Franz von Papen

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Franz Joseph Hermann Michael Maria von Papen, Erbsälzer zu Werl und Neuwerk – geboren am 29. Oktober 1879 in Werl; gestorben an 2. Mai 1969 in Obersasbach – deutscher Politiker (1921 bis 1932 Zentrum, dann parteilos, 1938 NSDAP) und Diplomat, der am Ende der Weimarer Republik entscheidend dazu beitrug, Adolf Hitler und die NSDAP an die Macht zu bringen.

Der frühere Berufsoffizier und Abgeordnete im Preußischen Landtag wurde im Juni 1932 von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. In seiner nur halbjährigen Amtszeit entmachtete er im sogenannten Preußenschlag die SPD-geführte Regierung des Freistaats Preußen und schwächte damit sowohl den Föderalismus als auch die Demokratie in Deutschland. Nach seinem Sturz im Dezember 1932 verhandelte er mit Hitler über eine Koalitionsregierung zwischen der national-konservativen DNVP und der NSDAP. Diese Regierung, in der von Papen glaubte, die Nationalsozialisten kontrollieren zu können, kam am 30. Januar 1933 (Machtergreifung) zustande. Er selbst übernahm im Kabinett Hitler das Amt des Vizekanzlers, wurde aber rasch entmachtet und trat nach dem sogenannten Röhm-Putsch im Juli 1934 zurück. Anschließend war er Gesandter und Botschafter des Deutschen Reiches in Wien und Ankara.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagt und in allen Anklagepunkten freigesprochen. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde er schließlich in einem Spruchkammerverfahren am 24. Februar 1947 als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt. Nach einem Spruch der Berufungskammer Nürnberg vom 26. Januar 1949 wurde er im selben Jahr vorzeitig entlassen.

Leben und Wirken

Leben im Kaiserreich (1879–1919)

Franz von Papen entstammte der Familie von Papen-Koeningen, der älteren Linie des westfälischen Adelsgeschlechtes von Papen, das als Erbsälzer, das heißt durch Salzgewinnung, in Werl zu Reichtum und Adelstitel gekommen war. Er wurde als drittes von fünf Kindern des katholischen Offiziers und Grundbesitzers Friedrich von Papen-Köningen geboren. Als er elf Jahre alt war, schickten ihn seine Eltern auf seinen eigenen Wunsch hin auf eine Kadettenschule. Die Ausbildung dort legte den Grundstein für seine weitere militärische Karriere. Sie führte ihn über das Königliche Pagenkorps am Hof des Kaisers und das Westfälische Ulanen-Regiment Nr. 5 in Düsseldorf bis in den Generalstab, dem er ab 1913 als Hauptmann angehörte. Dort machte er zahlreiche, für seine spätere Laufbahn entscheidende Bekanntschaften, so unter anderem mit Kurt von Schleicher. Außerdem galt von Papen als begeisterter und erfolgreicher Reitsportler.

1905 heiratete von Papen Martha von Boch-Galhau (1880–1961), eine der Erbinnen der bekannten Keramikdynastie Villeroy & Boch. Sie brachte neben beträchtlichen Finanzmitteln auch ein Hofgut in Wallerfangen (Saar) in die Ehe ein, das seit 1905 als Gut Papen bekannt war und das sich noch heute im Besitz der Familie befindet. Außerdem gewann von Papen durch seine Frau für seinen späteren Werdegang entscheidende Kontakte zu rheinischen Industriellenkreisen. Aus der Ehe gingen ein Sohn, Friedrich Franz von Papen (1911–1983), und vier Töchter hervor: Antoinette (1906–1993), Margaretha (1908–1995), Isabella (1914–2008) und Stefanie von Papen (1919–2016). Antoinette von Papen war seit 1926 mit dem Juristen und Staatsbeamten Max von Stockhausen verheiratet, während Isabella von Papen mit Wilhelm Freiherr von Ketteler verlobt war, einem engen Mitarbeiter von Papens, der 1938 von der Gestapo ermordet wurde.

Militärattaché in Washington (1913–1915)

1913 wurde von Papen Heeresattaché an der deutschen Botschaft in den USA. Er war zuständig für die USA und Mexiko. Diesen diplomatischen Posten hatte er vor allem den guten Beziehungen seines Vaters zu Kaiser Wilhelm II. zu verdanken, mit dem dieser gemeinsam studiert hatte. In den USA lernte er zahlreiche Persönlichkeiten des politischen und öffentlichen Lebens kennen, die damals untergeordnete Führungspositionen bekleideten, aber später etwa zur selben Zeit wie er selbst in die obersten Staatspositionen aufrückten, wie etwa Franklin D. Roosevelt oder Douglas MacArthur, dem er während der Wirren der mexikanischen Revolution 1914 zur Flucht aus Veracruz verhalf. Während des Ersten Weltkriegs kam dem Doppelposten in Washington und Mexiko eine große politische Bedeutung zu, der von Papen nicht gewachsen war.

Er wurde in den USA konspirativ tätig, was völlig im Gegensatz zu seiner Mission als Militärattaché stand und versuchte eine deutschfreundliche Haltung in Mexiko herbeizuführen. Gemeinsam mit Karl Boy-Ed, dem deutschen Marineattaché und Heinrich Albert, dem deutschen Handelsattaché, baute von Papen einen Spionage- und Sabotagering in New York City auf. Diese geheimdienstlich tätige Gruppe verteilte unter anderem gefälschte Pässe neutraler Staaten an deutsche Heeresreservisten, die in den Vereinigten Staaten weilten, um diesen die Einreise nach Deutschland durch die britische Seeblockade hindurch zu ermöglichen. Sie versorgten deutsche Schiffe im Pazifik von San Francisco aus mit Versorgungsgütern und meldeten die Abfahrtzeiten und Ladung US-amerikanischer Schiffe nach Berlin. In amerikanischen Zeitungen ließ von Papen Annoncen drucken, die im Namen der deutschen Botschaft amerikanische Staatsbürger ausdrücklich vor der Reise auf britischen Schiffen warnten. In letzterer Sache wurde von Papen in Zusammenhang mit der Versenkung der RMS Lusitania gebracht.

Die von ihm gegründete Scheinfirma „Bridgeport Projectile Company“ in Connecticut hatte die Aufgabe, die Produktionskapazitäten jener amerikanischen Industriebetriebe, die für den europäischen Kriegsschauplatz verwendungsfähige Güter fabrizierten, mit „Privataufträgen“ derart zu überlasten, dass keine Kapazitäten mehr frei sein sollten, um für die Entente-Staaten Waffen, Munition und ähnliche kriegsrelevante Güter herzustellen. So versuchte er etwa, sämtliche Toluol-Ressourcen in den USA aufzukaufen, um so die TNT-Produktion in Amerika unmöglich zu machen. Im Dezember 1915 wurden mehrere Personen dieser Gruppe, darunter auch Franz von Papen, wegen verschwörerischer Tätigkeiten in den USA von einem Gericht angeklagt.

Den Vorwurf, er sei für die Planung der 1916 erfolgten Sprengung von Black Tom Island, dem wichtigsten Umschlagsplatz für Munitionsgüter aus den Vereinigten Staaten nach Europa, verantwortlich gewesen, bestritt von Papen sein Leben lang energisch, so noch zu Beginn der 1950er-Jahre in einem Leserbrief an das Time-Magazine.

