Schlacht um Verdun

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Die Schlacht um Verdun war eine der längsten und verlustreichsten Schlachten des Ersten Weltkrieges an der Westfront zwischen Deutschland und Frankreich. Sie begann am 21. Februar 1916 mit einem Angriff deutscher Truppen auf den Festen Platz Verdun und endete am 19. Dezember 1916 ohne Erfolg der Deutschen.

Nach der Marneschlacht und dem sich hinziehenden Stellungskrieg hatte die deutsche Oberste Heeresleitung (OHL) erkannt, dass ihr angesichts der sich abzeichnenden quantitativen Überlegenheit der Entente die Möglichkeit zur strategischen Initiative allmählich zu entgleiten drohte. Die Idee eines Angriffs bei Verdun stammte ursprünglich von Kronprinz Wilhelm, Oberkommandierender der 5. Armee, dabei de facto federführend Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, Generalstabschef der 5. Armee. Die deutsche Heeresleitung entschied sich für den Angriff auf die ursprünglich stärkste Festung Frankreichs (seit 1915 teilweise entwaffnet), um ihrerseits den Krieg an der Westfront wieder in Bewegung zu bringen. Rund um Verdun bestand zudem eine Einbuchtung der Front zwischen dem Frontbogen von St. Mihiel im Osten und Varennes im Westen, wodurch dort die deutsche Front in ihren Flanken bedroht war. Im Gegensatz zu nachträglichen Darstellungen des Generalstabschefs des deutschen Heeres, Erich von Falkenhayn, war die ursprüngliche Absicht des Angriffs nicht, ohne räumliche Ziele die französische Armee „ausbluten“ zu lassen. Falkenhayn versuchte mit dieser im Jahre 1920 aufgestellten Behauptung, dem misslungenen Angriff und dem negativen deutschen Mythos der „Blutmühle“ nachträglich einen vorgeblichen Sinn zu geben.

Unter anderem sollte durch den Angriff das auf französischem Boden kämpfende britische Expeditionskorps dazu gebracht werden, von seinen Bündnisverpflichtungen abzufallen. Als Ziel der Offensive wählte man die Festung Verdun. Die Stadt hatte eine lange Geschichte als Bollwerk und daher vor allem für die französische Bevölkerung große symbolische Bedeutung. Der militärstrategische Wert war weniger bedeutend. In der ersten Kriegszeit galt Verdun als untergeordnete französische Festung.

Die OHL plante den Frontbogen anzugreifen, der um die Stadt Verdun und den vorgelagerten Festungsgürtel verlief. Eine Einnahme der Stadt selbst war nicht das primäre Ziel der Operation, sondern die Höhen des Ostufers der Maas, um so analog zur Belagerung von Port Arthur die eigene Artillerie in eine beherrschende Situation zu bringen und damit Verdun unhaltbar zu machen. Falkenhayn meinte, Frankreich könne aus Gründen des nationalen Prestiges dazu bewogen werden, zur Verteidigung Verduns nicht vertretbare Verluste in Kauf zu nehmen. Um Verdun zu halten, wäre bei Gelingen des Planes eine Rückeroberung der dann von deutscher Artillerie besetzten Höhen notwendig gewesen, was vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Schlachten im Jahre 1915 als nahezu unmöglich galt. Die Aktion trug den Decknamen Operation Gericht. Das Oberkommando der 5. Armee wurde mit der Durchführung beauftragt.

Die Schlacht markiert einen Höhepunkt der großen Materialschlachten des Ersten Weltkrieges – niemals zuvor war die Industrialisierung des Krieges so deutlich geworden. Dabei sorgte das französische System der Noria (auch „Paternoster“ genannt) für einen regelmäßigen Austausch der Truppen nach einem Rotationsprinzip. Dies trug maßgeblich zum Abwehrerfolg bei und war ein wesentlicher Faktor in der Etablierung Verduns als symbolischer Erinnerungsort für ganz Frankreich. Die deutsche Führung nahm hingegen an, die französische Seite sei zur Ablösung der Truppen wegen übergroßer Verluste gezwungen. In der deutschen Erinnerungskultur wurde Verdun zu einem Begriff, der mit einem Gefühl der Bitterkeit und dem Eindruck verbunden war, verheizt worden zu sein.

Obwohl die im Juli 1916 begonnene Schlacht an der Somme mit deutlich höheren Verlusten verbunden war, wurden die monatelangen Kämpfe vor Verdun zum deutsch-französischen Symbol für die tragische Ergebnislosigkeit des Stellungskriegs. Verdun gilt heute als Mahnmal gegen kriegerische Handlungen und dient der gemeinsamen Erinnerung und vor der Welt als Zeichen der deutsch-französischen Aussöhnung.

Der deutsche Angriff begann, nachdem der eigentliche Angriffstermin am 12. Februar wegen des eiskalten und nassen Wetters mehrfach verschoben worden war, am 21. Februar 1916. Diese Verzögerung des Angriffs zwischen dem 12. und 21. Februar sowie Berichte von Überläufern gaben der französischen Aufklärung aber die Zeit und die Argumente, den Oberbefehlshaber Joseph Joffre zu überzeugen, dass ein groß angelegter Angriff vorbereitet wurde. Hastig zog Joffre aufgrund der unwiderlegbaren Beweise für deutsche Konzentrationen an der Front frische Truppen zur Unterstützung der verteidigenden französischen 2e armée zusammen. Am bedrohten Ostufer der Maas konzentrierten die Franzosen ihrerseits etwa 200.000 Verteidiger, die einer deutschen Übermacht von etwa 500.000 Soldaten der 5. Armee gegenüberstanden.

Zuerst machte der Angriff sichtbare Fortschritte. Bereits am 25. Februar gelang deutschen Truppen die Einnahme des Fort Douaumont im Handstreich. Wie von deutscher Seite erwartet, unternahm der Oberbefehlshaber der 2e armée Philippe Pétain alle Anstrengungen, Verdun zu verteidigen. Das Dorf Douaumont konnte erst nach hartem Kampf am 4. März erobert werden. Um dem flankierenden Feuer zu entgehen, wurde der Angriff jetzt auch auf das linke Ufer der Maas ausgeweitet. Die Höhe „Toter Mann“ wechselte unter schwersten Verlusten mehrfach den Besitzer. Am rechten Ufer wurde das Fort Vaux lange umkämpft und bis zum letzten Tropfen Wasser verteidigt. Am 7. Juni kapitulierte das Fort.

Infolge der Anfang Juni an der Ostfront begonnenen Brussilow-Offensive mussten deutsche Truppen aus dem Kampfgebiet abgezogen werden. Trotzdem startete am 22. Juni eine weitere Großoffensive. Das Ouvrage de Thiaumont und das Dorf Fleury konnten eingenommen werden. Die von den Briten am 1. Juli gestartete Schlacht an der Somme führte wie geplant dazu, dass weitere deutsche Truppen von Verdun abgezogen werden mussten. Trotzdem begannen die deutschen Truppen am 11. Juli eine letzte Großoffensive, die sie bis kurz vor das Fort Souville führte. Der Angriff brach dann durch den französischen Gegenangriff zusammen. Es kam im Anschluss daran deutscherseits nur noch zu kleineren Unternehmungen wie zum Beispiel dem Angriff hessischer Truppen auf die Souville-Nase am 1. August 1916. Nach einer Zeit relativer Ruhe fiel am 24. Oktober das Fort Douaumont wieder zurück an Frankreich, das Fort Vaux musste am 2. November geräumt werden. Die französische Offensive ging noch bis zum 20. Dezember weiter, dann wurde auch sie abgebrochen.

Vorgeschichte

Wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges erstarrte die Front im November 1914 in Westbelgien und Nordfrankreich. Beide Kriegsparteien errichteten ein komplexes System aus Schützengräben, das von der Nordseeküste bis zur Schweiz reichte. Der massive Einsatz von Maschinengewehren, schweren Geschützen und ausgedehnten Stacheldrahthindernissen begünstigte eine defensive Kriegsführung, was zum verlustreichen Scheitern sämtlicher Offensiven führte, ohne dass die Angreifer dabei nennenswerte Geländegewinne erzielen konnten. Im Februar 1915 versuchte man auf alliierter Seite erstmals, die gegnerischen Stellungen durch stundenlanges Geschützfeuer zu zerstören, um danach einen Durchbruch erzielen zu können. Die deutschen Gegner wurden jedoch durch das Trommelfeuer vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt und stellten Reserven bereit. Zudem entstanden durch die explodierten Geschosse zahlreiche Granattrichter, welche den Vormarsch der angreifenden Soldaten erschwerten. Die alliierten Offensiven in der Champagne und im Artois mussten deshalb wegen hoher Verluste abgebrochen werden.

Die deutsche Strategie – „Operation Gericht“

Im Winter 1915 begann die Oberste Heeresleitung (OHL) unter Erich von Falkenhayn mit der Planung einer Offensive für das kommende Jahr. Es wurden alle strategisch möglichen und gewinnversprechenden Frontabschnitte diskutiert. Die OHL kam zu der Überzeugung, dass Großbritannien aus dem Krieg getrieben werden musste, da es durch seine exponierte maritime Lage und durch seine industrielle Leistungsfähigkeit der Motor der Entente war. Auf Basis dieser Überlegungen wurde Italien als unwichtiges Angriffsziel verworfen. Ebenso Russland: Obwohl deutsche und österreichisch-ungarische Truppen im Kampf gegen Russland von Juli bis September 1915 größere Gebietsgewinne erzielt hatten, war Falkenhayn davon überzeugt, dass die deutschen Kräfte für einen entscheidenden Vorstoß aufgrund der gewaltigen Größe des russischen Zarenreiches nicht ausreichten. Selbst die Einnahme von Sankt Petersburg wäre nur symbolischer Natur und würde durch einen Rückzug der russischen Armee in den Raum keine Entscheidung bringen. Die Ukraine wäre wegen ihrer Landwirtschaft eine willkommene Frucht einer solchen Strategie, die jedoch nur mit einem eindeutigen Einverständnis Rumäniens gepflückt werden dürfte, denn man wollte dessen Kriegseintritt an der Seite der Entente verhindern. Weitere Schauplätze in Nahost oder Griechenland wurden als bedeutungslos bezeichnet. So blieb ein Angriff an der Westfront als einzige Option übrig. Die Positionen der Briten in Flandern waren mittlerweile jedoch so stark ausgebaut, dass Falkenhayn die französische Front als entscheidenden Kriegsschauplatz vorschlug.

Er argumentierte dabei: „Frankreich [ist] in seinen Leistungen bis nahe an die Grenze des noch Erträglichen gelangt – übrigens in bewundernswerter Aufopferung. Gelingt es, seinem Volk klar vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen hat, dann wird die Grenze überschritten, England sein bestes Schwert aus der Hand geschlagen werden.“ Falkenhayn hoffte, dass auf den Zusammenbruch des französischen Widerstands der Rückzug der britischen Streitkräfte folgen würde.

Als Angriffsziel zog er den Festen Platz Belfort und Verdun in Erwägung. Aufgrund der strategisch eher unbedeutenden Lage Belforts in der Nähe der deutsch-französischen Grenze und der möglichen Flankierung der Festung Metz entschied sich die Oberste Heeresleitung für die Festung Verdun.

Die strategische Lage Verduns im Frontgürtel versprach auf den ersten Blick ein lohnendes Ziel: Nach den Grenzschlachten im September 1914 hatte die deutsche Offensive einen Keil in der Front bei Saint-Mihiel gebildet, der als ständige Bedrohung vor den französischen Verteidigern hing. Dadurch konnte die deutsche 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm von Preußen von drei Seiten angreifen, während das französische Oberkommando (GQG – Grand Quartier Général) gezwungen war, von anderen wichtigen Frontabschnitten Truppen abzuziehen und über den schmalen Korridor zwischen Bar-le-Duc und Verdun an den angegriffenen Abschnitt zu verlegen. Andererseits vermittelt ein Blick auf die Geografie ein völlig anderes Bild: Die französischen Befestigungsanlagen waren in die Hänge, Wälder und auf den Gipfeln der Côtes Lorraines eingegraben worden. Die Forts, befestigten Unterstände, Laufgänge, betonierte Blockhäuser und Infanteriewerke waren für die angreifenden Soldaten fast unmöglich zu nehmende Hindernisse; auch Stacheldraht, Gestrüpp, Unterholz und der zu überwindende Höhenunterschied von bis zu 100 Metern behinderten die Angreifer. Man musste mit großen Verlusten rechnen.

