nebenbei berührt.“

Bischof Faulhaber als Feldpropst (1917) Quelle: Wikipedia

Kardinal Michael von Faulhaber schrieb an den damaligen vatikanischen Staatssekretär Eugenio Pacelli, den späteren Papst, warum die Kirche nicht für die Juden eintrete:

„Das ist zur Zeit nicht möglich, weil der Kampf gegen die Juden zugleich ein Kampf gegen die Katholiken werden würde und weil sich die Juden selber helfen können, wie der schnelle Abbruch des Boykotts zeigt.“

„Ungerecht und schmerzlich“ fand er, dass auch seit mehreren Generationen als „gute Katholiken“ geltende getaufte Juden vom Staat als Juden behandelt wurden und ihre Berufe aufgeben mussten. Auf die Anfrage eines katholischen Zeitungsredakteurs, warum die Kirche nicht offen erkläre, dass Menschen nicht wegen ihrer Rasse verfolgt werden dürften, antwortete er:

„Für die Kirche bestehen weit wichtigere Gegenwartsfragen, denn Schule, der Weiterbestand der katholischen Vereine, Sterilisierung sind für das Christentum in unserer Heimat noch wichtiger.“

Man dürfe der Regierung keinen Anlass bieten, „die Judenhetze in eine Jesuitenhetze umzubiegen.“

Pfarrer Josef Knichel https://www.paulinus.de/archiv/archiv/0604/report.htm

Nur Einzelne wie der katholische Pfarrer Josef Knichel verurteilten den Boykott in einer Predigt. Er wurde deshalb verhaftet: Er habe „… in der Kirche Angelegenheiten des Staates in einer öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstand einer Verkündigung und Erörterung gemacht, indem er von der Kanzel herab der Gemeinde den Judenboykott als eine verwerfliche Maßnahme der Regierung hinstellte und äußerte, jeder, der an dem Judenboykott teilgenommen habe, könne nicht mehr gültig beichten, bis die ganze Schuld wiedergutgemacht sei“.

Hauptgründe für die Weigerung der Kirchenleitungen, für die Juden einzutreten, waren der traditionelle christliche Antijudaismus beider Konfessionen, die lange Duldung rassistischer Tendenzen und Gruppen im eigenen Bereich und die Anerkennung des Obrigkeitsstaates als göttliche Setzung, dessen Politik man als Christ nicht widersprechen dürfe.“

Und natürlich gehört zum Verständnis der beiden „Glaubensrichtungen“ die Einstellung zum Euthanasie-Programm, der sogenannten „T4-Aktion“. Die „deutschen Christen“ befürwortenden dieses „Programm“ mehr oder weniger und das soll noch erläutert werden, Wie aber stand die „Bekennende Kirche“ dazu?

Theologe Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere Quelle: Wikipedia

Einer der führenden Köpfe der „Bekennenden Kirche“ war der evangelische Theologe Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere.

Aus Wikipedia:

„… Dem Gedankengut der Erbhygieniker verschloss er sich anfangs nicht. In einer Rede am 29. Januar 1929 zum Thema „Lebensunwertes Leben?“ setzte er sich im Stil der zeitgenössischen Diskussion mit der „katastrophale(n) Entwicklung“ durch „die wachsende Anzahl der Schwachen an Körper und Geist, der Minderwertigen“ und der damaligen Diskussion um „Ausmerzung der Minderwertigen“, „lebensunwert“ oder „minderwertig“ auseinander. Er zeigte auch die Möglichkeiten auf, diese „Bedrohung“ abzuwenden, einerseits die Sterilisation, andererseits die Euthanasie. In einem Vortrag auf der evangelischen Fachkonferenz für Eugenik, in der es um eugenische Sterilisationen ging, sagte er am 19. Mai 1931: „Ich würde den Mut haben, vorausgesetzt, dass alle Bedingungen gegeben und Schranken gezogen sind, hier im Gehorsam gegen Gott die Eliminierung an anderen Leibern zu vollziehen, wenn ich für diesen Leib verantwortlich bin.“

Bodelschwingh stand treu zum NS-Staat und verfasste am 29. März 1936 sogar aus eigenem Antrieb einen Aufruf zu den Reichstagswahlen. Zusätzlich leistete er am 21. Juli 1938 den Treueid auf Hitler – für einen Pfarrer, der nicht den Deutschen Christen angehörte, ein nicht unbedingt üblicher Schritt. Als die Eingriffe des Staates in die Kirchenpolitik zunahmen und die rassenpolitischen Ziele der Nationalsozialisten deutlicher wurden, wuchs bei Bodelschwingh in den folgenden Jahren die Distanz zum Nationalsozialismus immer mehr.

Ab 1934 wurden in Bethel von etwa 3.000 behinderten Bewohnern mindestens 1.176 zwangssterilisiert. Dies war von Bodelschwingh begrüßt worden. Als 1939 die systematischen Krankenmorde mit der Aktion T4 begannen, versuchte Bodelschwingh nach Ernst Klee durch „hinhaltende Kooperation mit den NS-Stellen“ den Fortbestand der Bodelschwinghschen Anstalten zu sichern. Eine Tötung von kranken und behinderten Menschen lehnte er aus christlicher Überzeugung rundweg ab.

Seit Mai 1940 gelangen ihm zusammen mit Pastor Paul Braune einige Erfolge gegen die Aktion T4, die sogenannte „Euthanasie“-Aktion der Nationalsozialisten. Damit rettete er sicherlich Menschen mit Behinderung das Leben. Aus seiner eigenen Anstalt wurden am 21. September 1940 sieben jüdische Patienten und Patientinnen auf Anordnung des Reichsinnenministeriums zunächst in die Landesheil- und Pflegeanstalt Wunstorf verlegt. Von dort wurden sie in die Tötungsanstalt Brandenburg/Havel gebracht und mit Gas umgebracht.

Noch im August 1940 hatte Friedrich von Bodelschwingh einen weiteren Vorstoß gemacht, indem er an Ministerialrat Fritz Ruppert vom Reichsinnenministerium schrieb: „Sicher wäre es das beste, wenn die ganze Maßnahme sofort und endgültig eingestellt würde. Kann man sich dazu nicht entschließen, so muß ein geordnetes Verfahren festgelegt werden.“ Am 6. Januar 1941 versuchte er erneut, in einem Brief an Hermann Göring gegen die „Ausmerzung lebensunwerten Lebens“ zu protestieren, erhielt aber eine abschlägige Antwort. (…)

In der Hoffnung, die „Euthanasie“ zu stoppen, setzte von Bodelschwingh auf das, was seinem Charakter und seiner politischen Auffassung am nächsten lag: Unermüdlich nahm er Kontakte und Gespräche mit Behörden, Parteifunktionären und führenden Medizinern auf. (…)

Noch kurz vor seinem Tod hat sich Friedrich von Bodelschwingh für die Neuordnung der evangelischen Kirche starkgemacht. Schon zuvor immer auf den Ausgleich zwischen der Bekennenden Kirche und den Deutschen Christen bedacht, wurde er bei den Beratungen um einen neuen Anfang gern hinzugezogen. Auf der ersten deutschen Kirchenführer-Konferenz vom 27. bis 31. August 1945 im hessischen Treysa war es das Verdienst Bodelschwinghs, die Konferenz durch Ausgleich der unterschiedlichen theologischen, organisatorischen und personellen Positionen vor dem Scheitern zu bewahren. So prägte er als Mitschöpfer der EKD den deutschen Protestantismus weit über die Jahre seines Lebens hinaus.“

Über die beiden letzten Absätze möge sich jeder selbst seine Gedanken machen.

Damit könnte ich eigentlich das Kapitel der „Deutschen Christen“ abschließen. Aber da wäre noch mein Großvater Paul Klos und durch den kommen die „Deutschen Christen“ direkt in unsere Familie.

Stadtansicht vom Burgberg Quelle: Von Blueduck4711 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11222911

Mein Großvater stammte aus dem ehemaligen Fürstentum Birkenfeld im Hunsrück und wurde nach seinem Studium Pfarrer in Niederbrombach und Birkenfeld. Im Rahmen meiner „Familienforschung“ bat ich auch um Unterstützung der ev. Gemeinde Birkenfeld,

Der damalige Superintendent „animierte“ mich, über meinen Großvater zu schreiben und dieser Artikel oder Aufsatz sollte veröffentlicht werden. Sollte, denn dies ist bis heute nicht geschehen. Die Gründe werden sich noch erschließen.

Paul Klos

Er wurde am 7. April 1889 in Regulshausen geboren. Regulshausen ist ein Stadtteil der Stadt Idar-Oberstein im Landkreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz.

Paul Klos Quelle: eigener Besitz

Auszüge aus einem von ihm geschriebenen Lebenslauf aus dem Jahre 1935, um der „Dokumentationspflicht Genüge zu tun:

„ …Geboren bin ich am 7.4.1889 als Sohn eines evangelischen Volksschullehrers, der einer Hunsrückgemeinde (Oberhosenbach) des Fürstentums Birkenfeld entstammte. Meine Mutter kam aus altpietistischen Kreisen Württembergs und verbrachte Kindheit und Jugend in Wildbad. Von Nohen aus, wohin mein Vater verzogen war, besuchte ich das Gymnasium zu Birkenfeld und bestand daselbst Ostern 1908 meine Reifeprüfung einschließlich des Hebraicums.

Ludwig Klos und Berta Maria Holl – die Eltern Quelle: eigener Besitz

Beeinflusst von dem im Elternhaus herrschenden Geist einer einfachen aber ernsten Frömmigkeit, hatte ich mich für das Studium der Theologie entschieden und absolvierte in den Jahren 1908 bis 1911 insgesamt 6 Semester auf den Universitäten Bonn, Leipzig und Halle.. Der frühe Tod meines Vaters im Jahre 1910 nötigte mich, früher als beabsichtigt das Studium aufzugeben und eine Hauslehrerstelle anzunehmen, zunächst bei einem Oberst in Saarlouis, dann bei Pfarrer Haberkamp in Rhaunen.“

Paul Klos als Student Quelle: eigener Besitz

Seine erste „Theologische Prüfung“ legt mein Großvater am 12. April 1913 in Koblenz ab, die zweite in Birkenfeld am 8. Februar 1918, Seine Ordination erfolgt in der evangelischen Kirchengemeinde Niederbrombach am 9. März 1919. Im Lebenslauf liest sich das so:

„ … Meine beiden Prüfungen legte ich als Soldat ab. Die erste im April 1913 als Einjährig Gefreiter vor der Prüfungskommission der Rheinischen Kirche zu Koblenz unter Generalsuperintendent Klingmann, die zweite im Februar 1918 als Reserveoffizier vom Feld aus vor dem Konsistorium zu Birkenfeld.

Meiner Militärdienstpflicht genügte ich 1912/13 als Einjährig – Freiwilliger bei dem 8. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 70 zu Saarbrücken und wurde am 30. September 1913 als Offiziersaspirant entlassen. Der Einberufung zur Übung A konnte ich wegen meiner Operationen nicht Folge leisten. Aus demselben Grunde wurde ich bei der Mobilmachung als nicht kriegsverwendungsfähig entlassen.“

Der Soldat Paul Klos Quelle: eigener Besitz

Seit dem 1. Oktober 1913 bekleidet er die Stelle als nichtordinierter Hilfsprediger in Niederbrombach, nachdem man ihn in die Kandidatenliste der Birkenfelder Landeskirche aufgenommen hatte.