Insgesamt unterliefen ihm bei seiner Arbeit, die ihn unter anderem nach Mexiko führte, einige Missgeschicke, so dass er im Januar 1916 des Landes verwiesen wurde. Bei seiner Heimreise konnte er dank eines Diplomatenpasses die britische Seeblockade mit freiem Geleit passieren und so deutschen Boden erreichen. Von Papens Glaube, dass die diplomatische Immunität seiner Person auch für sein Gepäck gelten würde, erfüllte sich jedoch nicht: Während seiner Kontrolle durch die britische Marine wurden ihm sämtliche Unterlagen, die er mit sich führte, abgenommen, so dass die Briten in den Besitz umfangreicher Geheiminformationen kamen und durch Quittungen, Rechnungsbücher und ähnliche Daten zahlreiche Angehörige von Papens amerikanischer Agentengruppe identifizierten, was eine Reihe von Verhaftungen nach sich zog.

Kriegsteilnahme

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde von Papen vom Kaiser mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und dann dem Deutschen Heer zur Verfügung gestellt. Im Ersten Weltkrieg diente er zunächst als Bataillonskommandeur an der Westfront. Später war er Generalstabsoffizier im Nahen Osten, danach Major in der osmanischen Armee in Palästina. Während seiner dortigen Tätigkeit im Stab von Erich von Falkenhayn lernte er Joachim von Ribbentrop kennen, eine Bekanntschaft, die für die politischen Vorgänge in Deutschland Anfang 1933 noch große Bedeutung haben sollte. Erst durch Ribbentrops Fürsprache bei Adolf Hitler zugunsten von Papens gelang es, dessen zunächst feindselige Haltung gegenüber dem reaktionären katholischen Aristokraten auszuräumen und ihn einem Zweckbündnis gewogen zu machen. Auf der Heimfahrt nach Deutschland machte von Papen eine weitere wichtige Bekanntschaft, die mit Paul von Hindenburg.

Leben in der Weimarer Republik

Nach der deutschen Niederlage nahm von Papen im Frühjahr 1919 als Oberstleutnant seinen Abschied aus dem Militär. Mit dem Zusammenbruch der Monarchie in Deutschland wurde er zeit seines Lebens nicht fertig, und daher wollte er nicht in einer republikanischen Armee dienen. Franz von Papen ließ sich im selben Jahr in Dülmen im Münsterland nieder und bewohnte bis zum Jahr 1930 das Haus Merfeld. Er begann politisch tätig zu werden und war zunächst von 1921 bis 1928 für den Wahlkreis Westfalen-Nord Mitglied des Preußischen Landtags. Dort vertrat er als Vorstandsmitglied des Westfälischen Bauernvereins und weiterer landwirtschaftlicher Verbände die agrarischen Interessen seines Wahlkreises und den monarchistischen Flügel der katholischen Zentrumspartei. Damit bestanden starke Spannungen zwischen ihm und dem republikanisch-demokratisch ausgerichteten linken Flügel der Zentrumspartei, welcher die Zentrumspartei während der Anfangsjahre der Weimarer Republik dominierte. Von Papens Weltanschauung basierte auf einem konservativen Christentum, und seine Politik hatte langfristig das Ziel der Wiederherstellung einer christlichen und konservativen autoritären Monarchie. Er verurteilte die Parteiführung des Zentrums für die Zusammenarbeit mit der „atheistischen“ SPD und dem „rationalistischen“ Linksliberalismus. Im Landtagswahlkampf 1924 engagierte sich von Papen gegen die aus Zentrum, SPD, DDP und DVP bestehende große Koalition in Preußen. Er forderte stattdessen die Bildung einer „Bürgerblockregierung“, also das Ersetzen der SPD durch die DNVP. Sein spektakuläres Auftreten bei der Behandlung mehrerer Misstrauensanträge gegen Ministerpräsident Otto Braun (SPD) erregte in der Presse allgemeines Aufsehen. Weiterhin versagte von Papen bei der Reichspräsidentenwahl 1925 dem Kandidaten seiner eigenen Partei, Wilhelm Marx, die Unterstützung und trat stattdessen öffentlich für die Wahl Paul von Hindenburgs ein. Das Zentrum wollte ihn daraufhin ausschließen, jedoch hatte von Papen im Sommer 1924 ein bedeutendes Aktienpaket der Parteizeitung Germania erworben und wurde im folgenden Jahr zu deren Aufsichtsratsvorsitzendem gewählt, wodurch er über einen publizistischen Sperrriegel verfügte. In der Zeit zwischen 1928 und 1930 konzentrierte von Papen seine politische Tätigkeit auf verschiedene konservative Organisationen, wie zum Beispiel den Deutschen Herrenklub. 1930 siedelte er auf den Besitz seiner Schwiegereltern nach Wallerfangen an der Saar über. Im gleichen Jahr zog er wieder in den Preußischen Landtag ein, dem er bis zum 24. April 1932 als Abgeordneter angehörte. In dieser Funktion forderte er weiterhin das Ende der großen Koalition in Preußen und ein Bündnis zwischen Zentrum und DNVP.

Pläne für ein antikommunistisches Bündnis

Papen war ein enger Freund des für seine antisowjetischen Pläne bekannten Industriellen Arnold Rechberg. Am 31. Juli 1927 schrieb von Papen an den Zentrumspolitiker und Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank Hans Graf Praschma:

„[Es] scheint mir eins das Vordringlichste der europäischen Politik: Die Beseitigung des bolschewistischen Brandherdes“

In einem Antwortbrief vom 12. August 1927 stimmte Praschma dem ausdrücklich zu. Am 10. Juni 1932, zehn Tage nachdem von Papen Reichskanzler geworden war, hielt er im Deutschen Herrenklub, dem unter anderem 100 führende Industrielle und Bankiers, 62 Großgrundbesitzer und 94 ehemalige Minister angehörten, im Beisein der führenden Nationalsozialisten Hermann Göring, Ernst Röhm und Joseph Goebbels eine Rede, in der er sein Projekt einer gegen die Sowjetunion gerichteten deutsch-französischen Koalition vorstellte und rief dazu auf, dass sich alle Staaten unter der Parole „Tod dem Bolschewismus“ zusammentun sollten. In mehreren Gesprächen mit französischen Politikern unterbreitete von Papen sein antisowjetisches Bündnisangebot. Seine Pläne scheiterten jedoch, und die sowjetische Regierung wurde von französischer Seite über von Papens Aktivitäten informiert.

Reichskanzler

Nachfolge Brünings

Am 1. Juni 1932 wurde Papen auf Betreiben seines alten Freundes Kurt von Schleicher durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg als Nachfolger von Heinrich Brüning zum Reichskanzler ernannt. Die Ernennung löste in der deutschen Öffentlichkeit, in der Papen damals weitgehend unbekannt war, zunächst Verblüffung aus. Über die Motive Schleichers, Papen vorzuschlagen, sind seither umfangreiche historische Betrachtungen angestellt worden. Schleichers Freund Werner von Rheinbaben fasste dessen vermutliche Beweggründe 1965 auf die folgende Weise zusammen:

„[Die Überlegungen] gingen dahin, einen Mann zum Kanzler vorzuschlagen, der drei Bedingungen erfüllte: Er musste Hindenburg liegen, d. h. ihm nach Herkunft und Denkart genehm sein, denn nur ein solcher Kanzler konnte bei der einfachen Denkungsart des selbstbewusst gewordenen Reichspräsidenten hinfort hoffen, seine Unterschrift unter die immer inhaltsreicher werdenden Vorlagen aufgrund des Artikels 48 der Verfassung zu erhalten. Nach Schleichers Illusion sollte der neue Mann ferner die Voraussetzung einer Unterstützung durch die Nazis erfüllen. Drittens sollte er geeignet sein, in enger Fühlung mit ihm, d. h. also nach Schleicher’schen Ideen, zu regieren.“

Während seiner gesamten Amtszeit regierte Papen mit den Notverordnungen des Reichspräsidenten und war – Kennzeichen jedes Präsidialkabinetts – von seinem Einverständnis abhängig.