Um diesen Bedingungen zu begegnen, sollte mit einem Geschützfeuer von zuvor nicht gekanntem Ausmaß der Angriff der deutschen Verbände vorbereitet werden. Der strategische Plan erhielt den Namen „Chi 45“ – nach dem damals gültigen Geheimschlüssel die Bezeichnung für „Gericht“. Weihnachten 1915 erteilte Kaiser Wilhelm II. die Erlaubnis für die Durchführung der Offensive. Den eigentlichen Angriff sollte dabei die deutsche 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm von Preußen am Ostufer der Maas führen. Ein groß angelegter Angriff auf beiden Seiten des Flusses wurde von Falkenhayn ausgeschlossen. Dieser augenscheinlich widersinnige Entschluss, der die überlegene Stellung der Deutschen auf beiden Seiten des Flusses nicht berücksichtigte, wurde sowohl von Kronprinz Wilhelm als auch von Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, Chef des Stabes der 5. Armee und eigentlicher Entscheidungsträger, scharf kritisiert. Trotzdem wurden keine Modifikationen an „Chi 45“ vorgenommen.

Ziele Falkenhayns

Die Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen hätte zwar negative Auswirkungen auf die französische Kriegsmoral gehabt, doch hätte sich Verdun nicht als Ausgangspunkt für einen entscheidenden Angriff auf Frankreich nutzen lassen können. Die Entfernung zur französischen Hauptstadt Paris beträgt 262 Kilometer, die in einem derartigen Stellungskrieg nahezu unüberwindbar gewesen wären.

In seinen nach dem Krieg (1920) erschienenen Memoiren zu seiner Zeit in der OHL behauptet Falkenhayn, er habe bereits im Jahre 1915 von einer Strategie der Zermürbung gesprochen,  einer Taktik des „Herausreißens und Haltens“. Zur Bestätigung dieser Aussage wird dabei häufig die Tatsache genannt, dass Falkenhayn keinen konzentrierten Angriff auf beiden Flussufern der Maas gestartet hatte, der vielleicht die schnelle Einnahme Verduns bedeutet hätte. Eine Interpretation dieser Entscheidung war, dass die OHL dadurch einen direkten Erfolg vermeiden wollte, um so die französischen Truppen vor Verdun zur Verteidigung zu konzentrieren. Insofern hätte Falkenhayn also tatsächlich nicht die Einnahme Verduns, sondern die Verwicklung der französischen Armee in eine langwierige Abnutzungsschlacht beabsichtigt, die schließlich zur völligen materiellen und personellen Erschöpfung Frankreichs führen sollte. Dieser Plan ist jedoch durch keine Aufzeichnungen außer den von Falkenhayn selbst und viel später geschriebenen zu beweisen und wird heute skeptisch, aber nicht als unmöglich betrachtet. Tatsächlich glaubte Falkenhayn an einen Gegenangriff im Flankenbereich und wollte entsprechende Reserven zurückhalten, so dass er für einen gleichzeitigen Angriff auf beiden Maasufern nicht genügend Truppen bereitstellen konnte. Falkenhayn wollte mitnichten einen direkten Erfolg vermeiden.

Wahrscheinlicher und daher gängige Lesart ist, dass Falkenhayn, als Chef des Heeres ein eher zögernder Stratege, diese Strategie nicht von Anfang verfolgt hat, sondern sie erst im Laufe der Schlacht vom reinen Mittel zum Ziel erklärt hat; dies vor allem als Rechtfertigung vor dem Hintergrund der erfolglosen Vorstöße und der hohen eigenen Verluste. Für diese Auslegung sprechen eindeutig die Befehle an die kämpfende Truppe, die auf Geländegewinn ausgelegt sind: Falkenhayn befahl eine Offensive „im Raum der Meuse in Richtung Verdun“, der Kronprinz erklärte, die Festung Verdun schnell zu Fall zu bringen, und von Knobelsdorf hatte den beiden Angriffskorps die Aufgabe gestellt, so weit wie möglich vorzurücken. Die angreifende 5. Armee setzte diese Befehle ohne taktisches, der Ausblutungsstrategie folgendes Abwarten und ohne ausschließlich auf hohe fremde Verluste gezieltes Angreifen in die Tat um. Primäres Ziel des Angriffs war die Eroberung der Höhenzüge am Ostufer der Maas, um dort die eigene Artillerie in eine beherrschende Stellung zu bringen.

Die Festung Verdun

Vom französischen Standpunkt aus war die Verteidigung Verduns eine patriotische Pflicht, die der modernen militärischen Sichtweise jedoch völlig widerspricht: Ein strategischer Rückzug auf die bewaldeten Höhenrücken westlich Verduns hätte eine wesentlich einfachere Verteidigungsposition geschaffen, die Ausbuchtung gelöscht und Truppen freigesetzt. Die von Joffre vehement vertretene französische Militärdoktrin von 1910 war aber die Offensive à outrance (etwa: ‚bis zum Äußersten‘). Eine defensive Taktik oder Strategie wurde niemals ernsthaft in Betracht gezogen. Als einige Offiziere, unter ihnen General Pétain und Colonel Driant, gegen diese Doktrin Bedenken aussprachen, wurde ihre Haltung als defätistisch abgelehnt.

Driant hatte als Kommandeur des wichtigen Abschnitts im Wald von Caures und Befehlshaber des 56. und 59. Bataillons der Chasseurs à pied mehrfach vergeblich versucht, das GQG zu einer deutlichen Verbesserung des französischen Grabensystems zu bewegen. Auf eigene Faust ließ Driant seine Jäger ihre Stellung gegen den erwarteten Angriff befestigen; trotzdem fiel Driant beim ersten Angriff am 22. Februar. Komplementär zu einer sinnvollen Verteidigung verließen sich das GQG und Joffre auf das System der französischen Verteidigung durch Angriff, deren Rückgrat die Stoßkraft des poilu war, des einfachen Soldaten, der durch sein cran, seinen Mut, den entscheidenden Vorteil bringen sollte.

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ging man in Frankreich dazu über, die Grenze zum Deutschen Reich durch die Errichtung damals zeitgemäßer Befestigungsanlagen (Barrière de fer) zu sichern, trotz der Überzeugung, einen Sieg nur durch einen Infanterievormarsch erringen zu können. Zu diesem Zweck wurden mehrere ostfranzösische Städte mit einem Ring aus Forts umgeben, darunter auch das an der Maas gelegene Verdun. Verdun galt vor allem als Ersatz für das verloren gegangene Metz, dessen alte Befestigungen durch das Kaiserreich stark ausgebaut wurden. Bei Kriegsbeginn gab es über 40 Befestigungen in und um Verdun, darunter 20 Forts und Zwischenwerke (ouvrages), die mit Maschinengewehren, gepanzerten Beobachtungs- und Geschütztürmen sowie Kasematten bestückt waren. Verdun gehörte somit zu den bestbefestigten Standorten. Ein weiterer Grund für den besonders starken Ausbau der Festung Verdun war die auch für die damaligen Verkehrsmittel geringe Entfernung von 250 km bis Paris wie auch die Lage an einer Hauptstraße.

Bereits vom 22. bis 25. September 1914 war es vor Verdun zu Kämpfen gekommen, die den deutschen Vormarsch im Maas-Gebiet beendet hatten. Unter dem Eindruck der enormen Zerstörungskraft der deutschen Belagerungsgeschütze vor Namur und vor Lüttich sah man die Bedeutung von starken Festungsanlagen bei einem Angriff mit schweren Belagerungsgeschützen (zum Beispiel 30,5-cm-Belagerungsmörser) anders als früher.

Auch die Belagerung von Maubeuge (sie begann am 28. August 1914 und endete offiziell am 8. September 1914 mit der Kapitulation von Maubeuge) – hatte Deutschen und Franzosen gezeigt, dass Festungen nicht uneinnehmbar waren, sondern ‚zusammengeschossen‘ werden konnten.

Dies und der Umstand, dass sich die Kriegsparteien in der Folgezeit der Grenzschlachten auf andere Frontabschnitte konzentrierten, führte nach einer Neubewertung zu einer geringeren militärischen Bedeutung von Verdun: Das GQG unter Joffre erklärte Verdun zu einem ruhigen Abschnitt. Am 5. August 1915 wurde die Festung Verdun sogar offiziell zum Zentrum der Région fortifiée de Verdun – RFV („Befestigte Region von Verdun“) herabgestuft. In den darauf folgenden Monaten wurden konsequenterweise 43 schwere und 11 leichte Geschützbatterien aus dem Festungsring abgezogen und die meisten Maschinengewehre der Forts an Feldeinheiten übergeben. Es waren jetzt nur noch drei Divisionen des XX. Korps stationiert:

die 72. Reservedivision aus der Region Verdun,
die 51. Reservedivision aus Lille und
die 14. reguläre Division aus Besançon.
Die 37. Division aus Algerien lag in Reserve.

Verlauf der Schlacht

Ende 1915 bis Februar 1916: Vorbereitung der deutschen Offensive

Bereits Ende 1915 begannen die Vorbereitungen für den deutschen Angriff. Auf engstem Raum wurden 1.220 Geschütze zusammengezogen, während 1.300 Munitionszüge zweieinhalb Millionen Artilleriegeschosse an die Front transportierten. Zwölf Fliegerabteilungen und vier Kampfgeschwader der Obersten Heeresleitung, insgesamt 168 Flugzeuge, wurden der 5. Armee unterstellt. Jedes Korps erhielt eine Flieger- und eine Artilleriefliegerabteilung, jede Division eine Fliegerabteilung. Das Kampfgebiet wurde aus der Luft vollständig fotografiert. Am 6. Februar 1916 wurde der Stab des 12.I.B. mit der schon dort befindlichen Führung der 6.I.D. in Billy zusammengeführt. Um die französischen Gegner nicht auf den Plan aufmerksam zu machen, musste das Einschießen der Geschütze nach und nach erfolgen, was zu einer sehr langen Vorbereitungszeit führte. Nächtelang hob man auf deutscher Seite Angriffsstellungen aus, die man vor Fliegereinsicht tarnte. Die Kampfflieger flogen in rollenden Einsätzen Sperre, um gegnerische Luftaufklärung zu verhindern. Zur Bekämpfung der französischen Infanterie stellte das deutsche Heer zahlreiche Geschütze der Kaliber 7,7 cm bis 21 cm bereit, während gegen die französischen Nachschublinien Kanonen mit großer Reichweite eingesetzt werden sollten. Hinzu kamen unter anderem 21-cm-Mörser, die besonders schlagkräftig waren. Daneben boten die abgestellten k.u.k. Artillerieeinheiten 17 30,5-cm-M.11-Mörser auf. Die schwersten deutschen Geschütze, die in das Angriffsgebiet transportiert wurden, waren zwei (andere Quellen sprechen von drei) 38-cm-Schiffsgeschütze („Langer Max“) und 13 Mörser mit einem Kaliber von 42 cm, auch als „Dicke Bertha“ bekannt. Auch die Mannschaftsstärke der 5. Armee wurde um zehn zusätzliche Divisionen, darunter sechs reguläre, kräftig erhöht.

Am Ostufer der Maas sollten am ersten Angriffstag nur sechs Divisionen den ersten Angriff tragen:

das VII. Reserve-Korps (Westfalen und Rheinland) unter General der Infanterie Hans von Zwehl mit der 13. und 14. Reserve-Division zwischen Consenvoye bis Flabas,

das XVIII. Armee-Korps (Hessen und Nassau) unter General der Infanterie Dedo von Schenck mit der 21. und 25. Division in der Mitte

und das III. Armee-Korps (Brandenburg) unter General der Infanterie Ewald von Lochow mit der 5. und 6. Division zwischen Ville und Gremilly.

Am linken Flügel auf der Woevre-Ebene im Osten sollten sich

das V. Reserve-Korps (Posen und Westpreußen) unter General der Infanterie Erich von Gündell mit der 9. und 10. Reserve-Division

und das XV. Armee-Korps (Elsaß-Lothringen) unter General der Infanterie Berthold von Deimling mit der 30. und 39. Division an den folgenden Tagen dem Angriff anschließen.

Am Westufer der Maas sollte das VI. Reserve-Korps (Schlesien) unter General der Infanterie Konrad Ernst von Goßler mit der (11. und 12. Reserve-Division) vorerst den Hauptangriff nur durch ihre Artillerie unterstützen.