Als der erste Weltkrieg ausbricht, versucht Paul Klos, mit allen Mitteln, Soldat zu werden. Aus dem Lebenslauf:

„Im Januar 1915 (wurde ich) zu einer Landsturmformation in Kreuznach, im März zu einer solchen nach Saarbrücken eingezogen. Dort ließ ich mich im März 1915, um felddienstfähig zu werden. an einem Narbenbruch operieren, wurde nach einem fünfwöchigen Aufenthalt im Lazarett zu einer Ersatzkompagnie I.R.137 in Hagen versetzt und rückte von da im August 1915 nach dem Osten aus. Dort zunächst einer Ausbildungs-M.G.K. des 40. R.K. zugeteilt, erkrankte ich bald an einer blutigen Ruhr und wurde von der Genensendenabteilung in Kowno der Ersatz-M.G.K. des XII.A.K. in Saarbrücken überwiesen. Im April 1916 rückte ich erneut aus, diesmal zum Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 60 im Westen, bei dessen M.G.K. ich erst als Unteroffizier, vom 6. Februar 1917 als Offizier und vom Sommer 1918 als Führer der 1.M.G.K. bis Kriegsende Dienst tat.“

Mir scheint, die militärische „Karriere“ war für ihn sehr wichtig. Denn nach mehreren Erkrankungen, die er in seinem Lebenslauf erwähnt, hätte er sicher keinen Kriegsdienst leisten müssen, oder aber in der „Etappe“ auf das Ende des Krieges warten können. Stattdessen wird er als Führer einer Maschinengewehrkompanie in einer völlig neuen Waffengattung seine „einfache aber ernste Frömmigkeit“ hinten anstellen.

Militarismus und Nationalismus spielen schon damals eine gewichtige Rolle und wie für viele andere Kriegsteilnehmer ist die Niederlage 1918 für ihn eine Schmach.

Am 17. September 1918 heiratet er in Niederbrombach Margarete Hermine Louise Bertha Früstück und Im Juni 1919 kommt die erste der vier Töchter auf die Welt, meine so genannte Mutter, 1922, 1925 und 1927 folgten die anderen drei Töchter, meine Tanten.

Meine Großeltern mit den ersten drei Töchtern Quelle: eigener Besitz

In Birkenfeld wird er zum Pfarrer der Pfarrstelle II bestellt und übernimmt die Stelle am 1. Juli 1930 und hat diese bis zum 26.10.1937 inne.

In der Kleinstadt gehen die Töchter auf die Schule, machen Abitur und er und seine Familie leben das ganz normale Leben eines Provinzpfarrers, angesehen und geachtet und in das Leben in der Stadt eingebunden. „Eingebunden“ heißt, „man kennt sich“.

Erste Hinweise auf die politische Einstellung eines Teils der Familie finde ich in einem Lebenslauf meiner Mutter, sie schreibt: „Von 1930-33 gehörte ich der Freischar Junger Nation und dem Großdeutschen Bund an.“

Da aber – 1930 – war sie gerade 11 Jahre alt, es hat also in Birkenfeld Ortsgruppen dieser beiden Organisationen gegeben, die getrost zum „rechtsradikalen Umfeld“ in der Weimarer Republik gezählt werden können und ihre „Aktivitäten“ mussten im Elternhaus befürwortet werden, denn meine „Mutter“ war minderjährig.

„Nach den Auflösungen der beiden Organisationen „trat ich im Juni 1933 in den BDM (Bund deutscher Mädchen) über und führte von 1934 bis April 1935 eine Jungmädelschaft. Dann übernahm ich die Führung der Jungmädelgruppe und des Jungmädelringes Birkenfeld. Beide Einheiten führte ich bis zu meinem Weggang im April 1938. 1935 wurde ich als Schaftführerin bestätigt, noch im gleichen Jahre zur Scharführerin und am 30.1.1937 von der R.J.F. (Reichsjugendführung) zur J. M. Gruppenführerin befördert“, schreibt sie weiter.

2. Reihe von oben – 3- von rechts Elfriede Klos Quelle: eigener Besitz

Ihr damaliger Klassenlehrer und NSDAP-Parteigenosse Wolf (Parteigenosse mit der Mitgliedsnummer 1 221 081) schreibt in einer Beurteilung: „Die Familie war schon vor der Machtübernahme nationalsozialistisch eingestellt und ist es noch. Frl. Elfriede Klos war jahrelang eine tüchtige Jungmädelgruppen – Ringführerin. Ihre Schwester hat einen Posten bei der BDM – Gebietsführung in Koblenz.“

Hinzufügen möchte ich, sie war damit die ranghöchste ehrenamtliche BdM-Führerin im „Birkenfelder Land“.

Am 1. Mai 1933 tritt mein Großvater in die NSDAP ein, im gleichen Jahr wird er Mitglied der so genannten „Deutschen Christen“ und auf der außerordentlichen Synode der Landeskirche Birkenfeld am 11. und 12. Dezember 1933 im Bürgerkasino zu Oberstein wird er zum ersten Superintendenten des neuen Kirchenkreises Birkenfeld gewählt.

Die Wahl ergab folgendes Stimmenverhältnis:

Es entfielen auf den Namen Klos: 24 Stimmen – auf den Namen Zeller 9 Stimmen – auf den Namen Büsing: 1 Stimme – auf den Namen Lichtenberger: 1 Stimme. 3 Zettel waren unbeschrieben. abgegeben waren 38 Stimmzettel.

Die Protokolle der beiden Sitzungen spiegeln also sehr gut wieder, wie die „Machtverhältnisse“ im Kirchenkreis Birkenfeld waren im Verhältnis zwischen „Deutschen Christen“ und „Bekennender Kirche“, d.h. die Kandidaten für alle wichtigen Ämter gehörten den „Deutschen Christen“ an. Und diese Protokolle liegen mir vor.

Die Wahl eines neuen Superintendenten war notwendig geworden, weil u.a. auf massives Drängen meines Großvaters die bisher selbständige Birkenfelder Landeskirche sich der „evangelische Kirche der altpreußischen Union“ anschloss und auch diese war von den „Deutschen Christen dominiert.

Reichlich scheinheilig betonte der Vorsitzende der außerordentlichen Synode an den beiden Sitzungstagen, dass der Anschluss an die rheinische Provinzialkirche eine Heimkehr zum verbundenen Rheinland bedeute und darüber hinaus Anteil an den segensreichen Einrichtungen der rheinischen Kirche gewähre.

Dazu schreibt einer seiner Nachfolger nach dem Krieg im Amte des Superintendenten – Pfarrer Ernst Gilmann – in einem Brief an eine meiner Cousinen:

„Frage ich nach den Leistungen Ihres Großvaters, so ist gleich auch sein Bemühen um den Anschluss der Birkenfelder Landeskirche, d.h. APU (Altpreußische Union) nicht zu verkennen. Natürlich war Klos Nationalsozialist und „Deutscher Christ“, also auf nationalsozialistischer Seite, (wie eine ganze Reihe von Pfarrern im Birkenfelder Land). Aber meine Kenntnisse aus den alten Akten zeigt einen Superintendenten der trotz gegensätzlicher kirchenpolitischen Gruppen bedacht zu sein schien, die Spannungen klein zu halten und z.B. die Thüringer deutschen Christen – besonders hitlerisch und völkisch – auch nicht ranzulassen. Aber hier sind wir zu weit weg, und die Zeitgenossen leben nicht mehr. (…) Mein Urteil über den geistlichen Ertrag (also die kirchliche und religiöse Seite) seiner Dienstzeit bewegt mich deshalb auch nur auf vorsichtigen Beobachtungen und Kenntnissen. Ich weiß nicht, wie viel er theologisch gelernt hatte. Die Generation der Pfarrerschaft, die aus dem 1. Weltkrieg kam, war häufig deutschnational. (…) Wenn man noch bedenkt, dass das Auftreten der NSDAP in den frühen Jahren des 3. Reiches innerhalb und mit der Kirche besonders „herzlich“ war, dann war Klos zuerst Nationalsozialist dann auch Kirchenmann. (Ich erinnere an sein Erscheinen auf einer Superintendenten – Konferenz in SA – Uniform).“

Hier aber irrte Pfarrer Gilman gewaltig, denn natürlich verfolgte Paul Klos ganz bewusst seine Ziele, wie noch zu beschreiben sein wird und die hatten nichts mit einer „Kleinhaltung“ der Spannungen zu tun.

Am 30. Januar 1933 ernennt Reichspräsident Hindenburg den „Böhmischen Gefreiten“ zum Reichskanzler und viele Protestanten sehen darin eine Art von Gott gesandte „Erlösung“. Man veranstaltet Fest- und Dankesgottesdienste und Pastoren der DC lassen in und um Kirchen Hakenkreuzflaggen als „Symbol der deutschen Hoffnung“ aufhängen.

Nach der Machtergreifung Hitlers schrieb der evangelische Theologe Emanuel Hirsch:

„Kein einziges Volk der Welt hat so wie das unsere einen Staatsmann, dem es so ernst um das Christliche ist. Als Adolf Hitler am 1. Mai seine große Rede mit einem Gebet schloss, hat die ganze Welt die wunderbare Aufrichtigkeit darin gespürt.“

Wie ernst es Adolf Hitler „um das Christliche ist“, zeigt ein Sitzungsbericht vom 14. August 1943, in dem es heißt: Nur für den Führer bestimmt.

Vorschlag VI. (nach Bauer) Nach Vornahme einiger Änderungen zur Vorlage an den Führer angenommen.

Sofortige und bedingungslose Abschaffung sämtlicher Religionsbekenntnisse nach dem Endsieg, und zwar nicht nur für das Gebiet des Großdeutschen Reiches, sondern auch für sämtliche befreiten, besetzten und annektierten Länder, Protektorate, Gouvernements, e.c.t. mit gleichzeitiger Proklamierung Adolf Hitlers zum neuen Messias. Aus politischen Erwägungen sind von dieser Maßnahme einstweilen der mohammedanische, buddhistische, sowie der Shintoglaube auszunehmen.

Der Führer ist dabei als ein Mittelding zwischen Erlöser und Befreier hinzustellen – jedenfalls aber als Gottgesandter, dem göttliche Ehren zustehen. Die vorhandenen Kirchen, Kapellen, Tempel und Kultstätten der verschiedenen Religionsbekenntnisse sind in „Adolf Hitler Weihestätten“ umzuwandeln.

Ebenso haben sich die theologischen Fakultäten der Universitäten auf den neuen Glauben umzustellen und besonderes Gewicht auf die Ausbildung von Missionaren und Wanderpredigern zu legen, die sowohl im Großdeutschen Reich, als auch in der übrigen Welt die Lehre zu verkünden und Glaubensgemeinschaften zu bilden haben, die als Organisationszentren zur weiteren Ausbreitung dienen sollen. (Damit fallen auch die Schwierigkeiten bei der geplanten Aufhebung der Monogamie weg – kann doch die Polygamie ohne weiteres als Glaubenssatz in die neue Lehre eingebaut werden.)
Als Vorbild des Gottgesandten möge die Figur des Gralsritters Lohengrin dienen, die der keltischgermanischer Fantasie entsprungen bereits ein gewisses traditionelles Ansehen genießt, (ähnlich wie die Sagengestalt Wilhelm Tells in der Schweiz seit langem zu einem Symbol geworden ist.) Durch entsprechende Propaganda müsste die Herkunft des Führers noch mehr als bisher verschleiert werden, so wie auch sein künftiger Abgang einmal spurlos und in vollständiges Dunkel zu erfolgen hätte. (Rückkehr in die Gralsburg)

(Handschriftliche Anmerkung von Adolf Hitler): Der erste brauchbare Entwurf! Zur Bearbeitung an Dr. Göbbels.

