Am 4. Mai 1864 in Langenwang b. Sonthofen geboren, lässt sich Dr. Max Heberle im Jahre 1900 in Passau in der Ludwigstr, 1 als Rechtsanwalt nieder. Seine Kanzlei befindet sich im ersten Stock des Gebäudes, das heute Volks-und Raiffeisenbank beherbergt.
Im Passauer Almanach 13, der Chronik des Jahres 2017 schreibt Wilfried Hartleb:
„… Für den in 1864 in Langenwang bei Sonthofen Geborenen wurde Passau zur Heimat, nachdem er sich im Jahr 1900 hier als Justiziar niedergelassen hatte. Heberle gehörte zu den Persönlichkeiten, die von auswärts kamen und wegen ihres Berufes ansässig wurden. Sie fanden in den zahlreichen Vereinen schnell Anschluss, ließen sich in die kulturellen Netzwerke einbinden, befruchteten das kulturelle Leben mit eigenen Ideen und übernahmen bald führende Stellungen in der Grenzstadt Passau, die an der Peripherie Bayerns lag.“
Max Heberle heiratete 1895 die um 14 Jahre jüngere Irene Ade und diese Hochzeit war so nicht geplant, er sollte, oder wollte, eigentlich deren um ein Jahr ältere Schwester Mathilde heiraten.
Dazu Wilfried Hartleb:
„…Während einer Sommerfrische in Kempten lernte sie 1884 den 20-jährigen Studenten Max Heberle kennen, der in München studierte und in der Nähe wohnte. Er war oft zu Gast im Hause der Mutter Ade mit ihren drei Kindern, bis er schließlich zur Untermiete einzog. Es war eine spannungsgeladene Situation, die sich den Kindern beim Anblick ihrer klavierspielenden Mutter mit dem jungen, sangeskundigen Rechtspraktikanten bot, in dem sie bald den väterlichen Stellvertreter erkannten. Nach außen hin und gegenüber den Großeltern, auf deren Darlehenszuweisungen man angewiesen war, hieß es, dass Heberle später die ältere Tochter Mathilde heiraten sollte. Doch es kam anders.“
Mathilde Ade schreibt einmal:
„… (es war) „die um ein Jahr jüngere Schwester Irene, die mit fröhlichem Leichtsinn, Verliebtheit und wohl auch spekulativer Berechnung … mit äußerer Nettigkeit und munterem Wesen das Herz des Hausfreundes zu fesseln gewusst. So dass es an ihrem 14 jährigen Konfirmationstag zur Verlobung und nach ihrem 17. Geburtstag, trotz vorheriger heftiger Verwünschungsszenen von Seiten meiner Mutter, schließlich zur Vermählung kam, die eine äußerlich und innerlich harmonische Ehe einleitete“.
„Sie war über den Ausgang des seltsamen Familiendramas nicht betrübt und gönnte ihrer Schwester Irene neidlos das Eheglück. Für Mathilde, die zum anderen Geschlecht ein reserviertes Verhältnis hatte, war die Nichtverehelichung keine Existenzfrage, denn sie wollte als Künstlerin unabhängig und selbstständig sein“, so Wilfried Hartleb.
Tausend Passauer ist ein 1995 erschienenes Sachbuch des 2006 verstorbenen Passauer Heimatpflegers Franz Mader. Es ist bei der Neuen Presse Verlags-GmbH erschienen, darin enthalten ein Artikel über Max Heberle:
„…Er ließ sich 1900 in Passau, Ludwigstraße 1 als Rechtsanwalt nieder und war neben seinem Beruf besonders der Kunst verbunden. 1905 rief er den 1851 gegründeten, jedoch schon 1872 wieder aufgelösten „Kunstverein Passau“ wieder ins Leben und wurde dessen 1. Vorsitzender, wobei er sogleich die Rettung der zum Abbruch geplanten Neuburg am Inn in die Wege geleitet hat.
Von 1908 bis 1919 gehörte er dem Gemeindekollegium an und galt in diesem Gremium, wie in der ganzen Stadt als der Experte in allen Fragen der Kunst und Denkmalpflege. Er war auch der Wegbereiter des Stadtmuseums und wurde dessen erster ehrenamtlicher Direktor. Seit 1915 gehörte er der Lamplbruderschaft an. Von 1917 bis 1927 war er auch Syndikus der Industrie- und Handelskammer für Niederbayern.“
„Das Haus der Familie Heberle entwickelte sich in diesen Jahren zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Mittelpunkt von befreundeten Künstlern, Schriftstellern und Gelehrten, was durch einen reichen Schatz an Briefen dokumentiert ist. Als Kunstmäzen, Kunstsammler, Vereinsvorstand und Experte in allen Fragen der Kunst und Denkmalpflege war er in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg im gesellschaftlich-kulturellen Leben der Dreiflüssestadt eine herausragende Figur.“, (Wilfried Hartleb)
Der „Kunstverein Passau“ e. V. gegründet am 24. Mai 1949
Lautete die Schlagzeile in der Passauer Presse. Und diese Neugründung hatte eine alte Tradition, denn bereits ab 1842 gab es in Passau eine Filiale des „Kunst- und Gewerbevereins Regensburg“, die sich 1851 als „Niederbayerischer Kunstverein“ mit dem Sitz in Passau zu einem selbstständigen Verein konstituierte. Dessen erster Vorsitzender wurde der Passauer Arzt und Geschichtsforscher Dr. Alexander Erhard. „Er veranstaltete Ausstellungen von Gemälden und anderer Kunstgegenständen lebender Künstler, kaufte Bilder, Stiche und Lithographien und verloste diese jährlich bei einer Versammlung an die Mitglieder.
