Theodor Lobe – das Lobe Theater und Breslau

Breslau vom Turm der Elisabethkirche Quelle: Von Lukaszprzy – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4403036

Sibirien des Ostens nannte Klabund die Stadt – Ungeziefer im Hotelzimmer – stundenlanges Warten auf Carola Neher, wäre es nach ihm gegangen, sie hätten diese Stadt nie betreten. Carola Neher sah es anders, für sie war die Stadt ein wichtiges Sprungbrett ihrer Karriere.

Weniger als zwei Stunden, oder rund 110 km. entfernt liegt Glogau an der Oder – heute Głogów – und aus dieser Stadt stammt meine Familie väterlicherseits. Beide Gemeinden haben ein gemeinsames Schicksal, sie wurden im II. Weltkrieg stark (Breslau) oder fast völlig (Glogau) zerstört.

Ansicht von Glogau um 1850 Quelle: Wikipedia

Theodor Lobe  

Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter – dazu der Begründer des Lobe-Theaters, in Breslau – wurde Theodor Lobe am 8. März 1833 in Racibórz – deutsch Ratibor – geboren. Heute gehört die Stadt zur polnischen Woiwodschaft Schlesien, genauer Oberschlesien und sie ist neben Ostrava Hauptort der Euroregion Silesia. Von 1173 bis 1336 war sie Residenzort des piastischen und von 1337 bis 1521 des přemyslidischen Herzogtums Ratibor.

Theodor Lobe Quelle: https://www.theatermuseum.at/onlinesammlung/detail/612412/

Wikipedia:

„… Das Gebiet von Ratibor ist der südöstlichste Teil des Schlesischen Tieflands. Im Westen liegt das Oppagebirge, im Norden das Oberschlesische Hochland und im Süden die Mährische Pforte. Auch wenn sich die historische Altstadt links der Oder befindet, erstreckt sich das Stadtgebiet über beide Oderufer.“

Ratibor, die Westseite des Rings mit dem Torbogen Quelle: Wikipedia

Zurück zu Theodor Lobe und der war der Sohn des Karl Lobe – Theaterleiter einer reisenden Schauspielertruppe, der Wäserschen Gesellschaft, (gegründet im 18. Jahrhunderts von Johann Christian Wäser und dessen Ehefrau, der Schauspielerin Maria Barbara Schmidtschneider) und seiner Mutter Jeanette Dessoir, Schauspielerin und die ältere Schwester des Shakespeare-Darstellers Ludwig Dessoir. Lobes Vater starb 1847 in Warmbrunn, heute Cieplice Śląskie-Zdrój.

Maria Barbara Wäser Quelle: Von Kimpfel. pinx. –. D. Berger. Sculps. – [1], Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=4071861
Theodor Lobe besuchte ab etwa 1843 das Gymnasium Liegnitz. Als sein Vater starb, verließ er die Schule und begann sein Berufsleben in einem Breslauer Handelshaus. Lange währte diese Ausbildung nicht, er wechselte in die elterliche Truppe als Inspizient (so etwas wie der Hauptkoordinator einer Theatervorstellung) und übernahm kleinere Rollen.

Befriedigend war diese Tätigkeit wohl nicht und so ging er als Schauspieler zuerst nach Eisleben und ab 1851 nach Berlin am das Krollsche Theater. Weitere Engagements in Leipzig und in Hamburg am Stadttheater folgten. Nach Berlin zurückgekehrt spielte er am „Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater“. Das spätere Deutsche Theater wurde 1850 eröffnet. Und ab 1858 gehörte er dem Ensemble des Deutschen Hoftheaters in Sankt Petersburg an. Dort und auf Gastspielreisen erwarb sich Lobe einen „guten Namen“.

Nach seiner Rückkehr aus Russland pachtete er 1866 in Breslau das Stadttheater und das wäre denn das nächste Kapitel.

Schon 1871 folgte Lobe dem Ruf des Dramatikers Heinrich Laube als Charakterdarsteller an das neubegründete Wiener Stadttheater, der seit 1872 Leiter dieses Theaters war. Und in Wien wurde Lobe zum „trefflichen Charakteristiker“. Wikipedia schreibt: „Zeitweilig übernahm Lobe auch die Leitung des Wiener Hauses. Er war in Wien auch Meister vom Stuhl der dortigen Freimaurerloge „Zukunft“.

