Erwin Poeschel

Erwin Poeschel Quelle. https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/ekud/afk/sag/Seiten/start.aspx

Erwin Poeschel wurde am 23. Juli 1884 in Kitzingen in Bayern geboren. Seine Eltern waren der evangelische Stadtpfarrer Friedrich Poeschel und seine Ehefrau Clara, geborene Schürer, der Tochter des Augsburger Nähnadelfabrikanten Schürer.

Nach einem Umzug der Familie besucht er in Kempten im Allgäu das Gymnasium, macht dort Abitur und studiert in München Jurisprudenz. Nebenher versucht sich Erwin Poeschel wohl auch als Schauspieler – und wohl nicht sehr erfolgreich, denn diese „Passion“ wird nie wieder erwähnt. Und nach Beendigung des Studiums wird er Referendar in einer Kemptener Anwaltskanzlei.

Alexander Frick schreibt in seiner Biographie:

„… Ein plötzlicher Blutsturz gab seinem Leben eine entscheidende Wendung. Poeschel, der bereits als Referendar im Dienste eines Anwaltes stand, musste – es war im Jahre 1913 – in der reinen Luft von Davos Heilung suchen. Die Krankheit war sehr hartnäckig; lange Zeit musste er das Bett hüten; Rückfälle blieben nicht aus.“

Und mit „Krankheit“ meinte er eine Lungentuberkulose, die in der „Deutschen Heilstätte“ in Davos behandelt werden sollte. Thomas Poeschel, ein entfernter Verwandter scheibt:

„…Als der Herbst im Allgäu stürmisch Einzug hält und sich nasskaltes Wetter zum Bleiben einrichtet, ist Erwin Poeschels Krankheit nicht länger zu leugnen. Nach einem nicht enden wollenden Hustenanfall verkündet der gegen Abend zu Hilfe gerufene Hausarzt den Eltern die beängstigende Diagnose, dass ihr Sohn akut an Lungentuber­kulose erkrankt sei. (…)

Die Diagnose stellt sich als unumstößlich heraus. Die Heilungchancen müssen im oft feuchten und nassen Allgäu als nicht allzu gut eingeschätzt werden. Der Familienrat, das Concilium, dem außer Erwins Vater, Stadt-Pfarrer Friedrich Georg Poeschel, und seiner Mut­ter, Clara (…) auch Hans, der ältere Bruder, Ernst, der jüngere, und die einzige Schwester, Helene, sowie noch andere enge Verwandtschaft angehört, beschließt 1913, das 29-jährige, noch ledige Sorgenkind der Familie zur teuren Liegekur über die Grenze in die Schweiz, nach Davos, ins hochgelegene Graubünden mit seiner trockeneren Luft, zu schicken.“

„Das ist eine furchtbare Krankheit, welche ihr Opfer sozusagen auf den Tod vorbereitet, indem sie ihm die gröberen Züge nimmt und unirdisch anmu­tende Zeichen künftiger Wandlung verleiht, während der Geist licht und feurig wird mit seiner leichten Bürde, er sich der Unsterblichkeit nahe fühlt und diese nur als eine neue weitere Grenze des Lebens achtet“, schreibt übrigens damals Charles Dickens.

Alexander Frick:

„… Die Krankheit war sehr hartnäckig; lange Zeit musste er das Bett hüten; Rückfälle blieben nicht aus. Dieses lange Leiden in jungen Jahren hat zur Formung seines Wesens sicher viel beigetragen. In Davos wandte sich E. Poeschel, der von jeher der Kunstgeschichte zugetan war, von der Rechtswissenschaft ab, um sich ganz dem Studium und der Beschreibung der Kunst zu widmen. Das an urwüchsigen und vielfältigen Kunstgütern so reiche Graubünden sollte Poeschel sozusagen sein Leben lang beschäftigen.“

In Davos lernt er seine künftige Frau Frieda Selma Elsa Hildegard Ernst kennen und wohnt mit ihr von Ende März 1914 bis Sommer 1915 in der Pension Mossiers, Vila Rusticana in Davos.

