Frank Wedekind

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Frank Wedekind – geboren am 24. Juli 1864 als Benjamin Franklin Wedekind in Hannover; gestorben am 9. März 1918 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Schauspieler. Mit seinen gesellschaftskritischen Theaterstücken gehörte er zu den meistgespielten Dramatikern seiner Epoche.

Leben

Herkunft

Wedekind gehört der Familie Wedekind zur Horst an. Sein Vater, der Gynäkologe Friedrich Wilhelm Wedekind, war nach der gescheiterten Märzrevolution 1848/1849 nach San Francisco ausgewandert (sogenannter Forty-Eighter), wo er mit Grundstücksspekulationen während des kalifornischen Goldrauschs ein bedeutendes Vermögen erwarb. In San Francisco heiratete er Emilie Kammerer, die Tochter Friedrich Kammerers, des Erfinders der Streichhölzer. 1863 wurde der erste Sohn Armin geboren. 1864 kehrte die junge Familie nach Deutschland zurück und wohnte in Hannover. Dort wurden im selben Jahr Frank und in den folgenden Jahren drei weitere Geschwister geboren. Die jüngste Schwester kam 1876 als Nachzügler in der Schweiz zur Welt.

Die fünf Geschwister von Frank Wedekind waren:

Armin Francis (* 1863), später Arzt und Stadtverordneter in Zürich

William Lincoln (* 1866), später Farmer und Eidgenössischer Konsul in Johannesburg

Frida Marianne Erika (* 1868), eine zu ihrer Zeit berühmte Opernsängerin

Donald Lenzelin (* 1871), der ebenfalls Schriftsteller wurde

Emilie Richenza (* 1876)

Schulzeit in der Schweiz

1872 emigrierte die Familie in die Schweiz. Aus Opposition gegen das neu gegründete preußisch-deutsche Reich hatte der Vater das Schloss Lenzburg im Kanton Aargau gekauft. Frank Wedekind verbrachte dort seine Jugendzeit. Ab Herbst 1872 ging er in die Lenzburger Gemeindeschule und anschließend in die dortige Bezirksschule.

1879 wechselte er auf die Kantonsschule in Aarau. Dort gründete er den Dichterbund Senatus Poeticus, zusammen mit Walter Laué, Adolf Vögtlin und Oskar Schibler. Für seine Schwester Emilie entstand das Kinderepos Der Hänseken, mit Zeichnungen des Bruders Armin (EA 1896).

Studienjahre

Nach der Matura 1884 begann Wedekind ein Studium der deutschen und französischen Literatur an der Universität Lausanne. Noch im selben Jahr wechselte er auf Wunsch des Vaters nach München zu einem Jurastudium, das er wiederum abbrach. Wedekind arbeitete unter anderem als Journalist und als Chef der Werbeabteilung bei Maggi. Es folgte eine kurze Tätigkeit als Sekretär beim Zirkus Herzog. Sein Freundeskreis bestand zu dieser Zeit aus Künstlern und Zirkusleuten. Die Zirkusaufführungen faszinierten Wedekind ein Leben lang und inspirierten seine Dichtung.

Im Sommer 1888 begann er entsprechend den Erwartungen seines Vaters in Zürich erneut ein Studium der Rechtswissenschaft. Nachdem sein Vater im Oktober 1888 gestorben war, brach Wedekind auch dieses Studium ab. Der Vater hinterließ ihm ein beträchtliches Erbe, das ihm finanzielle Unabhängigkeit und Freiraum für sein künstlerisches Schaffen zu gewähren schien, aber bereits nach einigen Jahren aufgebraucht war.