Ein Wechsel nach Frankfurt am Main folgte 1880 und 1887 wurde er Regisseur und Schauspieler für das Thaliatheater in Hamburg. Nebenher unternahm er Gastspielreisen in Deutschland. Österreich und der Schweiz.

Das Königlich-Sächsischen Hoftheater Dresden engagierte ihn von 1982 bis 1897 als Schauspieler, Schauspiellehrer sowie als Oberregisseur.

Gottfried Sempers erstes Hoftheater Quelle: Von W. Bässler – SLUB Dresden Sammlung Saxonica, Signatur Hist.Sax.G.92.b, http://digital.slub-dresden.de/id383651034, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=65380100

Über seine dortigen letzten Lebensjahre schreibt Frank Andert:

„… Vielleicht waren es ja die Besuche im Landhaus seines alten Freundes Ernst v. Schuch, mittlerweile Generalmusikdirektor in Dresden, die Lobe vom Reiz der Lößnitz überzeugten und ihn dazu bewogen, sich hier nach einem Altersruhesitz umzuschauen. Das Adressbuch von 1897 weist ihn als Besitzer der heute unter Denkmalschutz stehenden kleinen Villa Nordstraße 4 in Niederlößnitz aus, die er vermutlich schon einige Jahre früher erworben hatte. Hier starb Theodor Lobe wenige Wochen nach seinem 72. Geburtstag am 31. März 1905. Während er in Nachrufen andernorts als „eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Theaterwelt“ gewürdigt wurde, nahm die Kötzschenbrodaer Zeitung von seinem Tod keine Notiz.“

Theodor Lobe wurde im benachbarten Kötzschenbroda auf dem Neuen Friedhof beerdigt.

Niederlößnitz ist heute ein Stadtteil der Stadt Radebeul im Landkreis Meißen.

Ehemaliges Rathaus von Niederlößnitz Quelle: Von X-Weinzar – Selbst fotografiert, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4035759

Das Lobe-Theater 

Über die Gründung des Theaters lese ich bei Wikipedia:

„… Im Jahr 1866 übernahm er per Pacht die Direktion des nach einem Brand im Vorjahr wiederaufgebauten Stadttheaters (Opernhauses) zu Breslau, wo er seine ersten Erfahrungen als Theaterregisseur machte. (…)

Stadttheater Breslau Quelle: https://gruss-aus-berlin.com/allgemein/breslau-stadttheater/

1868 holte Lobe seinen Cousin Ferdinand Dessoir nach Breslau. Mit dem Ende des „privilegierten“ Theaters und dem Eintritt der Gewerbefreiheit 1869 gründete Lobe neben seiner Arbeit am Stadttheater das sogenannte Lobe-Theater als Vaudeville-Bühne (ein Pariser Theatergenre mit Gesang und Instrumentalbegleitung) um dort der „heiteren Muse“ zu frönen, während er im Stadttheater Charakterrollen gab, so den Marinelli, Jago und den Mephistopheles.

Durch den Architekten Friedrich Barchewitz ließ er in der Ohlauer Vorstadt von Breslau, in der Lessingstraße 8 eigens einen Neubau mit 1096 Sitzplätzen errichten, der am 1. August 1869 unter seiner Regie mit LessingsMinna von Barnhelm“ eröffnet wurde. Im Jahr 1871 brannte das Stadttheater erneut ab und wurde unbespielbar.“

Rückansicht des Lobetheaters in Breslau Quelle: Wikipedia

Lobe war pleite und verließ Breslau im Mai 1872, nachdem er das Lobe-Theater verkauft hatte. Von 1874 bis 1878 leitete der aus Berlin gekommene Adolph L’Arronge das Theater, an dem Schauspieler wie Werner Krauß und Heinz Rühmann arbeiteten oder debütierten. Aber auch das Schauspielensemble des Meininger Hoftheaters trat dort auf.