Frieda Selma Elsa Hildegard Poeschel Quelle. https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/ekud/afk/sag/Seiten/start.aspx

Thomas Poeschel schreibt:

„… Penicillin ist noch unbekannt und somit Tuberkulose eine lebensgefährli­che Krankheit. In Davos – nebst anderen Orten in der Schweiz oft der Ort der letzten Hoffnung – entfernt man Erwin Poeschel alsbald einen der beiden Lungenflügel.

In der Höhenluft der Bündner Berge lässt ihn der Tod ungeschoren. Erwin bleibt in der Schweiz, heiratet 1915 eine gleichaltrige Schicksalsgefährtin — Frieda Ernst aus Berlin-Charlotten­burg – und eröffnet noch im selben Jahr, gemeinsam mit „Friedel“, in Davos eine kleine Pension. Dreizehn Jahre lang, von 1915 bis 1928, leben sie als Hoteliers eines Sanatoriums hauptsächlich im Kreis von Schwindsüchtigen.“

Über Heirat und Übernahme der Pension „Stolzenfels“ schreibt Thomas Poeschel:

„… Nach strenger Observanz der ihnen auferlegten Regeln sind Erwin Poeschel und die in Pommern zur Welt gekommene Frieda Ernst, Tochter eines Charlottenburger Oberlyzealdirektors, gesundheitlich soweit kuriert, dass die Frischvermählten es gemeinsam wagen dürfen, das 1913 erbaute, sechsstöckige Haus Stolzenfels in Davos als Pension selbstständig zu führen und schließlich auch käuflich zu erwerben.

Frieda Poeschel wird 1919 als neue Besitzerin der Parzelle ins Grundbuch von Davos eingetragen. Ob sie wohl der Villa den Namen gegeben hat? Stolzenfels gehört zur Romantik mit Blick auf die Mittelrheinlandschaft, welche verfallene Burgen an schroffen Felsen zu Erhabenheit und Idyll verklärte. Karl Friedrich Schinkel, preußischer Baumeister, entwarf nicht nur den Straßentunnel im Ahrtal, sondern zeichnete auch die Pläne für den Wiederaufbau von Schloss Stolzenfels. Ein klangvoller Name für einen Ort letzter Hoffnung.“

Bis 1928 wird das Ehepaar die Pension führen.

In ihrem Blog „Engadin direkt“ beschreibt Dr. Amelie-Claire von Platen die damalige Zeit der Poeschels:

„… Eintauchen in die Zeit vor 100 Jahren in Davos, das konnte ich diese Tage mit der Lektüre über das Leben Erwin Poeschels. Der Ort zeigte sich damals als riesiges Sanatorium von bis zu 30‘000 an Lungentuberkulose-Erkrankten. Sie kamen aus der Schweiz und den Nachbarländern, vor allem aus Deutschland, Frankreich und Österreich. Einige darunter waren Künstler, Literaten und Poeten. Ab Mitte der 1920 er-Jahre suchten diese Gäste nicht nur nach Heilung, sondern flohen in die neutrale Schweiz, um geistig frei zu sein. In Zürich gab es Künstlertreffpunkte im Café „Terrasse“ und später im „Odeon“, stundenlange Kaffee-Sitzungen wurden dort abgehalten. Aber auch in den Bergen kreuzten sich die Wege vieler Künstler, die dort zum Teil regelrecht ansässig waren.

Haus Stolzenfels Quelle: Gemeinde Davos, Dokumentationsbibliothek http://www.gemeindedavos.ch/de/

Kennengelernt, zusammengebracht und beherbergt hat sie unter anderem der Deutsche Erwin Poeschel, der 1913 selbst als Patient nach Davos kam. Als sich sein Gesundheitszustand stabilisierte, eröffnete er mit seiner Frau Frieda die Pension Stolzenfels, die die beiden neun Jahre führten. Der gelernte Jurist Poeschel jedoch beschränkte sich nicht allein auf die Aufgabe als Wirt, sondern begann auch für die NZZ Ausstellungskritiken und Feuilleton-Essays zu schreiben, die ihm in Künstlerkreisen hohes Ansehen verschaffte.