Leben als Schriftsteller und Künstler

1889 übersiedelte Wedekind nach München, wo er Kontakt zum Schriftsteller Otto Julius Bierbaum erhielt. 1891 zog er nach Paris, wo er den späteren Verleger Albert Langen kennenlernte. Aufenthalte in der Schweiz, in London und Berlin folgten. 1896 kehrte Wedekind nach München zurück und begründete die Satirezeitschrift „Simplicissimus“ mit, in der er unter verschiedenen Pseudonymen, u. a. unter dem Pseudonym „Hieronymos“ veröffentlichte. Aus einer Liebesaffäre mit Frida Strindberg, der Ehefrau August Strindbergs, ging 1897 der Sohn Friedrich Strindberg hervor.

Die Verbreitung eines satirischen Gedichts über Kaiser Wilhelms II. Palästinareise 1898 (Im heiligen Land) zwang Wedekind zur Flucht nach Paris. Als er 1899 nach Deutschland zurückkehrte, wurde er wegen „Majestätsbeleidigung“ verurteilt und für sechs Monate in Festungshaft genommen, die er in der Festung Königstein vom 21. September 1899 bis zur Begnadigung im Februar 1900 absaß. In seinem Drama „Oaha“ schuf Wedekind 1908 eine Travestie auf den Verleger des „Simplicissimus“, Albert Langen, dessen Frau Dagny Bjørnson und die Redaktion der Zeitschrift insgesamt.

1901/1902 wirkte er im Münchner Kabarett Die Elf Scharfrichter mit, dort sang er nach eigenen Kompositionen seine Lieder zur Gitarre. Wedekind trat auch als Schauspieler in seinen eigenen Stücken auf, die mit ihren grotesk anmutenden Darstellungen das bürgerliche Publikum provozierten. Er schrieb insbesondere gegen das Bürgertum und dessen Scheinmoral. Entgegen den sittlichen Konventionen seiner Zeit hatte Wedekind wechselnde Partnerinnen und mehrere Kinder mit ihnen.

1906 ließ sich Wedekind in München nieder. Dort lebte er bis zu seinem Tod zusammen mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Tilly Newes, die in vielen seiner Stücken die Hauptrolle spielte. Mit ihr hatte Wedekind zwei Töchter, Pamela und Kadidja.

Als zu Beginn des Ersten Weltkriegs die konservativ-nationalistischen Kräfte die Oberhand gewannen, geriet Wedekind erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Am 18. September 1914 hielt er beim „Patriotischen Abend“ der Münchner Kammerspiele eine Rede mit dem Titel „Deutschland bringt die Freiheit“. Am 27. September 1914 erschien der Text im „Berliner Tageblatt“. Die nationalistischen Töne, die Wedekind anschlug, lösten Irritationen und kontroverse Reaktionen aus. Die Deutung des Textes und Wedekinds Einstellung zum Krieg sind bis heute umstritten.

Tod

Wedekind starb am 9. März 1918 infolge von Komplikationen nach einer Blinddarmoperation. Er wurde auf dem Waldfriedhof in München (Alter Teil, Grab Nr. 17-W-88) beigesetzt. Seine Beisetzung, an der neben vielen Künstlern (u. a. Bertolt Brecht) auch zahlreiche Frauen aus dem Rotlichtmilieu teilnahmen, wurde zum Skandal. Seine Grabrede hielt Ludwig Ganghofer.

Wedekinds Nachlass befindet sich im Monacensia Literaturarchiv der Stadt München und in der Aargauer Kantonsbibliothek in Aarau.

Werk

Wedekind wirkte als Dichter, Schauspieler, Kabarettist und Journalist. In seinen Theaterstücken übte er scharfe Gesellschaftskritik. Vor allem als Dramatiker hat sich Wedekind einen Namen gemacht. Er gehörte zu den meistgespielten Dramatikern seiner Epoche. Mit Dramen wie „Frühlings Erwachen“ und „Lulu“ wandte er sich gegen schulische Dressur, bürgerliche Scheinheiligkeit und Prüderie. Seine Texte wurden oftmals als sittenwidrig angesehen und beschlagnahmt.