Adolph L’Arronge Quelle: Von Unbekannter Künstler – [1], PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=2842730
Den absoluten Höhepunkt aber hatte das Lobe-Theater, als von 1921-1933 der österreichische Schauspieler und Regisseur Paul Barnay (geboren am 27. März 1884 in Wien; gestorben am 13. Juni 1960 (ebenda) als Intendant der beiden Vereinigten Theater nach Breslau kam. Unter seiner Leitung spielten Marlene Dietrich, Therese Giehse, Käthe Gold,   František Lederer, Rudolf Platte und Angela Salloker. 

Und nicht zu vergessen: Carola Neher!

Das Ende ist schnell erzählt: Aus baupolizeilichen Gründen wurde das Lobe-Theater 1935 geschlossen. Im II. Weltkrieg zerstörten die Kämpfe um die von Hitler zur Festung erklärten Stadt das Gebäude vollständig. Es öffnete seine Pforten nie mehr. Schade um so eine kulturelle Einrichtung. Aber vielleicht denken die Stadtoberen einmal darüber nach, ob es nicht lohnt, ein Stück Stadtgeschichte wiederaufleben zu lassen.

Breslau 

Das heutige Wrocław ist eine kreisfreie Stadt in Niederschlesien – an der Oder gelegen und hat – Stand 2016 – 637.683 Einwohner. Damit ist die Stadt die viertgrößte in Polen.

Ein Wahrzeichen Breslaus ist das Alte Rathaus am Großen Ring Quelle: Von User:Kolossos – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7878251

Wikipedia schreibt:

„… Breslau liegt in der niederschlesischen Tiefebene am Oberlauf der Oder auf einer Höhe von 111 Meter, zwischen dem Höhenzug des Katzengebirges im Norden und den Ausläufern der Sudeten im Süden. Vier Nebenflüsse der Oder fließen durch das Stadtgebiet: Ohle (Oława), Lohe (Ślęza), Weide (Widawa) und Schweidnitzer Weistritz (Bystrzyca).

Claudius Ptolemäus Quelle: Wikipedia

Gebaut zwischen zahlreichen Kanälen, liegt die Stadt auf zwölf Inseln, verbunden durch 100 bis 300 Brücken, je nach zugrunde gelegten Kriterien. Aufgrund der zahlreichen Brücken und Stege wird die Stadt auch als Venedig Polens bezeichnet.“

Schlesien und damit Breslau fand erstmals bei dem römischer Historiker Publius Cornelius Tacitus (geboren um 58 n. Chr.; gestorben um 120) im Jahr 98 n. Chr. sowie bei Claudius Ptolemäus (geboren um 100, gestorben nach 160, vermutlich in Alexandria) im Jahr 150 n. Chr. in dessen Werk zur „Germania magna“ Erwähnung.

Tacitus, moderne Skulptur vor dem Parlamentsgebäude in Wien Quelle: Wikipedia

Schlesien und damit seine Hauptstadt bis 1945 haben eine bewegte Geschichte. Ende des 4. Jahrhunderts, Anfang 5. Jahrhundert siedelten in der Umgebung von Breslau die Silinger – ein ostgermanischer „Teilstamm“ der Vandalen. Lange haben sie wohl nicht „wie die Vandalen dort gehaust“, denn sie zogen über Spanien nach Afrika und errichteten dort das bis 533 bestehende Vandalenreich.

Bereits im 6. Jahrhundert übernahmen die Slensanen (auch Slenzanen, tschechisch Silingové, polnisch Ślężanie) neben anderen slawischen Stämmen das „Kommando“ an der Oder und von diesen neuen Bewohnern stammt der heutige Namen Breslaus – Wroclaw. Auf der Dominsel im Zentrum Breslaus entstand eine Burganlage, die im 10. Jahrhundert vom böhmischen Fürsten Vratislav I. gesichert und erweitert wurde.

Der ursprüngliche Name Wortizlawa oder auch Wratislawa wurde erstmals um das Jahr 900 erwähnt und bezeichnete eine slawische Marktstadt.