Regierungsbildung: Das „Kabinett der nationalen Konzentration“

Von Papen bildete nach seiner Ernennung aus parteilosen Fachministern sowie Mitgliedern der DNVP eine Minderheitsregierung, die als „Kabinett der Barone“ bezeichnet wurde, weil sieben von zwölf Regierungsmitgliedern Adlige waren. Seinem Ausschluss aus der Zentrumspartei kam er zuvor, indem er am 3. Juni 1932 austrat.

Papens Programm eines „neuen Staats“

Die neue Regierung, die ein reines Präsidialkabinett ohne Aussicht auf parlamentarische Mehrheiten war, strebte eine tiefgehende Verfassungsreform an, für die sich der Name „Der neue Staat“ eingebürgert hat. So lautete der Titel einer im Herbst 1932 erschienenen Broschüre des rechtskonservativen Publizisten Walther Schotte, für das von Papen ein Vorwort verfasst hatte. Hier waren antidemokratische Ideen zusammengefasst, die zuvor schon länger in den Kreisen des Deutschen Herrenclubs diskutiert worden waren und die Vorstellungen verschiedener Rechtsintellektueller wie Arthur Moeller van den Bruck, Carl Schmitt oder von Papens späterem Redenschreiber Edgar Jung aufgriffen. Im Kern ging es darum, durch eine Verfassungsänderung die Weimarer Republik von einer parlamentarischen zu einer autoritär-präsidialen Republik zu machen. Das Amt des Reichspräsidenten sollte mit dem neu zu schaffenden Amt eines preußischen Staatspräsidenten verschmolzen werden; durch Änderung des Artikel 54 aus der Weimarer Reichsverfassung sollte die Reichsregierung nicht mehr vom Vertrauen des Reichstags abhängig sein, sondern nur noch von dem des Reichspräsidenten; der Einfluss des Reichstags sollte durch Änderungen des Wahlrechts und durch Schaffung einer zweiten Kammer, die nicht aus Wahlen hervorgehen würde, weiter geschmälert werden. Am Ende der Verfassungsreform sollte nach von Papens Vorstellung die Wiedereinführung der Monarchie stehen. Über den Weg, auf dem dieses ambitionierte Programm verwirklicht werden könnte, für das eigentlich eine für von Papens Minderheitsregierung unerreichbare verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Reichstag nötig war, existierten jedoch keine klaren Vorstellungen.

Tolerierungsbündnis mit den Nationalsozialisten

Insbesondere Reichswehrminister Schleicher erschien es zur Stabilisierung der neuen Regierung notwendig, Hitlers NSDAP für einen Unterstützungskurs zu gewinnen. Langfristig könne die Partei dann durch Regierungsbeteiligung „gezähmt“ und in den Kurs von Papens eingebunden werden. Bereits vor Brünings Sturz hatte er daher Kontakte zu den Spitzen der Nationalsozialisten aufgenommen. Die sagten unter zwei Bedingungen zu, von Papens Regierung zu tolerieren: Erstens sollte es Neuwahlen geben, zweitens müsse das unter Brüning verhängte Verbot der SA und der SS aufgehoben werden. Beiden Bitten kam die neue Regierung nach: Am 4. Juni 1932 löste der Reichspräsident den Reichstag auf, am 16. Juni 1932 fiel das SA-Verbot. Eine beispiellose Welle politischer Gewalt im Wahlkampf war die Folge.

Neue Lage in Preußen nach dem Sieg der NSDAP bei Landtagswahlen

Bei den preußischen Landtagswahlen vom 24. April 1932 hatten die seit 1920 regierenden Parteien der Regierungskoalition (bestehend aus SPD, DStP und Zentrum) durch den hohen Wahlsieg der NSDAP ihre parlamentarische Mehrheit verloren – andere Koalitionsbildungen waren nicht möglich. Man hatte daher notgedrungen auf die in anderen deutschen Ländern bereits angewandte Lösung zurückgegriffen: Die alte Landesregierung wurde als „geschäftsführendes“ Gremium beibehalten. Von Papen wollte für Preußen eine Koalition von Mitte und Rechts, weshalb er Gespräche über ein mögliches Zusammenwirken von NSDAP, Deutschnationalen und Zentrum initiierte – die scheiterten jedoch wegen des Totalitätsanspruches der NSDAP. Daraufhin visierte von Papen zwei Möglichkeiten an: Die erste bestand in der Durchführung einer schon länger debattierten Reichsreform, die den Freistaat Preußen auflösen würde.

Plan des „Preußenschlags“

Weil dieser Weg allerdings erst mittelfristig zum Ziel führen würde, wählte von Papen die Alternative, die Reichswehr in Preußen einzusetzen, sich selbst zum Reichskommissar berufen zu lassen und so das größte deutsche Land unter seine Kontrolle zu bringen. Reichspräsident Hindenburg unterzeichnete am 14. Juli 1932 eine Notverordnung, die von Papen als Reichskommissar für Preußen einsetzte und ihn bevollmächtigte, die amtierende preußische Regierung abzusetzen, weil die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ in Preußen gefährdet sei und wiederhergestellt werden müsse. Ein Datum setzte Hindenburg nicht ein – von Papen konnte die Notverordnung zu einem ihm geeignet erscheinenden Zeitpunkt in Kraft setzen. Von Papen wählte den 20. Juli 1932 als Tag der Inkraftsetzung. Als Vorwand dienten die bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen des Altonaer Blutsonntags vom 17. Juli 1932. Die Absetzung der amtierenden Landesregierung wird als „Preußenschlag“ bezeichnet. Die Regierung behauptete, sich dabei auf das verfassungsmäßige Instrument einer Reichsexekution zu stützen, wie sie zuvor bereits unter Reichspräsident Friedrich Ebert gegen Sachsen und Thüringen durchgeführt worden war.

Konferenz von Lausanne

In diesen Tagen hielt sich von Papen mit wichtigen Ministern seines Kabinetts zumeist nicht in Berlin auf, sondern in Lausanne, wo vom 16. Juni bis 9. Juli 1932 die Konferenz von Lausanne tagte. Hier wollte von Papen eine Streichung der deutschen Reparationsverpflichtungen durchsetzen, die sein Vorgänger Brüning seit Januar 1932 öffentlich gefordert hatte. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit Deutschlands in der Weltwirtschaftskrise wurden die Reparationen bereits seit 1931 nicht mehr bezahlt. Der international wenig erfahrene und mitunter ungeschickt agierende von Papen erreichte dieses Ziel mit Unterstützung des Konferenzvorsitzenden, des britischen Premierministers Ramsay MacDonald, jedoch mit einer Einschränkung: Es wurde eine Abschlusssumme von drei Milliarden Goldmark vereinbart, deren Zahlung dem Deutschen Reich gestundet wurde. Von Papens Hoffnung, dass sich dieser außenpolitische Erfolg in den Wahlen positiv für seine Regierung niederschlagen würde, trog: Die gesamte deutsche Presse missbilligte einhellig, dass er keine vollständige Streichung der Reparationen hatte durchsetzen können. Besonders scharfe Angriffe kamen von Seiten der NSDAP, ein Indiz dafür, dass diese ihr Tolerierungsversprechen durchaus nicht einzuhalten gewillt war.