Man darf nicht annehmen, dass einerseits die „Bekennende Kirche“ in Opposition zum Regime stand und andererseits die „Deutschen Christen“ dieses vorbehaltlos unterstützten und der Rest der evangelischen Christen sich „raus hielten“.

Indem der Nationalsozialismus jeden politischen Machtanspruch der Kirchen bekämpft und die dem deutschen Volke artgemäße nationalsozialistische Weltanschauung für alle verbindlich macht, führt er das Werk Martin Luthers nach der weltanschaulich-politischen Seite fort und verhilft uns dadurch wieder zu einem wahren Verständnis des christlichen Glaubens.“

Dieser denkwürdige Satz stammt nicht von einem Außenseiter, sondern steht vielmehr in der „Godesberger Erklärung“, die am 26.3.1939 von Vertretern der „kirchlichen Mitte“ und den „nationalkirchlichen Deutschen Christen“ verabschiedet worden war. Unterschrieben hatten die Leiter von elf Landeskirchen, darunter Mecklenburg, Schleswig-Holstein und Lübeck.

Juden bei der Verladung in Züge mit Güterwagen am Umschlagplatz Warschau Quelle: Wikipedia

Als im Herbst 1941 die Deportationen der Deutschen Juden begannen, forderte man den Ausschluss der „nichtarischen“ Christen aus der Kirche. Dass Hunderte evangelischer Theologen sich einredeten, dieser rassistisch-antisemitische Irrsinn sei christlich, ist erstaunlich.

Aus dem bisher Geschriebenen zu den „Deutschen Christen“ fasse ich zusammen:

Gefordert wurde ein „positives Christentum“, darunter war zu verstehen: „Rassenreinheit“ als Bedingung für eine Kirchenmitgliedschaft und die Loslösung der evangelischen Kirche von jüdischen Wurzeln“, Abschaffung des Alten Testamentes, Übernahme des „Arierparagraphen“ für die Reichskirche. Und schließlich bezeichneten sie sich als die „SA Jesu Christi“.

Wenn man sich erinnert, dass diese Bewegung durchaus positiv dem „Euthanasie – Programm“ der Nazis gegenüberstand, wird mir klar, welches Verhältnis zu Macht und Gewalt bei meinem Großvater und seiner ältesten Tochter bestand.

Elfriede Klos – 4. Von links Quelle: eigener Besitz

Der Krieg ist vorbei und mein Großvater muss sich, wie viele andere Parteimitglieder auch, vor dem „Öffentlichen Kläger“ in Birkenfeld für seine Tätigkeit in Kirche und Partei verantworten. Und bei ihm trifft die Bezeichnung „Persilschein“ den Nagel besonders präzise auf den Kopf, denn er war an keinerlei „Aktionen“ beteiligt, versuchte Unheil von der Kirche abzuwenden und erlitt dabei auch noch besondere Verluste, er schreibt:

Paul Kos                                                                                       Enzweiler, den 3. Mai 1948

An den Öffentlichen Kläger

Birkenfeld/Nahe

Betr: Politische Bereinigung.

Bezug: Az.: S.J.I. 537/48 E / Da

Zu den in Ihrem Schreiben v. 28.4.48 gestellten Rückfragen betr. meine politische Bereinigung habe ich folgende Angaben zu machen:

Seit dem 16.4.48 bin ich als Büroangestellter bei der Firma Adolf Trarbach, Idar, Kobachstr. 27 beschäftigt. Mein Monatsverdienst beträgt RM 138,17 brutto. Schriftlicher Verdienstausweis des Arbeitgebers ist in Anlage beigefügt. Ich verfüge über keinerlei Vermögen. Mein gesamter materieller Besitz ist in Ostpreußen infolge der Kriegsereignisse verloren gegangen. Meine Ersparnisse in Höhe von ca.5000,- RM, die sich in der russischen Zone (Ausweichstelle Pössneck in Th.) befinden, sind gesperrt und vorerst auf Verlustkonto abzubuchen. Unser Lebensunterhalt und die bisher ermöglichten Ersatzbeschaffungen an Möbeln, Küchen- und Wäscheausstattungsgegenständen sind in der Hauptsache von geliehenem Gelde bestritten. Meine daraus entstandene Schuld beträgt bis heute RM 3, 000,-

Als Kulturwart von Birkenfeld hatte ich die Aufgabe, die kulturellen Veranstaltungen in der Stadt und der Umgebung zu kontrollieren Die Ortsvereine (Turn-, Gesang-, kath. Vereine usw.) waren angewiesen, vor etwaigen Veranstaltungen Programm und gewählte Theaterstücke zur Begutachtung bei mir einzureichen.

Es hielten sich jedoch nur einige Vereine und auch nur anfangs an diese Vorschrift und ich hatte keinen Anlass, mir vermehrte Arbeit aufzubürden. Ich blieb dann nach außen hin zwar noch mit dieser Aufgabe betraut, war aber, weil im Kirchendienst stehend, praktisch völlig ausgeschaltet. Außer den in den dort eingereichten Aufstellung angeführten Vorträgen habe ich, soweit ich mich erinnere, nicht in den Kundgebungen der NSDAP gesprochen, fürchte allerdings, mehr noch durch mein Beispiel propagandistisch gewirkt zu haben, weil ich an ein nationalsozialistisches Ideal glaubte und darnach zu leben mich bemühte, wie überhaupt die Verwirklichung des sozialen Gedankens mein großes Anliegen war.

In die Deutsche Christenbewegung kam ich infolge einer seitens dieser Bewegung einberufenen Versammlung, in der ein Hunsrücker Pfarrer sprach. Die dabei gegebene Anregung, in Birkenfeld eine Ortsgruppe ins Leben zu rufen, blieb in den Anfängen stecken, nachdem ich mit der Pfarrerschaft des Kirchenkreises vereinbart hatte, den sehr hässlichen Kirchenstreit unter allen Umständen aus unseren Gemeinden draußen zu halten. Ein in meiner Eigenschaft als Superintendent in mehreren Kirchen gehaltener Vortrag bezweckte, die Gemeinden über die kirchliche Lage zu informieren, und trug keinen politischen Charakter.

.Die deutsch-christliche Ideologie, die in folgenden Hauptpunkten gipfelte: Bildung einer evangelischen Reichskirche, volksnahe Kanzelverkündigung, Lösung des kirchlichen Dogmas aus der Verankerung im Alten Testament, wurde in einem internen Pfarrerkreis gepflegt. Die dabei zu Tage tretende Haltung der einzelnen war weniger von politischer Seite als vielmehr glaubensmäßig bestimmt.

Meine Kanzelverkündigung ist in den Gemeinden Niederbrornbach, Leisel, Birkenfeld, Achtelsbach und Nohen bekannt. Ich sehe keinen Anlass, dazu noch irgendwelche Erläuterungen zu geben. Ich möchte lediglich noch erwähnen, dass ich nach meiner Rückkehr in die alte Heimat trotz des über mich ergangenen Urteils überall in meinen früheren Gemeinden sehr freundlich aufgenommen worden bin. Ob bei der Urteilsfindung die kirchenfeindliche Tendenz der NSDAP mitsprach, wie damals allgemein behauptet wurde, bezweifle ich.

Fest steht, dass mir die fünf jährige Strafzeit in Anstalten und Straflagern erschütternde Einblicke in die Mentalität eines brutalen Systems gab, an dessen innerer Wahrhaftigkeit zu zweifeln ich mich lange wehrte, und dass die durch die Flucht erlittenen Verluste meiner Existenz und gesamten Habe mich zusätzlich schwerer für meinen Glauben an eine Idee bestrafte, als jede Entscheidung der Spruchkammer das vermöchte, womit jedoch nicht der Versuch gemacht sein soll, diese Entscheidung in irgend einem Sinne zu beeinflussen.“

Eine politische Seite gab es nicht. Warum aber musste man in unserer Familie ein Bild vernichtet, auf dem zu sehen ist, dass mein Großvater in SA-Uniform auf der Kanzel stand und auch auf Veranstaltungen des Kirchenkreises erschien er in dieser dreckigen Uniform? Und ist diese Uniform nicht schon politisch genug?

Oder so ausgedrückt: Mitglied der NSDAP, tritt in SA-Uniform in Birkenfeld auf, setzt massiv Glaubensbrüder unter Druck, weil sie seiner Meinung nach die falsche Gesinnung oder Glaubensrichtung haben, holt zur Not die Gestapo zur Hilfe um seine Ansichten durchzusetzen und bekommt bis 1937 alle Aktionen – egal wir unmenschlich – nicht mit und am Schluss bleibt ein kalt gestellter Kulturwart zurück?

Im Mai 1948 beantragt der „öffentliche Kläger beim Untersuchungsausschuss Birkenfeld“ den Erlass eines Säuberungsbescheides.

Aufgrund der Erklärungen meines Großvaters in Bezug auf seine Tätigkeit bis 1937 kommt der „öffentliche Ankläger“ zu dem Ergebnis, er sei als „Mitläufer der Gruppe 4“ einzustufen und das hatte keine allzu großen Folgen. Der Protokollant Engel ist sicher auf seine Erklärungen in Bezug auf seine politischen Aufgaben und seine Haft herein gefallen.

Während der 12 Jahre eines „Tausendjährigen Reiches“ verbrachten eine riesige Menge unschuldiger Menschen Jahre ihres Lebens in den Gefängnissen dieses Systems. Mein Großvater aber bekam nicht „erschütternde Einblicke in die Mentalität eines brutalen Systems“, er verbüßte eine Haftstrafe in Gefängnissen. Diese Haftstrafe aber hatte er sich selbst zuzuschreiben.

Nochmal zurück zu Pfarrer Gilmann und seiner Feststellung, dass es eine Leistung meines Großvaters war, die Landeskirche Birkenfeld in die altpreußischer Union Rheinland in Düsseldorf zu führen und diese „Leistung“ muss an anders sehen.

Letztendlich war es ihm nur wichtig, die neue Kirchensynode in Birkenfeld unter die Kontrolle der DC-Bewegung bringen und das ist ihm gelungen. Seine Gründe?

Im Archiv der altpreußischer Union Rheinland in Düsseldorf gibt es einen Personalbogen meines Großvaters und darin die Bemerkung: „Kirchliche Tätigkeit: DC, enger Mitarbeiter von Karl Marten.“

Pfarrer Karl Marten (Deutsche Christen – Gau Rheinland) Quelle: https://www.archiv-ekir.de/index.php/2011-07-15-13-53-26/2011-07-18-12-15-38/abstracts/267-6ha-007

Wer war Karl Marten?