Wilfried Hartleb:
„… In den Statuten von 1853, die im Stadtarchiv erhalten sind, werden „die Erweckung von Liebe und Lust zur bildenden Kunst im Volk . . .“ und zur Mitwirkung zu einer gesicherten Existenz für Künstler“ als Ziel der Vereinsarbeit genannt. In den Statuten ist u. a. auch festgehalten, dass „Kinder unter zwölf Jahren sowie auch Hunde in die Vereinslokalitäten nicht mitgenommen werden“ dürfen.“
Vermutlich führten häufige Wechsel im Vereinsvorstand dazu, dass sich der Verein auflöste, „denn am 19. Mai 1881 wurde der Kunstverein in einer Generalversammlung wieder als neu gegründet erklärt und eine völlig neue Vorstandschaft gewählt. Aber auch deren Absicht, im regelmäßigen Turnus von fünf Wochen neue Ausstellungen anbieten zu können, blieb wohl ein frommer Wunsch. Schon sechs Jahre später – 1887 – wurde der Kunstverein „infolge gänzlichen Indifferentismus vieler Mitglieder“ endgültig aufgelöst. Das dem Verein gehörige Inventar wurde an die Mitglieder versteigert und mit dem Erlös von immerhin 1040 Goldmark konnten die Verbindlichkeiten beglichen werden. Der verbleibende Überschuss wurde dem „Verein Ferienkolonie“ übereignet“, so Wilfried Hartleb.
Lange Jahre – genau 18 an der Zahl – dann kam es durch die Initiative zweier Männer 1905 zur abermaligen Neugründung. Die beiden Herren – Rechtsanwalt Dr. Max Heberle und der 1899 aus München zugezogene Architekt Julius Kempf, Direktor der neu gegründeten Baugewerkschule. Die Gründerversammlung zählte 66 Männer und nach der Konstituierung wählte man Dr. Heberle zum ersten Vorstand.
Wilfried Hartleb schreibt weiter:
„… Diese rührige Vorstandschaft konnte bald ein interessantes Programm mit Vorträgen und Ausstellungen anbieten, das guten Anklang fand. Die Mitgliederzahl stieg sehr bald auf weit über 100. 1909, also nach vier Vereinsjahren waren es bereits 209. Jährlich wurden mehrere Vorträge und Ausstellungen angeboten, die guten Zuspruch fanden. Nebenstehende Auflistung der Veranstaltungen kann dies belegen.
1916 wurde der Verein „Passauer Kunst- und Geschichtsverein“ umbenannt. Der Kunstverein hatte sich neben der Vortrags- und Ausstellungstätigkeit besonders auch die Erhaltung von Kunstdenkmälern in Stadt und Umland und die Verbesserung des Stadtbildet zum Ziel gesetzt. Und auf diesem Gebiet konnte er in den ersten Jahren einen beachtlichen Erfolg erzielen.“
Einen ersten Erfolg hatte der Verein und sein 1. Vorsitzender im Jahre 1909, dazu Wilfried Hartleb:
„… 1909 konnte er den bereits begonnenen Abbruch der Burgruine Neuburg am Inn im letzten Augenblick verhindern. Er gründete einen Unterstützungsfond zur Rettung der Neuburg, veranstaltete zugunsten dieses Fonds ein „Kunstvereinsfest“ mit Verlosung von Bildern und schuf den Grundstock zum Kauf der Burg durch den bayerischen Landesverein für Volkskunst, der darin eine Erholungsstätte für Künstler einrichtete. Auch in Passau setzte sich der Verein für die Erhaltung des Rathausportals, für die bessere Gestaltung der Umgebung um den Wittelsbacherbrunnen am Residenzplatz und um die „Stadtbild-schonende“ Errichtung des Innsteges ein.
1924 war der massive Protest des Kunstvereins mit entscheidend, dass die Pläne zu Fall kamen, nach denen die ganze Häuserzeile an der Höllgasse für die Erweiterung des Donauhafens abgerissen werden sollte. Während des Weltkrieges ließ die Aktivität des Vereins deutlich nach. Der Schriftführer Karl Kieffer, der auch die Geschäftsführung innehatte, war zum Kriegsdienst einberufen und auch sonst gab es Probleme. Ab 1915 konnten keine Ausstellungen mehr stattfinden und bald ließ auch die Vortragstätigkeit nach. Berichtet wird nur noch von den alle drei Jahre stattfindenden Mitgliederversammlungen. Am 12. Mai 1927 starb der Gründer und Vorsitzende Dr. Max Heberle; nun schwand das Interesse am Verein noch mehr als in den letzten Jahren zuvor.“
Nach dem Tode von Dr. Heberle löste sich am 4. November 1930 der Verein auf.
Ein wichtiges Engagement des Dr. Heberle darf nicht vergessen werden, Wilfried Hartleb schreibt dazu:
„…Nachdem mit der Reform des Gemeindewahlrechts auch auf kommunaler Ebene das Verhältniswahlrecht eingeführt worden war, kandidierte er für die Liberalen bei dieser ersten Gemeindewahl. Er wurde so Mitglied im Gemeindekollegium, dem Bürgermeister Joseph Muggenthaler (1855-1931) vorstand, und blieb es bis 1919. Er war auch Wegbereiter des Museums im Rathaus und wurde dessen erster ehrenamtlicher Direktor.
