Schleswig-Holsteinische Erhebung

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Die Schleswig-Holsteinische Erhebung war eine von der Mehrheit der Staaten des Deutschen Bundes unterstützte politische und militärische Auseinandersetzung der deutschen Nationalbewegung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein mit dem Königreich Dänemark. Sie dauerte von 1848 bis 1851. Die dänische Bezeichnung ist Treårskrigen („Drei-Jahres-Krieg“). Die während des Krieges in den Herzogtümern gebildete provisorische schleswig-holsteinische Regierung wurde von den meisten Staaten außerhalb des Deutschen Bundes nicht anerkannt.

Die Erhebung vom März 1848 wurde zum Ersten Schleswig-Holsteinischen Krieg. Der Deutsch-Dänische Krieg von 1864 wird auch als Zweiter Schleswig-Holsteinischer Krieg bezeichnet.

Hintergrund

Die vielen neuen politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts beeinflussten auch die Entwicklung in der dänischen Monarchie, mit der die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg damals durch Personalunion verbunden waren[3]. Der Wunsch nach Demokratisierung wurde bald von den Bestrebungen nach der Errichtung möglichst einheitlicher Nationalstaaten überlagert. Das Herzogtum Schleswig war gemischt deutsch, dänisch und friesisch besiedelt.

Dennoch beanspruchten die Nationalliberalen beider Seiten, die sehr bald auch durch andere politische Kräfte unterstützt wurden, jeweils das gesamte Herzogtum Schleswig. Die dänischen Nationalliberalen beriefen sich dabei auf die jahrhundertelange Lehnsverbindung Schleswigs mit der dänischen Monarchie und auf die historische Eidergrenze, die schon 811 zwischen Karl dem Großen und dem dänischen Wikingerkönig Hemming vereinbart worden war, und die deutschen Schleswig-Holsteiner auf den Vertrag von Ripen von 1460, wonach die Herzogtümer „up ewig ungedeelt“ (auf ewig ungeteilt) bleiben sollten, und dazu auf die ebenfalls seit Jahrhunderten währende staatsrechtliche Trennung von Königreich und Herzogtum. Außerdem betonte Herzog Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg seine Erbansprüche auf die Herzogtümer.

Die staatsrechtliche Situation stellte sich wie folgt dar: Anders als Holstein war das Herzogtum Schleswig ein dänisches Lehen und damit weder Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation noch Teil des 1815 auf dem Wiener Kongress errichteten Deutschen Bundes. In seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein war der König von Dänemark aber auch im obersten Organ dieses Staatenbundes, der Frankfurter Bundesversammlung, vertreten. Dies war für ausländische Staatsoberhäupter möglich, sofern sie über Territorien innerhalb des Bundesgebiets herrschten.

Auslöser

Der dänische König Christian VIII. hatte durch seinen offenen Brief vom 8. Juli 1846 die Erbfolgeordnung aufzuheben versucht, durch die nach dem zu erwartenden Aussterben der Manneslinie im Königreich die weibliche Linie, in Holstein dagegen die Manneslinie der so genannten jüngeren königlichen Linie (Augustenburger Linie) zur Herrschaft kommen musste. Auf diese Weise wollte er das Auseinanderfallen des dänischen Gesamtstaates verhindern, doch hatte er dadurch in den Herzogtümern große Aufregung erzeugt. Am 20. Januar 1848 starb der König; sein Sohn Friedrich VII. versuchte vergeblich, einen Kompromiss zwischen (eider)dänischen und schleswig-holsteinischen Interessen zu erreichen. Die langsame Eskalation kam nach den Ereignissen im Februar und März zu einem Höhepunkt.

Nach der Pariser Februarrevolution 1848 kam es in ganz Europa zu politischen Unruhen, und in vielen deutschen Staaten brach die März-Revolution aus. Auch im dänischen Gesamtstaat überschlugen sich die Ereignisse. Da der neue König Friedrich VII. wenig Interesse daran hatte, die Regierungsgeschäfte selbst zu führen, gestattete er die Ausarbeitung einer künftigen dänischen Verfassung. Die Initiative dazu war bereits von seinem Vater in die Wege geleitet worden. Dabei spielte die Stellung der Herzogtümer eine wichtige Rolle. Die deutschgesinnten Schleswig-Holsteiner fürchteten, dass sich die oppositionelle eiderdänische Linie im Parlament durchsetzen würde. Hätte letztere die Oberhand gewonnen, wäre eine Einverleibung Schleswigs in das Königreich die befürchtete Folge gewesen. Die gewünschte Einheit der Herzogtümer wäre somit unmöglich gemacht worden; zum andern wäre die eigenständige Stellung Schleswigs beendet worden. Da die bestehende Personalunion mit Dänemark in Frage gestellt war, wünschten die deutschgesinnten Schleswig-Holsteiner darüber hinaus die Schaffung eines selbständigen, vollkommen von Dänemark unabhängigen deutschen Bundesstaates Schleswig-Holstein.