Karl Marten (1887-1958) war Leiter der „Lutherdeutschen“ im Rheinland, also der späteren DC. In einem Brief an Herrn Konsistorialrat Aldag in Düsseldorf schreibt er:

„ … Dieser (Klos) ist mir nicht nur bekannt, wie Sie schreiben, sondern war mir lange in der Arbeit verbunden. Als ich seinerzeit mit der Leitung der „Lutherdeutschen“ im Rheinland von der Leitung betraut wurde, habe ich Klos in meinen Gaustab berufen; er ist darin einer meiner allertüchtigsten und zuverlässigsten Mitarbeiter gewesen.“

Übersetzt, mein Großvater hat seine Rolle in der NSDAP und bei den deutschen Christen vor dem öffentlichen Ankläger gewaltig heruntergespielt, d.h., er war in die Arbeit der „DC-Rheinland“ nicht nur eingeweiht, sondern hat diese Arbeit tatkräftig unterstützt. Die Feststellung von Pfarrer Gilmann, kann man dann auch anders sehen.

Die Abstimmungsergebnisse seiner Wahl zum Superintendent machen deutlich, wer das Sagen im Kirchenkreis hatte, die Vertreter der DC und denen war das kleine „Häufchen“ der „Bekennende Kirche“ hoffnungslos unterlegen. Und natürlich war er nach dieser Wahl nicht „der kalt gestellte „Kulturwart von Birkenfeld“, sondern er manipulierte sehr geschickt die Auseinandersetzungen innerhalb des Kirchenkreises.

Zum Beispiel bei einer Kirchenvisitation der „bekennenden Kirche“ in der Gemeinde Leisel. Am 30. Mai 1936 verschickt er dazu ein Schreiben an sämtliche Presbyter und früheren Kirchengemeindevertreter von Leisel, an die Gemeindebürgermeister von Leisel, Schwollen, Hattgenstein und Siesbach und an den Ortsgruppenleiter der NSDAP, Schüßler in Leisel:

Kirchenkreis Birkenfeld                                                        Birkenfeld, den 30. Mai 1936

(Kreissynodalverband)

Der Superintendent

A.: Nr. 206

Wie hier mitgeteilt wird, beabsichtigt die so genannte Bekenntniskirche nächster Zeit eine Kirchenvisitation in dortiger Gemeinde abzuhalten. Die Bekenntniskirche, die lediglich eine kirchliche Gruppe darstellt, aber in seltsamer Anmaßung‘. die Rechte der geistlichen Leitung beansprucht, hat keinerlei Recht, derartige Amtshandlungen vorzunehmen. Der Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises Birkenfeld warnt daher die: Gemeindeglieder, vor diesem erneuten Versuch, die Gemeinden Leisel und Siesbach aus der Verbundenheit mit den übrigen Gemeinden des Kirchenkreises loszureißen und sie landfremden Einflüssen zu unterstellen.

Um Bekanntgabe an die Bevölkerung wird gebeten. Unterschrift: Klos

Gegen die „Veranstaltung“ schließt er sich einer Beschwerde an, die zuvor auf seine Veranlassung mündlich und schriftlich veranlasst wurde:

Kirchenkreis Birkenfeld                                                   Birkenfeld, 23. Juni 1936

(Kreissynodalverband)

Der Superintendent

An den

Rheinischen Provinzialkirchenausschuss Düsseldorf

Schloss Jägerhof

Auf eine mir zunächst mündlich vorgetragene Beschwerde wurde auf meine Veranlassung der anliegende schriftliche Einspruch eingereicht. Derselbe richtet sich gegen die am 7. Juni von der sogen. bekennenden Kirche in der Gemeinde LeiseI versuchte Kirchenvisitation und gibt die allgemeine gereizte Stimmung der ganzen Gemeinde gegen den Ortspfarrer und seine kirchenpolitische Umtriebe wieder. Ich schließe mich der Beschwerde gegen den jeder Rechtsgrundlage entbehrenden Willkürakt der Bekenntnisfront an und bitte dringend, dafür Sorge zu tragen, dass die kirchliche Ordnung in der Gemeinde Leisel nicht weiter in dieser groben Weise gestört wird.

Mit der Durchführung der Visitation waren beauftragt: Pfarrer Hinnenthal von Meisenheim und ein Pfarrer von Berlin-Brandenburg angeblich namens Süßbach. Während Pfarrer Hinnenthal eine gemäßigte Predigt hielt, die jeder Pfarrer des Kirchenkreises auch hätte halten können, war die Predigt des zweiten Redners eine üble Hetze gegen die Deutschen Christen und – in versteckter Form – auch gegen den Staat und bewegte sich auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Die Beteiligung war infolge meiner Warnung an die Gemeinde sehr gering. Das Presbyter fehlte ganz und von den 17 .Anwesenden waren mindestens sechs mit der Überwachung beauftragt

Unsinn ist es, wenn auf einen Bericht des Pfarrers Engelhardt der Verbindungsmann, Pfarrer Binnenthal dem rheinischen Bruderrat mitteilt, dass nun das Kesseltreiben gegen Pfarrer Engelhardt einsetzen solle. Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Es ist die bekannte Taktik. Man provoziert so lange, bis ein Eingreifen unvermeidlich geworden ist, und dann gefällt man sich in der Märtyrerpose und liefert der Auslandspresse das Material, nach dem sie verlangt. Es ist noch kein Pfarrer des Kirchenkreises in seiner Verkündigung behindert oder beeinträchtigt oder gar verfolgt worden. Wer das behauptet, lügt bewusst und in bestimmter Absicht. Meine Warnung an die Presbyter, von der ich dem Konsistorium habe Abschrift zugehen lassen, war berechtigte Abwehr einer unverantwortlichen Einmischung in die Rechte des Kirchenkreises. Wir können zu einer wahren Befriedung unserer Kirche nicht kommen, wenn eine kirchenpolitische Gruppe sich ungestraft über alle Ordnungen und – das darf auch einmal gesagt sein – auch über allen christlichen Takt hinwegsetzen darf.

Wenn das kirchliche Leben der Gemeinde Leisel, das durch die Vertrauenskrise zwischen der Gemeinde und ihrem derzeitigen Pfarrer schon seit Jahren stark gelitten hat, nicht ganz erliegen soll, so empfehle ich die Beschwerde der Presbyter der ernstlichen Beachtung des Ausschusses. Ruhe gibt es m.E. nur, wenn eine personelle Veränderung eintritt dergestalt, dass eine Persönlichkeit in die an sich leicht zu lenkende Gemeinde kommt, die es mit ihren seelsorgerlichen und pfarramtlichen Pflichten ernst nimmt und die Kirchenpolitik aus dem Spiele lässt.

Ob der betroffene Pfarrer versetzt wurde, geht aus den Unterlagen nicht hervor, Eine ähnliche Veranstaltung wird schon etwas strenger gemaßregelt:

Kirchenkreis Birkenfeld                                                          Birkenfeld, den 15. Juni 1935

(Kreissynodalverband) – Der Superintendent

A.: Nr. 745

An sämtliche Herren Pfarrer!

Anlässlich der beiden am 2. Juni in Idar gehaltenen Bekenntnisgottesdienste fand eine Sitzung der kirchlichen Körperschaften in Idar statt, bei der die anliegende Entschließung gefasst wurde. Wenn es auch nur bestimmte und unbedeutende Kreise in der Kirchengemeinde sind, die in dem Kirchenstreit glauben das Heil der Kirche zu finden, so bitte ich noch einmal die Herren Amtsbrüder, sich jeder kirchenpolitischen Tätigkeit in ihren Gemeinden zu enthalten. Sollte die Bekenntnissynode weiter zu agitieren suchen, wird gerechterweise auch die Gegenseite zu Wort kommen müssen.

Heil Hitler Klos

Entschließung: des Presbyteriums und der größeren Gemeindevertretung der Kirchengemeinde Idar

Die kirchlichen Körperschaften der Gemeinde Idar sind der Ansicht, dass der Kirchenstreit, .so wie er geführt ‚wird. Gemeinde- und kirchenzerstörend wirkt und die Kirche immer mehr dem Volke entfremdet. Indem sie ihre Besorgnis Ausdruck geben, erwarten sie von ihren Pfarrern und machen es ihnen zur Pflicht, sich jeder kirchenpolitischen Betätigung in ihren Gemeinden zu enthalten. Sie wollen dass unsere Kirche endlich zum Frieden komme, damit sie ihre wichtige Arbeit im Dienste ‚am Volk tun kann.

Idar, den 13. Juni 1935

Obige Entschließung wurde mit 21 gegen 6 Stimmen angenommen.

Für die Richtigkeit: Birkenfeld, den 15. Juni 1935. Der Superintendent Klos

Und nachdem die Maßnahmen immer noch nicht den gewünschten Erfolg bringen, holt er sich „Amtshilfe“ bei „staatlicher Stelle“:

Staatspolizeistelle                                                        Birkenfeld, den 7. Juni 1935

Nr. 70/35

In gegebener Veranlassung ordne ich an, dass in allen Fällen, in denen Pfarrer von auswärts von den Herren Pfarrern des Landesteils herangezogen werden, um in der Kirche in Fragen des evangelischen Kirchenstreites zu sprechen, hierzu vorher meine Erlaubnis unter Nennung des Namens des fremden Pfarrers einzuholen ist.

Gez. Dr. Clemens

Zum Jahreswechsel 1935/36 verschickt er das folgende Schreiben:

Der Superintendent.                                        Birkenfeld, den 29. Dezember 1936

An sämtliche Herren Pfarrer und Vikare der Kreisgemeinde Birkenfeld.

Liebe Amtsbrüder!

Herzliche Segenswünsche zum Jahreswechsel verbinde ich mit der Bitte an Sie alle, auch an die bisher noch abseits Stehenden,. einmal in eine ernste Prüfung der Frage einzutreten, ob wir nicht den Jahresbeginn zum Anlass nehmen wollen, auch in unserem Verhältnis zu einander zu einem neuen Anfang zu kommen. Die Zeit der Entscheidung, in die die Kirche Christi hineingestellt ist, ist so ernst, dass wir es nicht verantworten können, ihre Botschaft noch länger durch unbrüderliches Verhalten unglaubwürdig zu machen. Ich selbst bin jederzeit bereit, persönliche Empfindlichkeiten zurückzustellen und jedem die Hand zu reichen, der ebenfalls ehrlich dazu bereit ist. Gemeinsame Verantwortung und gemeinsame Sorge müssen uns zusammenführen, und ich würde es dankbar begrüßen, wenn uns die Januarkonferenz diesen Dienst leistete. Die bevorstehende erhöhte Propagandatätigkeit der D.G. (?) muss uns gerüstet finden. Es wird Aufgabe der Konferenz sein, dazu Mittel und Wege zu finden.

Mit amtsbrüderlichem Gruß und Heil Hitler Ihr Klos

Pfarrer Gilmann schrieb: „Zeigt einen Superintendenten der trotz gegensätzlicher kirchenpolitischen Gruppen bedacht zu sein schien, die Spannungen klein zu halten und z.B. die Thüringer deutschen Christen – besonders hitlerisch und völkisch – auch nicht ranzulassen.“ Die Wirklichkeit sah anders aus und die „gestaltete“ mein Großvater mit Unterstützung aus Düsseldorf.