Der in Passau lebende Hans Carossa – geboren am 15. Dezember 1878 in Tölz; gestorben am 12. September 1956 in Rittsteig bei Passau – war ein deutscher Arzt sowie Lyriker und Autor von Erzählungen. Für ihn war Dr. Heberle „ein begeisterungsfähiger Mann, in Kunst und Politik auf alles Neue zugehend (…) Er kannte jedes gewichtige neue Buch.“
Wilfried Hartleb schreibt dazu:
„… Heberles Vermittlung ist es zuzuschreiben, dass Carossas erste Gedichtpublikation im April 1906 erscheinen konnte. Aber auch Irene Heberle (1878-1949) stand ihrem Mann nicht nach: Sie schrieb Gedichte, die Alfred Kubin zweimal illustrierte, und verfasste für die Passauer Donauzeitung heimatkundliche Texte.“
Dr. Heberle starb 1927 während eines Kuraufenthalts in Karlsbad und wurde in Brüx (Böhmen) feuerbestattet.
Nach seinem Tode erschien in der Passauer Zeitung am 17. Mai 1927 ein von Dr. Guby geschriebener Artikel, der dessen Verdienste würdigte. Und den füge ich ein und brauche dann nicht mehr selbst über diese zu schreiben:
„… Dem Kunstfreund Justizrat Dr. Max Heberle zum Gedächtnis
Die Lösung künstlerischer Fragen in Passau und der Name Max Heberle waren ein volles Menschenalter bis zur Unglücksstunde der verflossenen Freitagnacht, die uns Max Heberle entriss, identische Begriffe. Und in der Tat, wenn jemand in Passau in den letzten dreißig Jahren das Recht hatte, die unbestrittene Rolle des „arbiter elegantiarium“, des höchsten Richters in allen Fragen der Schönheit und Kunst zu spielen, so war es Justizrat Max Heberle.
Ausgestattet mit der Geistesstärke des Juristen, mit blendender Rednerkunst begabt, das Urbild des genial veranlagten Menschen, hatte er als Schüler des unsterblichen Vater Riehl von der Alma mater Monarensis jenes tiefgründige Wissen in Kunstfragen mitgebracht, das ihn befugte, in Fragen der Kunst das entscheidende Wort zu sprechen. Gerade jener Kombination zwischen dem zu unerbittlich strenger Logik erzogenen Juristen und dem feinsinnig in die zartesten Äußerungen der Seelensprache der Kunst sich einfühlenden Kunsthistoriker verdankt die Kunstwissenschaft unendlich viel; ich erinnere nur an den großen Moermann, den Autor der bedeutendsten Kunstgeschichte aller Zeiten. In solchen Geistesverwandten Moermanns zählt auch Max Heberle in seinem Doppelberuf als Jurist und Kunstverständiger.
In jahrelanger führender Stellung als Passauer Kommunalpolitiker war die Lösung künstlerischer Fragen sein unangetastetes Reservatgebiet. Wenn das wundervolle Bild Alt-Passaus mit seinen Türmen und Wehren, den gemütlichen alten Hausfassaden, den romantischen mittelalterlichen Gässchen und Winkeln in den letzten dreißig Jahren so verhältnismäßig gut erhalten blieb und heute ein Fundament der Anziehungskraft Passaus als Fremdenstadt bildet, ist das mit ein wesentliches Verdienst des der klugen Politik des Kunstfreundes Max Heberle als Kommunalpolitiker und Kunstreferent der Stadt.
Die natürliche Ergänzung seiner Leistungen auf diesem Gebiete bildete die Schaffung der weit über die Grenzen Passaus hinaus berühmten historischen Sammlungen der Stadt, die er mit seiner tiefgründigen Sachkenntnis und seinem großen Organisationstalent und mit großen Zeitopfern als ehrenamtlicher Museumsdirektor leitete. Die Tätigkeit des Kunstfreundes Max Heberle als Museumsdirektor bleibt ein Ehrenblatt in der Geschichte bayrischer Denkmalpflege und bayerischen Musealwesens.
Doch Max Heberles Format als „arbiter elegantiarium“ war viel zu groß, als dass er auf dem Gebiet städtischer Kunstpolitik stehen geblieben wär. Zusammen mit dem feinsinnigen Philosophen Hochschulprofessor Dr. Leonhard Schmöller und dem Baukünstler Julius Kempf, dem damaligen Direktor der Passauer Baugewerbeschule, schuf er den Passauer Kunst- und Geschichtsverein und die erste Tat des damals jüngsten bayrischen historischen Vereins war unter Max Heberles Führung keine bloße Tat lokalgeschichtlicher Bedeutung, sondern eine Tat, die für ganz Bayern Wert erhalten sollte, nämlich die Rettung der stolzen, herrlichen Neuburg vor dem elenden Schicksal, zur Gewinnung von Baumaterial dem Erdboden gleich gemacht zu werden. Die Initiative Max Heberles, der dies zu danken war, war wohl eine der größten Leistungen des edlen Kunstfreundes als warmherzigen Denkmalpflegers.