Trotz mehrfacher Warnung durch den Geheimdienst wurde der militärischen Führung auf französischer Seite erst am 10. Februar bewusst, dass ein Angriff auf Verdun unmittelbar bevorstand. Dieser war für den 12. Februar geplant, doch aufgrund schlechten Wetters verschoben ihn die Deutschen. Joffre befahl, Verstärkungen nach Verdun zu verlegen; die Garnison von Verdun begann auf Befehl des Gouverneurs der Stadt, General Herr, mit der notdürftigen Errichtung von Feldbefestigungen. Zwar existierte vor den Forts von Verdun ein simples System aus Schützengräben, doch war dieses nicht auf die Abwehr eines großangelegten Angriffs ausgerichtet. Als am 20. Februar das Wetter aufklarte, setzte der deutsche Generalstab den Angriffsbeginn auf den darauffolgenden Morgen fest.

  1. bis 25. Februar 1916: Die ersten fünf Tage

Am Morgen des 21. Februar 1916 feuerte um 8:12 Uhr deutscher Zeit (7:12 Uhr nach französischer Zeit) ein im Wald von Warphémont (♁49° 21′ 31,5″ N, 5° 36′ 17,9″ O) stehendes deutsches 38-cm-Schiffsgeschütz Langer Max eine Granate auf das 27 Kilometer entfernte Verdun ab. Die Granate sollte eine Brücke über die Maas zerstören, verfehlte jedoch ihr Ziel und explodierte entweder neben der Kathedrale der Stadt oder in der Nähe des Bahnhofs. Danach eröffneten die 1220 deutschen Geschütze aller Kaliber gleichzeitig das Feuer auf die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Die Schwere des Beschusses, der nun über neun Stunden pausenlos und mit einer bis dahin nicht für möglich gehaltenen Intensität erfolgte, war in der militärischen Geschichte beispiellos. Die Angreifer selbst und die Männer auf der anderen Seite waren erstaunt und schockiert zugleich von der gewaltigen Wirkung dieses Bombardements, das seine Gewalt sogar noch ins Unermessliche zu steigern schien: Feldgeschütze kleiner und mittlerer Kaliber befeuerten die vordersten französischen Linien, die schweren Geschütze zielten auf die zweite und dritte Verteidigungsanlage, und die schwersten Kaliber nahmen die Versorgungslinien und die wichtigsten Festungswerke der Franzosen unter Feuer. Durch die nahe gelegenen Versorgungslinien der Frontbahn mit ausreichend Munition versorgt, war auf dem gesamten Frontabschnitt eine Geschossmenge von etwa 100.000 Einschlägen pro Stunde möglich. Um 13:30 Uhr wurde das Geschützfeuer durch 150 Minenwerfer nochmals intensiviert, die in den Gräben und Sappen auf französischer Seite schwerste Verwüstungen anrichteten. Der Höhepunkt des Beschusses war um 16:00 Uhr erreicht: Die deutsche Artillerie ging zum Trommelfeuer auf die französischen Linien über. Nun feuerten die deutschen Geschützmannschaften unter Einsatz ihrer gesamten körperlichen Möglichkeiten und an den Leistungsgrenzen ihrer Geschütze. Ein Geschossregen ging auf die Verteidiger nieder, den die Besatzungen in den Werken mit Entsetzen und ungläubigem Kopfschütteln quittierten. Am 1. Juli 1916, dem Beginn der Schlacht an der Somme, machten die Deutschen ihrerseits eine solche Erfahrung, indem das bis dahin ungekannte Ausmaß des Granatenbeschusses sogar noch übertroffen wurde. Das Artilleriefeuer war bis nach Belfort zu hören.

Währenddessen standen sechs deutsche Infanteriedivisionen zum Angriff bereit. Zunächst wurden kleine Trupps vorgeschickt, die das zerschossene Terrain nach den besten und nicht mehr widerstandsfähigen Angriffslücken für die angreifenden Spezialkräfte überprüfen sollten. Als spezieller Truppenteil waren diese „Sturmtruppen“ darauf trainiert, gleichzeitig zu laufen und zu feuern, eine Technik, die von Hauptmann Willy Rohr und seinem Sturm-Bataillon 1915 entwickelt und von Falkenhayn zur allgemeinen Einführung befohlen wurde. Die Sturmtruppen hatten das Bajonett aufgepflanzt und waren ausgerüstet mit Patronenbandoliers (90 Schuss), umgehängten Sandsäcken mit Stielhandgranaten und Gasmasken, einige trugen Flammenwerfer und zum Teil große Pionierschaufeln, um eroberte Schützengräben und Stellungen möglichst schnell zur eigenen Verteidigung wiederherzurichten. Außerdem hatten die meisten von ihnen eine Ausbildung an feindlichen Waffen, vor allem an Maschinengewehren und Handgranaten, um erbeutete Waffen sofort einsetzen zu können. Die Spitzen der Pickelhauben waren abmontiert worden, um nicht im Stacheldraht hängen zu bleiben; einige wenige Soldaten trugen mit dem Stahlhelm Modell 1916 bereits jenen Helm, dessen Form drei Jahrzehnte lang zum Symbol des deutschen Infanteristen werden sollte.

Die erste Angriffswelle um 17:00 Uhr bestand also aus Aufklärern, Sturmtruppen, aber auch Artilleriebeobachtern und Pionieren. Hinter ihnen rückte die breite Masse der restlichen Infanterie vor, die ebenfalls mit Schanzzeug und Arbeitswerkzeugen zum Ausbau der eroberten Stellungen ausgerüstet waren. Die deutschen Truppen hatten ausdrückliche Befehle, zunächst das Gebiet nur zu erkunden, die vordersten französischen Gräben einzunehmen und sie gegen etwaige Gegenangriffe auszubauen. Die deutschen Flieger beherrschten den Luftraum, klärten französische Bereitstellungen auf, bombardierten Batteriestellungen, Flugplätze und Versorgungseinrichtungen.

Das VII. Reservekorps unter General Johann von Zwehl stieß unter Missachtung dieser Weisungen zum Bois d’Haumont vor, den es nach fünfstündigem Kampf einnehmen konnte. Als General Schmidt von Knobelsdorf über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: Gut, denn man alles heute nehmen!“ (Im Sinne von: Dann erobert das restliche Gelände heute auch noch). Sehr schwer hatte es das XVIII. Armeekorps, das den Wald von Caures angreifen sollte und dort auf die beiden Reserve-Jägerbataillone unter Oberstleutnant Émile Driant stieß, von denen zwar nur wenige in ihren ausgebauten Stellungen das Trommelfeuer überlebt hatten, die ihren Abschnitt aber trotzdem bis zum Letzten verteidigten (von 600 Mann Sollstärke waren am Abend noch zwischen 110 und 160 einsatzfähig). Das III. Armeekorps lag vor den französischen Stellungen im Herbebois fest.

Als Resultat des ersten Tages musste festgestellt werden, dass trotz des massiven Artilleriebeschusses der französische Widerstand viel zäher war, als man es auf deutscher Seite erwartet hatte. Am ersten Tag der Schlacht wurden etwa 600 deutsche Soldaten getötet oder verwundet. Hätte Kronprinz Wilhelm einen direkten, massiven Infanterieangriff am frühen Vormittag befohlen, so die gängige Meinung der Historiker, wären die verwüsteten Stellungen der Franzosen genommen worden und die Festung Verdun gefallen. So aber ging der völlig sinnlose Kampf noch Monate weiter.

Am 22. Februar setzte das deutsche Heer seine Angriffe unbeirrt fort. Die französischen Soldaten verteidigten sich in versprengten Widerstandsnestern, konnten den deutschen Vormarsch jedoch nicht aufhalten. Zu besonders heftigen Kämpfen kam es im Wald von Caures mit den noch lebenden Verteidigern der chasseurs à pied („Jäger zu Fuß“) und hessischen Truppen unter anderem der Infanterieregimenter 81 (Frankfurt am Main), 87 (Mainz) und 115 (Darmstadt). Dem Infanterie-Regiment 159 aus Mülheim an der Ruhr gelang die Einnahme des Dorfes Haumont. Weiter wurden der Bois de Champneuville und der Bois de Brabant genommen.

Am 23. Februar folgten heftige Gefechte um die Dörfer Brabant und Wavrille sowie den Herbebois. Vor allem beim Kampf um Samogneux kam es zu einem tragischen Ereignis: Deutsche Truppen hatten Samogneux eingenommen, waren jedoch kurz darauf durch einen französischen Gegenangriff wieder zurückgeschlagen worden. Die französischen Artilleristen aus dem Fort de Vacherauville nahmen das Dorf unter Feuer, weil sie davon ausgingen, dass es sich noch in deutschen Händen befinde. Dabei richteten sie schwere Verluste unter ihren Kameraden an („Eigenbeschuss“) und ebneten den Deutschen den Weg für einen weiteren Angriff, der ihnen endgültig die Kontrolle über Samogneux einbrachte. Es wurden keine größeren Erfolge gemeldet.

Am 24. Februar nahm das XVIII. Armeekorps Beaumont ein, wobei französische MG-Stellungen zahlreiche Angreifer töteten oder verwundeten. Weiterhin wurden die Dörfer Brabant, der Herbebois, die Höhe 344, das Vaux-Kreuz und die Wälder Caures, Chaume und Wavrille genommen. Die beiden französischen Divisionen, die den Frontbogen vom Wald Herbebois bis zur Maas halten mussten (51. und 72.), hatten am Abend des 24. Februar eine Verlustrate von etwa 60 %, was in Verbindung mit der fehlenden Artillerieunterstützung zu einer gefährlichen Schwächung der Moral beitrug. Die Geländegewinne der Deutschen waren an diesem Tag die größten seit dem Beginn der Offensive, deshalb zog General Frédéric-Georges Herr die Räumung des rechten Maas-Ufers in Erwägung, doch befahl General Joffre unter Androhung standrechtlicher Hinrichtungen, dass jede Stellung zu halten sei. Als Verstärkungen wurden jetzt die 37. algerische Division aus ihrer Reservestellung und drei reguläre Infanteriedivisionen an die Front verlegt (16., 39. und 153.). Durch die klare Luftüberlegenheit der Deutschen mit 168 Flugzeugen und einer Vielzahl von Fesselballons waren die französischen Streitkräfte gezwungen, die Vorebene vor den befestigten Erhebungen (die plaine de la Woëvre) zu evakuieren, da die gut geleiteten Geschütze der Deutschen dort klare Ziele beschießen konnten.

Am 25. Februar erreichten die Hessen das Dorf Louvemont und wurden von mehreren MG-Nestern gestoppt. Nach schwerem zweistündigem Kampf wurde es genommen, für ein weiteres Vorrücken reichte die Kraft nicht mehr aus. Die großen Verluste waren nicht nur durch direktes Maschinengewehrfeuer, sondern auch durch die französischen Geschütze bedingt, die jetzt auf der anderen Seite der Maas in ihrem Rücken lagen. Jetzt zeigte sich erstmals in aller Deutlichkeit, dass der Kronprinz recht gehabt hatte mit seiner Forderung, auf beiden Seiten des Flusses anzugreifen. Weiterhin richteten sich die deutschen Angriffe gegen das Dorf Bezonvaux, das vom französischen 44e régiment d’infanterie verteidigt wurde. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch konnten die Deutschen das Dorf bis zum Einbruch der Nacht unter Kontrolle bringen. Von Bezonvaux existierten zu diesem Zeitpunkt nur noch Ruinen. Am selben Tag gelang deutschen Soldaten in einem Handstreich die Einnahme des Fort Douaumont.

25. Februar 1916: Eroberung des Forts Douaumont

Das Fort Douaumont war 1885 als modernste französische Festungsanlage im Verteidigungsgürtel von Verdun errichtet worden. Mit Aufkommen und Einsatz neuartiger Hohlgeschosse, die ohne weitere Probleme die bis dahin üblichen Stein- und Ziegelfestungen durchschlagen konnten, musste eine Erneuerung der Anlage jedoch bereits 1888 eingeleitet werden. Die Decke der zentralen Kaserne wurde im Laufe des Jahres mit einer Betonschicht von 2,50 m Dicke verstärkt, die östlichen Kasematten erhielten eine Schicht von 1,50 m. Man hoffte, durch diese Umbaumaßnahmen die zerstörerische Gewalt selbst der größten deutschen Geschosse vom Kaliber 38 und 42 cm neutralisieren zu können, was auch weitestgehend gelang. Jetzt aber kam es zum Besitzerwechsel und erst im Spätsommer gelang den Franzosen mit einem neuen 400-mm-Mörser ein Volltreffer in das dort untergebrachte Lazarett der Deutschen. Trotzdem war das Fort lange Zeit der sicherste Platz im Kampfgebiet. Weiterhin wurde im Zuge der Herabstufung Verduns zur Zone Fortifiée de Verdun die Mehrzahl der im Douaumont untergebrachten Geschütze verlegt, so dass während des entscheidenden deutschen Angriffs nur noch der Geschützpanzerturm Tourelle Galopin de 155 mm R modèle 1907 zur Verfügung stand. Dieser war mit einigen Landwehrartilleristen besetzt, die Feuer auf vorgegebene Planquadrate unterhielten.