Bruch der NSDAP mit von Papen nach dem Wahlsieg am 31. Juli 1932

Zum Bruch der Nationalsozialisten mit von Papen kam es nach dem Wahlsieg der NSDAP bei der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932. Die Partei verdoppelte die Zahl ihrer Sitze und verdrängte die SPD als stärkste Kraft im Parlament. Zusammen mit der KPD verfügte sie nun über eine „negative Mehrheit“, die jede sinnvolle Arbeit des Parlaments illusorisch machte. In Sondierungen mit Mitgliedern der Regierung Papen verlangte Hitler kompromisslos die Kanzlerschaft und verschiedene Schlüsselministerien für eine Koalitionsbeteiligung. Als ihm dies von Hindenburg verweigert wurde, kündigte er jegliche Unterstützung für die Regierung Papen auf.

Misstrauensantrag und Auflösung des neugewählten Reichstags am 12. September 1932

Als Vertreter der nunmehr stärksten Partei wurde Hermann Göring auch von der demokratischen Mitte zum Reichstagspräsidenten gewählt. Als der neugewählte Reichstag am 12. September zusammentrat und von Papen seine Regierungserklärung abgeben wollte, beantragte die KPD die Änderung der Tagesordnung und die sofortige Aussprache des Misstrauens gegen die Regierung. Göring übersah absichtlich die Wortmeldung des Reichskanzlers, der den Reichstag nach Artikel 25 der Reichsverfassung gleich wieder auflösen wollte, und ließ über den Antrag der KPD abstimmen, der schließlich eine überwältigende Mehrheit fand. Die Abstimmung war jedoch ungültig, weil von Papen gleichzeitig die Auflösungsorder des Reichspräsidenten auf Görings Pult gelegt hatte und somit Neuwahlen auszuschreiben waren. Das politische Signal erwies sich jedoch als verheerend für die Reputation der Regierung, stimmten doch 9/10 aller Abgeordneten gegen sie (512:42).

Letzte Unterstützung für von Papen

Öffentliche Unterstützung erhielt von Papens Kabinett nur von der DNVP und der mittlerweile marginalisierten DVP, sowie von Kreisen der Großindustrie, die die autoritären Utopien des Kanzlers stark unterstützten. Der Großteil ihrer Spendengelder ging in der zweiten Jahreshälfte 1932 an von Papen und ihn unterstützende Gruppen, im Herbst 1932 wurde der Aufruf eines DNVP-nahen „Deutschen Ausschusses“, der sich unter der Überschrift „Mit Hindenburg für Volk und Reich!“ für die Regierung Papen und damit gegen die NSDAP aussprach, von zahlreichen Großindustriellen unterzeichnet. Hier las man so prominente Namen wie Ernst von Borsig, der Vorsitzende des Bergbauvereins Ernst Brandi, Erich von Gilsa, Fritz Springorum und Albert Vögler.

Reichstagswahlen am 6. November 1932 und Plan einer Ausschaltung des Parlaments

Die Reichstagswahlen vom 6. November 1932 brachten deutliche Verluste für die NSDAP, aber Gewinne für die DNVP, die einzige größere Partei, die den Reichskanzler unterstützte. Aber auch die KPD konnte zulegen, die beiden radikalen Parteien behielten ihre Sperrmajorität. Der Reichstag war somit weiterhin lahmgelegt. SPD und Zentrum schlugen ein Koalitionsangebot von Papens aus unterschiedlichen Motiven aus. Von Papen und sein Innenminister Wilhelm Freiherr von Gayl planten nun, die Verfassung auszusetzen und Neuwahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, um so das Parlament für wenigstens ein halbes Jahr auszuschalten. Am Ende könne eine durch eine Volksbefragung legitimierte Verfassungsänderung stehen, die den gewünschten Staatsumbau herbeiführen sollte. Gestützt werden sollte diese Politik durch die Reichswehr, die den zu erwartenden Widerstand von Linken und Nationalsozialisten im Keime ersticken sollte.

Scheitern von Papens mit seinem Umsturzplan, Spaltungsplan Schleichers

Hindenburg stimmte dem Plan zunächst zu, Reichswehrminister Schleicher stellte sich jedoch dagegen und überzeugte die weiteren Kabinettsmitglieder mit Hilfe des Planspiels Ott, solchen Plänen entschieden abzuschwören und stattdessen auf eine Spaltung der NSDAP zu setzen. Von Papen versuchte noch vergeblich, bei Hindenburg eine Neubesetzung des Reichswehrministeriums durchzusetzen, bevor der Reichspräsident, der das Risiko eines Bürgerkriegs scheute, schließlich seinen „Lieblingskanzler“ am 3. Dezember 1932 fallen und durch Schleicher ersetzen ließ.

Wirtschaftspolitik von Papens

Wirtschaftspolitisch war die Regierungszeit von Papens durch eine Abkehr von den dirigistischen und deflationären Zielen der Vorgängerregierung gekennzeichnet. Im Spätsommer beschloss die Regierung per Notverordnung ein staatliches Konjunkturprogramm, das durch Erleichterungen für die Privatwirtschaft eine Wirtschaftsbelebung einzuleiten versuchte. Bereits zuvor waren Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts vor allem durch Kürzung der Sozialausgaben beschlossen worden, die die soziale Lage im Land weiter verschärften. Die von seinem Kabinett auf den Weg gebrachte Wirtschaftspolitik der Initialzündung, die ein bescheidenes Arbeitsbeschaffungsprogramm in Gang gebracht hatte und einen ersten Ausweg aus der Krise wies, führte zu einem beginnenden Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Die Pläne zum verstärkten Autobahnbau und zur Schaffung einer Wehrpflichtarmee mussten aber vorerst in der Schublade verweilen, da deren Umsetzung bis zum Dezember 1932 aufgrund von Beschränkungen des Versailler Vertrages nicht möglich war. Später griff Hitler auf diese Pläne zurück.

Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945)

Anbahnung der Regierung Hitler

Am 4. Januar 1933 fand das Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Kurt Freiherr von Schröder statt, bei dem über die Regierungsbeteiligung der NSDAP beraten wurde. An einem späteren Treffen am 22. Januar nahmen auch Staatssekretär Otto Meissner und Oskar von Hindenburg teil. Allen drei Vertrauten Paul von Hindenburgs wird zugeschrieben, dass sie in den letzten Januartagen den Reichspräsidenten von der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler überzeugten. Von Papens Plan war es, Hitler „einzurahmen“, ihn und seine Stimmen zu kaufen und in Wirklichkeit selbst die Macht auszuüben. Er soll dazu geäußert haben: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht!“

Von Papen als Vizekanzler Hitlers (1933–1934)

Bereits im Februar 1933 entmachtete sich von Papen weitgehend selbst, indem er Hindenburg dazu bewog, unmittelbar nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar die ihm von Hitler vorgelegte sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“ zu unterzeichnen, die Hitler in Kombination mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 eine quasi diktatorische Stellung verlieh, die dieser voll ausnutzen konnte. Hindenburgs eigene Position, die Position des Reichspräsidenten, dessen Vertrauen letztlich von Papens einzige wirkliche Machtgrundlage war, wurde dadurch erheblich geschwächt.