Auftakt des Krieges

Am 18. März 1848 beschlossen in Rendsburg deutschgesinnte Vertreter der Ständeversammlungen Schleswigs und Holsteins, eine Deputation zum König (Friedrich VII.) mit der ultimativen Forderung einer freien Verfassung zu senden. Diese sollte unter anderem die Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund und die Bildung einer schleswig-holsteinischen Volksarmee unter der Führung eigener Offiziere enthalten. Diese Forderungen hätten praktisch Schleswig-Holstein von Dänemark getrennt, nur noch der König wäre ein gemeinsamer geblieben.

Am 20. März interpretierte eine große öffentliche Versammlung im Kopenhagener Casino-Theater diese Nachricht in der Weise, dass ein Aufruhr in den Herzogtümern ausgebrochen sei. Angesichts dieser Drohung beschloss die Versammlung, den König aufzufordern, eine handlungsfähigere Regierung zu ernennen. Am nächsten Tag versammelten sich 15.000–20.000 Bürger und begaben sich zum Schloss, wo der König bekanntgab, er habe die Minister auf Empfehlung seines Geheimstaatsministers schon entlassen. Im neuen Kabinett waren mehrere nationalliberale Eiderdänen vertreten.

Am 23. März verbreitete sich in Kiel das Gerücht, dass der König handlungsunfähig und „in den Händen des Pöbels“ sei. Zu dieser Interpretation trugen sowohl die Revolutionen in Wien und Berlin, die wenige Tage zuvor stattgefunden hatten, als auch die weithin bekannte politische Indifferenz des erst seit zwei Monaten regierenden Königs bei. Ein Kreis aus schleswig-holsteinisch gesinnten Prominenten ergriff die Chance und bildete am 24. März eine provisorische Regierung, die im Namen ihres angeblich unfreien Landesherren, des Königs, handeln sollte. Am nächsten Morgen ging eine Proklamation hinaus, die die Vereinigung Schleswigs und Holsteins forderte, jedoch nicht die Personalunion mit dem Königreich Dänemark aufheben wollte; die Aufgabe der provisorischen Regierung sei es, die beiden Herzogtümer und den König gegen den angeblich stattgefunden habenden Übergriff zu verteidigen. Die nichtrevolutionäre Betonung trug dazu bei, dass fast alle staatlichen Beamten und Städte der Herzogtümer in der nächsten Zeit die provisorische Regierung als legitim anerkannten.

Kriegsverlauf

1848

Die selbsternannte Kieler Regierung erwartete, dass die Kopenhagener Regierung ihr mit Macht begegnen würde. Die Festung Rendsburg war der strategische Dreh- und Angelpunkt in den Herzogtümern. Deshalb ging es zunächst darum, diese Festung in schleswig-holsteinische Hände zu bekommen. Am Morgen des 24. März fuhr ein Extrazug von Kiel nach Rendsburg mit den Soldaten der Kieler Garnison sowie 50 Freiwilligen unter dem Kommando des provisorischen Kriegsministers Prinz Friedrich von Noer (Bruder des Augustenburger Herzogs). Durch das Läuten der Feuerglocke gelang es, die Soldaten der Garnison unbewaffnet aus der Festung zu locken. Offizieren wurde freier Abzug gewährt, während sich fast alle Soldaten dem Aufruhr anschlossen. In den folgenden Tagen gingen die meisten der in Schleswig stationierten Soldaten und Unteroffiziere, sowie 65 Offiziere in den schleswig-holsteinischen Dienst, während 94 Offiziere nicht ihren Treueeid zum König brechen wollten.

Nach der Überrumpelung von Rendsburg drangen die schleswig-holsteinischen Verbände nach Norden vor, wurden aber im Gefecht von Bau unweit von Flensburg am 9. April zurückgeschlagen. Ihre Reste flohen zurück in die Festung Rendsburg, erhielten von nun an aber Unterstützung durch preußische Truppen, die im Namen des Deutschen Bundes handelten. Rendsburg wurde für einige Monate Sitz der Provisorischen Regierung.