Das brandenburgische Infanterie-Regiment 24 aus Neuruppin erhielt am 25. Februar den Befehl, sich etwa einen Kilometer vom Fort Douaumont zu verschanzen, um das Vorgehen des Grenadier-Regiments 12 gegen das Dorf Douaumont zu unterstützen. Die Soldaten des Regiments arbeiteten sich jedoch eigenmächtig bis an das Fort heran und warfen die außen verteidigende französische 37. Division zurück. Die Garnison des Forts hatte sich mit Ausnahme der Kanoniere des Geschützes in die untersten Kasematten zurückgezogen, so dass die Deutschen nicht bemerkt wurden. Ein Unteroffizier (später Vizefeldwebel) namens Kunze entdeckte einen direkt in das Fort führenden Schacht, den er mit Hilfe einer von seiner Truppe gebildeten Menschenpyramide betreten konnte. Als ihn die Kanoniere erblickten, flohen sie sofort in die unteren Kasematten, um ihre Kameraden zu warnen. Während Kunze das oberste Stockwerk des Forts erkundete, verschafften sich Leutnant Radtke, Hauptmann Hans-Joachim Haupt und einige ihrer Soldaten ebenfalls Zutritt. Oberleutnant Cordt von Brandis stieß erst viel später zu ihnen. Die aus 67 Soldaten bestehende französische Garnison wurde von etwa 20 deutschen Eindringlingen – ohne einen einzigen Schuss abzugeben – überrumpelt und zur Aufgabe gezwungen. Das stärkste Fort im Verteidigungsring war in deutscher Hand, es waren 32 Angreifer gefallen, 63 waren verletzt worden.

Die Nachricht von der Eroberung des Douaumont wurde im Deutschen Reich als großer Sieg gefeiert. Zahlreiche Extrablätter erschienen, während man vielerorts die Kirchenglocken läuten ließ.

Oberleutnant von Brandis und Hauptmann Haupt erhielten den Orden Pour-le-Mérite, Leutnant Radtke erhielt zunächst nichts und musste sich nach dem Kriege mit einer signierten Fotografie des Kronprinzen begnügen. Kurz danach wurde er noch zum Hauptmann der Reserve befördert. In Frankreich herrschte nach der Einnahme des Fort Douaumont durch die Deutschen Entsetzen, da der Fall Verduns unmittelbar bevorzustehen schien. Als besondere Schande wurde die Tatsache empfunden, dass das Fort ohne nennenswerten Widerstand in deutsche Hände gefallen war. Obwohl das Fort Douaumont vor Beginn der deutschen Offensive stark an Bedeutung verloren hatte und zeitweilig sogar zur Sprengung vorgesehen war, beschloss man auf französischer Seite, dass es um jeden Preis zurückzuerobern sei.

Am 26. Februar wurde noch die Einnahme einiger Infanteriewerke des Zwischenwerkes Ouvrage de Hardaumont mitgeteilt, danach war der Angriff zum Stehen gekommen. Aus den Quellen der OHL ist zu entnehmen, dass dieser Tag als erster bezeichnet wurde, an dem man keine Bewegung mehr in der Front melden konnte.

Festigung der französischen Front durch General Pétain

Am 26. Februar um 0:00 Uhr wurde General Philippe Pétain, der Oberbefehlshaber der 2. Armee, der als Général de brigade schon im Kriegsausbruchsjahr vor seiner Pensionierung gestanden hatte, zum neuen Befehlshaber im Frontsektor um Verdun ernannt. Da Pétain den Deutschen als Frontkommandant im Grabenkrieg gegenübergestanden hatte, erkannte er, dass es den Deutschen niemals gelingen würde, die Stellungen des Gegners nacheinander in einem Anlauf zu nehmen. Dementsprechend empfahl er seinem Oberkommando in einer Denkschrift die Durchführung von sehr begrenzten Offensiven, die nur so weit gehen dürften, wie die eigene Artillerie Schutz bieten konnte. Ähnlich wie Falkenhayn argumentierte er für einen Abnutzungskrieg, bei dem der Sieg nach der Erschöpfung des Gegners errungen wird.

Mit diesen Überlegungen und der klaren Überzeugung, dass es sich bei der Beschränkung des deutschen Angriffs auf das rechte Maas-Ufer um einen schweren taktischen Fehler gehandelt hatte, befahl Pétain, den inneren Verteidigungsring Verduns zu einer von ihm benannten Sperrfeuerstellung auszubauen, deren Geschütze die Angriffe der Deutschen jederzeit zum Erliegen bringen sollten. Er ließ zehn Batterien 155-mm-Geschütze auf dem linken Ufer zusammenziehen, von wo aus sie dem VII. Reservekorps schwere Verluste durch Beschuss der Flanke zufügten. Die französischen Artilleristen hatten dabei freie Hand bekommen, nach eigenem Bedarf und Ziel zu operieren, und zudem völlig freie Sicht auf die deutschen Stellungen, so dass ihr Geschützfeuer äußerst zielgenau war.

Zu den weiteren Maßnahmen von General Pétain zählte neben Änderungen der französischen Taktik zur Stärkung der Artillerie auch die effektivere Organisation des Nachschubs. Zur Versorgung von Verdun stand ihm nur die Straße nach Bar-le-Duc zur Verfügung, die sich als einzige Nachschublinie außerhalb der Reichweite der meisten deutschen Geschütze befand. Unklar ist, warum nicht ein direkter massiver Beschuss dieses Nachschubweges durch die deutschen Ferngeschütze befohlen wurde: Durch die ungeheure Konzentration von Fahrzeugen und Truppen auf dieser einzigen Straße wäre eine Panik und damit die direkte Unterbrechung der Versorgung gewährleistet gewesen; lediglich einige einzelne deutsche Geschütze beschossen die Straße in unregelmäßigen Abständen, was aber die Zufuhr des französischen Nachschubs nicht sonderlich behinderte. Diese Straße sollte in Frankreich als La Voie Sacrée (von Maurice Barrès nach der Via Sacra benannt) bekannt werden.

Über die Voie Sacrée gelangte ein endloser Strom an Transportfahrzeugen, die in ganz Frankreich requiriert worden waren, in die Stadt. Blieb ein Wagen mit technischen Defekten stehen, wurde er einfach zur Seite geschoben, um einen Stau zu verhindern. Eine eigene Reserve-Division hatte die Aufgabe, die Straße instand zu halten. Die Truppen mussten neben der Straße auf den Feldern marschieren, um den Fluss an Transportfahrzeugen nicht zu unterbrechen. In der Anfangsphase der Schlacht mussten täglich 1200 Tonnen Material und Verpflegung auf 3000 Fahrzeugen an die Front geschafft werden, durch Beschlagnahmungen in ganz Frankreich wuchs der Fahrzeugpark während der Schlacht aber auf über 12.000 Fahrzeuge. Der sichere Nachschub über die „Voie Sacrée“ sorgte dafür, dass die französische Armee den deutschen Angreifern in Bezug auf Kriegsgerät, Truppenstärke und vor allem schweren Geschützen allmählich ebenbürtig wurde.

Ausschlaggebend für das Halten der französischen Front war weiterhin das von Pétain eingeführte Reservesystem Noria, in dem die kämpfenden Divisionen nach einem kurzen Fronteinsatz in Reservestellungen und andere Frontabschnitte verlegt wurden: Die kurzen Kampfzeiten vor Verdun verringerten spürbar die Erschöpfung und damit die Ausfallraten der Truppen und stärkten somit die Moral und den Widerstandsgeist. Insgesamt kämpften bis zum Ende des Krieges 259 der 330 Infanteriedivisionen irgendwann mehr oder weniger lange vor Verdun.

Pétain war letztlich auch verantwortlich für die neue Taktik der Fliegerkräfte, die in Staffeln gegen die deutschen Aufklärer eingesetzt wurden und dadurch die Überlegenheit gewinnen konnten. Am 6. März wandte sich Pétain an seine Soldaten und forderte sie zu einem unerbittlichen Durchhalten gegenüber den Deutschen auf.

Der kommandierende Befehlshaber des französischen 33e régiment d’infanterie hatte unter diesen Befehl von Hand notiert, dass er nur einen Zusatz hinzufügen könne, nämlich den, dass sich das 33e régiment seines ehemaligen Kommandeurs würdig erweisen wird, dass es, wenn nötig, sterben, aber niemals weichen wird.

Die Kämpfe bis Anfang März 1916

Wenige Tage nach der Einnahme des Fort Douaumont unternahmen die deutschen Truppen Angriffe auf das westlich gelegene Dorf Douaumont. Unterstützt durch MG-Schützen, die sich in den Geschütztürmen des Forts verschanzt hatten, griff das brandenburgische Infanterieregiment 24 die französischen Stellungen im Dorf an und wurde unter hohen Verlusten abgewiesen. Ein sächsisches Regiment, das Infanterieregiment 105, das ebenfalls einen Sturmangriff auf Douaumont durchführte, geriet in eigenes Geschützfeuer und musste sich nach schweren Verlusten zurückziehen. Ebenso erfolglos verlief ein Vorstoß des I. Grenadier-Regiments 12 unter Hauptmann Walter Bloem. Besonders schwere Kämpfe tobten zwischen dem 27. Februar und dem 2. März. Am 27. Februar geriet der schwer verwundete französische Hauptmann Charles de Gaulle in deutsche Gefangenschaft. Der französische Widerstand sollte durch die immer nähere Verlegung der deutschen Artillerie an die Front gebrochen werden. Bis zum 2. März konnten die Deutschen mit dem Infanterieregiment 52 aus Cottbus das, was vom Dorf Douaumont noch übrig war, vollständig besetzen. Die Eroberung des Dorfes hatte sich für die deutschen Truppen als äußerst verlustreich erwiesen.

Bereits am 27. Februar hatte das schlesische V. Reservekorps den Auftrag erhalten, das Fort Vaux einzunehmen, das kleiner und schwächer war als das Fort Douaumont. Um dem erwarteten Angriff zu begegnen, hatte es von Pétain aber eine starke, verteidigungsbereite Besatzung bekommen. Der Angriff gegen Fort Vaux geriet zu einem blutigen Gemetzel, da die deutschen Truppen aus dem höherliegenden Fort Vaux, aus dem Dorf Vaux, aus dem Caillettewald, aber auch von der anderen Maasseite unter Feuer genommen wurden. Der Angriff wurde durch französische Gegenschläge zum Stehen gebracht. Am 8. März hatten die Deutschen einen Teil des Dorfes Vaux eingenommen und sich bis auf 250 Meter an das Fort herangearbeitet. Die Franzosen hielten jedoch ihre Stellung im Inneren des Forts, und ihre Artillerie belegte von nun an die Höhenkuppe zur Seite der angreifenden Deutschen mit konstantem Feuer. Am 9. März wurde die Falschmeldung verbreitet, deutsche Truppen seien eingedrungen und das Fort sei gefallen. Als dem deutschen Generalstab bewusst wurde, dass die Einnahme des Fort de Vaux nicht geschehen war, befahl er die tatsächliche Einnahme von Fort Vaux. Am 10. März unternahmen die deutschen Truppen mehrere Sturmangriffe, die unter hohen eigenen Verlusten scheiterten.