Passauer Kunstgeschichte und Max Heberle waren ein Menschenalter untrennbare Begriffe. Wo an den Stätten höchster Willenskraft, an den Universitäten Akademien und Museen des In- und Auslandes Fragen zur Erörterung standen, die sich auf die 2000jährige Kunst Passaus bezogen, da wusste man bei niemand anderem Rat und Hilfe zu finden, als bei Max Heberle. Sein Heim und seine Kanzlei waren ein internationaler Treffpunkt der wissenschaftlichen Welt, Namen allerbesten Klanges trafen hier zusammen: Passaus Kunsthistoriker Professor Wolfgang Maria Schmid ging hier aus und ein wie ein Glied der Familie, der ebenso große Gelehrte als Kunstmäzen Bassermann-Jordan, dann der Direktor des bayrischen Nationalmuseums, Professor Philipp Maria Halm und ungezählte andere wissenschaftliche Größen zählten zum engsten Bekanntenkreis Max Heberles und wussten seinen Rat und seine Hilfe zu schätzen. Als Bassermann-Jordan und Wolfgang Maria Schmid das Grab der heiligen Gisela durchforschten und ihre Resultate in einer glanzvollen Publikation niederlegte, da führte Justizrat Heberle die wichtigsten Grabungsprotokolle ; gar manchem jungen Kunsthistoriker, zu denen sich auch der Schreiber dieser Zeilen dankbar zählt, war Max Heberle der freundliche Begleiter beim ersten Schritt in die Öffentlichkeit, gar manchem Künstler bot er, in glänzender Voraussicht, noch lange bevor die Gloriole der Berühmtheit diesem leuchtete, in den Ausstellungen des Kunstvereins Raum für den Schritt in die große Welt und wenn ein Beispiel unter vielen genannt werden soll, so bleiben Max Heberles Freundschaft mit Alfred Kubin, mit Ferdinand Wagner, bleibende Ereignisse der der Kunstgeschichte. Ungezählte Male stand Max Heberle selbst als glanzvoller, selten belesener Redner am Vortragstisch und verbreitete gediegenstes Kunstwissen, ungezählte Male hob er mit seiner Feder, mit seinem Lichtbildapparat unbekannte Schätze der der Heimatkunst, es sei nur an seine Publikationen über Niederaltaich , die Plattlinger Jakobskirche u. a. erinnert, in Gar manchem Vorwort kunstwissenschaftlicher Werke höchster Qualität ist dankbar Max Heberles Name genannt. Viele Leitungsdrähte wissenschaftlichen Lebens führten nach Passau, deren tragender Mast, für Passaus Öffentlichkeit oft unbekannt, Max Heberle war. Der schöne Holzschnitt der Beschneidung Christi von Wolf Huber, in dem Max Heberle die Innenansicht des Passauer gotischen Doms erkannte, mag ein Erinnerungsblatt sein an den Kunstfreund Max Heberle als Kunsthistoriker.
Was Justizrat Max Heberle der Öffentlichkeit war, „arbiter elegantiarium“ Passiviensis, das war er auch im trauten Heim seiner Familie, deren geistiger Mittelpunkt er war. In seiner Wohnung, die sein Schönheitssinn zu einem prächtigen Museum gestaltete, waltet seine Gattin, die feinfühlige deutsch Lyrikerin, dort wuchs sein leider so früh verstorbenes Töchterchen zu dem Idealbild deutscher Frauenschönheit heran, um, ursprünglich für den Beruf der Kunstgewerblerin bestimmt, später einen bekannten deutschen Gattin und Beseelung zu werden. Max Heberles Privatbibliothek erzählt dort von der Universalität seines Geistes.
Max Heberle, der Kunstfreund, ist tot. Sein Geist und das Gedenken an ihn bleibt lebendig. Möge der Allgütige. Allesverstehende dem unentwegten Schönheitssucher den Anblick ewiger Schönheit gewähren!“
Eine Mitgliedschaft hatte Dr. Guby nicht erwähnt, Seit 1915 gehörte er der Lamplbruderschaft an.
Wikipedia über die Lamplbruderschaft:
„… Die Lamplbruderschaft (eigentlich: Unserer Lieben Frau Bruderschaft der Schiffleut und Salzfertiger, teils auch Liebfrauen Schiffleut und Salzfertiger-Bruderschaft) ist die älteste noch bestehende deutsche Bürgervereinigung. Sie kann auf eine über 700-jährige Tradition zurückblicken und trifft sich regelmäßig in der Heilig-Geist-Stiftschenke (Heiliggeistgasse 4.
Die Lamplbruderschaft geht zurück auf die Bruderschaft der Passauer Schiffsleute und Salzfertiger. Als Erinnerung an Magnus Lampl, der am 3. Juli 1604 für diese Bruderschaft einen Jahrtag bei St. Paul stiftete und bei den regelmäßig fälligen Rechnungsvorlegungen stets einen Umtrunk spendierte (aus dem sich das „Fröhliche Mahl“ der Bruderschaft entwickelt hat), entstand später der Name „Lamplbruderschaft“. Die Mitglieder werden demnach „Lamplbrüder“ genannt. Die Lamplbruderschaft war also ehemals eine Berufsorganisation und hat sich erst ab dem 18. Jahrhundert, spätestens aber seit dem 19. Jahrhundert zu einer Bürgervereinigung gewandelt.
Die Hauptaufgabe der Bruderschaft ist seit es alters her, arme Bürger der Stadt zu unterstützen – solche, die nicht laut nach Hilfe schreien, sondern sich für ihre Mittellosigkeit schämen und verkriechen.“
„Nach dem Tod Max Heberles verebbten die Aktivitäten des Passauer Kunstvereins, der am 4. November 1930 seine Auflösung beschloss. Das Institut für Ostbayerische Heimatforschung übernahm die Bibliothek, die Schulden von etwa 680 Mark und die Rechtsnachfolge“, schreibt Wilfried Hartleb.