Und weiter aus seinen Erinnerungen. Auf Veranstaltungen der Partei ist er nach seiner Erinnerung nicht aufgetreten, oder hat dort gesprochen. Natürlich hat er und er kannte als Pfarrer, Superintendent und NSDAP-Mitglied im Birkenfelder Land alle Amtsträger in – und außerhalb der Kirche.

Gauleiter Gustav Simon Quelle: Von H. Menzel, Koblenz – E. Kienast (Hg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938, IV. Wahlperiode, R. v. Decker´s Verlag, G. Schenck, Berlin 1938, PD-§-134, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=4902041

Als da sind: Gauleiter Gustav Simon. Den „Giftpilz von Hermeskeil“ nannten zeitgenössische Gegner den ehemaligen Gauleiter der NSDAP Koblenz-Trier. Passender wäre es gewesen, ihn als „Mörder von Hermeskeil“ zu bezeichnen. Seinen fanatischen Antisemitismus bewies Simon als Hauptschriftleiter der beiden nationalsozialistischen Tageszeitungen „Koblenzer Nationalblatt“ und „Trierer Nationalblatt“, Er hatte in der Zeit vom September 1931 bis März 1933 in 520 Versammlungen gesprochen und in allen Reden seine antisemitische Grundeinstellung nie geleugnet. Er nannte die Juden „Wucherer“ und „Volksausbeuter“.

Kreisleiter Wilhelm Herbert Wild wird Kreisleiter von 1933 bis Sept. 1937 und vom 9. April 1943 – 19. März 1945, ehrenamtlich.

Ab 1931 bis 1933 sitzt er im oldenburgischen Landtag für die NSDAP (Mitgliedsnummer 100388), der er seit dem 1.10.1928 angehört und wird am 26.11.1932 bis zum 1.12.1933 oldenburgischer Staatskommissar für Birkenfeld, anschließend am 1.12.1933 bis zum 1.4.1937 oldenburgischer Regierungspräsident Danach preußischer Landrat von Birkenfeld bis zu seiner Entlassung 1945. Wild gründet die NSDAP-Ortsgruppe Birkenfeld.

Wild ist ein Rüpel und Prolet. Er war nicht nur handgreiflich an den Schlä­gereien in den politischen Veranstaltungen der „Kampfzeit“ beteiligt, sondern hatte sich auch im Parlament in Wort und Tat nicht gerade staatsmännisch benommen. Im Oldenburger Landtag verkündete er einst unverhohlen, dass er die Republik bekämpfen und in „diesem Sau­stall“ Ordnung schaffen werde; im Idarer Gemeinderat hatte er es sogar fertiggebracht, dem KPD-Gemeinderatsmitglied Franz Fieber eine so kräftige Ohrfeige zu geben, dass dieser bald die Sitzung verließ, um einen Arzt aufzusuchen.

Die SPD Ortsgruppe Birkenfeld meint am 6.10.1948:

„ …Herbert Wild ist der Agitator für den Nationalsozialismus im Birkenfelder Land gewesen. Mit zäher Verbissenheit ist er Tag für Tag in den Dörfern des damals oldenburgischen Landesteils umhergereist, um seine Hitlerparolen unter die Bauern zu tragen.“

Ortsgruppenleiter der NSDAP Weis scheint schnell gemerkt zu haben, wohin die Reise geht und war an den meisten „Schweinereien“ der örtlichen Parteiorgane nicht beteiligt. Am 21. Dezember 1942 beging er Selbstmord, weil er „das Ganze nicht wollte“.

Erinnern möchte ich auch nochmal an den so genannten Judenboykott, geplant seit März 1933 und ausgeführt am Samstag, den 1. April 1933 und den gab es natürlich auch in Birkenfeld.

Otto Dibelius während des Evangelischen Kirchtentages 1959 in München. Quelle: https://www.evangelisch.de/inhalte/142177/15-05-2017/ekd-ratsvorsitzender-otto-dibelius-antisemit-predigt-zu-hitlers-machtergreifung-vor-dem-bundestag

Der evangelische Generalsuperintendent Otto Dibelius verteidigt die Aktionen als notwendige staatliche „Verteidigung“. Auch die „Deutschen Christen“ unterstützten den Boykott. Eines ihrer Mitglieder mein Großvater Paul Klos. Um diesen Boykott in der beschriebenen Form durchzuführen, bedurfte es „Helfer“. Die SA im gesamten Landkreis stellte Mitglieder zur Verfügung, aber auch für die HJ sollte es eine gute Gelegenheit sein, die Rasseideologie praktisch und vor Ort zu erleben. Also waren mein Großvater und meine Mutter mindestens informiert, aber sicher damit einverstanden.

Auch die „Altpreußische Union beschloss, ein Zeichen zu setzen, wie sie den Boykott unterstützte:

„ … Noch viel gravierender wirkte sich die Maßnahme der „Generalsynode der Altpreußischen Union“ aus, die am 05.09.1933 die Juden aus dem kirchlichen Beamtenstand ausschloss: „Nichtarier dürfen nicht als Geist­liche und Beamte der kirchlichen Verwaltung berufen werden. Das gleiche gilt für Ehemänner nichtarischer Frauen. Arische Beamte, die eine Person nichtarischer Abstammung heiraten, sind zu entlassen.“ Damit war die Kirche dem Beispiel des NS-Staates gefolgt und hatte die christlichen Tugenden der Nächstenliebe und Toleranz missachtet. Aus dieser Haltung heraus war kein Engagement gegen die später einsetzen­de Verfolgung zu erwarten.“

SA marschiert -1. Mai 1933 in Birkenfeld Quelle: eigener Besitz

Gewalt sei ausdrücklich nicht erwünscht, hieß es im Boykottaufruf, aber die örtlichen SA-Einheiten im Landkreis kümmerte das wenig, waren sie sich der Duldung durch Kreis- und Gauleitung doch sicher. Edgar Mais schreibt über einen weiteren „Fall“:

„ … Wenige Wochen nach der Machtübernahme kam es bereits zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Familie Steinfels in Idar-Oberstein. Sie wurde am 13. März 1933 von 4 uniformierten SA-Leuten überfallen und misshandelt. Über den Tathergang bestehen keine Zweifel, da uns die Abschrift des Polizeiberichts dazu vorliegt und der Anstifter die Tat nicht geleugnet hat.“

In Birkenfeld gab es die so genannte Rizinus-Aktion, dabei drangsalierten die neuen Machthaber ihre Opfer durch Verabreichung von Rizinusöl, es waren drei Mitglieder der SPD, je ein Zentrumsmitglied und der deutschen Partei, der deutschen Friedensgesellschaft und zwei jüdische Mitbürger. Dies geschah ganz „legal“; die Polizei war zuvor angewiesen worden, nicht einzuschreiten.

Die Befehle dazu mussten von dem obersten Polizeichef im Kreise, dem Kreiskommissar (Landrat) und Kreisleiter Herbert Wild erteilt worden sein.

Etwa in der Mitte, auf der Treppe, in Parteiuniform, der oldenburgische Regierungspräsident, dann preußische Landrat, Herbert Wild. Quelle: eigener Besitz

Vergleicht man diese im Landkreis Birkenfels sich abspielende Beispiele mit dem bisherigen Leben der jüdischen Bewohner, so stellt sich schon die Frage, warum die Bevölkerung, die bisher so lange mit jüdischen Mitbürgern zusammen lebte, derartig reagieren konnte, denn alle Begründungen, warum „Der Jude“ ein „Volksfeind“ sei, widersprachen den bisherigen Erfahrungen und die waren z.T. weit über 100 Jahre alt.

Und natürlich brannten im Birkenfelder Land am 30. April die Bücher und diese Aktion war der Höhepunkt der sogenannten „Aktion wider den undeutschen Geist“. Auf Burg Birkenfeld war das traditionelle Maifeuer von den Nationalsozialisten in eine politische Demonstration umgewandelt worden. Am 3. Mai berichtete die Birkenfelder Landeszeitung ihren Lesern:

„… Das am Sonntagabend abgebrannte Feuer auf dem Burgberg hatte trotz des Regens eine große Menschenmenge zusammengerufen. Ein junger Forstassessor rief die Anwesenden dazu auf, sich wieder auf deutsches Geistesleben und deutsches Geistesgut zu besin­nen. Er übergab verschiedene undeutsche Werke den Flammen.“

In Idar fand die Bücherverbrennung am Bismarckturm statt. Die Obersteiner Bücherverbrennung wurde von der Hitlerjugend unter Leitung ihres fanatischen Führers Kurt Steinmetz am rechten Naheufer unterhalb der Marktplatzbrücke durchgeführt und war weithin sichtbar. Unter Absingen des „Horst-Wessel-Liedes“ fand die abendliche Bücherverbrennung ihr Ende.

Waren denn alle Mitglieder der Familie Klos verrückt? Bis dahin hatten sie am Birkenfelder Gymnasium Abitur gemacht, oder lernten in Vorbereitung auf dieses? Was aber hatten sie dort gelesen? Weltliteratur wurde begleitet von dummen Sprüchen vernichtet und mindestens drei Familienmitglieder waren beteiligt, mein Großvater und zwei seiner Töchter.

Seit 1930 wohnte die Familie in Birkenfeld und somit kannte sie so ziemlich alle Einwohner. Dazu kommt, am Gymnasium in Birkenfeld wurde auch hebräisch gelehrt und das Hebraicum, also jüdische Religionslehre. Man kannte die jüdischen Familien. Mein Großvater hatte eben dieses Gymnasium besucht und unter seinen Mitschülern waren auch Kinder der jüdischen Familien.

Als evangelischer Pfarrer kannte er die Rabbiner der umliegenden jüdischen Gemeinden, sowie den Landesrabbiner mit Sitz in Hoppstädten.

Paul Klos und seine Schwester Julie Quelle: eigener Besitz

Das Ende qualvoller Jahre

Am 26.10.1937 wird der damalige Pfarrer und Superintendent Paul Klos in Birkenfeld wegen sexuellem Missbrauch minderjähriger Mädchen verhaftet.

Bei seiner Verhaftung und Einlieferung in das Gefängnis in Birkenfeld wird laut Untersuchungsbericht in seiner Unterhose eine Pistole gefunden und Selbstmordabsicht vermutet. Das aber hätte er nie getan, wie die folgenden Jahre zeigen. Aber die Absicht zeigen und gleichzeitig die Waffe aus dem Pfarrhaus zu schaffen, passt. Denn was hatte diese dort zu suchen?

In der Familie hebt man hervor, diese Verhaftung sei so diskret wie möglich erfolgt, so hätte z.B. das Auto der verantwortlichen Orts – Polizeibehörde verhangene Fenster gehabt.

Mit Diskretion gegenüber Paul Klos hat man es wohl schon immer gehabt, denn bei verschiedenen Telefonaten im Jahre 2012 merkte ich, in Birkenfeld wurde und wird bis heute diese „Geschichte“ heruntergespielt. Und es wurde auch vermutet, hinter dieser Verhaftung und den Beschuldigungen gegen ihn könnten durchaus „Katholische Kreise“ stecken.

Auch in unserer Familie wurde nach jahrzehntelangem Schweigen behauptet, mein Großvater sei von einem katholischen Mädchen verführt worden und dies sei ein einmaliger Vorfall gewesen.