März 1916: Deutsche Offensive gegen Höhe Toter Mann und Höhe 304

Mit der hervorragenden taktischen Position der französischen Geschütze am westlichen Maasufer vor allem im Bereich der Ortschaft Marre und mit der dadurch entstehenden Möglichkeit, die deutschen Angreifer im Osten in der Flanke und seit 25. Februar im Bereich von Champneuville sogar im Rücken zu treffen, beschloss die OHL eine Ausdehnung der Angriffe auf beiden Seiten des Flusses. Das Gelände auf der Westseite der Maas besaß eine völlig andere Geografie als am Ostufer: kein Wald, keine Schluchten, sondern offenes Hügelgelände. Falkenhayn, Kronprinz Wilhelm und General Schmidt von Knobelsdorf gaben damit dem Drängen des Generals von Zwehl nach, dessen Truppen vom linken Ufer aus permanent unter Beschuss genommen worden waren. Um den unübersichtlichen Kämpfen Rechnung zu tragen und taktische Vorteile zu erlangen, wurden die Truppenteile zu neuen Angriffsformationen zusammengelegt: auf der Ostseite der Maas am 19. März zur Angriffsgruppe Mudra unter General von Mudra, die alle Korps in diesem Kampfgebiet umfasste (am 19. April in Angriffsgruppe Ost umbenannt).

Am 6. März hatte bereits die geplante Großoffensive der Angriffsgruppe West durch das VI. Reserve-Korps begonnen. Die 12. und 22. Reserve-Division gingen nach starkem, vorbereitendem Artilleriefeuer in zwei Spitzen zum Angriff gegen die französischen Stellungen am linken Maasufer über. Nach heftigen Gefechten gelang ihnen am 7. März die Einnahme der Dörfer Regnéville und Forges und der strategisch wichtigen Höhenstellungen Côte de I’Ole Gänserücken) und Côte de Poivre (Pfefferrücken). Die französische 67. Infanterie-Division brach unter dem Angriff zusammen, es wurden über 3300 unverletzte Gefangene gemacht.

Am gleichen Tag stießen die Deutschen zum Bois des Corbeaux (Rabenwald) und zum Bois de Cumières vor, die in ihren nordwestlichen Ausläufern eine strategisch wichtige Anhöhe namens Le Mort Homme („Höhe Toter Mann“) hatten. Dieser Hügel mit zwei Kuppen (von manchen Autoren Höhe 265 und Höhe 295 genannt) hatte seinen Namen wegen einer dort im 16. Jahrhundert gefundenen unbekannten Leiche bekommen. Westlich der Höhe Toter Mann befindet sich die nach ihrer Höhe über dem Meeresspiegel benannte Côte 304 („Höhe 304“), die ebenfalls zum Ziel der deutschen Angriffe wurde. Hinter diesen beiden Hügeln standen die von Pétain stationierten, großen Geschützbatterien, die den deutschen Stellungen auf dem rechten Maas-Ufer große Verluste beibrachten. Am Abend des 7. März hatten die deutschen Truppen einen Teil der Höhe 304 besetzt, jedoch drängte sie ein entschlossener französischer Gegenangriff unter Oberleutnant Macker bereits am 8. März wieder zurück.

Bei einem weiteren Angriff der Franzosen am 10. März hatten sie große Verluste zu beklagen, unter anderem fiel auch Oberleutnant Macker durch Artilleriebeschuss. Ihrer Integrations- und Führerfigur beraubt, standen seine Soldaten unter Schock und zogen sich zurück. Die Deutschen konnten den Bois des Corbeaux nun endgültig einnehmen und sich dem „Toten Mann“ zuwenden.

Am 14. März schließlich gelang den Schlesiern die Eroberung des Gipfels des Mort Homme. Kleine Geländegewinne wurden von der Propaganda beider Seiten als große Etappenziele dargestellt, so zum Beispiel die Einnahme der französischen Stellungen nordöstlich von Avocourt durch bayerische Regimenter und württembergische Landwehrbataillone am 21. März, die Erstürmung des Höhenrückens südwestlich von Haucourt zwei Tage später oder die Einnahme des Dorfes Malancourt am 30. März durch Schlesier. Während des gesamten Monats März zogen sich die zermürbenden und extrem brutalen Kämpfe ohne klaren Ausgang hin.

General der Artillerie Max von Gallwitz wurde am 29. März Befehlshaber der Angriffsgruppe West und bereitete dort einen weiteren Angriff vor. Als Verstärkung war das XXII. Reserve-Korps unter General Eugen von Falkenhayn bei der 5. Armee eingetroffen und erhielt am Westufer der Maas auch die vor Cumieres verbleibende 22. Reserve-Division unterstellt.

März 1916: Französische Verteidigung auf der Ostseite der Maas

Am rechten Ufer der Maas waren die Franzosen aus ihren Stellungen westlich des Dorfs Douaumont nicht zu vertreiben. Ebenso hielten sie immer noch ihre starken Positionen auf dem Thiaumontrücken mit der Ouvrage de Thiaumont, der anschließenden Kette von Infanteriewerken und Munitionsstollen, der Stollenstellung Les Quatre Cheminées sowie der weiter hinten, Richtung Verdun liegenden „Ouvrage D“, die ihrer Form halber Ouvrage de Morpion (morpion = frz. für „Filzlaus“) genannt wurde. Es gelang den Franzosen auch, das Fort de Souville und die Höhe roideterre mit der Ouvrage de Froideterre, von denen sie den stark gewachsenen Nachschubverkehr der Deutschen ins Fort de Douaumont empfindlich stören konnten, weiterhin zu halten.

Das Fort de Douaumont war indessen seit seiner Eroberung zu einem deutschen Depot für Munition, Medizin und Verpflegung geworden und diente den anmarschierenden Truppen zum Schutz und zur Ruhe vor dem Sturm; der Kampfwert war eher gering, denn der vorhandene Tourelle Galopin de 155 mm R modèle 1907 war defekt; somit wurde er im Weiteren nur als Lichtsignalstation genutzt. Der lange und verlustreiche, aber letztlich doch erfolgreiche Vormarsch brandenburgischer und hessischer Regimenter gegen den Caillettewald konnte mittlerweile nicht mehr durch die üblichen Grabensysteme geschützt und stabilisiert werden. Aufgrund des starken Gegenfeuers mussten die angreifenden deutschen Truppen ihre Stellung in Granattrichtern beziehen. Vor allem die MG-Stellungen auf der gegenüberliegenden Seite der Höhe Froideterre und des Fort Souville beherrschten das Gelände bei Tag, so dass Ausbau, Nachschub frischer Verbände und Evakuierung nur bei Nacht passieren konnte. Ein ähnliches Bild bot sich vor dem Fort Vaux. Die Reserven der Deutschen zur Aufrechterhaltung des steckengebliebenen Angriffs wurden über einen Anmarschweg über den Damm des Vauxteiches geführt, den die französischen Artilleristen sehr genau kannten, von der Souville-Nase (Nez de Souville) her einsehen und beschießen konnten. Das tägliche Feuer forderte bis Dezember 1916 tausende Gefallene, der Weg zur Front bekam den Namen Todespfad.

April 1916: Im Westen nichts Neues

Insgesamt blieb die Frontlinie am Westufer der Maas entlang der Höhenzüge hängen, und die Schlacht entwickelte sich im Verlauf der nächsten 30 Tage mehr und mehr zu einem reinen Artillerieduell. Die Einnahme des Gipfels des „Toten Mannes“ durch die Deutschen wurde von den Franzosen nicht nur militärisch, sondern auch propagandistisch beantwortet: Sie erklärten den zweiten, südlicheren Gipfel, den sie immer noch hielten, zum Hauptgipfel, um so den Deutschen einen symbolischen Triumph zu rauben. Am 6. April konnte die OHL die Einnahme des Dorfes Haucourt am Fuß der Höhe 304 melden, bei der etwa 540 Gefangene gemacht wurden.

Am 9. April fiel die Entscheidung, eine weitere Offensive mit einem massiven Angriff auf der Gesamtlänge der jetzt insgesamt 30 km langen Front zu beginnen. Bereits am ersten Tag meinten die deutschen Sturmtruppen, doch noch den Gipfel der Höhe 304 eingenommen zu haben, doch der eroberte Höhenzug stellte sich lediglich als ein weiterer Vorkamm heraus. Sowohl die Höhe Toter Mann als auch die Höhe 304 wurden jetzt quasi ununterbrochen von den Geschützen beider Seiten unter Feuer genommen, um die Angriffe der gleichzeitig anstürmenden französischen und deutschen Infanterie unter höchsten Verlusten zum Erliegen zu bringen und die gegnerischen Geschützstellungen auszuschalten. Dieses Ziel wurde fast immer erreicht.

Waren Stellungen eingenommen, mussten sie gegen den unvermeidlichen Gegenangriff ausgebaut und geschützt werden. Für die Infanteristen war es äußerst schwierig, einen Graben auszuheben, da neben dem ständigen Granatenbeschuss tagsüber auch zahlreiche feindliche Scharfschützen aktiv waren, während die Erde in dem kalten April 1916 nachts gefror. Der Kampf um die Höhe Toter Mann und Höhe 304 waren zum Zeichen eines völlig entmenschlichten Krieges geworden: die Soldaten fielen den einschlagenden Granaten zum Opfer, ohne auch nur einen Feind gesehen zu haben. Der vom 9. bis 14. April am „Toten Mann“ in Stellung liegende französische Hauptmann Augustin Cochin vom 146. Infanterieregiment sah in der ganzen Zeit in den ersten Linien keinen einzigen angreifenden deutschen Soldaten. Er beschrieb diese Hölle so:

„Die letzten zwei Tage in eisigem Schlamm, unter furchtbarem Artilleriefeuer, mit keiner anderen Deckung als der Enge des Grabens… Natürlich hat der boche nicht angegriffen, das wäre auch zu dumm gewesen… Ergebnis: Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind…. Sie antworteten nicht mehr, wenn ich sie ansprach.“

Nach nur vier Tagen blieb auch der neueste deutsche Angriff stecken, diesmal auch aufgrund des strömenden Regens, der fast durchgehend bis zum Ende des Monats anhielt und beide Seiten zwang, ihre Offensivbemühungen einzuschränken. Dies hieß unter den Bedingungen der Schlacht um Verdun, dass zwar immer noch Angriff mit Gegenangriff beantwortet wurde, es hieß auch immer noch fortwährender Handgranatenkampf, Nahkampf mit Spaten und Bajonett, Stellungsausbau, aber es hieß auch vor allem Artilleriebeschuss, durchgehend, Tag und Nacht. Die groß angelegten Offensiven zur Einnahme der Höhenzüge wurden eingestellt; der Kampf westlich der Maas war bereits nach 30 Tagen zu einem „Ausbluten“ beider Seiten geworden. Die erfolgreiche Gegenwehr gegen die deutschen Versuche, die Höhen 304 und Toter Mann zu erobern, veranlasste General Pétain, am 10. April eine an die Soldaten der 2. Armee gerichtete Mitteilung zu verfassen, in der er sie zu noch größeren Anstrengungen aufrief. Die Zuversicht und unerschütterliche Standhaftigkeit, mit der Pétain seinen Soldaten den Sieg ankündigte, trug in der Nachkriegszeit viel zu seiner Aura als Retter Frankreichs bei und machte ihn zu einem Nationalhelden. Während des gesamten Monats April befahl Pétain die heftige Verteidigung gegen die deutschen Versuche am Fort Vaux und an den Höhenzügen 304 und „Toter Mann“ und den gleichzeitigen, unerbittlichen Vorstoß auf sein nunmehr zentrales Ziel der Rückeroberung des Fort Douaumont, dies, um eine neue Flanke gegen die Deutschen zu öffnen. Den ganzen Monat April stürmten französische Truppen am östlichen Maasufer vergeblich gegen die deutschen Stellungen vor Fort Douaumont an und hatten horrende Verluste.

Pétain, der bei seinen Soldaten beliebteste General, der weitestgehend verlustreiche und aussichtslose Sturmangriffe vermieden und immer gegen die französische Militärdoktrin Offensive à  outrance gestanden hatte, wurde von seinem Posten weggelobt und für den erfolgreichen Abwehrkampf zum Befehlshaber der französischen Groupe d’Armées du Centre befördert. Offiziell wurde diese Leistung auch als Grund für seine Beförderung nach nur zwei Monaten im Amt vor Verdun genannt. Inoffiziell kann man andere Beweggründe für die Entfernung von Pétain erkennen: Joffre wollte andere Frontabschnitte stärken und entsprechend den Vereinbarungen mit den Engländern einen gemeinsamen Angriff an der Somme starten. Wollte er diese große Offensive nicht gefährden, musste Joffre das von Pétain eingeführte Noria-System des steten und schnellen Austauschs der Divisionen vor Verdun ändern, da es immer mehr Truppen an der Verdunfront band. Entgegen dem eigentlichen Konzept (Angriff von 39 Divisionen auf 40 km Breite) planten die Franzosen aus diesem Grund bereits am 26. April mit nur noch 30 Divisionen auf einer Länge von 25 km für die Attacke an der Somme. Als es zur Schlacht an der Somme kam, konnte das GQG nur noch zwölf Divisionen auf 15 km Breite abstellen. Eine Änderung des Systems aber zog eine Versetzung des Systemgründers nach sich.