Für den Wahlkampf für die Reichstagswahl am 5. März 1933 schloss von Papen sich mit DNVP-Chef Alfred Hugenberg sowie Franz Seldte und Theodor Duesterberg, den Führern des Frontsoldatenbundes Stahlhelm, in der am 11. Februar 1933 gegründeten Listenverbindung Kampffront Schwarz-Weiß-Rot zusammen. Während des Wahlkampfes bemühte sich von Papen insbesondere, parteiungebundene Konservative sowie konservativ-katholische Wähler, die bisher das Zentrum gewählt hatten, dazu zu bewegen, ihre Stimme der Kampffront zu geben. In von Papens Wahlreden – die zahlreiche Anleihen aus dem Vokabular der Konservativen Revolution machten – vom Februar und März 1933 wurde auch erstmals der Einfluss des Schriftstellers Edgar Jung, der Anfang Februar 1933 als Berater und Redenschreiber in den Dienst des Vizekanzlers getreten war, sichtbar. Am Wahltag konnte die Kampffront 8 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen. Im ersten Reichstag der NS-Zeit verfügte sie damit über 52 Mandate. Von Papens Anteil an dem ohnehin sehr begrenzten Erfolg der konservativen Sammelliste ist in der Forschung als eher gering veranschlagt worden. Allerdings wurde seinen Wahlkampfreden zugestanden, dass sie ein „wesentliches Aktivum“ der Kampffront gewesen seien.

In den Monaten nach der Reichstagswahl erodierte von Papens machtpolitische Stellung im Kabinett Hitler rasch zugunsten des nationalsozialistischen Regierungsflügels: So musste er die Stellung des Reichskommissars für Preußen, die neben der Vizekanzlerschaft seine wichtigste Machtbastion in der gemeinsamen Regierung hätte sein sollen, bereits am 7. April 1933 an Hermann Göring abtreten, der zu dieser Zeit in das wiederhergestellte Amt des Preußischen Ministerpräsidenten eingeführt wurde. Daraufhin versuchte von Papen sich im Laufe des Jahres 1933 eine neue Basis zu schaffen, wobei er hoffte, insbesondere die Kräfte des katholischen Konservativismus sowie politisch ungebundener Rechtskreise, zumal der jüngeren Generation hinter sich vereinigen zu können. Zu diesem Zweck schuf er dezidiert katholisch-konservative Auffangorganisationen, die mit den Worten Joachim Petzolds „als eine Form des Widerstandes gegenüber der NS-Allmacht betrachtet werden konnten“. Tatsächlich dienten sie von Papens illusorischer Mission, eine Brücke zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus zu schlagen. Den Anfang machte der Bund katholischer Deutscher „Kreuz und Adler“ (BkD), den von Papen bereits im März 1933 gegründet hatte. In diesem übernahm er die Schirmherrschaft, während persönliche Vertrauensleute von ihm (erst Emil Ritter, dann Roderich von Thun) als Generalsekretär die tägliche Organisationsarbeit übernahmen. Nachdem es dem Bund nicht gelungen war, das erwünschte politische Eigengewicht zu erlangen, wandelte von Papen ihn im Oktober in eine sogenannte Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher (AKD) um. Als Generalsekretär wurde erneut Graf Thun ernannt. Den Zweck der AKD sah von Papen in einem Schreiben an den deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl Diego von Bergen darin, „das Verständnis für die NS-Bewegung und ihre großen historischen Aufgaben zu fördern.“ Die Arbeitsgemeinschaft hatte nach Vorstellung der Reichsparteileitung der NSDAP im September 1934 „in dem ihr zugewiesenen Bereiche wirksam zu einer Versöhnung beigetragen“ und wurde aufgelöst. Gleichzeitig versuchten Edgar Jung, der als Gründer des Jungakademischen Clubs über einschlägige Erfahrungen verfügte, sowie die von-Papen-Mitarbeiter Wilhelm von Ketteler und Friedrich-Carl von Savigny die studentische Jugend für die konservative Fronde um von Papen zu gewinnen. Dementsprechend ließen sie von Papen häufig Reden vor Studenten halten, die vom Gedankengut der Konservativen Revolution geprägt waren, und lancierten Vertrauensleute des Kreises um von Papen wie Edmund Forschbach oder Savigny selbst auf einflussreiche Posten in Organisationen, in denen sich die konservative Studentenschaft bündelte. Überdies gelang es ihnen in der Reichstagswahl vom November 1933, einige nicht der NSDAP zugehörige Männer als Abgeordnete in den nationalsozialistischen Reichstag zu schleusen, denen Edgar Jung die Aufgabe einer heimlichen Opposition in Wartestellung zuschrieb. All diese Maßnahmen konnten jedoch nicht verhindern, dass von Papen zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung im Laufe des Jahres 1933 zu einer „fast lächerlichen Galionsfigur“ (Heinz Höhne) herabsank.

Im Juli 1933 schloss von Papen als Bevollmächtigter der Reichsregierung das bis heute gültige sogenannte Reichskonkordat ab, das das Verhältnis des deutschen Staates zur katholischen Kirche regelt. Mit dem Vertrag wurde das Ende des politischen Katholizismus besiegelt. Den in Eile und unter Druck ausgehandelten Vertrag legte das NS-Regime nicht nur willkürlich aus, sondern verstieß gegen ihn in den Folgejahren in wachsendem Umfang.

Während seiner Zeit als Vizekanzler wurde Franz von Papen Gründungsmitglied der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht Hans Franks.

Im Zusammenhang mit dem nahenden Tod Hindenburgs bemühte von Papen sich im Frühjahr 1934 vergebens um ein Testament aus dessen Hand, in dem öffentlich die Wiederherstellung der Monarchie empfohlen werden sollte. In der berühmt gewordenen Marburger Rede mahnte er: „Deutschland darf kein Zug ins Blaue werden!“. Hindenburg sandte ihm daraufhin ein Glückwunschtelegramm. Die Rede bedeutete keinen „frühen Widerstand aus später Einsicht“ (Benz). Von Papen geißelte Auswüchse des NS-Regimes in Form von SA-Übergriffen und Goebbelscher Rhetorik, übte aber keine Kritik an Hitler. Während der Niederschlagung des so genannten „Röhm-Putsches“ stand von Papen auf Weisung Görings unter Hausarrest und überlebte das Massaker. Die Ermordung seiner engen Mitarbeiter Herbert von Bose und Edgar Julius Jung, der die Marburger Rede verfasst hatte, hinderte ihn in der Folge nicht daran, nach der Niederlegung des Amtes des Vizekanzlers im Juli seine Zusammenarbeit mit dem Regime fortzusetzen. Noch im selben Monat ging er als Sondergesandter Hitlers nach Wien, um dort die diplomatischen Wogen zu glätten, die nach der Ermordung des österreichischen Kanzlers Engelbert Dollfuß durch Angehörige des österreichischen Zweiges der NS-Partei entstanden waren.

Diplomat im Dienst Hitlers (1934–1944)

Leiter einer Sondermission im Auftrag Hitlers

Von 1934 bis 1938 amtierte von Papen als Gesandter beziehungsweise ab 1936 als Botschafter des Deutschen Reiches in Wien. Aufgrund einer besonderen Vereinbarung zwischen ihm und Hitler war er während dieser Zeit nicht in den Apparat des Auswärtigen Amtes eingegliedert, sondern als Leiter einer Sondermission dem Diktator unmittelbar persönlich unterstellt..