Hochzeit Paul Klos in Uniform Quelle: eigener Besitz

Die Jahre bis zur Verhaftung.

Ab Oktober 1930 begann ein Martyrium, dass mindestens für mich unvorstellbar ist. Der Berichtverfasser der Koblenzer Staatsanwaltschaft, Staatsanwalt Dr. Zbikowski schreibt dazu nach der Verhaftung 1937:

„ … Der Beschuldigte ist geständig und hat bei seiner verantwortlichen Vernehmung weiter angegeben, (…) unzüchtige Handlungen vorgenommen (zu haben).“

Unzüchtige Handlungen“ an einem Mädchen, dem ersten „Opfer“, das damals 14 Jahre alt gewesen ist. Die Ermittlungen wurden geführt durch die Außendienststelle Idar-Oberstein der Staatspolizei. Bis zu seiner Verhaftung werden insgesamt 12 Kinder in den unterschiedlichsten Formen von ihm missbraucht, obwohl Zitat Staatsanwaltschaft: „Das Alter der Kinder sei dem Angeklagten bekannt gewesen, und dass er sich der Rechtswidrigkeit seiner Handlungen bewusst gewesen sei.“

Am 6. Oktober 1938 kommt es zur Verhandlung vor der Jugendschutzstrafkammer des Landgerichts Koblenz.

Hauptjustizgebäude Landgericht Koblenz Von Asperatus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51060571

Das Gericht schreibt in die Urteilsbegründung, er nütze seine Stellung aus, dazu heißt es in den Ermittlungsakten: „Wenn auch vielleicht nicht jeder, der Unterricht im …. erteilt, als Lehrer im Sinne dieser Vorschriften anzusehen ist, so war diese Frage hier jedoch zu bejahen. Die Mädchen sahen in dem Angeklagten nicht einen beliebigen Lehrer, sondern immer den Herrn Pfarrer, dem sie sich in jeder Beziehung unterzuordnen hatten. Dieses Autoritätsverhältnis hat der Angeklagte missbraucht.“

Um ein Strafmaß zu begründen, meint das Gericht: “hat in allen Fällen wegen der Unzahl der Verbrechen und der gemeinen Handlungsweise des Angeklagten, der seine Stellung als Geistlicher in grober Weise missbraucht hat, sowie wegen des Unglücks, das er über die Kinder und deren Eltern gebracht hat, das Vorliegen mildernder Umstände verneint.“

Es folgen die einzelnen Strafmaße, da das Gericht jeden Fall einzeln bewertet hat, was wohl nötig war, da unterschiedliche Paragraphen griffen.

Nach dieser Beurteilung zählt das Gericht insgesamt zusammen und kommt zu dem Ergebnis, … „ Diese Einzelstrafen von insgesamt 13 Jahren Zuchthaus sind gemäß § 74 STGB (Strafgesetzbuch), zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren Zuchthaus zusammengezogen worden. Es erscheint ferner geboten, dem Angeklagten auf die Dauer von 5 Jahren die bürgerlichen Ehrenrechte abzuerkennen. In der Akte ist zu lesen, dass „der Sitzungsvertreter“ (wahrscheinlich die Staatsanwaltschaft) insgesamt 7 Jahre Zuchthaus und 7 Jahre Ehrverlust gefordert hatte.

Die erlittene Untersuchungshaft wurde nach § 60 STGB auf die erkannte Strafe angerechnet.“

Übrigens, aus den Unterlagen geht hervor, dass neben meiner Oma mindestens die beiden ältesten Töchter mit sehr großer Wahrscheinlichkeit von dem Missbrauch der Mädchen wussten. Auch hier die Frage, warum sie alle geschwiegen haben.

Erklärbar ist es höchstens damit, dass mein Großvater immer – auch als die Enkelkinder geboren wurden – die „moralische Instanz“ der Familie war und bestimmte, wo es lang geht. Enttäuschend für mich, dass mir zwei Cousinen erzählten, ihre Väter hätten ihn sehr respektiert und geschätzt, unter anderem auch deshalb, weil er angeblich sehr humorvoll gewesen sei. Meine Oma aber galt als humorlos, was sie nach meiner Erinnerung beileibe nicht war.

Rein für die Öffentlichkeit bestimmt, der Ausschluss meines Großvaters aus der NSDAP am 4.11.1937, Mitgliedsnummer 2212336 vom 01.05.1933 der Ortsgruppe Birkenfeld, Gau Koblenz-Trier.

Bereits am 26.07.1942 wurde die Reststrafe auf Bewährung bis 01.08.1945 erlassen und mein Großvater Paul Klos war auf freiem Fuß.

Nach seiner Entlassung taucht er wieder in Birkenfeld auf. Pfarrer Ernst Gilmann schreibt dazu an meine Cousine:

„ … Dass die direkte Birkenfelder Nachbarin – eine alte kluge Frau – ihn als stolz und arrogant bezeichnete, erzählte ich Ihnen. Die Nachfolgerpfarrfrau in Niederbrombach – Grete Neubach – hatte ebenfalls kein Verständnis für seine unbefangene Einkehr (durch die Hoftore) im Pfarrhaus dort, als er nach der Haft dort auftauchte.“

Kirche Niederbrombach Foto: Hartmut Deckert

Nach seiner Entlassung tritt mein Großvater Anfang 1943 eine Stelle als Bienenzuchtberater und Leiter der Imkerschule Emilienhof in Rosenberg/Westpark. an und lebt dort mit seiner Ehefrau und zwei seiner Töchter. Diese Imkerschule unterstand dem Reichsverband der deutschen Kleintierzüchter, dieser wiederum war Mitglied im „Reichsnährstand“. Die NSDAP hatte also nur mittelbar Einfluss auf diese Anstellung.

Die finanzielle Situation der Familie ist katastrophal. Mein Großvater versucht, wieder in den Kirchendienst zu kommen und dabei findet er zunächst tatkräftige Unterstützung. Es ist erstaunlich, zu welchen Zugeständnissen Pfarrer Karl Marten dabei bereit ist. Und daher setze ich seinen Brief hier ein:

Evangelische Kirchengemeinde  Neuwied                                Neuwied, den 21. Juni 1942

Neuwied

Herrn Konsistorialrat Aldag

Düsseldorf

Sehr geehrter Herr Konsistorialrat!

Ihr Schreiben vom 16. ds. Mts. hat mich naturgemäß sehr überrascht, aber ich danke Herrn Präsident Dr. Koch und Ihnen für das Vertrauen, dass Sie Sie mich mit dieser Angelegenheit befassen, und für das, was Sie an dem früheren Superintendenten tun wollen. Dieser ist mir nicht nur bekannt, wie Sie schreiben, sondern war mir lange in der Arbeit verbunden. Als ich seinerzeit mit der Leitung der „Lutherdeutschen“ im Rheinland von der Leitung betraut wurde, habe ich Klos in meinen Gaustab berufe; er ist darin einer meiner allertüchtigsten und zuverlässigsten Mitarbeiter gewesen, und Sie können sich denken, wie schwer mich vor 5 Jahren das Bekanntwerden seiner schweren Verfehlungen, die ihm niemand zugetraut hätte, der ihn kannte, traf. Schon um der alten Arbeitsverbundenheit willen, und wegen der Persönlichkeit, die von der unbegreiflichen Dämonie auf dem einen Gebiet abgesehen, sich als Pfarrer, als Führer seines Kirchenkreises, als tüchtiger, bei seinen Mannschaften beliebter Weltkriegsoffizier, usw. stets bewährte, bin ich bereit, Klos in jeder möglichen Weise zu helfen, trotz aller naturgemäß aufkommenden Bedenken. Bei der, auch für die Zukunft gebotenen strengsten Vertraulichkeit habe ich es doch für meine Pflicht angesehen, mit meinem nächsten Mitarbeiter in der Gemeinde, Herrn Kirchmeister Greiß, der auch dem Gaustabe angehörte und daher den Fall Klos kennt, und mit meiner Schwester den Vorschlag des Herrn Präsidenten zu besprechen. Wir sind alle darin der gleichen Meinung, dass wir schon um der Christenpflicht, einem gefallenen Bruder zu helfen, willen bereit sind, den Versuch zu wagen.

Zur Erwägung für das Konsistorium, nicht zur Einschränkung dieser Bereitwilligkeit, muss ich aber auch die Bedenken äußern, die sich aus der geplanten Beschäftigung von Klos in Neuwied ergeben. Das kleinere betrifft die Zusammensetzung unseres Gemeindeamts, das z.Zt. nur weibliche Kräfte beschäftigt: außer meiner Schwester als Leiterin zwei junge Gehilfinnen. Die Gefahr, die darin für Klos und die jungen Mädchen liegen könnte, wird hoffentlich gebannt durch das, was Klos erlebt hat und was ihm wohl zur Warnung dienen wird, im Übrigen, ja auch durch die Aufsicht meiner Schwester. Ernster erscheint mir die Gefahr, die für Klos selbst, für die Gemeinde und für das Konsistorium erwachsen könnte, wenn seine Vergangenheit über den engsten Kreis der drei obengenannten Personen hinaus bekannt würde. Da es sich ja zunächst nur um eine informatorische Beschäftigung bei der Gemeinde handeln würde – darüber nachher -, so würde ich es nicht für notwendig halten, das Presbyterium eingehend zu informieren, und ebenso würde von uns auch keine andere Person etwas über die Vorgeschichte von Klos erfahren. Aber ich weiß nicht, wie weit der Fall von früher her bereits bekannt ist; bei vielfachen Beziehungen zwischen Neuwied und dem Nahegebiet halte ich es für wahrscheinlich. Vor allem aber fürchte ich, dass in den Kreisen der so genannten „Bekennenden Gemeinde“ der Name Klos nicht unbekannt ist, und bei der leider völlig hemmungslosen und jeder Verantwortung baren Art, der dort alle Verhältnisse, auch persönlicher Art zum Kampf gegen die Landeskirche benutzt werden, sehe ich unter Umständen schwere Unzuträglichkeiten voraus. Mir schwant auch so etwas, als wenn z.B. dem Presbyter Domänendirektor Hachenberg der Fall Klos bekannt wäre. Ich bitte dies alles zu erwägen und zu prüfen. Theoretisch wäre gewiss für Klos alles leichter, wenn seine Wiederbeschäftigung möglichst weit entfernt von seinem alten Wirkungskreis erfolgen könnte; wahrscheinlich ist das wegen der Kriegsverhältnisse und des Wohnsitzes der Familie kaum möglich. Wie gesagt, es bleibt unsere Bereitschaft, ihn aufzunehmen, bestehen; es geht mir nur darum, pflichtmäßig auf Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, die entstehen könnten.