Die Schwestern Ade
Mathilde Ade, geboren am 8. September1877 in Sarbogard am Plattensee.
Wilfried Hartleb schreibt über sie:
„… Die um ein Jahr ältere Schwester von Heberles Frau Irene, geb. Ade, war die Exlibriskünstlerin Mathilde Ade (1877-1953). Die Schwestern stammten aus einem alten Kemptener Geschlecht. Ihre Eltern hatten 1875 geheiratet und ließen sich als Gutspächter in Sarbograd in Ungarn nieder, wo auch die Kinder geboren wurden. Doch die Ehe war wegen allzu gegensätzlicher Temperamente nicht vom Glück gesegnet. Spekulationsverluste reduzierten das ansehnliche Vermögen und führten zu Streit und Verbitterung. So kehrte das Ehepaar Ade 1879 mit ihren inzwischen drei Kindern (Mathilde, Irene, Alfred) völlig verarmt nach München zurück und fand beim Großvater,, dem pensionierten Gymnasialprofessor Dr. Weishaupt, vorerst Aufnahme. Der Vater bekam zeitweise in München und Höchst Anstellungen, bis er als Bürobeamter nach Budapest ging. Die Mutter, 35 Jahre jung, Klavier spielend und kunstsinnig, wollte ihrem Ehemann nicht nachfolgen, und es kam zur freiwilligen Trennung.“
Wikipedia über Mathilde Ade:
„… Sie wurde an der Kunstgewerbeschule München ausgebildet und arbeitete danach bei den Meggendorfer-Blättern. Sie schuf Illustrationen zu Kinderbüchern und u. a. den Kinder-Simplicissimus mit selbstverfassten Reimen. Außerdem fertigte sie mindestens 200 Exlibris, einige als Lithografien und Radierungen, die meisten liegen aber als mechanische Reproduktionen vor.“
Walter von Zur Westen hat Ade als „hauptsächlichste Vertreterin des Humors in der deutschen Exlibriskunst“ genannt, und das trifft den Kern. Ihre über 300 Blätter, fast alle zwischen 1900 und 1925 entstanden, haben zwar einen gleichbleibend inneren Zug – Ade-Exlibris erkennt man aber sofort als solche.
Was ist ein Exlibris? Aus Wikipedia:
„… Ein Exlibris (von lat. ex „aus“ und libris „den Büchern“; wörtlich „aus den Büchern [von …]“) ist ein in Bücher eingeklebter Zettel oder ein Stempel, der zur Kennzeichnung des Eigentümers dient. Weitere Bezeichnungen sind Bucheignerzeichen, Bücherzeichen oder Buchmarke.
Die Vielfältigkeit der Exlibris spiegelt sich in einer Reihe von Untergruppen: Den Gebrauchsexlibris, die zur Gebrauchsgrafik gehören, stehen die künstlerisch ambitionierten Sammler-Exlibris gegenüber, die oft nur für Sammler, nicht für den Gebrauch in Bibliotheken hergestellt wurden. Nach den dargestellten Motiven unterscheidet man z. B. Heraldische Exlibris, Akt-Exlibris u. a. m. Unter Eigenexlibris versteht man Exlibris, die vom Urheber für die eigene Büchersammlung entworfen wurden. Infolge ihres kleinen Formats werden Exlibris auch unter Kleingrafik subsumiert, obschon es auch größere Sammler-Exlibris gibt.“
1921 zog sie nach Passau und hier fand sie auch ein neues künstlerisches Betätigungsfeld, die Glasmalerei. Die neue Heimat und der Umgang mit interessanten Persönlichkeiten und Künstlern im Hause ihres Schwagers, ließen Mathilde aufblühen.
Am 27. Februar 1921 verlobt sie sich mit dem Rechtsanwalt Robert Hanf, im September des gleichen Jahres wird diese Verlobung aber wieder aufgelöst. „Zu unterschiedlich waren die Charaktere der beiden Personen. Die 44 jährige, 146 cm kleine Mathilde, sah wohl in einer festen Bindung ihre emanzipierte, exzentrische und extravagante Lebensweise eingeengt“, habe ich gelesen.
Wilfried Hartleb:
„… Welche Bedeutung sie in Kunstwelt hatte, zeigt eine Würdigung in der Donauzeitung vom Oktober 1927 anlässlich ihres 50. Geburtstages. Dort wird sie als „feinsinnige Lyrikerin, als Meisterin der Zeichenkunst und markante Erscheinung“ beschrieben, bei der zahlreiche angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Buchzeichen bestellen. Auch als Mitarbeiterin der Meggendorfer Blätter und anderer Zeitschriften hatte sie sich einen Namen gemacht. Für ihren Schwager und seiner Frau Irene hat sie zahlreiche Exlibris für deren Büchersammlung entworfen, in Bücher eingeklebte, kunstvoll gestaltete Besitzvermerke in Zettelform, die zur namentlichen Kennzeichnung des Eigentümers dienen.“
Wilfried Hartleb:
„Nach dem Tod ihres Schwagers 1927 zog sie mit ihrer Schwester nach Dachau. Das fortschreitende Nachlassen ihrer Sehkraft führte dazu, dass sie sich mehr dichterischen Arbeiten zuwandte und die Dachauer Heimatzeitung mit Beiträgen beschickte.
