Rudolf Goldscheid

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Rudolf Goldscheid (Pseudonym auch Rudolf Golm geboren am 12. August 1870 in Wien; gestorben am 6. Oktober 1931 ebenda) war ein österreichischer Soziologe, Philosoph und Romancier.

Leben

Goldscheid entstammte einer wohlhabenden assimilierten jüdischen Kaufmannsfamilie. Während er Philosophie studierte, begann er gleichzeitig schon zu schreiben; das Studium brach er ab, als sich erste schriftstellerische Erfolge bemerkbar machten. 1907 war er in Wien mit Wilhelm Jerusalem, Michael Hainisch, Max Adler u. a. Mitbegründer der Soziologischen Gesellschaft. 1909 war er Initiator und mit Ferdinand Tönnies, Max Weber, Georg Simmel Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) in Berlin. Im Werturteilsstreit, der besonders auf den ersten beiden Soziologentagen der DGS ausgetragen wurde, war er Hauptkontrahent von Weber und Werner Sombart.

1911 trat er dem Deutschen Monistenbund bei. Zwischen 1912 und 1917 war Goldscheid Präsident des Österreichischen Monistenbundes, der aus der „Ortsgruppe Wien des Deutschen Monistenbundes“ entstand. Anschließend war er sein Ehrenpräsident.

Er widmete sich besonders einer „Menschen-Ökonomie“ und stritt für eine Umwandlung des „Steuerstaates“ in einen selber wirtschaftenden Staat. Durch seine diesbezüglichen Arbeiten gilt er als Begründer der Finanzsoziologie. Goldscheid war Freimaurer bei der Loge „Ardens“ in Wien.

Als Pazifist übernahm er im Ersten Weltkrieg die Redaktion der und gehörte anschließend auch zu deren Herausgeberkreis. 1921 wurde er in den Vorstand der Deutschen Liga für Menschenrechte gewählt, deren Vorläuferorganisation Bund Neues Vaterland Goldscheid ebenfalls angehörte. Goldscheid beteiligte sich zudem an den Vorbereitungen für eine „österreichische Nationalsektion“ der 1922 in Paris gegründeten Fédération internationale des ligues des droits de l’Homme, die jedoch mit Schwierigkeiten verbunden war. 1926 konnte dann die Österreichische Liga für Menschenrechte gegründet werden, zu deren „Erstem Vizepräsidenten“ Goldscheid gewählt wurde, was er bis zu seinem Tod blieb. Die Wahl zum Präsidenten der Liga hatte er wegen seiner vielen anderen Verpflichtungen abgelehnt. Bis 1927 war er weiterhin Vorstandsmitglied der Deutschen Liga für Menschenrechte und anschließend bis zu seinem Tod Mitglied des Politischen Beirats der Liga.

Sein ehrenhalber gewidmetes Grab (Abteilung 6, Ring 2, Gruppe 10, Nummer 123) befindet sich im Urnenhain der Feuerhalle Simmering. 1932 wurde die Rudolf-Goldscheid-Gasse in Wien-Hernals nach ihm benannt, die seit 1947 Goldscheidgasse heißt.

Schriften

(als Rudolf Golm): Der alte Adam und die neue Eva. Ein Roman unserer Übergangszeit. E. Pierson, Dresden/Leipzig/Wien 1895.

Zur Ethik des Gesamtwillens. Eine sozialphilosophische Untersuchung, Band 1, Reisland, Leipzig 1902 (Neuauflage herausgegeben und mit einem Nachwort von Arno Banné, München/Wien 2020, ISBN 978-3-89019-741-8.)

 

Grundlinien zu einer Kritik der Willenskraft. Willenstheoretische Betrachtung des biologischen, ökonomischen und sozialen Evolutionismus, Braumüller, Leipzig 1905.

Entwicklungswerttheorie, Entwicklungsökonomie, Menschenökonomie. Eine Programmschrift. Klinkhardt, Leipzig 1908 (Neuauflage herausgegeben und mit einem Nachwort von Arno Banné, München/Wien 2020, ISBN 978-3-89019-745-6).

Darwin als Lebenselement unserer modernen Kultur, Heller, Wien 1909.

Höherentwicklung und Menschenökonomie. Grundlegung der Sozialbiologie. Klinkhardt, Leipzig 1911 (Neuauflage herausgegeben und mit einem Nachwort von Arno Banné, München/Wien 2020, ISBN 978-3-89019-741-8.).

Das Verhältnis der äussern Politik zur innern. Ein Beitrag zur Soziologie des Weltkrieges und Weltfriedens, Anzengruber-Verlag, Wien 1914.

Staatssozialismus oder Staatskapitalismus. Ein finanzsoziologische Beitrag zur Lösung des Staatsschulden-Problems, Anzengruber-Verlag, Wien 1917.

Sozialisierung der Wirtschaft oder Staatsbankerott. Ein Sanierungsprogramm, Anzengruber, Leipzig 1919.

Frauenfrage und Menschenökonomie. Anzengruber-Verlag, Wien 1924.

Entwicklungstheorie, Finanzsoziologie, Menschenökonomie: Narrative einer anderen Soziologie, herausgegeben und mit einer Einleitung von Arno Bammé, Marburg 2018, ISBN 978-3-7316-1311-4.