Klabund – Eine Fahne des Triumphs
Strindberg hat zu diesem Krieg (innere) Beziehungen. Als ich kürzlich in Berlin war, spielten ihn gleichzeitig drei oder vier Theater. In München bedeutete die Gläubigeraufführung der Kammerspiele den schönsten Erfolg des Kriegswinters 1914.
Strindberg (als Fahne) kämpft in diesem Kriege mit. Überall. (Er ist keineswegs neutral.) Die geistigkünstlerischen Wirkungen dieses Krieges werden, so darf man hoffen, in allen Ländern, sie mögen siegen oder unterliegen (oder keines von beiden) – die gleichen sein. Der Innerliche, der Abenteurer, der Verschwender des Geistes, die Jugend wird triumphieren über den Philister, den paragraphischen Glatzkopf, den intellektuellen Nußknacker, den impressionistischen Meier. (Eine Fahne des Triumphes! heißt Strindberg.) Ibsen fahre dahin: Strindberg bleibt. Steht. Ragt. Die Psychologie seines Blickes ist nicht das Wesentliche (soweit sie professionale Gemüter entzückt). Auch die Weiber und Weibchen: als These – Nebensache. Hauptsache: als Blut. Als Auge, Brust, Mund. Strindberg denkt Blut. Blutet Gedanken. Und man glaubt an seine Schmerzen … weil er selber uns welche bereitet. Er stößt uns sein Messer ins Herz. Und seziert uns. (Uns: nicht seine Figuren.) Wir schreien vor Schmerz. Das ist es: wenn irgend ein xbeliebiges X auf dem Theater oder in einem Buche heult vor Qual – was geht es mich an? Ich bin verdammt gleichgültig. Und wenn man ihn lebendigen Leibes röstet. Ich bin kein Fanatiker des Leids. Ich kann selbst Frauen seelenruhig weinen sehen. Aber wenn Strindberg weint … weine ich mit.
Die Frauen liebt und haßt er mit der Urqual des Mannes: was nützt es, im Schoß von tausend Frauen gelegen zu haben – wenn meiner Mutter Schoß mich von sich stieß?
(aus: Das Programm l, 1915)
„Das Programm“
Nach einer Zeitschrift mit dem Namen „Das Programm“ habe ich vergeblich gesucht. Wahrscheinlich aber handelt es sich um eine Programm- Zeitschrift des Rundfunks. Möglich wäre aber auch eine Zeitschrift für Theaterprogramme. Vielleicht aber kann mir geholfen werden aus der Leserschaft dieser Seite.