Er ist bekannt mit Hermann Hesse, der ihn von Montagnola aus in Davos aufsucht. Mit ihm teilt er die Bekanntschaft mit den Schriftstellern Klabund und Jakob Wassermann.

Augusto Giacometti lobte Poeschel für seine feinfühlige Sprache und Sachverstand in einem Aufsatz über Hermann Hesse. Briefwechsel zwischen den beiden lesen sich wie wunderbare Freundschaftsbekundungen. Erstmals schreibt Giacometti an Poeschel einen Dankesbrief für seinen 17-seitigen Aufsatz über eine Einzelausstellung in Zürich. Was folgt, ist ein reger Schriftverkehr zwischen den beiden. Poeschel schreibt eine Monografie über das Werk von Augusto Giacometti, die 1922 rauskommt.

Nach neun Jahren – 1928 – wird Erwin Poeschel die Rolle des Hoteliers, „dem Wohl zuweilen illustrer und kapriziöser Gäste dienendem Maitre de Plaisir“ (Thomas Poeschel) aufgeben. Zu den Gründen dieser Aufgabe zählt sicher das Ausbleiben zahlreicher Gäste besonders aus Deutschland infolge der Inflation.

Aufgeben wird Poeschel eine ganze Reihe außergewöhnlicher Begegnungen und sicher auch Freundschaften mit Künstlern und Intellektuellen, die sein Leben prägend beeinflusst haben, Thomas Poeschel schreibt:

„… Ohne die Tuberkulose-Erkrankung und das Glück, dem im zwanzig­sten Jahrhundert unaufhaltsam in den Abgrund taumelnden Deutschen Reich schon 1913 abspenstig werden zu können oder zu müssen, hätte Erwins Lebensweg bestimmt eine andere Richtung genommen. Seinen Werdegang und das trotz schwerer Erkrankung überraschend glückliche Schicksal in der Schweiz verdankt er in erster Linie einer ganzen Reihe außergewöhnlicher Begegnungen und tiefer Freundschaften mit sen­siblen und höchst eigenwilligen Menschen. Erwin Poeschel wird ihnen ein treuer und verständnisvoller Weggefährte sein, über die es in diesem Buch bestimmt nicht weniger zu erzählen gibt als über den diskreten Davoser Hotelier Poeschel selbst.“

Erinnert sei an den langjährigen Aufenthalt von Klabund im Hause Stolzenfels, später erweitert um Klabunds zweite Ehefrau Carola Neher. Und diese Jahre gingen sicher weit über das Verhältnis Hotelier – Gast hinaus.

Klabund Skizze von Gy Schillinger Quelle: Gemeinde Davos, Dokumentationsbibliothek http://www.gemeindedavos.ch/de/

Nochmal Thomas Poeschel:

„…Der gemeinsam erlebte Tod Klabunds wird Carola Neher und Erwin Poeschel auf ewig verbinden, auch wenn sie sich – soviel ich weiß – nie mehr wiedersehen sollten. Mit dem Tod des Dichters und Freundes scheint auch für Erwin eine Lebensphase unwiederbringlich zu Ende gegangen zu sein. (…)

Klabund heißt der Wirbelwind, der zwölf Jahre lang, von Februar 1916 bis zu seinem frühen Ende im August 1928 – sofern nicht in Berlin, Zürich, Locarno, München, Passau, Breslau oder Brioni – in der von Erwin und Friedel Poeschel geführten Pension Stolzenfels lebt.“

Erwin Poeschel lernt wahrscheinlich durch den Schriftsteller Jakob Wassermann (10. März 1873 in Fürth – 1. Januar 1934 in Altaussee) Hermann Hesse kennen, der ihn von Montagnola aus in Davos aufsucht und zu dieser „Clique“ gehört auch der in Graubünden geborene Maler Antonio Augusto Giacometti (16. August 1877 in Stampa, Bergell – 9. Juni 1947 in Zürich). Er gilt als herausragender Maler in der Nachfolge des Jugendstils und des Symbolismus, als Erneuerer der Glasmalerei und Exponent der monumentalen Wandmalerei und Gestalter populär gewordener Plakate. Erwin Poeschel verfasst über Augusto Giacometti verschiedene Artikel. 