Was nun die geplante Tätigkeit von Klos auf unserem Gemeindeamt betrifft, so verstehen wir den Vorschlag so, dass es sich um eine informatische Beschäftigung handeln soll, bis die beabsichtigte Kirchensteuerstelle – dass deren Einrichtung so nahe bevorsteht, höre ich zu meiner Überraschung jetzt zum ersten Male – Tatsache und Klos wohl mit ihrer Leitung betraut wird. Es würde also wohl während der informatorischen Beschäftigung von Klos auf dem Gemeindeamt seine Bezahlung durch das Konsistorium erfolgen, da wir eine freie Stelle nicht haben und auch nicht schaffen können. Die vielfachen Einschränkungen der Arbeit, z.B. durch Wegfall des Gemeindeblatts, Rückgang der Ariergesuche usw. haben mich schon erwägen lassen, ob nicht in einem halben Jahre, wenn voraussichtlich das eine junge Mädchen zum Arbeitsdienst eingezogen wird, eine Stelle eingespart werden könnte. Wie das Konsistorium sich die Bezahlung von Klos in der ersten Zeit denkt, weiß ich nicht. Seiner Familie ist ja seinerzeit eine Gnadenversorgung zugebilligt worden, um die ich mich damals auch bemüht habe, und die dankenswerterweise durch das weitgehende Entgegenkommen des Herrn Präsidenten in ausreichender Weise festgesetzt wurde; vielleicht wird ebenfalls auf dem Gnadenwege aus zur Verfügung stehenden Mitteln jetzt ein Zusatzbetrag gewährt, der die erhöhten Aufwendungen nach Rückkehr des Mannes deckt. Darüber werden Sie uns ja noch Näheres mitteilen. Für heute wird auch Ihnen genügen, dass wir grundsätzlich dem Plane zustimmen.

Mit der Bitte, mich dem Herrn Präsidenten zu empfehlen, und mit ergebensten Grüßen an Sie,

Heil Hitler – Ihr (Karl Marten)

Aus diesem Brief ist zu lernen: Es sollte die gesamte Gemeinde mitsamt ihrer Führung umgangen werden und Mitglieder der „Bekennenden Kirche“ könnten in ihrem „Klassenkampf“ auch noch die „Spielverderber“ sein.

Das war nicht der einzige Versuch zur Rückkehr in kirchliche Dienste, wie das folgende Schreiben meines Großvaters zeigt, der unterdessen in Koblenz wohnte:

Koblenz, den 2. September 1942

Betr.: Rente

An das Evangelische Konsistorium der Rheinprovinz, Düsseldorf

Durch Herrn Superintendent Klein

Düsseldorf

Nachdem seit einer Reihe von Monaten mit kirchlichen Stellen geführte Verhandlungen bezüglich meiner Verwendung in einem Zweige kirchlicher Verwaltung trotz der von mir anerkannten Bemühungen des Konsistoriums an – vorerst nicht zu überwindenden – Schwierigkeiten gescheitert sind, und auch der Versuch, im Bereiche der inneren Mission unterzukommen, innerhalb der vom Arbeitsamt gesetzten Frist kein Ergebnis gezeigt hat, hat mich das Arbeitsamt in die Industrie überwiesen und zwar in die „Ruhr-Chemie AG“ in Oberhausen-Holten. Als Termin meines Arbeitsbeginnes wurde der 15. September vereinbart.

Ich bedaure lebhaft, dass es mir verwehrt ist, mich wieder auf einem Arbeitsgebiet zu betätigen, das mir vertraut war, dem ich fast 25 Dienstjahre (Birkenfelder Anstellungsalter) widmen durfte und in dem ich an maßgeblicher Stelle dazu beitragen durfte, dass die Birkenfelder Landeskirche ihre Selbstständigkeit aufgab und den Anschluss an die Evangelische Kirche der altpreußischen Union vollzog. So muss ich mich nunmehr in einer beruflichen Tätigkeit versuchen, für die ich in keiner Weise vorgebildet bin und kaum irgendwelche Voraussetzungen mitbringe. Dieser Sachlage entspricht die tarifliche Bezahlung, für welche mir genaue Zahlen noch nicht genannt sind, die aber nach den gemachten Andeutungen so niedrig sein wird, das ganz erhebliche Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art nicht ausbleiben können, zumal ich meine Familie nicht mitnehmen kann und daher gezwungen bin, doppelten Haushalt zu führen. Es kommt hinzu, dass meine beiden jüngsten Töchter im Alter von 15 und 17 Jahren sich dem Lehrerinnenberuf widmen wollen und zu diesem Zwecke noch auf Jahre hinaus (insgesamt etwa 6 Ausbildungsjahre) einschlägige Schulen zu besuchen haben. Es ist mir aber ein ganz besonderes Anliegen, ihnen die Möglichkeit dazu zu erhalten und nicht auch noch ihre Zukunft zu belasten mit Enttäuschungen, deren Ursache nicht in ihnen selbst liegen.

Ich bitte daher das Konsortium, Verständnis dafür zu haben, wenn ich mit dem Danke für das bisher meiner Familie und mir bewiesene Wohlwollen die Bitte verbinde, die Rente, wenn nicht in vollem Umfange, so doch zu einem Teil unter der bisherigen Anschrift auch fernerhin an meine Frau zur Auszahlung zu bringen.

Klos

Paul Klos Quelle: eigener Besitz

Dieser Bitte wurde wohl entsprochen, in welcher Höhe, geht nicht hervor.

Ab 1938 bezahlte die Kirche an meine Oma:

1938  Familienunterstützung seitens der Rheinischen Kirche    2180.- RM
1939  Familienunterstützung seitens der Rheinischen Kirche   2200.- RM
1940  Familienunterstützung seitens der Rheinischen Kirche   2200.- RM
1941  Familienunterstützung seitens der Rheinischen Kirche     2200.- RM

Das waren pro Monat etwa 183.- RM.

Im Januar 1943 verlangt das Konsortium in Düsseldorf eine Verdienstbescheinigung, mein Großvater antwortet wie folgt:

Paul Klos                                                                                           Rosenberg Wpr., den 23. Januar 1943

Bienenzuchtberater
Danzig Westpr./Nord
An das Evangelische Konsistorium der Rhpr.
Finanzabtl. Düsseldorf
Inselstr. 10
Durch Herrn Superintendant Klein
Düsseldorf
Florastr. 55b

Bezug: Ihr Schreiben vom 18. September 1942 Nr. 7483

Betrifft: Nachweis über die Höhe meines monatlichen Bruttoeinkommens

Zu dem Ersuchen um einen Nachweis über die Höhe des mir und meiner Familie außer der Rente zur Verfügung stehenden Bruttoeinkommens teile ich mit, dass ich durch die Vermittlung des Verwaltungsamtes des Reichsbauernführers von der Reichsfachgruppe Imker e. V., Berlin W50, ab 1. Dezember 1942 als Bienenzuchtberater Für den Bezirk Danzig/Westpreußen Nord eingesetzt bin und meinen Dienstsitz in Rosenberg Wpr., Emilienhof angewiesen bekommen habe. Die Anstellung ist zunächst probeweise auf ein Vierteljahr erfolgt. Doch glaube ich, nachdem gegen die Übersiedlung meiner Familie keine Einwände erhoben worden sind, mit einer Dauerstellung rechnen zu dürfen.

Besoldet werde ich nach den Grundsätzen der Vergütungsgruppe VII der T.O.A. Das Bruttogehalt beträgt monatlich einschließlich Wohnungsgeldzuschuss und Kindezulage für 2 Kinder 320,96 RM. Zur Auszahlung gelangen 276,75 RM.

Die in dem oben angezogenen Schreiben der Finanzabteilung der K. d. Rhpr. verfügte Weiterzahlung der Rente hat es uns ermöglichst, über die schlimmste Notzeit hinwegzukommen und wird uns vielleicht auch noch in den Stand versetzen für die erlittenen Einbußen einen kleinen Ausgleich zu schaffen. Große Sorgen macht uns der Umzug, der an sich schon kostspielig noch dadurch verteuert wird, dass ein Teil unserer Möbel noch bei meiner Schwester in Birkenfeld (Neubrück) stehen. Seitens der Reichsfachgruppe Imker kann „die Hälfte der gesetzlichen Umzugskosten für Beamte in der entsprechenden Stufe gewährt werden“. Der Umzug soll zum 1. Februar erfolgen.

Ich bitte Verständnis dafür zu haben, wenn ich nach restlosem Verbrauch aller Kapitalreserven zu erwägen bitte, ob eine Beihilfe zu den Umzugskosten seitens der Finanzabteilung beim evang. Kons. d. Rhpr. sowie eine weitere laufende Erziehungsbeihilfe für meine noch in der Ausbildung stehenden beiden jüngsten Töchter gewährt werden können.

Die Zahlungen für die Februar- und Märzrente erbitte auf mein Konto 3810 bei der hiesigen Kreissparkasse.

Für die uns bis jetzt in so hochherziger Weise erwiesene finanzielle Hilfe darf ich nochmals auch im Namen meiner Frau meinen aufrichtigen Dank aussprechen.“

Es wurde wahrscheinlich für Umzugskosten ein Zuschuss von 202,50 RM gewährt, wie handschriftlich eingefügt.

Im Januar 1945 ist die „Karriere“ in Westpreußen zu Ende, meine Oma flieht mit ihren beiden jüngeren Töchtern und landet in Dänemark und über ihren Mann lese ich diese Zeilen: Mein Mann hatte sich im Schanzeinsatz befunden und gelangte mit einem Treck nach Schleswig-Holstein. Erst Mitte Dezember 1946 konnte ich zu ihm zurückkehren, nachdem er einige Wochen vorher hier bei Verwandten untergekommen war, ohne bisher eine neue Existenzmöglichkeit gefunden zu haben.“

Auch nach dem Kriege versuchte er, wieder in den Kirchendienst zu kommen:

Paul Klos                                                                                                     Neubrücke/Nahe, den 18.11.1946
Neubrücke/Nahe
An das
Evangelische Konsistorium der Rheinprovinz
Düsseldorf
Inselstr. 10

Betr.: Verwendung im Kirchendienst

Nachdem ich in Folge des Zusammenbruchs erneut meine Existenz und dazu meinen gesamten materiellen Besitz in Ostpreußen eingebüßt habe, erlaube ich mir die Anfrage, ob das Konsistorium irgendeine Verwendung im kirchlichen Verwaltungsdienst der rheinischen Kirche oder aber im Dienst einer Anstalt der inneren Mission für mich hat.

Ich war von 1913 bis 1930 Pfarrer in der Kirchengemeinde Niederbrombach, davon 4 Jahre als Soldat an der Front, von 1930 bis Oktober 1937 Pfarrer in Birkenfeld und von 1934 bis Oktober 1937 der erste Superintendent des neuen Kirchenkreises Birkenfeld, bis ich infolge meiner sittlichen Verfehlungen im Anschluss an die Koblenzer Sittenprozesse zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Nach deren Verbüßung fand ich mir sehr zusagende Anstellung als Bienenzuchtberater im Gau-Danzig West und wohnte in dem zu Ostpreußen gehörenden Rosenberg, wo ich auch die Leitung der neugegründeten Imkerschule Emilienhof übernahm, bis ich im Januar 1945 unter Zurücklassung meiner Habe aus dem Schanzeinsatz flüchten musste und in Holstein zur Ruhe kam. Dort lebte ich in Bad Segeberg bis vor wenigen Wochen, um meine in einem Lager in Dänemark internierte Familie zu erwarten. Seit einigen Wochen bin ich hier bei Verwandten wohnhaft, ohne dass meine Frau mit 2 Töchtern bis jetzt hätte zurückkehren können.

