Die Erde brennt. Die Erde brennt.
In Weimar tagt das Parlament.
In Deutschland geht es drüber, drunter.
In Weimar ist man leidlich munter.
Es lächelt freundlich Scheidemann
Zu allgemeiner Freude. Dann
Erhebt sich eine Exzellenze:
Die Welt sei böse, sagt se, fand se.
Derweilen stärkt im Vestibül
Sich das monarchische Gefühl.
Die höchste Weisheit hier auf Erden:
Nur immer sachte! wird schon werden!
Jedoch von wegen neuem Geiste,
Da hapert es, vastehste, weißte.
Den ältsten Wein in ältste Schläuche:
Sind Nationalversammlungsbräuche.
Der alte Reichstag ist erwacht.
Prost Mahlzeit! Michel, gute Nacht!
Es steigt die Flut, es brennt die Flamm,
In Weimar hocken sie zusamm.
Hier steht der Mensch auf Quasseln an.
Nicht drängeln! Es kommt jeder ran!
Weiß man, wohin der Haase läuft?
Der Strom der Rede trieft und träuft.
Noch immer fühlt sich Vater Naumann
Als mitteleuropä’scher Baumann.
Die teutschen Männerherzen kollern:
Zum Teufel jagten wir die Zollern
Und setzten dann an unsre Spitze
Den dicken Papa Ebert (Fritze).
Derselbe sitzt nun auf dem Thron.
Es folgt ihm bald der Ebert Sohn.
Der Ebert Sohn, der Davidsohn,
Es wird schon werden, hat ihm schon.
Nur, bitte, immer reinspaziert:
Das alte Stück wird vorgeführt!
Tja, auch verschiedne schwere Jungen
Der Industrie sind eingesprungen.
Es tat uns wirklich sehr verschnuppen,
Gäb’s keinen Hintermann für Kruppen.
Wo blieb die Glorie des Gewinnes,
Gäb’s keinen Vordermann für Stinnes?
Auch mancher edle Junkerbowke
Erschien aufs neue: Posadowke.
(Der Oldenburger Janusschaute
Bewies in Rixdorf seine Traute;
Denn er empfahl beim Bund der Landwirt
Sich als der neue Hofer, Sandwirt.
Audi hat er dem von Amerongen
Ein zartes Tirili gesongen …)
So manche hold bebrillte Schöne
Riskiert, vastehste, starke Töne.
Sie streicht sich über ihre Flechte:
Die Frauen haben gleiche Rechte.
Doch haben sie, spricht sie mit schlichten
Gebärden, teils auch andre Pflichten.
Der Beifall braust. Die Fenster zittern.
Und man genehmigt einen Bittern.
Sind sie gewillt, das Licht zu suchen
Der neuen Morgenröte? Kuchen!
Sind sie befähigt, unsre Qualzeit
Zu mindern und zu lindern? Mahlzeit!
Sie üben sich im Zeitvertreibe.
Begriffen sie die Zeit? Ja, Scheibe!
Ob Strese, Scheide, Nau begann:
Nicht einer zeigte sich als Mann.
Ja, selbst der Unabhängige Henke
Beschwert sich über die Menkenke.
Man stimmt die Flöte, schlägt die Pauke
Zum allerältesten Klamauke.
Wo aber bäumt sich zum Exempel
Ein Revolutionär im Tempel?
Wo sind die Foerster, Eisner, Schlieben,
Landauer und Mühion geblieben?
Ach, wenn es jene drei nicht gäbe:
Das Wissel, Noske und den Loebe!
Für die Eroberung von Mossen
Hat Noske Ruhm und Ehr genossen.
Und auch am Alexanderplatze
Erwies sich seine Feldherrntatze
Als Held von echtem Schrot und Korn
Ist ihm das eisern Kreuz geworn. –
Bedient sich Spartakus der Presse,
Kriegt er sofort eins in die Fresse.
Doch ist man freudig hochgestimmt,
Wenn Noske sich die „Freiheit“ nimmt.
Er lenkt in eigener Person
Aktionen gegen die „Aktion“.
Und trampelt mit den Stiebeln bieder
Die „Republik“ zu Boden nieder.
Aus mancher Zeitung zwitschert jetzt
Ein stetes liebliches: besetzt!
Schon ziehn die roten Rotten durch
Schönweide und Charlottenburch.
Man munkelt, daß die Spartakisten
sich von gesottnen Frauenbrüsten,
Von Kinderblut und -eisbein nähren.
(In Weimar lebt man von Chimären.)
Auch wird, wer einen Kragen trägt,
So sacht beiseite umgelegt.
Er hat noch einen Schuh?
Auf Ehr, Das ist ein Multimillionär.
Es sagt sich jeder Straßenwandrer:
Wenn ich’s nicht klau, so klaut’s ein andrer.
Man schaudert als Expropriater
Zurück nicht vor dem eignen Vater.
Was Onkel, Tante oder Bruder!
Wie spät? Zeig her die Uhr, du Luder!
Damit du weißt, wieviel’s geschlagen.
Sei dir der Schädel eingeschlagen.
Denn es beschäftigt sich der Mob
Nicht mit Vielleicht und mit Als ob
Man ist bei ihm, wie einst bei Blücher,
Ganz sicher aufgehoben, ja totsicher. —
(Für den Bericht kriegt die Journaille
Die hohenzollernsche Medaille.) –
Solln wieder von den alten Pferden
Wir in den Dreck gezogen werden?
Wir haben’s satt, das graue Kleid,
Das man aus unsern Häuten schneid’t.
Nicht eher wird es Frieden geben,
Als bis sie sich von dannen heben:
Die Zahlenkünstler und Banditen. —
Empor, du neue Welt der Mythen!!
(Ob Weimar oder ob Versailles:
Es ist die gleiche grande canaille. —)
* * *
Kommt man dereinst im Himmel nieder,
Reibt man erstaunt sich seine Glieder.
Schon hat, was kindlich hier gestammelt,
Auch dort sich nationalversammelt.
Schon schreitet man zur großen Tat.
Die Kugel rollt. Es dröhnt der Skat.
Und Arm in Arm mit Leichenmüllern
Hört Heydebrand man heiter trillern.
Elin sanfter Engel hebt die Schwingen:
Tja. Sowas ist nicht umzubringen.