Vorbereitung des Anschlusses Österreichs

Während seiner dreieinhalbjährigen Dienststellung bereitete von Papen den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vor. Er wurde am 4. Februar 1938, dem Tag des Revirements an der Spitze der Wehrmacht (Blomberg-Fritsch-Krise), unerwartet aus Wien abberufen, wenige Wochen vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Die Ermordung seines engen Mitarbeiters und potentiellen Schwiegersohns Wilhelm Freiherr von Ketteler durch den SD, unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Armeen, hielt von Papen nicht davon ab, das ihm für seine Verdienste um den „Anschluss“ verliehene Goldene Parteiabzeichen der NSDAP anzunehmen. Außer dem Parteiabzeichen nahm von Papen auch die Mitgliedschaft in der NSDAP an (Mitgliedsnr. 5.501.100; Aufnahmetag 13. August 1938).

Botschafter in Ankara: Neues Europa und Friedensaktionen

Nach dem erfolgreichen Anschluss Österreichs stellte sich von Papen ab dem Frühjahr 1938 dem NS-Regime mit dem Titel Botschafter zur besonderen Verwendung weiter zur Verfügung. Ende April 1939 übernahm er den Botschafterposten in Ankara, den er gegenüber dem neuen Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop laut eigenen Aussagen mehrfach abgelehnt hatte. Die gewachsene Bedeutung der Türkei nach der Besetzung Albaniens durch Mussolini Anfang April 1939 sprach schließlich für die Annahme des Postens. Anders als in Wien unterstand von Papen in Ankara dem Außenminister und nicht Hitler, den er allerdings mehr als ein Dutzend Mal zu Gesprächen aufsuchte. Den Weisungen Berlins folgend bemühte sich von Papen in Ankara vergeblich, die Türkei von ihrer „aktiven Neutralität“ abzubringen und für ein „Neues Europa“ unter Führung des Deutschen Reichs zu gewinnen. Parallel zu seinen loyal verfolgten Amtsgeschäften unternahm von Papen ab Beginn des Zweiten Weltkriegs und bis ins Frühjahr 1944 eine große Zahl von Friedensinitiativen und bemühte sich um Vermittler bei den Alliierten und Neutralen.

Als von Papen am 24. Februar 1942 die Botschafterresidenz in Ankara verließ, explodierte unmittelbar neben ihm eine Bombe. Doch blieb er unverletzt. Erst fünf Jahrzehnte später wurden nach einer Sichtung sowjetischer Archive Einzelheiten bekannt: Hinter dem Attentat stand der sowjetische Geheimdienst NKWD. Einer der Attentäter war der emigrierte russische Schriftsteller Mark Lewi, der unter dem Pseudonym M. Agejew in Pariser Emigrantenverlagen publiziert hatte. Nach dem Attentat konnte er sich in die Sowjetunion absetzen, während ein ebenfalls an dem Attentat beteiligter sowjetischer Diplomat von den türkischen Behörden verhaftet wurde.

Heimlich unterhielt er über Mittelsmänner Kontakte zu dem in Istanbul residierenden US-amerikanischen Marineattaché George H. Earle, wie beide später übereinstimmend in ihren autobiografischen Schriften darlegten. Earle, ein langjähriger politischer Gefährte und Vertrauter des Präsidenten Franklin D. Roosevelt, der von Istanbul aus Kontakte zu den Widerstandsbewegungen auf dem Balkan unterhielt, setzte sich bei diesem vergeblich für die Unterstützung der deutschen Widerstandsbewegung gegen Hitler ein.

Seine sogenannten „Friedensoperationen“ scheiterten am Misstrauen der potentiellen Vermittler, die Zweifel an von Papens Legitimierung hatten, ebenso wie an Interviews, die er in Einzelfällen Medienvertretern aus Profilierungssucht gab. 1941 schloss von Papen mit dem Außenminister von der Republikanischen Volkspartei (CHP) des türkischen Staatsgründers Atatürk, Şükrü Saracoğlu, den Deutsch-türkischen Freundschaftsvertrag.

Von Papen ist auf der 400 Namen umfassenden „Liste der führenden Nazis“ (List of Key Nazis) aufgeführt, die John Franklin Carter, Berater des US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, 1942 für das Weiße Haus zusammenstellen ließ und auch an den Militärgeheimdienst OSS weiterleitete.

Botschaftertätigkeit und Vatikan

Ein Jahr nach von Papens Amtsantritt in Ankara bemühte sich von Ribbentrop, den unkalkulierbaren Botschafter an die weniger bedeutende Vatikanvertretung in Rom zu versetzen. Papst Pius XII. konsultierte im Vorfeld des Agrémentersuchens den Berliner Bischof Graf von Preysing, der Vorbehalte aus Rom mit der Begründung bestätigte, dass dann der „Typ eines hochgestellten katholischen Nationalsozialisten irgendwie als mit kirchlicher Sanktion versehen erschiene.“ Mit dem Delegaten des Vatikans in Istanbul, Angelo Roncalli, dem späteren Papst Johannes XXIII., unterhielt von Papen bis zum Ende seiner Dienstzeit in der Türkei im August 1944 einen engen Kontakt. Von ihm erfuhr er früh von Vernichtungsaktionen an Juden in Polen. Im Gegensatz zu seinen eigenen Aussagen unterstützte von Papen keine der zahlreichen Rettungsaktionen Roncallis zugunsten von Juden aus den nationalsozialistisch besetzten Staaten. Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch die Türkei Anfang August 1944 kehrte von Papen nach Deutschland zurück. Aus Hitlers Händen nahm er Mitte August das Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz für seinen diplomatischen Einsatz in der Türkei entgegen.

Flucht und Festnahme

Nach der letzten Begegnung mit Hitler im August 1944 geriet von Papen in den Strudel der militärischen Niederlage. Vor den anrückenden Alliierten floh er zunächst auf sein Hofgut im saarländischen Wallerfangen und anschließend auf das Anwesen seines Schwiegersohns Max von Stockhausen in Stockhausen bei Meschede. Am 10. April 1945 wurde von Papen einige Kilometer entfernt von Gut Stockhausen in der Jagdhütte seines Schwiegersohns von US-Soldaten festgenommen.

Nachkriegszeit und Lebensabend (1945–1969)

Seine Heimatstadt Werl entzog ihm 1945 die 1933 verliehene Ehrenbürgerwürde. 1946 wurde er im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher freigesprochen. Am 24. Februar 1947 wurde er in einem Spruchkammerverfahren im Rahmen der Entnazifizierung als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt; die in Haft verbrachten Jahre seit 1945 wurden ihm auf die Strafe angerechnet.

1949 wurde er vorzeitig entlassen und die verfügte Vermögenseinziehung rückgängig gemacht. In der Folgezeit bewohnte er für einige Jahre Schloss Benzenhofen in der oberschwäbischen Gemeinde Berg und versuchte erfolglos eine neue politische Karriere. Seine langjährigen Bemühungen um Pensionszahlungen in Anerkennung seiner diplomatischen und militärischen Dienstzeiten scheiterten wegen seiner engen Verbindung zum Nationalsozialismus (Auswärtiges Amt) bzw. wegen schuldhafter Verstöße gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg). Von Papen starb am 2. Mai 1969 in Obersasbach und wurde auf dem Gemeindefriedhof Niederlimberg in Wallerfangen begraben.

Autobiografische und zeitgeschichtliche Werke

In den Jahren nach der Haftentlassung schrieb von Papen unter anderem seine Autobiografie Der Wahrheit eine Gasse (1952) und Vom Scheitern einer Demokratie (1968).