Über die weitere Entwicklung der Stadt ist bei Wikipedia zu lesen:

„… Im Jahr 990 eroberte der polnische Piasten-Herzog Mieszko I. Breslau und ganz Schlesien. Sein Sohn Bolesław der Tapfere errichtete im Jahr 1000 das Bistum Breslau (Akt von Gnesen). (…) Das befestigte Gebiet um die Burg war schon damals eine kleine Stadt, in der etwa 1000 Menschen wohnten. (…) In der Schlacht gegen Bolesław III. Schiefmund unterlag Kaiser Heinrich V. im Jahr 1109. (…) Nach Bolesławs Tod im Jahre 1138 wurde Breslau im Rahmen der Senioratsverfassung Hauptstadt des bis 1201 polnischen Teilfürstentums Schlesien.

Etwa um diese Zeit ließen sich die ersten „deutschen Siedler“ am Südufer der Oder nieder. Unter verschiedenen schlesischen Herzögen wurde 1290 die polnische Königswürde wieder hergestellt.“

Wenn also heute „deutschtümmelnd“ von Schlesien und seiner Hauptstadt als Teil des Deutschen Reiches gesprochen wird, ist das falsch.

Während der Mongolenangriffe 1241 wurde Breslau 1241 zerstört und in den folgenden 20 Jahren durch hauptsächlich deutsche Siedler wieder aufgebaut. So erhielt Breslau im Jahr 1261 das Magdeburger Stadtrecht.

Wikipedia schreibt über dieses: „Das Magdeburger Recht ist eine Form des Stadtrechts, die ihren Ursprung in der Stadt Magdeburg hat und von dort aus erheblichen Einfluss auf die Stadtrechte in Ostmitteleuropa und Osteuropa entfaltete, häufig in seiner schlesischen beziehungsweise polnischen Variante, dem sogenannten Neumarkter Recht, oder der nördlichen Variante, dem Kulmer Recht, das sich über ganz West und Ostpreußen ausbreitete. 

Das allgemeine Stadtrecht hat seine Wurzeln im Gewohnheitsrecht der Kaufleute, in den vom Grundherren verliehenen Privilegien und in von der jeweiligen Gemeinschaft selbst beschlossenen Regeln („Willkür“). Innerhalb der Stadt wurde den Bürgern durch das Stadtrecht die persönliche Freiheit, das Eigentumsrecht, die Unversehrtheit von Leib und Leben und die geregelte wirtschaftliche Tätigkeit garantiert.

Zusammenfassend kann also geschrieben werden: Ab dem Jahre 990 gehörte Schlesien zum Herrschaftsgebiet der Piasten.

Die Wahl des Rademachers Piast zum Fürsten der Polanen Quelle: Wikipedia

Wikipedia:

„… Die Piasten (nach ihrem legendären Stammvater Piast benannt) waren eine Herrscherdynastie in Polen samt seinen (zeitweiligen) Abspaltungen Masowien und Schlesien, die zwischen dem 10. und 17. Jahrhundert zahlreiche Herzöge und Könige stellte. Sie sollen dem Stamm der Polanen entstammen, der erstmals im Jahr 1000 genannt wurde. Durch Heirat mit deutschen Prinzessinnen und die deutsche Ostkolonisationsbewegung wurden die schlesischen Piasten allmählich zu einem deutschen Adelsgeschlecht und 1370 starben die Piasten mit Kasimir III. in der königlichen Linie aus, dreihundert Jahre später die letzte Nebenlinie in Oberschlesien.

Nochmal Wikipedia:

„… Des Weiteren wurde Schlesien und damit auch Breslau erst Mitte des 14. Jahrhunderts Teil des Königreichs Böhmen und damit Teil des Heiligen Römischen Reiches. Fünf Jahre später wurde die Bezeichnung Bresslau erstmals für die Stadt benutzt. Im Jahr 1327 bestimmte Heinrich VI. als letzter Herzog von Schlesien aus dem Haus der Piasten mit Mitwirkung des Rates den König von Böhmen Johann von Luxemburg, auch „Johann der Blinde“ genannt, als seinen Erben.“

Im Jahr 1526 starb König Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, woraufhin die Habsburger gemäß Erbverbrüderungsvertrag das Königreich Ungarn und die Länder der Böhmischen Krone, also auch Schlesien und Breslau übernahmen und bis 1741 behielten.