23. April: Preußischer Sieg in der Schlacht von Schleswig
23. April: Deutscher Sieg im Gefecht bei Missunde
24. April: Preußischer Sieg in der Schlacht bei Oeversee
27. Mai: Schlacht bei Sundeved
28. Mai: Dänischer Sieg in der Schlacht bei Nybøl
5. Juni: Dänischer Sieg in der (ersten) Schlacht bei den Düppeler Schanzen

Auf dem Lande drangen preußische Truppen unter Feldmarschall Friedrich von Wrangel, unterstützt durch schleswig-holsteinische Verbände, im Mai 1848 in Dänemark ein; durch den Einfluss Englands, Frankreichs und Russlands wurde jedoch der Waffenstillstand von Malmö erzwungen.

Beim Krieg mit Dänemark machte sich, für die Schleswig-Holsteiner und die mit ihnen Verbündeten, das Fehlen von Seestreitkräften sehr bemerkbar. Die starke dänische Flotte beherrschte den Kriegsschauplatz. Durch eine dänische Seeblockade kam innerhalb weniger Tage der norddeutsche Seehandel zum Erliegen. Die am 18. Mai 1848 zusammengetretene Frankfurter Nationalversammlung beschloss am 14. Juni, eine deutsche Reichsflotte aufzustellen und dafür 6 Millionen Reichsthaler bereitzustellen. Diese Entscheidung gilt als Geburtsdatum einer nationalen deutschen Marine. Auch im aufständischen Schleswig-Holstein wurde eine kleine Flotte aufgebaut.

1849

Nach der Kündigung des Waffenstillstands von Malmö am 22. Februar durch Dänemark flammte der Krieg im April 1849 wieder auf. Die Provisorische Zentralgewalt, die gesamtdeutsche Regierung, setzte im März 1849 eine Statthalter-Regierung ein. Abermals führte die Zentralgewalt den Krieg weiter, wobei die Ausführung in erster Linie in preußischen Händen lag. Es taten sich auch die Fürsten Thüringens hervor. Nach dem von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha geführten Gefecht bei Eckernförde am 5. April 1849, die Gefechte bei Kolding am 20. und 23. April 1849 erfolgte der Vorstoß nach Dänemark (u. a. Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach) bis zur Belagerung von Fredericia von Mai bis Juni 1849. Preußen schloss unter dem Druck Großbritanniens und Russlands am 10. Juli 1849 einen Waffenstillstand und im Namen des Deutschen Bundes am 2. Juli 1850 einen Sonderfrieden mit Dänemark. Am 10. Juli 1850 folgte der Frieden von Berlin. Während Holstein weiterhin von der Statthalterschaft regiert wurde, stand Schleswig unter der Verwaltung einer Gemeinsamen Regierung, bestehend aus einem dänischen, preußischen und britischen Vertreter.

1850

Nachdem Preußen und der Deutsche Bund aus dem Krieg ausgeschieden waren, waren die Schleswig-Holsteiner auf sich allein gestellt. In der Schlacht bei Idstedt am 24. und 25. Juli 1850 erlitten die Schleswig-Holsteiner eine Niederlage. Es kam zur Schlacht zwischen 36.000 dänischen und 26.000 schleswig-holsteinischen Soldaten. Der Verlust (Verletzte und Tote) belief sich auf 3798 dänische und 2828 schleswig-holsteinische Soldaten. Insgesamt blieben 1200 Tote auf dem Schlachtfeld. Damit hatten die dänischen Truppen wieder ganz Schleswig unter ihrer Kontrolle. Im Oktober 1850 unternahmen die Schleswig-Holsteiner einen letzten Angriff auf Friedrichstadt. Er wurde für sie zum Fiasko, die kleine Stadt – seit ihrer Gründung 1622 eine Stätte religiöser Toleranz – wurde zerstört. Schleswig blieb endgültig unter dänischer Kontrolle und wurde von einem außerordentlichen Regierungskommissar verwaltet. Holstein wurde durch preußische und österreichische Bundestruppen befriedet, die Schleswig-Holsteinische Armee wurde am 1. April 1851 aufgelöst. Viele Beamte und Offiziere der schleswig-holsteinischen Regierung und des Militärs verließen das Land, ein Teil wanderte in die Vereinigten Staaten und nach Australien aus.

Ein wesentliches völkerrechtliches Dokument zur Beendigung des Schleswig-Holsteinischen Krieges bildete das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852, das den Fortbestand der dänischen Herrschaft über die Herzogtümer garantierte, jedoch ihre Eigenständigkeit ebenso festschrieb. Unterzeichner waren Großbritannien, Frankreich, Russland, Preußen und Österreich. Erst hiernach übernahmen die dänisch-gesamtstaatlichen Behörden wieder die Kontrolle über Holstein und Lauenburg.

Kriegsdenkzeichen

Die Gliedstaaten des Deutschen Bundes stifteten Kriegsdenkmünzen für die Teilnehmer an der Schleswig-Holsteinischen Erhebung.