Amelie-Claire von Platen erzählt über die Freundschaft mit Giacometti: 

„… Augusto Giacometti lobte Poeschel für seine feinfühlige Sprache und Sachverstand in einem Aufsatz über Hermann Hesse. Briefwechsel zwischen den beiden lesen sich wie wunderbare Freundschaftsbekundungen. Erstmals schreibt Giacometti an Poeschel einen Dankesbrief für seinen 17-seitigen Aufsatz über eine Einzelausstellung in Zürich. Was folgt, ist ein reger Schriftverkehr zwischen den beiden. Poeschel schreibt eine Monografie über das Werk von Augusto Giacometti, die 1922 rauskommt.“

Augusto Giacometti Selbstportrait

Thomas Poeschel zum Verhältnis mit Hermann Hesse:

„… Spätestens durch die Bekanntschaft mit Jakob Wassermann besteht ein loser Kontakt zwischen dem Haus Stolzenfels und Hermann Hesse in Montagnola. Es ist unter anderem aus dem handschriftlichen Gruß des Dichters in Erwins Exemplar der 1920 im Verlag S. Fischer erschie­nenen Erzählung „Klingsors letzter Sommer“ ersichtlich. Doch wahr­scheinlich kennt man sich bereits vor der Begegnung mit Wassermann, zumindest vom Sehen. Hermann Hesse schreibt (…) auf einer Postkarte nach Stolzenfels: „Hochgeschätzter Herr, Danke für die freundliche Einladung, die mich eben auf einer kleinen Reise erreicht. Ich wäre sehr gerne zu Ihnen gekommen, aber leider habe ich nun schon eine Einladung im Deut­schen Krieger-Kurhaus (in Davos) angenommen, wo ich versprochen habe, den Kranken etwas vorzulesen. Aber sehen und sprechen werden wir uns ja auf alle Fälle, ich freue mich darauf. Mit Grüßen Ihr ergebe­ner H. Hesse.“

All dies ist auch aus den Postkartenzeilen vom 21. März 1921 zu spüren: „Danke für Ihre lieben Zeilen! Ich freue mich, wenn wir uns einmal begegnen. Aber ich lebe vollkommen einsam u. habe Wan­derfahrten) seit Langem nicht mehr unternommen, nicht bloß aus Geldmangel. Wir wollen hoffen, dass es uns doch einmal glückt – Ihr Aufsatz machte mir sehr Freude. Mit Grüßen Ihr ergebener H. Hesse.“ (…)

In Erwin Poeschels nachgelassener Bibliothek befinden sich noch Exem­plare von Hesses „Märchen“, 1919 erschienen, und von „Der Steppenwolf“ aus dem Jahr 1927 (beide S. Fischer). Im Spätherbst 1923 besucht Hermann Hesse in Stolzenfels den am Kehlkopf operierten Freund Klabund. Wassermanns fahren nach den regelmäßig auf Stolzenfels ver­brachten Tagen oft nach Montagnola zu Hermann Hesse. So weiß man einfach in respektvoller Zurückhaltung voneinander.“

Montagnola Hesse Museum Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Montagnola

Haus Stolzenfels ist geschlossen, Amelie-Claire von Platen schreibt:

„…Ein Angebot des Bündnerischen Ingenieur- und Architektenvereins kommt ihm (Erwin Poeschel) deshalb sehr gelegen. Gesucht wird ein Redaktor für das Gemeinschaftswerk „Das Bürgerhaus in der Schweiz“, der den Kanton Graubünden übernimmt. Poeschel gibt in der Folge drei Bände zum Bürgerhaus in Graubünden heraus. Ein Jahr später zieht Poeschel mit seiner Frau nach Zürich und etabliert sich immer mehr als einer der anerkanntesten Kunsthistoriker in der Schweiz, so dass er einige Jahre später den Ehrendoktor der Universität Zürich erhält. Sein siebenbändiges Werk „Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden“ bescherte ihm landesweite Bedeutung und gilt in Fachkreisen noch heute als ein an Scharfsinn und Ausführlichkeit unübertroffenes Werk.“

Und Wikipedia ergänzt:

„… Danach begann er seine Tätigkeit als Kunsthistoriker. Er war als Inventarisator tätig und verfasste zahlreiche Schriften über Baudenkmäler. 1927 gehörte er zu den Mitbegründern des Schweizerischen Burgenvereins. (…) Inventarisator leitet sich ab aus Inventarisation (und) eine Bestandsaufnahme von Objekten in Hinsicht auf bestimmte Merkmale. Der Begriff wird vor allem in der Kunstwissenschaft verwendet. In der Denkmalpflege werden dazu Kulturdenkmale zu Dokumentationszwecken in Denkmallisten verzeichnet. Dies geschieht auf Grundlage der Denkmalschutzgesetze eines Landes und wird von den zuständigen Denkmalämtern durchgeführt. (…)

Der Schweizerische Burgenverein ist ein Verein zur Erhaltung und Erforschung von Burgen und Ruinen innerhalb der Schweiz.

Der Verein ist bestrebt, die mittelalterliche Kultur, insbesondere Burgenbau und Alltagsleben auf der Burg, einem breiten Kreis interessierter Leute nahezubringen. Neben der Zeitschrift „Mittelalter – Moyen Age – Medioevo – Temp Medieval“ gibt der Schweizerische Burgenverein die Buchreihe „Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters“ heraus. Daneben werden Exkursionen unter der Leitung von Fachleuten und Vortragsreihen veranstaltet. Präsidentin ist seit 2003 Renata Windler. Der Schweizerische Burgenverein hat heute etwa 1200 Mitglieder. Er gehört seit 1975 der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften an.“

Auf Antrag des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) erhält Erwin Poeschel 1926 das Schweizer Bürgerecht und 1929 zieht das Ehepaar Poeschel nach Zürich. Dort wird er von der Universität Zürich 1933 zum Dr. phil. h. c. ernannt.

Poeschels Bibliothek wird seit 1966 im Staatsarchiv Graubünden in Chur aufbewahrt. Zahlreichen Handschriften, Fotos und über 2500 Büchern sind erhalten und damit gehört sie zu den umfangreichsten Beständen aus privater Hand im Staatsarchiv.

Kantonsbibliothek Staatsarchiv Graubünden Quelle: https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/ekud/afk/sag/Seiten/start.aspx

Werke

„Augusto Giacometti“. Rascher, Zürich 1922, DNB 575402393.

„Bünder Jahreszeiten“, Verlagsgesellschaft, Zürich 1928, DNB 361290101.

„Das Burgenbuch von Graubünden“. Orell Füssli, Zürich 1929 DNB 36129008X.

„Die Kunstdenkmäler des Kt. Graubünden“. 7 Bände. Basel 1937–1948.

„Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein“. 1950.

„Die Kunstdenkmäler des Kt. St. Gallen“. Bände 2 und 3. 1957–1961.

„Zur Kunst- und Kulturgeschichte Graubündens. Ausgewogene Aufsätze“, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft Zürich und der Kantonalen Denkmalpflege Graubünden, Kommissionsverlag Berichtshaus, Zürich 1967 DNB 457824549.

Die „Neue Züricher Zeitung“ schreibt, „er sei „Kunsthistoriker, der allseits verehrte Senior unserer Gilde.“ Die muss es wissen, denn für deren Feuilleton schrieb Poeschel Hunderte von Artikel.

Zu Erwin Poeschels Artikeln zählt auch der im Juli 1924 veröffentlichte Aufsatz „Glasgemälde von Augusto Giacometti“. Beschrieben werden darin die Chorfenster in der Stadtkirche von Winterthur.