Im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges belagerte „Friedrich der Große“ Breslau ein Jahr lang, bis es am 10. August 1741 schließlich kapitulierte. Noch im selben Jahr am 7. November huldigten die schlesischen Stände im Breslauer Rathaus dem preußischen König und 1742 übergab Erzherzogin Maria Theresia in ihrer Eigenschaft als Königin von Böhmen den größten Teil des Herzogtums Schlesien als Besitz an Preußen. Lediglich ein kleiner Teil verblieb als Österreichisch-Schlesien bei Österreich.

Das von Johann Fadrusz gestaltete Maria-Theresien-Denkmal in Preßburg (eingeweiht 1897) wurde im Jahre 1921 durch tschechische Legionäre zerstört. Quelle: Wikipedia

Ab 1849 beginnt die Industrialisierung der Stadt, es werden Brauereien und Mühlen, aber auch Betriebe der chemischen- und Metallindustrie gegründet, z.B. die Wagenbauanstalt Gottfried Linke, Eisenbahnwaggonbau und Bekleidungs-, Papier- und Möbelfabriken.

Wikipedia schreibt: „Die jüdische Bevölkerungsgruppe gründete 1854 das Jüdisch-Theologische Rabbinerseminar „Fränckel’scher Stiftung“, um Rabbiner ausbilden zu können (Um 1890 verfügte Breslau mit 17.750 Köpfen nach Berlin über die zahlenmäßig stärkste jüdische Gemeinde im deutschen Kaiserreich.

Reichstagswahlen März 1933 und auch in Breslau wurde die NSDAP mit 51,7 Prozent die stärkste Partei – die Stadt wurde „Parteigau“ und eines der ersten Konzentrationslager, das KZ-Breslau Dürrgoy wurde Am 28, April 1933 eröffnet, aber noch im August 1933 wieder geschlossen, die Häftlinge auf andere Lager verteilt. Der Großteil der 200–400 Inhaftierten waren zunächst politische Häftlinge, meist NSDAP-Gegner aus SPD, KPD und der in Breslau stark vertretenen SAPD. (Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD, häufig auch Sozialistische Arbeiterpartei, SAP genannt, war eine linkssozialistische, marxistische Partei, die am 4. Oktober 1931 in Berlin gegründet wurde und bis 1945 bestand. Als Partei der Einheitsfront gegen den Faschismus spielte sie eine wichtige Rolle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus)

Es ist zu erahnen, auch in Breslau brannte in der so genannten „Reichskristallnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938 die Synagoge – in der Nacht, in der im Deutschen Reich 1400 Synagogen brannten und 400 Juden ermordet wurden. Und wie auch im „Reich“ üblich, im November 1941 begannen die Depotrationen von 1005 Frauen, Männern und Kindern von noch in Breslau lebenden Juden.

Wikipedia schreibt:

„… Am 21. November gegen 6 Uhr morgens aus ihren Wohnungen geholt, wurden sie in Lastwagen in das Sammellager Schießwerder gebracht, von wo sie am 25. November über den nahen Odertorbahnhof ins litauische Kaunas deportiert wurden. Dort wurden sie gleich nach ihrer Ankunft am 29. November 1941 im sogenannten IX. Fort von Angehörigen des Einsatzkommandos 3 unter Karl Jäger erschossen.

Ab Mitte 1944 wurden in Breslau zwei Außenlager des KZ Groß-Rosen eingerichtet. Die Zwangsarbeiter aus dem Lager I wurden in den Fahrzeug- und Motoren-Werken (FAMO) zur Herstellung von Flugmotoren eingesetzt; die genaue Häftlingsanzahl ist nicht bekannt. Borsig und die Linke-Hofmann–Werke übernahmen Zwangsarbeiter aus dem Lager II, in dem 520 (nach anderen Angaben zwischen 700 und 1000) Gefangene inhaftiert waren. Die Außenlager wurden rund sieben Monate nach deren Errichtung wegen des Vormarsches der Roten Armee wieder aufgelöst.“

Ab Oktober 1944 erreichten die Alliierten auch Breslau mit ihren Luftangriffen, jedoch waren die Zerstörungen weniger heftig. Im Dezember 1944 betrug die Einwohnerzahl noch 527.128 und im gleichen Monat erklärte Hitler die Stadt zur „Festung“. Januar 1945 erging der Befehl zur Evakuierung – 75% der Bevölkerung flohen, Tausende Zivilisten starben auf der Flucht aufgrund der russischen Angriffe auf Flüchtlingstrecks und des kalten Winters.

