Aus Weib und Weibchen

Epigramme und Sprüche deutscher Dichter von Gottfried von Straßburg bis Klabund

Lächelnd schaltest du mich, ich sähe ins blitzende Auge
Allzuviel schöner Fraun, allzu oft, allzutief — du
Hab ich mit dir doch gewettet, ich fand auf der ganzen Erde
Kein Paar Augen wie deins, himmlisch und leuchtend und gut.

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Hab ich auch einen Strahl deines blauen Auges erhascht nur,
Bleibt doch nur der einzige Strahl tief in den meinen zurück.
Und nach Stunden, wenn längst du von mir gegangen, Geliebte,
Leuchtet in meinem Blick hell er und plötzlich empor.

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Tennis

Pierrot spielt mit Colombine Tennis.
Wie haarscharf über das straffe Netz
Bälle sausen, unermüdlich springen,
Schweben, springen und genommen werden:
Also wirft Pierrot aus seinen Augen
Schnelle Liebesblicke, und geschickt empfängt
Colombine sie und gibt sie wieder.
Werden Tennisbälle oft verfehlt:
Liebesblicke fallen nie zu Boden …

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Wenn nachts das Dunkel Gram und Elend brütet,
Kehr ich einher in den Tag zurück.
Ich liege in der Wiege Welt, behütet
Von der Geliebten goldnem Mutterblick.

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Das Bild der Sibylle

Droben im alten Saal droht dunkel das Bild der Sibylle,
Vor dem entsetzlichen Blick flüchtet sich weinend das Kind.
Aus dem Kind ward ein Mädchen, und aus dem Weib eine Greisin.
Jetzt starrt von steinerner Wand eine Sibylle auch sie.

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Das Pfauenauge tanzt von Blume zu Blume.
Die Weinbergschnecke braucht eine Woche von der
Rose bis zur Narzisse.
Deine Liebe ist die Liebe des Pfauenauges,
Meine Liebe ist die Liebe der Weinbergschnecke.

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Am Ufer hinter Weiden blüht ein Haus.
Ein zartes Mädchen sieht zur Tür hinaus
An der Voliere steht der Mandarin,
Ein zarter Vogel singt und hüpft darin.
Verschließ den Käfig! Hüte gut das Haus!
Sonst fliegt der Vogel in den Wald hinaus!

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Die zarten Tänzerinnen

Himmelswind!
Verwehe nicht die tanzenden Mädchen mir!
Entführe sie nicht in die Wolken!
Laß sie auf der Erde! Laß sie mir!

(nach dem Japanischen)