Ein Grund für die wiederholte Zensur von Wedekinds Werken war der sexuell anstößige Inhalt. So enthält z. B. „Frühlings Erwachen“ sadomasochistische Motive: Ilse wird von verschiedenen Männern gewaltsam unterworfen, Wendla bettelt Melchior um Schläge mit der Rute an, und auch Hänschens Gespräch mit dem Aktbildnis weist deutlich sadomasochistische Aspekte auf. Das Stück wurde erst sehr spät komplett aufgeführt und war wiederholt Aufführungsverboten unterworfen. Auch in „Der Marquis von Keith“ sind sadomasochistische Tendenzen zu erkennen, so bittet Molly bereits zu Beginn des Stückes den Marquis um Schläge und unmittelbar danach um die Erlaubnis, „wenigstens [s]eine Hand küssen“ zu dürfen (Erster Aufzug). Die Gestaltung der Sexualität in Stücken wie „Lulu“ fand ebenfalls Beachtung, vor allem in der psychoanalytisch orientierten Literaturwissenschaft.

Nachwirken

Wedekinds Dramen „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“ dienten als Vorlage für die unvollendete Oper „Lulu“ von Alban Berg (Uraufführung 1937) und die deutschen Stummfilme „Lulu“ (1917), „Erdgeist“ von Leopold Jessner (1923) und „Die Büchse der Pandora“ von Georg Wilhelm Pabst (1929). Auch spätere Tonfilme wurden von der Figur der Lulu in Wedekinds Werk inspiriert, unter anderem „Lulu“ (1962), „Something Wild“ (1986), „Lulu on the Bridge“ (1998) und „The Fine Art of Love“ (2005). Die Rockband Metallica veröffentlichte 2011 zusammen mit dem ehemaligen Velvet-Underground-Sänger Lou Reed eine CD namens „Lulu“, die ebenfalls von Wedekinds Figur beeinflusst wurde.

Das frühe Bühnenstück „Frühlings Erwachen“ wurde Ende 2006 in einer musikalischen Bearbeitung erfolgreich am New Yorker Broadway im Eugene O’Neill Theatre aufgeführt. Nuran David Çalış verfilmte es 2009 in einer zeitgemäßen Adaption für das ZDF.

Zitate

„Der Mensch wird abgerichtet, oder er wird hingerichtet.“

– Frank Wedekind: in Die besten Pointen des 20. Jahrhunderts

Werke (Auswahl)

Kinder und Narren, Drama (1890; EA: 1891. Späterer Titel: Die junge Welt)

Frühlings Erwachen, Drama (1891; UA: 1906) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)

Der Liebestrank, Drama (1891; EA: 1899. Späterer Titel: Fritz Schwigerling)

Erdgeist, Drama (1895) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv). Verfilmt 1919 von Vera-Filmwerke GmbH unter dem Titel Erdgift

Die Fürstin Russalka, Gedichte, Erzählungen, Pantomimen (1897)

Der Kammersänger, Drama (1897; EA: 1899)

Der Marquis von Keith, Drama (1901)

Der Tantenmörder, Moritat (1902)

So ist das Leben, Drama (1902; späterer Titel: König Nicolo oder So ist das Leben)

Mine-Haha, Romanfragment (1903)

Die Büchse der Pandora, Drama (1902) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)

Hidalla oder Sein und Haben, Drama (1904; späterer Titel: Karl Hetmann, der Zwergriese)

Totentanz, Drama (1905; späterer Titel: Tod und Teufel)

Die vier Jahreszeiten, Gedichte (1905)

Musik, Drama (1907)

Die Zensur, Drama (1907/1908)

Oaha, Drama (1908; späterer Titel: Till Eulenspiegel)

Der Stein der Weisen, Einakter (1909)

Franziska, Drama (1911)

Simson oder Scham und Eifersucht, dramatisches Gedicht (1913)

Lulu, Drama, Zusammenfassung von Erdgeist und Die Büchse der Pandora (1913)

Bismarck, Drama (1914/15)

Überfürchtenichts, Drama (1915/1916)

Herakles, dramatisches Gedicht (1916/1917)

Lautenlieder (1920)