Ich war von 33 – 37 Parteigenosse aus ehrlicher Überzeugung, weil ich der Meinung war, dass die sozialen Probleme am sichersten nur auf nationaler Grundlage zu lösen seien. Im Jahre 1934 wurde ich mit den Geschäften eines Kulturwartes beauftragt, konnte mich aber bei der zunehmenden Kirchenfeindlichkeit der Partei nicht durchsetzen und wurde stillschweigend kaltgestellt. Daraufhin legte ich den Posten im Sommer 1937 nieder. Nach meiner Festnahme erfolgte mein Ausschluss aus der Kirche.“

Handschriftlich angefügt: Kommt nicht in Frage.

Ab 19.04.1948 nach monatelanger Arbeitslosigkeit arbeitete er als Büroangestellter bei einer kleinen Firma in Idar-Oberstein, sein Gehalt 138,17 RM. Angeblich beendete aber die Währungsumstellung dieses Arbeitsverhältnis, seine Kündigung erhielt er am 31.5.1948 zum 15.06.1948. Die Familie hatte also keinerlei Einkünfte.

Meine Oma entschloss sich, wieder als Lehrerin zu arbeiten. Nach Bewerbung vom 22.1.1947 und Überprüfung ihrer Rolle als Pfarrersfrau während der NS-Zeit (Sie wurde als völlig unbelastet eingestuft) bekam sie am 7.2.1948 eine Anstellung als zweite Lehrkraft an der Volksschule in Enzweiler.

Sehr schnell macht die Vergangenheit meines Großvaters in Enzweiler die Runde und Oma wird durch Verfügung vom 9.9.1949 nach Berglangenbach versetzt. Mit der Versetzung entgeht sie wahrscheinlich ihrer Entlassung, denn die Auseinandersetzungen waren heftig und die beschreibe ich im Kapitel über sie.

Wie ich aus verschiedenen Gesprächen 2012 mit „Langebachern“ erfuhr, war die Vergangenheit meines Großvaters dort völlig unbekannt.

Nach ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst in Berglangenbach ziehen meine Oma und ihr Mann nach Kronweiler in eine mehr als bescheidene Wohnung und im September 1962, nach dem Tode meiner Oma verzieht mein Großvater nach Kirschweiler in das Haus Abendroth, einem Altenheim.

Heute, nach über 80 Jahren

Nach meiner Erinnerung erfuhr ich die „Geschichte“ meines Großvaters entweder Ende 2009 oder Anfang 2010, also seit dem ersten Missbrauch eines Mädchens durch ihn nach über 80 Jahren. Die Geheimniskrämerei und die Lügerei, sowie die Ignoranz gegenüber den Opfern war also überaus erfolgreich.

Mich hat die Erfahrung mit meinem Großvater sehr getroffen und ich hoffe, dass diese Mädchen verzeihen konnten.

Pfarrer Ernst Gilmann hat in seinem Brief an meine Cousine die Frage aufgeworfen, ob sie wisse, wie mein Großvater mit diesem Missbrauch umgegangen sei. Ich vermute, er hat ihn einfach abgehakt.

Eine Frage aus dem Brief von Pfarrer Gilmann wäre noch zu beantworten, sie lautet:

„ …Hat irgendwann in späteren Jahren Klos eine Aussprache gesucht oder gefunden? Ich weiß ja nicht, wie er charakterlich gebaut war, ob er solch einen Schritt tat.“

Die Antwort: Hat er nicht, im Gegenteil, es wurde in der Familie geschwiegen und heute gibt es in der Enkelgeneration wenig Interesse, oder falsch verstandenes Interesse. Ein Cousin schrieb mir:

„ … Daher werde ich in keinem Falle mit meinen  Großeltern oder meinen  Tanten richten.  Es ist schade und traurig, dass Du mit Deiner Mutter richtest!

Sicherlich hat unser Opa versagt und über die betroffenen Mädchen und die Familie Leid gebracht. Ich werde also nicht überlegen, ob seine Strafe ausreichend war; sie ist formell gesühnt und damit ist gut!“

Und die „Strafe“ der betroffenen Mädchen? Nicht nur in der Familie spielen sie fast keine Rolle mehr, in einigen Gesprächen mit Birkenfeldern ist mir klar geworden, auch dort interessiert deren Schicksal nach so vielen Jahren niemand mehr.

Mein Großvater Paul Klos stirbt am 1. Februar 1965 in Kirschweiler bei Idar-Oberstein im  Altersheim Abendfrieden. An seiner Beerdigung wollte ich nicht teilnehmen.

Die erste Fassung von mir zum Leben meines Großvaters sollte in Birkenfeld veröffentlicht werden, daraus ist nichts geworden.

Woran das liegen mag?

Im Buch „ 250 Jahre Evangelische Kirche Birkenfeld“ – Zum Jubiläum von Kirche und Georg-Wilhelm- Hais im Jahr 2001 – Herausgegeben vom Presbyterium der ev. Kirchengemeinde Birkenfeld ist zu lesen:

„Ein hier nicht weiter zu benennendes strafrechtliches Vergehen führte dazu, dass der linientreue „Deutsche Christ“ dennoch seines Amtes enthoben wurde. Mit den kirchenleitenden Geschäften wurde vom Konsistorium am 15. November 1937 Kirchenrat Zeller als Superintendenturverwalter betraut.

Dieser schreibt im Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 1937 in seinem Synodal bericht: „Leider sollte dieses Jahr nicht vorübergehen, ohne die schwerste Belastungsprobe für die Kreissynode Birkenfeld zu bringen. Der Superintendent Klos wurde am 25. Oktober 1937 von der Gestapo verhaftet, zunächst in das Gefängnis Birkenfeld zum Verhör eingeliefert und später nach Koblenz überführt… Die Verurteilung des Superintendenten Klos zu Zuchthausstrafe hatte den Verlust des Kirchenamtes mit Wirkungen der Dienstentlassung zur Folge.“

In einer Mail lese ich den Versuch, die Ablehnung meines Artikels zu begründen. Darin heißt es:

„Bekanntlich war  mein erster Gedanke, zu schauen, ob Ihre Ausführungen in den „Mitteilungen“ des Heimatkundevereins einen Platz bekommen können.

In mehreren Redaktionssitzungen haben wir darüber nachgedacht und kamen zu dem Schluss, dass das Genre Ihrer biographischen Erlebnisbeschreibung sehr bewegend geschrieben ist, jedoch   im Textformat in seiner singulären Form neben den doch eher historisch-wissenschaftlichen Aufsätzen in dem „Mitteilungen“ sich sehr unterscheidet  und aus dem Rahmen des Duktus der Vereinsmitteilungen herausfällt. Daher kann es dort leider nicht abgedruckt werden.

Wenn man mehrere solcher Schilderungen von zeitgeschichtlichen Personen in einem Band zusammenfassen könnte, dann käme Ihr Artikel in einen größeren vergleichbaren Kontext zu stehen.  Es müsste so etwas sein wie das Büchlein von  Harald Welzer u.a., „Mein Opa war kein Nazi“ (Fischer-Verlag). Da konnten wir uns Ihren Text neben anderen gut vorstellen.“

Wäre in Birkenfeld ein wirkliches Interesse vorhanden gewesen, hätte man meinen Text als „Grundlage“ benützen können um daraus eine „konforme Erlebnisbeschreibung“ zu formulieren.

Und weiter heißt es:

„Dann habe ich bei der Kirchengemeinde Birkenfeld nachgefragt. Dort ist man zur Zeit jedoch mit einem Bändchen über die “ 50-Jahr-Feier der Kirche Hoppstädten“ befasst und scheut wohl auch ein wenig  steigende Druckkosten für ein weiteres Büchlein.“

Die “ 50-Jahr-Feier der Kirche Hoppstädten“ ist sicher ein „gesellschaftlicher Anlass“, aber die Aufarbeitung der Kirchengeschichte soll deswegen aufgegeben werden?

Und auch diese Sätze zeugen nicht von der Bereitschaft, sich des Themas anzunehmen:

„Auch der Kirchenkreis  Obere Nahe hat nach meinem Ruhestand leider keinen eigenen Etat mehr in den Haushalt eingestellt, um diesbezügliche Bücher oder Hefte herauszugeben. Ich hatte früher selbst einige Sachen  geschrieben bzw. für den Kirchenkreis herausgegeben und so immer einen festen Kostenansatz eingeplant. Das ist nun so nicht mehr.“

Als aller Letze Möglichkeit sah man eine Unterbringung im Evangelischen Archiv in Boppard. Nachteil oder Vorteil: Mein Text wäre weit genug von Birkenfeld entfernt in einem Archiv wohlbehütet und temperiert in einen Dornröschenschlaf versunken. Dazu schrieb man mir:

„Schließlich habe ich mich intensiv mit Dr. Metzing von dem Evangelischen Archiv in Boppard ausgetauscht. Auch er war sehr berührt von ihrer Schilderung und möchte sie der Nachwelt gerne erhalten und Interessierten zur Kenntnis geben. Allerdings fehlt ihm für Ihren Text die  wissenschaftliche Aufarbeitung (d.h. u. a. exakte Zitierweise und Quellenangaben,   darüber hinaus auch eine Beschäftigung mit dem behandelten Sachverhalt in Form einer sorgfältigen Einordnung in die Zeitgeschichte usw.)“.

So kann ich das nicht stehen lassen, denn zum einen habe ich sehr genaue Quellenangaben gemacht und zum anderen hätte ich im Zweifelsfalle sicher gewünschte Angaben nachliefern können.

Aber eine Möglichkeit bleibt übrig:

„Daher könnte sich Dr. Metzing gut vorstellen,  dass Ihre Ausführungen in der jetzigen Form zur Personalakte „Klos“ im Landeskirchenamt hinzu gegeben werden.

Dort würde Ihr Artikel wie eine wichtige Aktennotiz behandelt. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass alle Ihren Text mit den Fotos als persönliche Ausführung wahrnehmen und dies zu den übrigen Ausführungen zur Person und dem Fall „Klos“ hinzunehmen, wenn sich jemand damit literarisch  beschäftigt. Könnten Sie sich damit einverstanden erklären?“

Vorstellen kann ich mir, dass man damit das „Thema Klos“ endgültig aus dem Kreis und der Stadt heraus bekommen konnte. Und eine letzte Idee: Wenn das Interesse an einer Aufarbeitung dieses Kapitels – einem traurigen und verbrecherischen Kapitel – wirklich vorhanden gewesen wäre, hätte man meinen Text in die berühmte Ablage „Papierkorb“ legen können und selber einen Text schreiben.

Paul Klos Quelle: eigener Besitz

Das aber war wohl nie die Absicht!

Übrigens, auf Nachfrage in Boppard erfuhr ich, dass mein Text dort völlig unbekannt war und daher dort auch nicht vorliegen konnte. „Vielleicht sei er in Düsseldorf „gelandet“.

Vielleicht, vielleicht aber auch nicht!

Adolf Stöcker Von s. o. – Karl Richard Ganzer, Das deutsche Führergesicht. 204 Bildnisse deutscher Kämpfer und Wegsucher aus zwei Jahrtausenden. Mit einer Einführührung in den Geist ihrer Zeit , München 1939.3., durchges. Aufl., Bild-frei, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5091164

Und noch ein „Übrigens“: Unter allen Bildern aus der Familie meines Großvaters ist nicht eines dabei, dass ihn im Talar zeigt. Wichtig scheint diese „Uniform“ nicht gewesen zu sein.