1932 kaufte sie sich mit dem Geld von ihrer Mutter für 1000 Mark ein Grundstück in Dachau mit etwa 250 qm. Um ihre Einnahmen zu verbessern, verlegte sie sich auf das Schreiben von Gedichten, Artikeln und Glossen für Zeitungen. Während des 2. Weltkrieges zeichnete sie Kriegspostkarten und gestaltete Kriegs-Exlibris. Endlich konnte sie sich sukzessive ein eigenes selbsterbautes Holzhaus leisten.“
Mathilde Ade stirbt 1953 ganz alleine lebend in ihrem kleinen Häuschen mit 76 Jahren in Dachau.
Irene Heberle wird am 13.11.1878 in Sarbogad/Ungarn geboren. Wie ihre Schwester ist auch sie musisch sehr begabt.
Und zur gesellschaftlichen Stellung der Familie in der Stadt trägt sie sicher einen beachtlichen Teil bei.
Wilfried Hartleb schreibt:
„… Das Haus Heberle am Ludwigsplatz hatte sich zu einem gastlichen Mittelpunkt der Passauer Kulturszene entwickelt, schließlich kannte das Ehepaar viele regionale und überregionale Kulturschaffende. Die zahlreichen freundschaftlichen Beziehungen zu Künstlern und Schriftstellern zeigen sich auch in unzähligen Briefen. Der Kulturwissenschaftler Dr. Helmut Wagner, Kulturpreisträger des Landkreises Passau auf wissenschaftlichem Gebiet, hat 1999 im Programmheft des Passauer Kunstvereins auf die intensiven Beziehungen der Familie zu Alfred Kubin und anderen Künstlern hingewiesen. 2006 wurde dieses Thema fortgeführt in der Ausstellung „Berührungen. Hommage ä Alfred Kubin. Kaleidoskop einer Kulturlandschaft“ in der Landkreisgalerie auf Schloss Neuburg.“
Ihren Mann unterstützt sie mit Artikeln in den „Niederbayerischen Heimatglocken“. Als dieser sich um die Rettung der Neuburg bemüht. „Im Märzheft 1927 erwähnt Irene Heberle, dass damals der Passauer Kunstverein 3000 Mark gespendet hat, eine Summe, die durch ein glänzendes Künstlerfest im Schmeroldkeller zusammengekommen war. Sie ließ nicht unerwähnt, dass sich die Stadt Passau ebenfalls mit 3000 Mark beteiligte“, so Wilfried Hartleb.
Sehr früh und ermuntert durch ihren zukünftigen Schwiegersohn Klabund fängt Irenen Heberle an, selbst Gedichte zu schreiben. Aus Briefen von Fredi an Irene Heberle und ihren Mann lassen sich Veröffentlichungen derselben verfolgen.
So schreibt Klabund aus Zürich im Oktober 1916, dass er Gedichte von ihr an die Zeitschrift „Die Jugend“ weitergegeben hat, und diese sie im November zur Veröffentlichung angenommen hat.
„…ich gestatte mir die Mitteilung, dass die „Jugend“ von Ihren Gedichten auf meine Empfehlung eines der hübschesten akzeptiert hat. Das Honorar wird Ihnen in den nächsten Tagen zugehen. Ich werde mich freuen, wenn Sie mit der „Jugend“ in dauernder Verbindung bleiben. Nur würde ich Ihnen empfehlen, nicht zu oft Verse zu senden. Vielleicht probieren Sie’s auch mal mit „kleiner Prosa.“
Anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Brunhilde erscheint im Verlag J.F. Matthes, Passau 1918 von Irene Heberle der Gedichtband „Mein Kind“ in einer Kleinauflage von 250 Stück. („meiner Tochter eine Hochzeitsgabe“)
Das Bändchen ist nach meiner Information nur in vier Bibliotheken weltweit nachweisbar (Staatliche Bibliothek Passau, Universitätsbibliothek Passau, Bayerische Staatsbibliothek, UB Köln), im Handel wurde es bisher einmal angeboten, der Preis 620.- Euro, ob es verkauft wurde?
Die Deckelillustration gestaltet die Schwester Mathilde Ade (1877-1953); deren Besitzstempel ist auf dem Vorsatzblatt.
Im Februar 1919 veröffentlicht Irene Heberle vier Gedichte durch die Vermittlung von Klabund in der Zeitschrift „Die Dame“. Es sind die Gedichte: „Passion“, „Letztes Lied“, „Erfüllung“, „Mein Kind mein Frühling“ unter dem Gesamttitel „Gedichte einer Mutter, das Honorar immerhin 100.- Mark. Fredi schreibt:
„… Ich hoffe, Du autorisierst mich auch sonst, Deine Gedichte (natürlich nur in anständigen Revuen) zu publizieren. Ich denke, die Publikation in der „Dame“ macht Dir einiges Vergnügen.“
Übrigens, „die Dame“ war nicht irgendeine Dame, sondern eben „Die Dame“. Sie erschien zwischen 1912 und 1937 im Berliner Ullstein-Verlag und für sie arbeiteten Autoren und Künstler wie Kurt Tucholsky, Hannah Höch, Tamara de Lempicka, Joachim Ringelnatz, Bertolt Brecht, Vicky Baum, um nur einige zu nennen.