April bis Mai 1916: Versetzung Pétains – Beginn der französischen Offensiven

Am 28. April wurde General Pétain zum Führer der Groupe d’Armées du Centre ernannt, er hatte damit neben der obersten Leitung der Verteidigung Verduns, auch den Oberbefehl über die französische 2., 3., 4. und 5. Armee erhalten. Neuer Kommandant der im Raum Verdun stehenden französischen 2. Armee wurde General Robert Nivelle, der den Übergang zu einer aggressiveren Taktik anstrebte und seine Divisionen sehr viel länger an ihrer Front einsetzte. Er war ganz nach dem Geschmack von Joffre ein eindeutiger Verfechter des Vorkriegssystems der offensive à l’outrance und machte direkt Gebrauch von seiner Befehlsgewalt. Immer wieder ließ er in den nächsten Monaten seine Soldaten aussichtslos und brutal gegen die deutschen Stellungen anstürmen, ohne damit größere Bewegung in die Linie zu bringen. Die französischen Kommandeure hielten sich an die Befehle des GQG und ließen ihre Truppen gegen die Stellungen der Deutschen anrennen und die eigenen Gräben bis zum Tod verteidigen, auch um die Anwendung der ausgesprochenen Weisung zu verhindern, dass jeder Soldat, ob Schütze oder General, bei einem Rückzug degradiert und vor ein Kriegsgericht gestellt würde.

Währenddessen machte sich auf der Führungsebene der deutschen 5. Armee Unmut bemerkbar. Da die Zahl der Todesopfer bis zum Mai gewaltige Ausmaße angenommen hatte, bat Kronprinz Wilhelm die OHL um den Abbruch der Offensive. Falkenhayn lehnte dies zögernd, aber strikt ab, da er immer noch von höheren Verlusten auf französischer Seite ausging und somit die Offensive als Erfolg betrachtete. Man kann allerdings bezweifeln, dass er überhaupt eine alternative Strategie in Betracht gezogen hatte, denn ein Abbruch der Schlacht wäre dem Eingeständnis einer Niederlage gleichzusetzen gewesen. Bis Ende Mai waren in Verdun bereits über 170.000 Soldaten beider Seiten entweder gefallen oder verwundet worden, aber wie schon während der beiden ersten Monate des Kampfes wurden die auch nach den Maßstäben vor Verdun geringen Erfolge beider Seiten zu großen Siegen ausgebaut. Am 8. Mai wurde beispielsweise die Einnahme eines Nordhanges der Höhe 304 durch die 56. Infanterie-Division als großer, strategischer Sieg propagiert, bei dem an unverwundeten Gefangenen nur 40 Offiziere, 1280 Mann in unsere Hände fielen.

Am 13. Mai 1916 wurde das VI. Reserve-Korps durch das Generalkommando XXIV. Reserve-Korps unter General Friedrich von Gerok mit der 38. und 54. Infanterie-Division freigemacht. Südlich Bethincourt verblieb die 4. Division in ihren alten Stellungen. Rechts unterstützte die 2. Landwehr-Division durch ihren Angriff im Wald von Malancourt, links vom Korps Gerok hielt das XXII. Reserve-Korps mit der 43. und 44. Reserve-Division den Westhang der Höhe „Toter Mann“, die 22. Reserve-Division verblieb an der Front im Cumières – und Rabenwald bis hin zur Maas.

Die endgültige Einnahme der Höhe „Toter Mann“ und der „Höhe 304“ gelang Einheiten der deutschen 4. und der 56. Infanterie-Division Anfang bzw. Mitte des Monats Mai. Jetzt lagen ihre Nachschub- und Verstärkungswege aber mitten im feindlichen Feuer, was die Deutschen im späteren Verlauf der Schlacht zum Bau von drei Zugangstunneln veranlassen sollte. Die Franzosen verstärkten ihre Angriffe gegen die deutschen Höhenstellungen, und der Nahkampf im schweren Artilleriefeuer ging weiter.

8. Mai 1916: Katastrophe im Fort Douaumont

Ebenfalls am 8. Mai kam es im heftig umkämpften Fort Douaumont, das von den Deutschen den Spitznamen „Sargdeckel“ erhalten hatte, zu einer Explosionskatastrophe und dem Verlust von etwa 800 Soldaten. Der Zwischenfall ist in Teilen immer noch ungeklärt und wird ungeklärt bleiben, da alle möglichen Verursacher bei der Explosion starben.

Dazu drei sich nicht unbedingt widersprechende Versionen, welche die Katastrophe aus verschiedener Sicht beschreiben und zugleich das Ausmaß der Unklarheit erkennen lassen:

Erstens wird festgestellt, dass sich Teile des Grenadierregiments 12 und des Infanterieregiments 52 aus Brandenburg nach einem weiteren, erfolglosen Angriff Richtung Thiaumont am 7. Mai 1916 in das Fort zurückgezogen hatten, um sich für einen weiteren Angriff am nächsten Morgen auszuruhen. Als das zur Unterstützung nach Douaumont verlegte Grenadierregiment 8 am 8. Mai in Douaumont ankam, erschollen Rufe „Die Schwarzen kommen!“, da im Treppenaufgang aus dem Untergeschoss schwarze Gesichter aufgetaucht waren. Die deutschen Soldaten hatten große Angst vor den französischen Kolonialtruppen aus Senegal und warfen Handgranaten die Treppe hinunter. Dies war die erste Explosion, die zu hören war. Durch die umherfliegenden Splitter wurde eine zweite Explosion ausgelöst; ein Handgranatendepot entzündete sich, dessen gewaltige Schockwelle eine Decke zum Einsturz brachte, die den Großteil der Soldaten unter sich begrub.

Spätere Untersuchungen ergaben zweitens, dass die in dem Untergeschoss lagernden Flammenwerfer Öl verloren haben mussten, das sich in einer Stichflamme entzündete. Weshalb dieses Öl sich entzündet hatte, konnte nicht geklärt werden. Die mit dem Löschen beschäftigten Soldaten bekamen durch das Schwelfeuer rußige Gesichter und einige versuchten sich durch den dicken Qualm nach oben an die frische Luft zu retten. Als die Wachen im Obergeschoss jedoch diese geschwärzten Gesichter auf sich zukommen sahen, warfen sie ihnen in Panik Handgranaten ins Untergeschoss entgegen. Diese brachten schließlich ein großes Munitionsdepot zur Explosion, in dem französische Granaten vom Kaliber 155 mm, Handgranaten, Flammenwerfer, Leuchtraketen und Artilleriemunition gelagert waren. Die entstandene gewaltige Detonation sprengte die Decke des Untergeschosses. Mehr als 800 Menschen kamen durch die Explosion, die Druckwelle oder die einstürzende Decke ums Leben.

Drittens wird angegeben, dass sich deutsche Soldaten ihr karges Essen damit hätten wärmen wollen, dass sie Stielhandgranaten aufschraubten, um den darin befindlichen Sprengstoff zu entzünden. Ohne Sprengkapsel brennt die Ladung nur langsam ab. Dabei entzündete sich wohl das Öl der Flammenwerfer, welches dann die bekannte Kettenreaktion auslöste.

Die Deutschen begannen, die Leichen in Granattrichtern außerhalb des Forts zu sammeln. Als die Anzahl der Toten jedoch immer größer wurde und die Gefährdung durch die sich einschießende französische Artillerie zunahm, wurde entschieden, die Toten in den Frontwallkasematten I und II unterzubringen und diese dann zu vermauern. Dort, wo heute das große Holzkreuz im Fort Douaumont steht, ist lediglich ein Ausgang zum ehemaligen Innenhof vermauert – die Kasematten I und II, als offizielle deutsche Kriegsgräber anerkannt, liegen 20 Meter dahinter.

Mai 1916: Kampf um das Fort Douaumont

Die Franzosen hatten den Fall des Forts Douaumont immer als große Niederlage betrachtet und wollten die stärkste und strategisch wichtigste Festung im Verteidigungsring zurückerobern. Nach der von ihnen beobachteten Katastrophe entschloss sich Nivelle zu einem noch stärkeren Ausbau des von Pétain gestarteten Angriffs auf Douaumont. Zusammen mit dem Kommandanten der 5. Infanteriedivision, General Charles Mangin, der auch den Angriff leitete, plante er einen Großangriff, um so den geschwächten Zustand des Forts auszunutzen. Ab dem 17. Mai begann die französische Artillerie mit dem einleitenden Artilleriefeuer und schoss Gas- und konventionelle Granaten auf die deutschen Stellungen um das Fort und das Fort selbst.

Als der Angriff am 22. Mai begann, konnte der Kommandant des Douaumont nicht effektiv reagieren, da die Verbindungen zwischen den ersten Linien und dem Fort abgebrochen, die Verteidiger hohe Verluste erlitten hatten, das Fort teilweise zerstört und von deutschen Pionieren nur notdürftig ausgebessert worden war. Natürlich erwarteten die Deutschen die französischen Sturmtruppen, ihr Auftauchen unmittelbar hinter dem letzten Granatvorhang war jedoch überraschend. Die Franzosen hatten die ersten Gräben ohne nennenswerten Widerstand übersprungen und besetzen den Südwestteil des Forts. General Mangin teilte Nivelle noch am selben Tag mit, dass der Douaumont vollständig unter französischer Kontrolle sei, obwohl die Deutschen nach anfänglicher Panik jetzt entschlossene Gegenwehr leisteten. Durch das französische und deutsche Sperrfeuer gegen die Nachschubwege des Gegners war das Fort weitestgehend abgeriegelt. Nach erbittertem und für beide Seiten erfolglosem Nahkampf in den Gängen des Douaumont brachten Deutsche und Franzosen auf unterschiedlichen Dachpartien Maschinengewehre an und feuerten auf alles, was sich bewegte. Nach zwei Tagen des blutigen Kampfes, in denen beide Seiten Verstärkungen erhalten hatten, entschied sich der deutsche Kommandeur des Forts für den Einsatz von schweren Minenwerfern. Diese wurden unter anderem gegen den von den Franzosen gehaltenen „Panzerturm Ost“ eingesetzt. Danach griffen die Deutschen die unter Schock stehenden Franzosen mit Handgranaten an. Eine weitere Einheit hatte währenddessen die französischen Gänge umgangen und tauchte in deren Rücken auf. Mehr als 500 Franzosen gerieten in Gefangenschaft.

Durch diesen Erfolg bestärkt, zogen die Deutschen weitere Verstärkungen, durch das I. Bayerische Armee-Korps unter General der Infanterie Oskar Ritter von Xylander heran, das die französischen Gräben westlich des Forts Douaumont besetzen sollte. Frische Soldaten kamen nach langem Marsch aus rückwärtigen Zonen im Kampfgebiet an und mussten sogleich das Grauen der Front erleben. Sie mussten gegen die Stellungen am Thiaumont-Rücken angehen, den sie schließlich auch unter großen Ausfällen erreichten. Mehr und mehr kam es jetzt auf beiden Seiten zu blutigen Verlusten durch ausgeleierte Artillerierohre, die ihre Granaten durch allzu große Streuung auch in die eigenen Reihen schossen.

Juni 1916: Kampf um das Fort Vaux

Nachdem die Region um das Fort Vaux seit drei Monaten von den Deutschen bestürmt worden war, gelang am 1. Juni die endgültige Einnahme des Cailletewaldes durch die 7. Reserve-Division aus Sachsen und Berlin. Weiterhin konnte die 1. Infanterie-Division gegen Stellungen im Bois de Fumin und am Vauxgrund vorrücken. Da jetzt die Flankierung des Hauptangriffs auf Fort Vaux ausgeschaltet war, nahm man die Gelegenheit wahr, einen neuen Generalangriff auf die Festung zu starten. Bereits am 2. Juni sollte dieser beginnen.