Beide Bücher wurden von Historikern scharf kritisiert, weil von Papens Darstellung seine Rolle beim Scheitern der Weimarer Republik verharmlose. Theodor Eschenburg (1904–1999) kritisierte 1953 seine „kindlich-primitive Vorstellung von Politik“ und resümierte: „Eitelkeit und politische Begabung stehen in umgekehrtem Verhältnis zueinander“.

Bewertung durch Zeitgenossen und Nachwelt

Kurt von Schleicher wollte nach der Bildung der „Regierung Papen“ im Mai 1932, wie er Journalisten gegenüber äußerte, in dem neuen Kanzler nichts weiter sehen als „einen Hut“, den er, Schleicher – als der eigentliche Kopf der „Regierung Papen“ – sich auf sein eigenes Haupt setzen würde. Diese Einschätzung erwies sich noch im selben Jahr als eine kapitale politische Fehlkalkulation: So gelang es „Fränzchen“, wie Schleicher von Papen im Privaten spöttisch nannte, nicht nur sich der Kontrolle des Generals zu entwinden und einen eigenen den Schleicher’schen Plänen zuwiderlaufenden Kurs einzuschlagen, sondern es gelang ihm außerdem, Schleicher in der Gunst des greisen Hindenburg den Rang abzulaufen.

Hitler sah von Papen zunächst als Rivalen um die Macht. Nachdem er ausgeschaltet worden war, zollte er ihm Anerkennung: So erblickte er 1942 sein großes „Verdienst“ darin, dass dieser 1932 durch die Absetzung der preußischen Landesregierung „den Einbruch in die heilige Verfassung vollzogen“ und so den ersten Schritt zur Beseitigung des „Weimarer Systems“ getan hätte. Hindenburg, der – nach den Worten Sebastian Haffners – in von Papen „spät im Leben“ sein „Männlichkeitsideal“ gefunden haben soll, brachte seine enge Verbundenheit mit von Papen zum Ausdruck, als er diesem im Dezember 1932 ein Bild von sich mit der Widmung „Ich hatt’ einen Kameraden“ schickte. Hitler behauptete später, Hindenburg habe von Papen zwar „ganz gern“ gehabt, in ihm aber auch „eine Art Windhund“ gesehen. Der ehemalige Wirtschaftsminister Hans von Raumer äußerte 1963, dass von Papen die „Serenissimustaktik“, mit der die Männer um den Reichspräsidenten auf diesen eingewirkt hätten, am besten beherrscht und so einen unheilvollen Einfluss auf den „Ersatzmonarchen“ gewonnen habe. Von Papen müsse deswegen als der „Hauptschuldige“ für die fatalen Entscheidungen des Staatsoberhauptes in den Jahren 1932/1933 angesehen werden.

Hans-Otto Meissner, der – als Sohn von Hindenburgs engstem Mitarbeiter Otto Meissner – von Papen aus nächster Nähe beobachten konnte, urteilte, dieser sei „auf das hohe Amt in keiner Weise vorbereitet“ gewesen. Menschlich erschien ihm von Papen als „besonders unsympathisch“. Ebenso habe der Vater „vom ersten Augenblick den Herrn von Papen absolut nicht leiden“ können. Außerdem sei er „überaus geltungsbedürftig“ gewesen: „Man gewann den Eindruck, dass ihm sehr daran gelegen war, von der ersten Minute seines Auftretens an bis zu letzten beachtet zu werden.“ „Ich vergesse nie den Ausdruck seines Gesichtes, es war die Blasiertheit in Person, wie man ringsherum flüsterte. Die hochgezogenen Augenbrauen, die leicht vorgebeugte Haltung und sein herablassender Blick auf die anderen Menschen sind mir bis heute unvergesslich.“ Im übrigen sei von Papen „tatsächlich, wie seine Gegner immer behaupteten, der Typ eines Herrenreiters [gewesen]: schon rein äußerlich war das vollkommen richtig. Aber der Wortbegriff ging weiter, sah man doch nach landläufiger Meinung im Herrenreiter einen hochmütigen, hohlköpfigen, blasierten und zudem adligen Reitersmann. Mit leicht vorhängenden Schultern ritt er über die eigenen Ländereien. Wie es in einem Spottlied der Zeit hieß, hatte er keine anderen Interessen als (…) Pferde, Sekt und Weiber.“

Etwas milder – aber ungemindert negativ – urteilte Fritz Günther von Tschirschky, der von 1933 bis 1935 seine Stellung als Mitarbeiter von Papens ohne dessen Wissen nutzte, um gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen, im Rückblick über seinen Chef:

„Papens Handeln war nie vorbedacht böswillig, wenn auch viele seiner Handlungen unverständlich zweideutig waren und, ich muss es leider aussprechen, von unverantwortlicher Oberflächlichkeit herrührten. Er war ein Mann mit den Eigenschaften eines jungen Kavallerieoffiziers, der viele Hürden nehmen kann, die anderen als unüberwindliche Hindernisse erscheinen. Er war aber unfähig, längere Zeit die einmal eingeschlagene Richtung beizubehalten. Er hatte auch die Eigenschaften eines geschulten Generalstäblers, diejenigen eines Diplomaten und Edelmannes alter Schule und die eines gläubigen Katholiken. All diese Eigenschaften waren in ihm aber nicht zu einer gesunden Harmonie verbunden, sondern befanden sich sozusagen in separaten Abteilungen nebeneinander. Darum war sein Bild so verzerrt. Bei vielen galt er als verschlagen, verlogen und verantwortungslos, bei anderen wiederum als fähig und verantwortungswürdig. (…). Ich musste [jeden Tag aufs neue] feststellen: wer sitzt heute am Schreibtisch: der junge Kavallerieoffizier, der Diplomat, der Katholik? Je nachdem welcher Papen dort saß, trug ich vor.“

Zudem bemerkte Tschirschky, dass er oft beobachten musste, wie von ihm gemachte Vorschläge durch von Papens unüberlegtes Handeln ins Gegenteil umschlugen. Von sich selbst und seinen „sicher lauteren Absichten eingenommen“, habe er gar nicht bemerkt, „welchen Schaden er oft anrichtete durch sein egozentrisches, oberflächliches Handeln“. Konrad Adenauer, in den 1920er-Jahren bis zu dessen Austritt ein „Parteifreund“ von Papens in der Zentrumspartei, äußerte sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einer Bekannten gegenüber in ähnlicher Weise. Er schrieb, er habe in von Papen schon in den 1920er-Jahren einen Konjunkturritter gesehen, der in unverantwortlicher Weise alles dem Ziel untergeordnet habe, eine persönliche Rolle zu spielen. Von Papens Amtsvorgänger als Kanzler, Heinrich Brüning, nannte diesen kurz „unverantwortlich“.

Noch entschiedener war die Ablehnung von Papens auf der politischen Linken: Der Schriftsteller und Publizist Kurt Tucholsky erblickte in Papens Regierung „ein ancien regime der bösesten Art“. Der Journalist Alfred Polgar wiederum fällte in den späten 1930er-Jahren in einer Glosse unter dem Titel Der Herrenreiter ein vernichtendes Urteil über von Papen, dessen „Charakterlosigkeitsbild in der Geschichte“ feststehe, denn: „Fundamentalsatz seiner sämtlichen Gesinnung ist: keine zu haben. Sein persönliches politisches Credo lautet: um jeden Preis oben bleiben. Sein Wahlspruch: ich dien’ … egal wem.“

In der außerdeutschen Presse und Literatur bestand in den 1930er- und 1940er-Jahren zunächst eine Tendenz zur Dämonisierung von Papens. Beinahe leitmotivisch war die Charakterisierung von Papens als „Meisterspion“ und als „skrupelloser Intrigant“. Das amerikanische Time Magazine kennzeichnete ihn 1941 beispielsweise als einen eleganten Diplomaten, der in allem ein „preußisches Abbild“ des damaligen britischen Außenministers Anthony Eden sei – „mit Ausnahme seiner (fehlenden) Integrität“. Der Ungar Tibor Kövès betitelte seine im selben Jahr erschienene Papenbiografie, dem gleichen Gedanken verpflichtet, Satan in Top Hat („Teufel mit Zylinderhut“).