Zerstörungen und Einschüsse am Breslauer Rathaus 1945 Quelle: Von Unbekannt – http://www.expolis.de/schlesien/images/festung/Rathaus_kaputt.gif, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37603562

Über die Eroberung Breslaus durch die Rote Armee schreibt Wikipedia:

„… Durch die Niederschlesische Operation der Roten Armee wurde Breslau am 15. Februar eingekesselt, wobei sich noch rund 40.000 Soldaten sowie 150.000 Zivilisten im Stadtgebiet aufhielten. Bis zum Ende der Schlacht um Breslau am 6. Mai, zwei Tage vor der deutschen Kapitulation, fanden in Breslau schwere Häuserkämpfe statt, in denen etwa 20.000 Zivilisten, 6000 deutsche und 7000 sowjetische Soldaten ums Leben kamen. Während der Schlacht wurden ergriffene Deserteure wegen „Feigheit vor dem Feind“ zum Tode verurteilt und exekutiert. Durch die Gefechte wurden 65–80 Prozent aller Gebäude, davon 400 Baudenkmäler, zerstört. Kurz nach der Besetzung Breslaus durch sowjetische Truppen kam es zu Übergriffen auf die deutsche Zivilbevölkerung, insbesondere zu einer Vielzahl von Vergewaltigungen (…) Am 9. Mai übergaben Militärbehörden der Roten Armee die Stadt verwaltungsrechtlich an Polen.“ 

Wie überall rechts der Oder wurden auch aus Breslau bis 1948 die noch nicht geflüchtete deutsche Bevölkerung vertrieben. Ab 1955 begann der Wiederaufbau der zerstörten Innenstadt.

Und nochmal Wikipedia:

„… Zu Beginn der 1980 er Jahre entwickelte sich Breslau zu einem wichtigen Zentrum der Solidarność. Am 21. Juni 1983 besuchte Papst Johannes Paul II. die schlesische Metropole. Zu einem Gottesdienst in der südlichen Siedlung Partynice kamen etwa eine halbe Millionen Menschen. Im gleichen Jahr begann die Oppositionsgruppe Orange Alternative im gesamten Stadtgebiet Zwerge an Häuser und Wände zu malen, um ihren Protest gegen die kommunistische Regierung deutlich zu machen. Seit den 1990 er Jahren erinnern im gesamten Stadtgebiet die Breslauer Zwerge an diese Aktionen.“

Im Jahr 2004 trat Polen in die EU ein und mit der Inanspruchnahme von Geldern aus dem Infrastrukturfonds wurden historische Bauten renoviert und Straßen und der öffentliche Nahverkehr saniert.

An die Fußball-Europameisterschaft 2012 können sich sicher viele noch erinnern, Breslau war einer der Austragungsorte. Zudem ist die Stadt ein wichtiger Anziehungspunkt von Touristen aus aller Welt. Pro Jahr kommen etwa eine Million Besucher. Und Im Jahr 2016 war Breslau neben der spanischen Stadt Donostia-San Sebastián die Kulturhauptstadt Europas.

Übrigens, seit 1963 pflegen Dresden und Breslau eine Städtepartnerschaft, die 1991 aktualisiert wurde – dazu kommen weitere 11 Partnerstädte, darunter auch Wiesbaden.

Heute besitzt Breslau wieder einige Theater – z.B. das Polnische Theater Breslau, eine Oper, eine Operette sowie eine Philharmonie, ein Musikforum und ein Puppentheater und auch eine ganze Reihe von Museen. Das größte und bekannteste ist das 1947 gegründete Nationalmuseum für bildende Kunst, sowie das Stadtmuseum im Breslauer Stadtschloss, das Panorama von Racławice, das 1814 gegründete Naturhistorische Museum im Botanischen Garten, das Erzdiözesanmuseum, das Geologische Museum, das polnische Architekturmuseum sowie das Universitätsmuseum mit Aula Leopoldina und Mathematischem Turm.