Nach der Enteignung Ullsteins durch die Nazis 1937 ging die Zeitschrift an den Deutschen Verlag und dort erschien sie bis 1943. Schaut man sich die Autoren an – mit dem Frauenbild des Nationalsozialismus hatte die Welt der „Dame“ freilich nichts am eleganten Hut. Ein Journal für den „verwöhnten Geschmack“, angetreten gegen die kulturelle Verflachung, könnte man sie nennen.
Neben einer illustren Autorenschaft schrieb auch Klabund für die Zeitschrift „Der Orchideengarten“. Im März 1919 veröffentlicht diese – von Fredi vermittelt – „das goldne Gespinst“ von Irenen Heberle.
Wikipedia schreibt über diese Zeitschrift:
„… Der Orchideengarten, Nebentitel „Phantastische Blätter“, war eine deutschsprachige Zeitschrift, die sich der Phantastik und der Erotik in Literatur und bildender Kunst widmete. Sie erschien zwischen Januar 1919 und November 1921 im Dreiländerverlag in München. (…) Ihr Herausgeber war der österreichische Schriftsteller Karl Hans Strobl, ihr Redakteur der österreichisch-deutsche Schriftsteller und Maler Alfons von Czibulka, der den Dreiländerverlag zusammen mit dem deutschen Verleger und Alpinschriftsteller Walter Schmidkunz am 1. Februar 1919 gegründet hatte.
Es wird der Standpunkt vertreten, dass Der Orchideengarten (…) das älteste Fantasy-Magazin der Welt sei. Bereits 1918 erschien eine Probenummer der Zeitschrift mit Textauszügen, darin wurde der Zweck der Publikation wie folgt umrissen:
„Heute, da es unleugbar deutlich wird, dass alles Leben phantastisch sich vollendet, bewegt sich alle Kunst auf einer geraden Linie dem absolut Phantastischen zu. Auf dem Wege, den sie seit ihren Uranfängen ging, denn alle Kunst ist phantastik, weil sie uferlos und unbegreiflich ist. Und unbegreiflich, uferlos und phantastisch ist eins. (…) Alle Phantastik, Groteske und künstlerische Moritat, Grauen, Spannung, Spuk und Abenteuer werden einander (…) im Orchideengarten ein verwunderliches Stelldichein geben.“
Und 1921 erscheint im Verlag Fritz Heyder in Berlin-Zehlendorf der Gedichtband „Echo – Kleine Lieder“ von Irene Heberle zum Andenken ihrer verstorbenen Tochter, die Umschlagzeichnung steuert Alfred Kubin bei. Und weil mich diese Gedichte sehr berührt haben, füge ich sie hier ein.
Zwischen dem Ehepaar Heberle und Alfred Kubin bestand eine sehr enge Freundschaft. „Kubin schickte immer wieder seine Publikationen als Ausdruck ihrer künstlerisch-literarischen Verbundenheit an das Ehepaar“, so Wilfried Hartleb.
Und weiter:
„…Für Irene Heberles Gedicht „Der Straubinger Bote“ (1926), das in den „Heimatglocken“ der „Donauzeitung“ veröffentlicht wurde, schuf Kubin die Illustration. 1923 hat Irene Heberle in einem längeren Aufsatz in der Monatsschrift für die „Ostbairischen Grenzmarken“ Alfred Kubin porträtiert, der diesem so „großartig wie glänzend“ erschien und ihm durch seine „leise Intimität“ besonders gut gefiel. Eine Variante des Aufsatzes erschien am 10. Januar 1926 in der „Passauer Donauzeitung“.
Als Tochter Brunhilde am 30. Oktober 1918 in Locarno stirbt, schreibt er:
„… „Mein verehrter und lieber Freund: In dem wunderbaren Zustand seit Kurzem, in welchem ich hier jetzt lebe überkam mich plötzlich der Gedanke an Ihr Töchterchen – zwei Minuten darauf brachte man mir Ihre Depesche. In den Worten mit welchen Sie mir die Nachricht übermitteln erkenne ich wohl den hohen Schmerz aber auch die rätselvolle Mischung von Weichheit und Kraft welche Sie lieber Freund so auszeichnet! Ich fühle unaussprechlich mit Ihnen! Soweit ich Brunhild kannte fühlte ich wie sie es gar wohl wusste, dass ihre märchenhafte Lieblichkeit und das Bestimmte ihres Wesens mich sehr innig berührte und anzog. Und ihren letzten Brief – er zeigt sie ganz auf der Höhe ihres Glückes (1.8.) -werde ich Ihnen bei meinem baldigen Kommen zeigen —; eine kleine Reliquie ist s ja nun …“
Und seit diesem Tod besteht zwischen Kubin und Irene Heberle eine besonders emotionale Beziehung. Irene Heberle bedankt sich am 17. November 1918 für seine Anteilnahme, „heute ist mein Enkelkindlein 1 Monat alt geworden, vor einigen Tag ward ich 40 Jahre. Wie war ich vergangenen Sommer noch so jung, nun bin ich ganz alt geworden.“
Am 7. Februar 1919 stirbt die Enkeltochter.
Aus Wikipedia:
„Alfred Leopold Isidor Kubin geboren am 10. April 1877 in Leitmeritz (tschechisch: Litoměřice), Böhmen, gestorben am 20. August 1959 in Zwickledt, Gemeinde Wernstein am Inn) war ein österreichischer Grafiker, Schriftsteller und Buchillustrator. (…)
Ebenfalls 1909 gründete er zusammen mit u.a. Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky, Adolf Erbslöh, Gabriele Münter, Marianne von Werefkin und Karl Hofer die Neue Künstlervereinigung München (N.K.V.M.). Aus der N.K.V.M. ging 1911 die Redaktion des Blauen Reiters hervor, an deren zweiter Ausstellung, die nur grafische Arbeiten umfassten, er sich 1912 beteiligte.