Beurteilung durch Historiker

Die historische Forschung zeichnete in ihrer Mehrheit ein ausgesprochen negatives Bild von Person und Wirken von Papens. Geflügelte Worte, die beinahe formelhaft benutzt werden, wenn von ihm die Rede ist, sind zwei Spottnamen, die ihn als „Herrenreiter“ und als „Hitlers Steigbügelhalter“ benennen. Die darin enthaltene Schuldzuweisung, von Papen sei ein Hauptverantwortlicher dafür, dass Hitler den letzten Schritt zur Macht gehen konnte, wird bis heute von der Mehrzahl der Historiker vertreten. Der Papen-Biograf Joachim Petzold deklariert von Papen bereits im Untertitel seiner Studie als „Ein deutsches Verhängnis“. Karl-Dietrich Bracher bezeichnete ihn in einer Spiegel-Rezension als „Mörder einer Demokratie“. Das Fazit lautet:

Wenn das Machwerk etwas lehrt, so den Bankrott der konservativ-autoritären und nationalistischen Staats-Ideologie. Das mag im Lande Axel Springers und der NPD eine Warnung sein.

Andere Forscher sehen in ihm vor allem einen kurzsichtigen Reaktionär und einen politischen Dilettanten. So wurde etwa die These aufgestellt, dass die zahlreichen diplomatischen Ungeschicklichkeiten, die dem unerfahrenen von Papen bei den Reparationsverhandlungen in Lausanne unterliefen, eine Einigung überhaupt erst möglich machten, weil sie die deutsche Verhandlungsposition schwächten. Richard Rolfs vergleicht von Papen in seiner Biografie programmatisch mit der literarischen Figur des Zauberlehrlings, der in eitler Selbstüberschätzung Kräfte heraufbeschwört, die jenseits seiner Kontrolle liegen.

Den Charakter Papens beurteilten Historiker auch aus jahrzehntelangem Abstand ähnlich kritisch wie seine Zeitgenossen. Joachim C. Fest etwa, der ihn als typischen Vertreter der konservativen Kollaboration mit dem NS-Regime schilderte, bescheinigte Papen moralische Unempfindlichkeit, einen fundamentalen Mangel an intellektueller Redlichkeit und jene vom Standesbewusstsein geprägte Allüre, die mit der Wahrheit umging, wie der Herr mit dem Personal.“ Golo Mann wiederum fand an der Situation von 1932/33 vor allem dies nachdenkenswert: daß ein Mensch von solchem Federgewicht einen kurzen Augenblick lang Weltgeschichte machen und entscheiden konnte.“ Gleichzeitig räumte Golo Mann jedoch auch ein, dass Papen nicht schlecht, nicht böswillig im Grunde gewesen sei, jedoch ebenso eitel, intrigant und oberflächlich. Ebenso hätte er den Mut gehabt die größten Bedrohungen der Weimarer Republik, nämlich die extremen Parteien auf der Rechten und Linken zu verbieten, gleichsam jedoch um den Preis von Ausnahmezustand und dem Einsatz des Heeres. Letztlich habe es sich Papen in seiner Kanzlerschaft jedoch mit gar zu vielen verdorben und gar zu wenige gewonnen.“ Golo Mann zeichnet demnach ein insgesamt eher differenziertes Bild.

Mit den Amerikanern Henry Mason Adams und Robin K. Adams fand von Papen aber auch zwei leidenschaftliche Verteidiger, die in ihm einen „rebellischen Patrioten“ sehen wollten. Friedrich-Karl von Plehwe sieht in von Papen zwar eine Unglücksfigur und kritisiert ihn nachdrücklich für sein Verhalten im Dezember 1932/Januar 1933 sowie für seine verfehlte Politik als Kanzler im Sommer und Herbst 1932, wendet sich aber gegen den leitmotivischen Gebrauch des Etiketts Herrenreiter, das er als willkürlich und ungerecht erachtet.

Mitgliedschaften und kirchliche Ehren

Von Papen war Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und Ritter des Malteserordens.

1923 ernannte ihn Papst Pius XI. zum päpstlichen Geheimkämmerer. Diese Ernennung wurde 1939 von Papst Pius XII. nicht bestätigt, da von Papen versäumt hatte, einen entsprechenden Antrag zu stellen. 1959 wiederholte Papst Johannes XXIII. aber die Ernennung. Der spätere Papst Johannes XXIII. war während seiner Zeit in Ankara (1934–1944) als Apostolischer Legat für die Türkei und Griechenland mit von Papen bekannt.

Nachlass

Von Papen selbst nahm nach dem Zweiten Weltkrieg an, dass sein Privatarchiv in seiner Wohnung in der Berliner Lennéstraße ein Opfer des Bombenkrieges geworden und restlos zerstört worden sei. Tatsächlich wurde eine größere Zahl von Akten bei Kriegsende von der Roten Armee aufgefunden und in das zur Verwahrung deutscher Beuteakten eingerichtete Sonderarchiv Moskau verbracht. Die Existenz dieses mehr als achtzig Akten umfassenden Nachlasses von Papens wurde erst Anfang der 1990er Jahre bekannt. Anhand der Moskauer Akten konnten seither zahlreiche Irreführungen und Falschbehauptungen in von Papens Memoiren nachgewiesen werden. In den 1990er Jahren übergab der damalige russische Staatspräsident Boris Jelzin dem damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl bei einem Staatsbesuch als Geschenk Mikrofilme des Nachlasses von Walter Rathenau aus dem Moskauer Sonderarchiv, unter denen sich auch Kopien von neunzehn Akten des Moskauer Papennachlasses fanden, die heute als Bestand N 1649 im Bundesarchiv aufbewahrt werden. Einige besonders brisante Akten aus von Papens Moskauer Nachlass – darunter eine Abschrift des anderweitig verschollenen Originaltestamentes von Paul von Hindenburg aus dem Jahre 1934 – wurden in den 1950er Jahren dem Archiv des damaligen Sowjetischen Außenministeriums übergeben. Danach verliert sich ihre Spur. Heute gelten diese Unterlagen als verschollen.

Ein weiterer Teilnachlass von Papens befindet sich im Besitz des französischen Nationalarchivs. Dieser besteht aus Unterlagen, die er bis 1944 auf seinem Gut Wallerfangen aufbewahrt und kurz vor Kriegsende im Keller des Schlosses Gemünden versteckt hatte, wo sie im Herbst 1945 von den französischen Besatzungsbehörden entdeckt wurden.

Verschiedenes

Anfang Dezember 2019 wurde Papens Grabstein entwendet und am 7. Dezember 2019 vor der CDU-Parteizentrale in Berlin abgelegt, das Künstlerkollektiv Zentrum für politische Schönheit bekannte sich zu der Tat. Die Tat steht ideell und zeitlich im Zusammenhang mit der international wie national überwiegend kritisierten Aktion „Sucht nach uns!“, in welchem das Kollektiv die Asche von Holocaustopfern vor dem Reichstagsgebäude in Berlin in einer Säule aufstellte.