Die Schauspielerin Carola Neher und Klabund
Originalausgabe erstmals veröffentlicht als Herder-Taschenbuch 1984
Umschlagfoto: Resi Lebrecht, Breslau
Die letzte Ausgabe der Gedichte von Klabund erschien 1968 im Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln.
Alle Rechte vorbehalten – Printed in Germany ©Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1984 Herder Freiburg – Basel – Wien Herstellung: Freiburger Graphische Betriebe 1984
ISBN 3-451-08037-0
Über das Buch
Carola Neher gehörte wie Elisabeth Bergner, mit der sie oft verglichen wurde, zu den gefeierten Bühnenstars der beginnenden 30er Jahre. „Eine bezaubernde Frau und Schauspielerin“, schrieb Alfred Polgar z. B. in einer Theaterkritik, „mehr als hübsch, mit der Grazie und Flinkheit eines kleinen Raubtieres, temperamentvoll bis in die Haarspitzen, blitzend von Klugheit und Humor“. Man kann sich kaum einen größeren Gegensatz zu ihr vorstellen als den ekstatisch-fieberhaft lebenden Schriftsteller Klabund, den Autor des „Kreidekreises“, den genialen Nachdichter chinesischer Lyrik. In der Ehe mit Carola Neher verwandelten sich seine letzten, schon von fortschreitender Krankheit gezeichneten Lebensjahre in Jahre des Glücks. Gedichte von betörender Schönheit entstanden. Carola Neher feierte auf der Bühne ihre größten Triumphe. Was damals Rang und Namen in der Kunst hatte, kommt in dieser Lebensgeschichte vor. Klabund starb 1928. Carola Neher, 1933 emigriert, fand 1942 in einem sibirischen Arbeitslager ein tragisches Ende. Dieser Originalband der Herderbücherei ist ein faszinierendes Zeitdokument und die bewegende Erinnerung an die Liebe zweier Künstler. Wie kaum ein anderer Autor war Guido von Kaulla dazu berufen, dieses Buch zu schreiben. Als Student hat er auf persönlichen Wunsch Carola Nehers den literarischen Nachlass von Klabund gesichtet und geordnet. Aus intimer Quellenkenntnis schrieb er 1971 die maßgebliche Biographie „Brennendes Herz Klabund“ und jetzt diesen Herderbücherei-Band.
Das Buch ist vergriffen, aber noch im Archivar-Handel erhältlich.
Und in den Crossener Heimatgrüßen erschien diese Besprechung:
„Carola Neher aus der Sicht Klabunds“
Guido von Kaullas Herder Taschenbuch erinnert oft an Crossen
In der Herderbücherei (Band 1037 für 7.90 DM) ist vor kurzem das in den „Heimatgrüßen“ mehrfach angekündigte Buch über die Schauspielerin Carola Neher und Klabund erschienen. Es trägt den Titel „Und verbrenn‘ in seinem Herzen“, eine Zeile aus einem Klabund-Gedicht. Guido von Kaulla, jetzt 75jähriger Schauspieler und Schriftsteller, Biograph des Dichters und einst von Carola Neher mit der Ordnung des literarischen Nachlasses ihres Mannes beauftragt, hat es geschrieben. Wer am deutschen Theaterleben der 20er Jahre, am Schicksal der Künstlerin und an den Werken Alfred Henschkes interessiert ist, legt das zur Hand genommene Bändchen erst wieder weg, wenn er die letzte Seite gelesen hat.
Der Autor zeichnet das Leben der 1900 in München geborenen, hier und in Stuttgart als Tochter eines Lehrers und Musikers aufgewachsenen Schauspielerin bis 1928 aus der Sicht ihres Mannes. Er belegt ihre Lebensstationen der 20er Jahre mit Gedichten, Briefauszügen und Prosadichtungen Klabunds so intensiv, dass man geneigt ist, den Untertitel des Buches in „Der Dichter Alfred Henschke und Carola Neher“ umzukehren. Die letzten rund 20 Seiten behandeln die Zeit nach Klabunds Tod. Sie sind ein gut recherchierter journalistischer Bericht über das tragische Schicksal Carola Nehers in der Sowjetunion, das mit ihrem Tode am 28. Juni 1942 endete, und über ihren Sohn aus der zweiten Ehe mit Anatol Bekker, der seit 1975 in der Bundesrepublik lebt.
Carola Neher war nach dem, was im Herderbuch festgehalten ist, nur einmal, zum Begräbnis ihres Mannes, in Crossen. Es wäre interessant zu erfahren, ob sie nicht doch einmal, vielleicht auf einer Reise zwischen Berlin und Breslau, wo sie 1924 ein Engagement hatte, ihre Schwiegereltern besuchte. Obwohl der Leser also recht wenig über Beziehungen der Künstlerin zur Familie Henschke erfährt, kommt Crossen in dem Buch nicht zu kurz. Klabund war ja gedanklich an der Bobermündung fest verankert, was in seinen Schriften an vielen, vielen Stellen zu registrieren ist und durchaus ein Thema für eine „Doktorarbeit“ wäre. Das weiß natürlich auch Guido von Kaulla. Deshalb wohl hat er allerlei Crossen-Bezüge in das Carola Neher/Klabund-Buch eingefügt. So schildert er die „Kreidekreis“-Aufführung in der Oderstadt und die anschließende Runde im‘ Hotel „Drei Kronen“. Die distanzierte Einstellung der Kleinstadtbürger zu ihrem Dichter charakterisiert er mit dem Nachdruck der Verse Werner Fincks, die da enden: „Es hat sich Crossen im Fall Klabund noch nicht entschlossen“. Auch über die Teilnahme Alfred Henschkes an der 400-Jahr-Feier seines Gymnasiums berichtet der Autor. Ja, er nimmt diesen Vorgang sogar zum Anlass, um die „Ode an Crossen“ vollständig seinem Text einzufügen.
So ist denn das Herderbuch vielerlei: Biographie, Bild der Theaterszene der 20er Jahre, Würdigung eines jung verschiedenen Dichters und ein wenig auch ein Beitrag zur jüngeren Kulturgeschichte unserer Stadt Crossen an der Oder. Für die letztgenannte Komponente zollen wir Heimattreuen Herrn von Kaulla besonders Dank und Anerkennung.