Er illustrierte etwa 60 Bücher, darunter Werke von Dostojewski, Edgar allan Poe und Elias Canetti, veröffentlichte druckgrafische Mappenwerke (1921 „Am Rande des Lebens“, 1918 „Ein Totentanz“, 1941 „Abenteuer einer Zeichenfeder“, 1943 „Die Planeten“) und hinterließ tausende Federzeichnungen. Kubin gehörte seit 1923 auch zu den Mitgliedern der Innviertler Künstlergilde, der er auch bei deren Neugründung im Jahre 1947 die Treue hielt. Seit 1930 war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin. 1949 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Kubin war zudem Mitglied der Prager Secession.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden 63 seiner Werke als „Entartete Kunst“ diffamiert und konfisziert. Trotzdem erhielt er kein Ausstellungsverbot, sondern konnte 1941/42 im NS-Propagandablatt des Generalgouvernements, der „Krakauer Zeitung“, verschiedene Zeichnungen publizieren.
Kubin starb am 20. August 1959 in Zwickledt und wurde auf dem Friedhof in Wernstein beigesetzt. Die Gestaltung seiner Grabstelle stammt von dem Bildhauer Karl Prantl.“
Nach dem Tode ihres Mannes am 12. Mai 1927 ordnet sie den Nachlass, verkauft in Passau alles und zieht 1928 nach Dachau. Dort stirbt sie am 14 April 1949.
Und noch einmal Wilfried Hartleb:
„Auch wenn Irene Heberle nun in Dachau wohnte, blieb der briefliche Kontakt zu Kubin auch in den folgenden Jahren bestehen. Einige Briefe an ihre neue Adresse in Dachau hat das Antiquariat Hammerstein veröffentlicht. Es sind Antwortbriefe Kubins auf die Glückwünsche zu seinem 55. Geburtstag im Jahr 1932, in denen er auch ausführlich über seine Arbeit, aber auch über Hans Carossa berichtet: „Von Carossa halte ich viel, obwohl er mehr mir schreibt, als dass wir uns sehn.“ 1933 schreibt Hedwig Kubin einen ausführlichen Brief an Irene Heberle und gewährt Einblicke in die private Sphäre des Künstlers. Mit diesem Brief klingt die Beziehung zwischen den dreien aus.“
Tochter Brunhilde
Dem Ehepaar Heberle wurde am 18, Oktober 1896 in Passau die Tochter Brunhilde geboren, die schon in frühester Jugend an Lungentuberkulose litt.
Auch sie musste immer wieder zu Kuren in Sanatorien. 1916 lernte sie in Davos Klabund kennen. Und die Geschichte der beiden habe ich im Kapitel der Klabund-Biographie mit dem Titel: „Irene – „weil das Frieden bedeutet“ beschrieben.
Wilfried Hartleb:
„… Hochgestimmt hat Klabund die Dreiflüssestadt im letzten seiner vier „Passauer Distichen“ zum Symbol für diese Hoffnungszeit gemacht.“
Passauer Distichen
Als ins fallende Laub vor zwanzig säuselnden Jahren
Herbst dich bettete bunt, rief er die Göttinnen all:
Seht von der letzten Libelle umschwärmt das schmächtige Menschlein!
Eine Göttin wie ihr – nur noch schleierverhüllt.
Und sie traten herzu und sahn die blonde Beseelung
Unter den Schleiern, die herbstlich die Spinne gewebt.
Eine nur senkte den Blick und hob die Hand und zerriss das
Leichte Gewebe: es war Venus. Sie segnete dich.
Dass wir einander in seliger Ruhe geniessen durften,
Dankten wir himmlisch erfreut nur dem christlichen Gott.
Fromm und feierlich wir schritten von Kirche zu Kirche,
Und im dämmrigen Gang fand sich Lippe zu Mund.
Und im Beichtstuhle fand sich Brust zu bebenden Brüsten,
Und im Herzschlag schlug dröhnend die Glocke vom Turm.
Unter blühenden Kirschen im mächtig sprossenden Grase
Liegen die Liebste und ich. Schatten breitet der Baum
Über das grüne Bett mit weissen Blüten durchmustert.
Blüten mit leichter Hand schüttelt der Frühling herab.
Doch von des Mädchens Lippe pflück ich die süssesten Früchte,
Fällt ihr ein Blatt auf den Mund, küss ich es zärtlich hinweg.
Also ein gütig Geschick uns Herbst und Frühling vereinte:
Schwebt die Blüte vom Baum, reift auf dem Mund sie zur Frucht.
Wo der Flüsse drei sich ineinander ergiessen,
Standen wir liebend gelehnt, sahn in die jagende Flut.
Drei ward eins. Ich fasste fester die Hand dir und dachte:
Du und ich – und das Kind. Also dreieinig auch wir.
Brunhilde Heberle stirbt am 30. Oktober 1918 in Locarno
Quellen:
Franz Mader: Tausend Passauer, Biographisches Lexikon zu Passaus Stadtgeschichte, Passau 1995 ISBN 3-924-484-98-8
Passauer Almanach – Edith Rabenstein (Hg.), erschienen 2017 im Verlag Friedrich Pustet ISBN 978-3-7917-2933-6