Die 1926 erfolgte Einbürgerung beschreibt Thomas Poeschel:

„… Hans Luzi von Gugelberg, Herr auf Schloss Salenegg bei Maienfeld, Präsident des Bündner Ingenieur- und Architektenvereins, trägt am 8. Mai 1926 mit gütigen und vornehmen Worten brieflich die Frage an Erwin Poeschel heran, „ob es seinem Wunsch entspräche, Davoser Bürger zu werden“? Eine höchst ehrenvolle Aufforderung! – „Wir möchten unserer Dankbarkeit irgendwie Ausdruck verschaffen. Ich hatte geglaubt, dass es mir gelingen müsste, Ihre vorzügliche Arbeit als Doktorarbeit anmelden zu können und verschiedene diesbezügliche Versuche gemacht. Leider ohne Erfolg – nicht etwa, weil die Arbeit nicht mehr als das wäre, was gefordert wird. Aber es sind immer die Reglements (…) Dann machte ich den Versuch, Sie zur Promotion als Dr. honoris causa durchzubringen. Aber auch da erwiesen sich die Versuche als leider erfolglos, indem mir unerwartete Hindernisse in den Weg traten und es der «berühmten Konsequenzen halben nicht ging.

Das Ehepaar Poeschel Quelle: https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/ekud/afk/sag/Seiten/start.aspx

Es ist das eine lange Geschichte, über die ich Ihnen wohl einmal erzählen kann, und die mir einige erstaunliche Einblicke in Dinge erlaubte, die ich kaum für möglich gehalten hätte. (…) Nun hätten wir den Wunsch gehabt, dass Sie Bürger des Kantons werden möch­ten, für den Sie so vieles getan haben. Wir müssten nun allerdings vor allem wissen, ob dies auch für Sie ein Wunsch wäre, und ich möchte Sie bitten, mir hierüber in aller Offenheit Ihre Ansicht zu sagen. Sie sind noch völlig frei und in keiner Weise irgendwie gebunden, auch nur des Scheines halber Umstände zu machen u. wir würden es als gut begreifen, wenn Sie aus diesem oder jenem Grunde gar nicht Davoser Bürger werden wollten; – es ist – ich wiederhole es, meine herzliche Bitte, ihre Ansicht offen zu sehen. (…) Man weiß, dass Sie persönlich von der Sache gar nichts wissen und Sie persönlich sind völlig frei, sich zu entscheiden. (…) Es ist selbstverständlich und wird auch Ihnen ja ohne weiteres einleuchten, dass wir Ihnen damit eine Freude machen wollen.“

Es ist zu ahnen, trotz aller Hürden, die die Behörden vorschreiben, – „Es liegt im Interesse des Landes, dass nur geeignete und würdige Bewerber das Bürgerrecht erhalten. Die Berichterstattung soll sich daher nicht nur auf ein Leumundszeugnis beschränken, sondern soll sich eingehend über Familienverhältnisse, Lebensführung, Vermögensverhältnisse, insbesondere aber auch über Eignung, d. h. ob der Bewerber den schweizerischen Verhältnissen sich angepasst hat oder wenigstens anpassungsfähig ist, aussprechen. Bei verheirateten Personen ist zudem anzugeben, ob die Ehegatten in gemeinsamem Haushalt leben“ – es wird „klappen“.

„Die „löbliche Gemeinde Davos antwortet umgehend und teilt Justiz- und Polizeidepartement mit, dem Bündnerischen Ingenieur-und Architektenverein durch einstimmigen Beschluss bereits die Zusi­cherung gegeben zu haben, die Einbürgerung von Erwin und Frieda Poeschel zu befürworten. Auch der Große Rat erhebt gegen die Ertei­lung des Kantonsbürgerrechtes keine Vorbehalte und entscheidet sich für die Festsetzung einer Einkaufssumme von 200 Franken (nach dem Wert von 2017 umgerechnet ca. 1300 Franken). Nach Befürwortung des Antrags auf Einbürgerung durch alle Instanzen nehmen Erwin und Frieda Poeschel die schweizerische Staatsbürgerschaft an“, so Thomas Poeschel. 

Der Schweizer Kunsthistoriker; Prof.; Dr. phil. Joseph Gantner gratuliert:

„… Ja, wirklich, unsere alte, gebrechliche Eidgenossenschaft hat eine gute Akquisition gemacht, als Sie sich einbürgerten.“

Bei der Stiftungsfeier des Jahres 1933 verleiht die Philosophische Fakultät der Universität Zürich Erwin Poeschel die Dok­torwürde ehrenhalber für seine kunsthistorischen Publikationen.