Das Fort Vaux liegt auf dem Vauxberg zwischen den Forts Douaumont und Tavannes und wurde zwischen 1881 und 1884 in der damals üblichen Steinbaukonstruktion erbaut. Wie bei dem Fort Douaumont wurde die Wölbung der Kaserne im Jahre 1888 durch eine 2,50 Meter dicke Betonschicht verstärkt, die durch eine einen Meter dicke Sandschicht isoliert wurde. Durch diese Verstärkungen sollte die fürchterliche Wirkung der Hohlgeschosse eingedämmt werden. Das Fort von einem Tourelle de 75 mm R modèle 1905, der von zwei stählernen Beobachtungskuppeln (Observatoire cuirassé) flankiert wurde. Es war von einem Graben umgeben, der durch drei Grabenstreiche gesichert wurde; zwei einfachen von Nord nach Süd und von West nach Ost und einer doppelten in der Nordwestecke des Grabens. Diese Positionen waren durch Zugangstunnel erreichbar und mit Maschinengewehren bewaffnet. Neben der oberen Kanone standen noch zwei weitere 75-Millimeter-Kanonen in den casemates de Bourges zur Verfügung, die eine Beschießung des gesamten Geländes erlaubten: vom Douaumont, den ravins de la Fausse Côte, der Caillette- und Bazilschlucht im Nordwesten bis zum Dorf und zur Batterie von Damloup im Südosten. Zwischen 1910 und 1912 wurden Kommunikationstunnel gegraben, welche die verschiedenen Verteidigungsstellungen des Forts verbanden.

Nach dem Ausbruch des Krieges wurde das Fort durch sechs weitere 75-Millimeter-Kanonen und vier Schnellfeuerkanonen (canons revolver) verstärkt, aber im August 1915 begann im Zuge der Herabstufung der Verteidigungszone Verdun die Ausschlachtung: Bis auf den Geschützpanzerturm, dessen Ausbau zu komplex gewesen wäre, wurden nach und nach alle Geschütze entfernt. Dies war der Zustand des Forts bei Beginn der deutschen Offensive vor Verdun, im Laufe derer es mehrfach von deutschen Granaten getroffen worden war. Am 24. Februar erhielt es einen Volltreffer einer 42-Zentimeter-Granate, die das Lager der Granatzünder zerstörte. Am 27. Februar zerschlug eine weitere 42-Zentimeter-Granate den Geschützpanzerturm. Die casemates de Bourges konnten wegen des ständigen Beschusses und wegen der Zerstörungen nicht mehr mit Kanonen bestückt werden, deshalb baute man zur Verteidigung mehrere Maschinengewehre ein. Die größten Schäden wurden notdürftig durch Pioniere auf Befehl des Fortkommandeurs Major Sylvain Eugène Raynal, (96e régiment d’infanterie), repariert.

Raynal wurde erst gegen Ende Mai Kommandant des Fort Vaux, er war Berufssoldat und mehrfach im Krieg verwundet worden. Seine letzte Verwundung war so stark, dass er nur noch mit Hilfe eines Krückstocks gehen konnte. Er bestand hartnäckig auf einer weiteren Verwendung im Fronteinsatz, die ihm schließlich gewährt wurde: Man dachte, die Ernennung zum Befehlshaber eines Forts sei auch für einen stark versehrten Offizier leicht zu bewerkstelligen. Das Fort hatte in Friedenszeiten eine Besatzung von etwa 250 Mann, Anfang Juni 1916 waren jedoch über 300 Soldaten zusammengepfercht, da nach den deutschen Erfolgen in den Flanken des Forts viele Flüchtlinge, Melder und Verwundete in den vermeintlichen Schutz der Festung geströmt waren. Sie bestanden aus 240 Mann, dem 2. Bataillon, der 3. (Maschinengewehr) und der 6. Kompanie des „142e régiment d’infanterie“, die zusammen die Anlage verteidigen sollten. Dazu kamen circa 30 Pioniere, etwa 30 Kolonialsoldaten, die die Ausbesserungsarbeiten durchführten, und eine Handvoll Artilleristen, Sanitäter, Krankenträger und Telefonisten.

Am Abend des 1. Juni setzte die Artillerievorbereitung ein; Raynal schätzte später, dass etwa 1.500 bis 2.000 Granaten pro Stunde auf seine Festung niedergingen. Nach den Rückschlägen an den gegenüberliegenden Hängen und dem schweren Granatenregen lagen nur noch wenige Verteidiger des 2. Bataillons des „142e régiment d’infanterie“ im Vorfeld des Forts, das zu einem Labyrinth aus Gräben, Stacheldraht, Hindernissen und Maschinengewehrstellungen geworden war. Lediglich die Abri de combat R.1 und R.2 unter Capitaine Delvert deckten noch die Flanken des Forts. Gegen 4:00 Uhr morgens begannen die Sturmtruppen der Infanterieregimenter 39, 53 und 158 aus Köln und Paderborn ihren Angriff. In der Morgendämmerung konnte Delvert die anstürmenden Truppen beobachten. „Wie Ameisen, wenn man in einen Ameisenhaufen tritt“, strömten sie aus ihren Gräben. Delvert konnte diesen Angriff nicht stören, da seine Maschinengewehre nicht bis zu den deutschen Linien reichten. Innerhalb weniger Stunden hatten diese große Geländegewinne gemacht und tauchten in zur Stellung R.1 benachbarten Gräben auf. Delvert ordnete unmittelbar heftiges Gegenfeuer an, das die deutschen Sturmtruppen zunächst stoppte. Gegen 14:30 Uhr war allerdings die Stellung R.2 eingenommen, die Stellung R.1 hatte einen Volltreffer bekommen. Delvert stand im Kreuzfeuer und kommandierte nur noch 70 Soldaten. Die Vorverteidigung des Fort Vaux war jetzt größtenteils ausgeschaltet, die Sturmtruppen hatten am 2. Juni etwa 1000 Meter Gelände gewonnen und konnten nachmittags den toten Winkel der Festung erreichen. Sie hatten den immer noch verteidigenden Capitaine Delvert einfach umgangen.

Nach einer Sammelpause sprangen die Sturmtruppen schließlich in die völlig zerstörten Grabenstreichen des Forts, aus denen immer noch die Maschinengewehre feuerten. Es gab hohe Verluste, doch einige Soldaten krochen an die Stellungen der Franzosen heran und warfen Handgranatenbündel in die Schießscharten; an einer anderen Stellung versuchten sie, das Maschinengewehr durch Flammenwerfer auszuschalten. Mittlerweile hatte das Artilleriefeuer beider Seiten wieder eingesetzt und übertönte den Lärm des Nahkampfes im Graben. Gegen 16:00 Uhr gelang die Ausschaltung der Maschinengewehre, und die Sturmtruppen konnten auf dem Dach der Festung Stellung beziehen. Im Innern zog Major Raynal seine auf über 600 Soldaten angewachsene Mannschaft zur Verteidigung zusammen und befahl den sofortigen Ausbau der Hauptgänge mit Sandsäcken, die mit Maschinengewehren bestückt wurden. Gleichzeitig sollten einige Soldaten die auf dem Dach liegenden Deutschen angreifen, die jedoch so lange Handgranaten in die Ausgangsschächte warfen, bis diese Attacke abgebrochen werden musste. Die Deutschen entdeckten im zerstörten Dach einen Zugang zum Innenraum des Forts, ließen sich an Seilen hinab und drangen bis zu einer Stahltür vor, hinter der sie die Befehle des Majors hören konnten. Beim Versuch, diese Tür mit einer Handgranate zu sprengen, kamen einige Deutsche ums Leben, andere wurden verletzt, weil sie in den Gängen keinen Schutz vor der sich ausbreitenden Druckwelle finden konnten.

Am Morgen des 3. Juni hatten die Deutschen zwei Hauptkorridore eingenommen. Die Nahkämpfe im Innern des Forts wurden mit äußerster Brutalität geführt, mit Spaten, Bajonett und Handgranaten. Die Stromversorgung und damit das Licht waren ausgefallen, aber die Kämpfe wurden mit nicht nachlassender Heftigkeit und in völliger Dunkelheit weitergeführt, nur ab und zu erhellt durch brennendes Öl und den Einsatz der deutschen Flammenwerfer. In den 1,70 Meter hohen und etwa 1,20 Meter breiten Gängen stapelten sich die zerfetzten Leichen, die mit für die Latrinendesinfektion vorgesehenem Chlorkalk bedeckt wurden. Der Boden war schlüpfrig vom Blut der Verwundeten.

Sobald eine Verteidigungsstellung von den Deutschen eingenommen war, sammelten sich die Franzosen kurz dahinter und starteten einen Gegenangriff mit allen zur Verfügung stehenden Waffen. Die Sommerhitze setzte mittlerweile beiden Seiten zu, wobei die Franzosen nicht mehr mit Wassernachschub rechnen konnten, da die Zisterne durch Granatentreffer zerstört worden war. Man versuchte, das herauslaufende Wasser zu sammeln. In ihrem Krankenquartier, einem 10 Quadratmeter großen Bunkerraum, konnte die ständig wachsende Zahl der Verwundeten nicht mehr behandelt werden, da es weder Wasser noch Licht gab. Normalerweise war dieses Lager für sechs Betten bestimmt, am Abend des 2. Juni lagen bereits über 30 Soldaten mit schwersten Wunden in der Station und warteten auf den Ausgang der Kämpfe.

Die Stellung R.1 im Vorfeld hielt immer noch gegen die Angriffe der Deutschen aus, konnte aber in die Kämpfe innerhalb des Forts nicht eingreifen. Um 22:00 Uhr wurde Capitain Delvert, der seit 72 Stunden nicht mehr geschlafen hatte, die Ankunft einer Entsatzkompanie gemeldet, statt der angekündigten 170 Mann waren jedoch lediglich 18 Soldaten dem deutschen Feuer entkommen, alle übrigen gefallen. Eine weitere Kompanie erreichte mit 25 Überlebenden um 23:00 Uhr die Stellung R.1.

Am 4. Juni hatten die Deutschen weitere 25 Meter des Haupttunnels erobert; Raynal konnte jedoch alle weiteren Angriffe der Flammenwerfer mit Maschinengewehrfeuer zurückwerfen. Die Franzosen hatten ihre Beobachtungsposten verloren und konnten nur noch auf einen kleinen Sehschlitz zurückgreifen, der ihnen den Blick ins Vorfeld erlaubte. Sie sahen die verzweifelten Versuche ihrer Kameraden, aus dem Fort auszubrechen, aber alle sechs Versuche des Tages wurden von den Deutschen zurückgeschlagen. Eine französische Kompanie ging in diesen Kämpfen völlig verloren: 22 Mann wurden gefangen genommen, 150 fielen, keiner kehrte zurück. Am Mittag des 4. Juni schickte Raynal seine letzte Brieftaube mit einer letzten verzweifelten Nachricht hinter die eigenen Linien.

Am Montag, dem 5. Juni sprengten die Deutschen ein weiteres Loch in die Wände des Hauptkorridors und griffen die Franzosen mit Flammenwerfern an, der Luftzug aus dem Bunker nach außen ließ die Flammen jedoch zurückschlagen und verbrannte viele der deutschen Angreifer. Major Raynal hielt seine Stellung immer noch, es lagen jetzt über 90 Schwerverwundete auf der Krankenstation. Er gab Befehl, das letzte Wasser unter den Verwundeten zu verteilen. Am Abend des 5. Juni kehrte Capitaine Delvert aus seiner Stellung R.1 nach Verdun zurück, er befehligte noch 37 Männer, mit Ausnahme von fünf waren alle verwundet. Am 6. Juni starteten die Franzosen einen letzten Versuch zur Verstärkung, der, wie alle anderen zuvor, von den Deutschen zurückgeschlagen wurde.

Die Soldaten Major Raynals waren völlig erschöpft, einige leckten das schleimige Kondenswasser von Wänden ab oder tranken ihren eigenen Urin. Bald danach wanden sie sich in Magenkrämpfen, ein verzweifelter junger Leutnant verlor seinen Verstand und drohte, ein Granatenlager zu sprengen. Er musste gefesselt werden. Am Morgen des 7. Juni sah Major Raynal endlich das gewünschte optische Signal von Fort Souville: „… ne quittez pas …“, doch wenige Stunden später um 7:30 Uhr deutscher Zeit gab er den Kampf auf und ging mit 250 Mann in Gefangenschaft, alle anderen waren tot oder verwundet. Die Deutschen hatten etwa 2.700 Soldaten bei dem Angriff verloren.

Nach der Einnahme von Fort Vaux starteten die Franzosen am 8. und 9. Juni direkte Gegenschläge und den vergeblichen Versuch, das Fort zurückzuerobern. Die Deutschen bauten ihre Stellung im Fort Vaux aus und stürmten in den kommenden drei Wochen weiter gegen die französischen Stellungen vor Verdun an.