Puppentheater in Breslau Quelle: Von Kroton – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 pl, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16378214

In Breslau gab es zwei jüdische Friedhöfe, beide sind erhalten geblieben. Der „Alte jüdische Friedhof“ ist – logisch – der ältere und wurde am 17. November 1856 als Ersatz eines zerstörten in der damaligen Lohestraße 37/39, südöstlich der Schweidnitzer Vorstadt eröffnet. Heute dient er als Museum der Friedhofskunst und Teil des Breslauer Stadtmuseums.

Portal des Alten Jüdischen Friedhofs, links der Grabstein von 1345 Quelle: Von Aneta Hoppe (Kfas) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2104175

Und im Jahre 1902 wurde der „Neue jüdische Friedhof“ im Wohnquartier Cosel (Kozanow) an der Frankfurter Chaussee (später Flughafenstraße), heute ul. Lotnicza 51, eröffnet.

Wikipedia schreibt über die beiden Friedhöfe:

„…Während der Neue Jüdische Friedhof eher der einfachen Bevölkerung diente, war der Alte Jüdische Friedhof bis zum Ende der 1920 er Jahre die bevorzugte Grabstätte der erfolgreichen, assimilierten Juden Breslaus. Das zeigen auch die aufwändigen und unorthodoxen Grabbauten und Grabdenkmäler. Der Friedhof wurde 1942 geschlossen und erlitt noch heute sichtbare Schäden beim Kampf um die Festung Breslau. In den Nachkriegsjahren verfiel der Friedhof mit seinen einmaligen baulichen Anlagen, wurde dann aber 1975 in die Liste der Denkmale der Stadt Breslau aufgenommen. Restaurierungsarbeiten auf dem ca. 5 Hektar großen Gelände mit ca. 12.000 Grabstätten wurden in den Jahren 1978–1980 begonnen. Als Museum für Friedhofsarchitektur ist es seit 1988 für Besucher geöffnet.

Einige mittelalterliche Grabplatten aus dem Ohlauer Friedhof, die man nach Jahrhunderten an verschiedenen Stellen in Breslaus Fundamenten und Straßen freilegte, befinden sich heute entweder im Breslauer Stadtmuseum selbst (Zeughaus), oder sie wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Gelände des alten Jüdischen Friedhofs in die Friedhofsmauer eingelassen.“

Der „Neue jüdische Friedhof“ wird heute wieder von der leider kleinen jüdischen Gemeinde genutzt und Wikipedia schreibt: „Auf sieben Hektar befinden sich hier rund 20.000 Gräber.“

Ferdinand Lassalle, Lithografie von unbekannter Hand im Stadtmuseum Düsseldorf Quelle: Wikipedia

Auf dem alten Friedhof befinden sich die Gräber von Ferdinand Lasall (1825–1864), Sozialist und Gegenspieler von Karl Marx in der Ersten Sozialistischen Internationale und Max Kayser (geboren am 9. Mai 1853 in Tarnowitz; gestorben am 29. März 1888 in Breslau), er war ein sozialdemokratischer Politiker der SDAP und Redakteur der „Demokratischen Zeitung“, des Dresdner Volksboten“ bzw. der „Dresdner Volkszeitung“

Max Kayser (Fotografie, Fotograf unbekannt) Quelle: Wikipedia

Wikipedia:

„… 1878 bis 1887 war er Abgeordneter des Reichstages. Während des Sozialistengesetzes wurde er zwischen 1881 und 1884 aus politischen Gründen aus vielen deutschen Städten und Gemeinden ausgewiesen. Zeitweise konnte er keine Wohnung finden und übernachtete in Eisenbahnwagen. In zahlreichen Prozessen wurde Kayser wegen Vergehen gegen das Presserecht zu insgesamt 18 ½ Monaten Gefängnis verurteilt.

(…) Als Abgeordneter bekämpfte er das Sozialistengesetz. Nach einem schweren Kehlkopfleiden starb Kayser in Breslau. Überwacht von der Polizei gaben ihm zu seiner Beerdigung mehr als 3000 Personen das letzte Geleit, darunter August Bebel und Paul Singer.“

Heute befinden sich in Breslau elf Hochschulen mit über 140 000 Studenten und hoffentlich wurde die Ehrendoktorwürde des ehemaligen Reichspräsidenten v. Hindenburg gelöscht.