Aus Liechtenstein schreibt der seit September 1945 amtierende Regierungschef Alexander Frick an Erwin Poeschel: „Der von Ihnen bearbeitete Band „Die Kunstdenkmäler des Fürstentum Liechtenstein“ ist das schönste Buch, das je über das Fürsten­tum geschrieben wurde“, dicker Lob geht nicht mehr.

Regierungschef Alexander Frick Quelle: https://historisches-lexikon.li/

„Mit Augusto Giacometti verbindet Erwin Poeschel in Zürich weiterhin beste, treueste und unverbrüchlichste Freundschaft. Zu beider großen Freude winkt in der Zeit zwischen 1930 und 1935 auch internationaler Erfolg mit zwei Einzelausstellungen Paris, im September 1930 und im April 1933, jeweils in der Galerie Bernheim-Jeune im Faubourg St. Honore. Internationales Publikum auch in Luzern, Lugano, Zürich, Locarno und Mailand. In Zürich lädt die Galerie Aktuaryus im Novem­ber 1930 zu einer Matinee mit einer Konferenz von Erwin Poeschel ein. Dieselbe Galerie zeigt 1932 Arbeiten Giacomettis zum Thema „II mio viaggio in Africa“, so Thomas Poeschel. 

Erwin Poeschels Nachlass befindet sich dank seines Testamentes im Staatsarchiv Graubünden in Chur, darunter die von ihm hinterlassenen Quellen zu Klabund und Jakob Wassermann.

Und 1947 ging der an ihn gefallene Teilnachlass von Augusto Giacometti (Skizzenbücher, Fotos, Bücher, Manuskripte) an das von Erwin Poeschel mitbegründete „Institut für Kunstwissenschaft“ in Zürich.

Im letzten Kapitel seines Buches „Der Mentor“ – ein Buch „über das Leben Erwin Poeschels“ – gelingt dem Autor Thomas Poeschel eine geradezu geniale Verknüpfung zwischen Erwin Poeschel, der Kirche in Zillis und der „Kirchenpolitik“ im III. Reich, er schreibt:

„… Im Jahre 1941 erscheint im Zürcher Eugen Rentsch Verlag Erwin Poeschels Buch „Die Romanischen Deckengemälde von Zillis“. Drei Jahre zuvor hat er den Auftrag zur Dokumentation der einzigartigen, annä­hernd vollständig erhaltenen, bemalten Holzdecke in der Kirche zu St. Martin, der kleinen, in der Engadiner Talschaft Schams gelegenen, Ortschaft Zillis, angenommen. (…)

Die Decke von Zillis bringt Erwin Poeschel in engeren Kontakt mit Josef Zemp, dem Uomo universale der Schweizer Kunstgeschichtsforschung. (…) Als Pfarrerssohn mag es Erwin grundsätzlich nicht schwerfallen, sich am Wegesrand der kunsthistorischen Forschung auf naheliegendes theologisches Glatteis zu wagen, doch befindet sich die Kirche seiner Herkunft – die protestantische Kirche in Deutschland – inmitten eines grässlichen und wüsten Glaubenskampfes, welcher 1933 selbst von vielen Hirten nicht recht in seiner tödlichen Schärfe begriffen wurde. Im thüringischen Eisenach ist gar ein Institut für die „Entjudung des Christentums“ gegründet worden, welches sich die aberwitzige Aufgabe stellt, die evangelische Kirche mit der nationalsozialistischen Ideologie kompatibel zu machen. Dieser Unsinn wird vom NSDAP-Mitglied, Reichsbischof Ludwig Müller, aktiv befördert, der sogar die Evangeli­sche Jugend in die Hitler-Jugend eingliedert. (…)

Nur wenige Stimmen widersprechen in dieser Zeit so laut und deutlich der offiziellen Politik des Landes wie der Basler Theologe Karl Barth, der unter dem Deckmantel einer falsch ausgelegten Neutralität eine schlei­chende Anpassung an den Nazi-Staat zu erkennen glaubt.“

der Basler Theologe Karl Barth

Karl Barth (10. Mai 1886 in Basel – 10. Dezember 1968 ebenda) ist das genaue Gegenteil zu meinem Großvater Paul Klos, dem Ehemann meiner Oma. Dieser, Mitglied der NSDAP, evangelischer Pfarrer in Birkenfeld im Hunsrück und ab 1933 Superintendent des Kirchenkreises steht in SA-Uniform auf der Kanzel und agiert als „wichtiges Mitglied“ der „Deutschen Christen“ gegen Pfarrer wie Karl Barth, die der „Bekennenden Kirche“ angehören.

Wikipedia schreibt über Barth:

„… war ein Schweizer evangelisch-reformierter Theologe. Ab 1911 engagierte er sich als radikaldemokratischer Sozialist. Ab 1914 brach er mit der deutschen liberalen Theologie seiner Lehrer, die den Ersten Weltkrieg unterstützten. Mit seinen Römerbriefkommentaren (1919/1922) begründete er die Dialektische Theologie. 1934 verfasste er maßgeblich die Barmer Theologische Erklärung, begründete die Bekennende Kirche mit und rief ab 1938 alle Christen zum auch bewaffneten Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf.

Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler im Januar 1933 und den Begeisterungstaumel vieler Christen erlebte Barth als Schock. In seinem Vortrag „Das erste Gebot als theologisches Axiom“ (März 1933) erklärte er, nur der Gehorsam gegen Jesus Christus, das Ablehnen aller zusätzlichen Erkenntnisquellen und die Absage an die natürliche Theologie erfüllten das erste der Zehn Gebote. Das richtete sich gegen Deutsche Christen (DC) und nationalkonservative Lutheraner, die „Rasse, Volkstum und Nation“ als natürliche Lebensordnungen und Gesetz Gottes ausgaben und dem Evangelium überordneten.

Die Unterschiede zwischen den Glaubensgruppen der evangelische Kirche im III. Reich an dieser Stelle zu erklären, würde den Rahmen sprengen. Es hilft nur eins, im Internet nachlesen. Dann kann man z.B. auch finden, dass die „Deutschen Christen“ – die „Nazi Kirche“ – bis es zu Protesten aus der Bevölkerung kam, das T-4 Programm der Nazis durchaus unterstützten, also die Ermordung von behinderten Menschen gut hießen.

Und über dieses Programm schreibt Wikipedia:

„… Aktion T4 ist eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in Deutschland von 1940 bis 1941 unter Leitung der Zentraldienststelle T4. Diese Ermordungen waren Teil der Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus, denen bis 1945 über 200.000 Menschen zum Opfer fielen.

Neben rassenhygienischen Vorstellungen der Eugenik sind kriegswirtschaftliche Erwägungen während des Zweiten Weltkrieges zur Begründung der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ herangezogen worden. Gleichzeitig mit ersten kirchlichen Protesten wurden die Tötungen nach „Leerung“ ganzer Anstaltsteile von „Heil- und Pflegeanstalten“ (vor 1934 gewöhnliche Bezeichnung: „Irrenanstalt“) seit 1942 nicht mehr zentral, sondern weniger offensichtlich und dezentral fortgesetzt.

Neuer Gedenk- und Informationsort Tiergartenstraße, 2014 Quelle: Von A.fiedler – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35145384

„T4“ ist die Abkürzung für die Adresse der damaligen Zentraldienststelle T4 in Berlin: Tiergartenstraße 4.“

Im November 1952 stirbt Frieda Poeschel und am 21. Juli 1965 folgt ihr Erwin Poeschel in Kilchberg bei Zürich nach.

Übrigens, dem niederländischen Künstler Robert Driessen wirft die Staatsanwaltschaft Stuttgart vor, rund 1300 Skulpturen im Stile des Schweizer Bildhauers Alberto Giacometti (1901 – 1966) angefertigt zu haben.

Giacomettis Skulpturen zu fälschen, ist ein lohnendes Geschäft, er ist heute der teuerste Bildhauer der Welt, eine seiner Skulpturen brachte über 140 Millionen Dollar ein.

Quelle: Thomas Poeschel – Der Mentor – Das Leben des Erwin Poeschel

Erschienen im Elster Verlag Zürich

ISBN 978-3-906065-98-4