Brussilow-Offensive: Schwächung der deutschen Truppen vor Verdun

Obwohl die Einnahme von Fort Vaux einen weiteren Pfeiler der östlichen Festungsanlagen vor Verdun weggeschlagen hatte und als großer strategischer Erfolg angesehen wurde, hatte sich Anfang Juni der Druck auf das deutsche Heer gewaltig erhöht. Am 15. Mai hatte der österreichisch-ngarische Generalstabschef Conrad von Hötzendorf einen mit der OHL nicht abgesprochenen Großangriff auf die italienischen Stellungen nördlich des Gardasees befohlen, eine „Strafaktion“ in die Flanke der unablässigen Angriffe Cadornas am Isonzo. Die Tatsache, dass Italien bis 1916 seine kampfbereiten Divisionen von 36 auf 65 erhöht und 35 der 65 österreichischen Divisionen an der italienischen Front gebunden waren, war die Basis für die Entscheidung von Hötzendorfs, Italien als derzeit wichtigsten Kriegsgegner zu betrachten. Er beabsichtigte, Italien schnell zu besiegen, um danach alle freigewordenen Ressourcen gegen Russland werfen zu können. Obwohl er seine langfristigen Ziele hinsichtlich Italiens mehrfach klar geäußert und auch versucht hatte, Falkenhayn zu einer gemeinsamen Aktion in den Alpen zu bewegen, kam der Angriffsbefehl überraschend und zwang Deutschland zu einer ungewollten Stabilisierungsmaßnahme im Osten.

Diese war notwendig geworden, da das russische Oberkommando die sich durch den Abzug mehrerer k.u.k.-Divisionen bietende Chance wahrnahm, um seinen in Chantilly vertraglich gefestigten Bündnisverpflichtungen mit einer groß angelegten Offensive nachzukommen. Ab dem 4. Juni begann diese Offensive, die nach dem befehlenden General Brussilow-Offensive genannt wurde. Den anstürmenden russischen Einheiten gelangen in Galizien eine Vielzahl von Durchbrüchen und die Front der österreichisch-ungarischen 4. Armee brach auf einer Breite von 75 Kilometern völlig zusammen. Die russischen Truppen drangen 20 Kilometer tief in feindliches Terrain vor und machten über 200.000 Gefangene vor allem unter den k.u.k.-Truppen. Am 15. Juni erklärte Conrad von Hötzendorf den russischen Angriff zur schlimmsten Krise des Krieges. Und obwohl Falkenhayn von Hötzendorf bedrängte, den Russen durch Truppenverlegungen aus Italien zu begegnen und auf Truppenverschiebungen von der Nordostfront von Hindenburg wartete, sah er sich gezwungen, vier Divisionen von Verdun abzuziehen, um das weitere Vorgehen der Russen zu stoppen und, mehr noch, den Zusammenbruch des Bündnispartners zu verhindern.

Juni bis Oktober 1916: Deutsche Offensive gegen Fleury, Thiaumont und Côte Froide Terre

Trotz der geringeren Zahl einsatzfähiger Soldaten entschied Falkenhayn, die deutsche Offensive vor Verdun, vor allem unter dem Eindruck des Falls von Fort Vaux, fortzuführen. General Schmidt von Knobelsdorf arbeitete mit seinem Stab die unmittelbare Fortsetzung des Angriffs im Raum Fort Vaux aus, der sich gegen Fort de Souville, das Ouvrage de Thiaumont und das Dorf Fleury-devant-Douaumont richten sollte.

Für den Angriff konnte das deutsche Heer 30.000 Mann aufbieten, darunter auch die Soldaten des kurz zuvor an der Westfront eingetroffenen Alpenkorps, das als Elite-Einheit galt. Einen schnellen Durchbruch erhoffte sich Knobelsdorf durch erstmalige Verwendung von Granaten mit  Diphosgen als Lungenkampfstoff, aufgrund der Farbe und Form ihrer Markierungen an Geschoss und Kartusche auch als Grünkreuz bekannt.

Auf einer Frontbreite von drei Kilometern sollte am 23. Juni der deutsche Großangriff beginnen, der wiederum durch heftige Artillerieunterstützung auf die französischen Stellungen beim Fort Souville ab dem 21. Juni vorbereitet worden war. Insgesamt wurden 100.000 Granaten verschossen. Zuletzt feuerten die deutschen Truppen Tausende von Grünkreuz-Granaten auf die französischen Geschützbatterien, um die französische Infanterie ihrer wichtigsten Unterstützung zu berauben. Die aufgeschlagenen Geschosse explodierten nicht direkt und wurden von manchen Franzosen zunächst für Blindgänger gehalten. Innerhalb kurzer Zeit aber entfaltete das Diphosgen eine verheerende Wirkung unter den französischen Truppen: die französischen Gasmasken von 1916 schützten ihre Träger nur bedingt vor diesem neuen Kampfstoff. Zahlreiche Franzosen flohen in Panik, während andere unter Qualen die Stellung hielten. Auf den Gasangriff folgte ein weiteres, heftiges Bombardement, das bis in die frühen Morgenstunden des 23. Juni anhielt. Als um 7 Uhr das Geschützfeuer eingestellt wurde, verließen die deutschen Infanteristen ihre Gräben und gingen zum Sturmangriff über. Die Soldaten der bayerischen Regimenter erreichten sehr schnell das Dorf Fleury, denn viele französische Gräben waren nicht mehr besetzt und konnten nur geringen Widerstand leisten. Fleury wurde fast ganz genommen, mit Ausnahme eines Teils um den ehemaligen Bahnhof, doch hatten die deutschen Sturmtruppen hohe Verluste zu beklagen, die durch den Artilleriebeschuss beider Seiten entstanden waren. Am rechten Hang stürmten die Regimenter gegen den Höhenrücken Côte de Froide Terre, auf dem die befestigten Anlagen der Ouvrage de Thiaumont, eine Vielzahl von Batterien und kleinere Bunker von Einheiten des französischen „121e régiment d’infanterie“ verteidigt wurden.

Nach einem heftigen Kampf, den nur 60 Verteidiger überlebten, wurde Thiaumont eingenommen. Von dort aus rückten vier stark geschwächte bayerische Kompanien weiter bis zur eigentlichen Côte de Froide Terre. Hier befanden sich die Deutschen nun zum ersten Mal auf der gegen Verdun abfallenden Seite der Côtes Lorraines, die Stadt bekamen sie jedoch nie zu Gesicht. Teile des bayerischen Infanterie-Leibregiments nahmen die Munitionsräume (Poudrière) unterhalb von Fleury ein und schickten einen kleinen Trupp von drei Mann bis in die Filzlausstellung (Ouvrage de Morpion), die mit etwa 20 Gefangenen wieder zurückkehrten. Nach einem blutigen Gefecht mit dem „114e régiment d’infanterie“ mussten sie die Munitionsräume jedoch wieder aufgeben und nach Fleury zurückweichen. Der Angriff gegen das Fort Souville blieb jedoch stecken.

In diesen unvorteilhaften Stellungen mussten die deutschen Soldaten den Durst der Sommerhitze ertragen, während neben und unter ihnen unzählige Tote verwesten und Verwundete um Hilfe schrien. Der sehr lange Anmarschweg zum Zwischenwerk Thiaumont war übersät mit Gefallenen, die mitunter als Wegweiser dienten. Jeder Spatenstich zum Ausbau der Stellung in der Mondlandschaft brachte Menschenteile zum Vorschein. Der Gestank über dem Schlachtfeld war selbst von den Tod und Leid gewohnten Soldaten kaum zu ertragen, es gibt Berichte, dass selbst unter hohen Verlusten herangeschaffte Verpflegung und Wasser nach Verwesung schmeckte. Anmarschieren mussten die Mannschaften bei Nacht, immer in Angst, im Schein einer französischen Leuchtrakete erkannt und von den französischen MG-Schützen erschossen zu werden. Tagsüber waren die Stellungen den Tieffliegerangriffen der jetzt in absoluter Luftüberlegenheit operierenden französischen Fliegerkräfte ausgesetzt, die zudem das Feuer ihrer Artillerie sehr genau auf das jeweilige Ziel leiteten. Es kam häufig vor, dass Soldaten die Orientierung verloren und stundenlang in dem Gebiet umherirrten, und sie hatten Glück, wenn sie von den Franzosen gefangen genommen wurden.

Am 24. Juni leiteten britische und französische Truppen mit einem gewaltigen Geschützfeuer die Schlacht an der Somme ein. Um dieser großen Gefahr für die deutsche Front zu begegnen, musste die OHL deshalb weitere Einheiten aus dem Maas-Gebiet abziehen. Insbesondere schwere und schwerste Geschütze mussten durch das unwegsame Trichterfeld zurück zur Eisenbahn gebracht werden. Außerdem wurde der Munitionsnachschub zur Somme umgeleitet, so dass weitere Offensiven im Raum Verdun eingestellt werden mussten. Vom 25. bis 30. Juni gingen durch französische Gegenangriffe die vorgeschobenen Stellungen verloren. Am 3. Juli wurde dann ein letzter Angriff am 11. Juli genehmigt, allerdings unter der Vorgabe der möglichsten Schonung der Munitionsreserven, auch wenn dafür Menschen fallen müssten.

Ziel dieser letzten großen Aktion war die Einnahme der Forts Souville, St. Michel und Belleville und stellte einen letzten Versuch dar, die Schlacht noch einmal umzuwerfen. Die Artillerievorbereitung mit Gasgranaten hatte nicht den gewünschten Effekt hoher Verluste, da die französischen Truppen mittlerweile verbesserte Gasmasken trugen. Der Anmarsch der deutschen Sturmtruppen wurde im Morgengrauen von der französischen Aufklärung erkannt, die daraufhin das Artilleriefeuer zielgenau mitten in die Truppen leitete. Weiterhin wehten Westwinde das verschossene Gas in die deutschen Stellungen, was ebenfalls zu Toten führte. Im Dorfgebiet von Fleury wurde im Nahkampf und mit Flammenwerfer gnadenlos und extrem brutal miteinander gekämpft, bis es den bayerischen Truppen gelang, Fleury ganz zu erobern. Soldaten des Infanterieregiments 140 schafften es schließlich auf das Glacis des Fort Souville, wurden jedoch sofort durch Teile von zwei zufällig im Fort liegenden französischen Kompanien zurückgeschlagen. Die Deutschen hatten ihren weitesten Punkt in Richtung Verdun erreicht. Am gleichen Tag, dem 11. Juli 1916, befahl Falkenhayn die Einstellung jeglicher Offensivbemühungen in Verdun, da sich das deutsche Heer auf die Schlacht an der Somme konzentrieren musste. Er hoffte, die Franzosen würden es den Deutschen gleichtun und Verdun zu einer ruhigen Front herabstufen. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, da die Franzosen in den späten Sommermonaten des Jahres 1916 die Initiative ergriffen und gegen die deutschen Stellungen am Thiaumont und um Fleury vorstießen. Die Gefahr, die von der Einnahme der Côte Froide Terre für die Verteidigung Verduns ausgegangen war, war dem GQG schnell bewusst geworden. Um das immer noch geltende Endziel der Rückeroberung Fort Vaux und Fort Douaumont zu erreichen, war es unbedingt notwendig, die flankierenden Stellungen am Ouvrage Thiaumont wieder zu erringen. Nivelle befahl also den unerbittlichen Gegenangriff, der sich über den heißen Sommer des Jahres bis in den Oktober hinzog, aber keinen klaren Ausgang lieferte und ständig hin und her wogte.

Abberufung Falkenhayns und Beginn der deutschen Defensive

Nach diesem letzten Großangriff befahl Falkenhayn den Abbruch der deutschen Offensive vor Verdun, da das militärische Engagement – Gegenwehr gegen die Angriffe an der Somme, Kampf gegen die Russen und Abwehr der Brussilow-Offensive und die unbedingt notwendige Unterstützung des österreichischen Partners – die deutschen Kräfte bei Weitem überstieg. Vor diesem Hintergrund erachtete er es als unerlässlich, nur noch defensiv tätig zu werden und die gehaltenen Positionen zu verteidigen. Die deutschen Truppen befestigten also so gut es ging ihre Stellungen und erwehrten sich im Juli und August der immer stärker werdenden französischen Attacken. Am 15. August zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm sogar erstmals den vollständigen Abbruch der Schlacht in Erwägung,  da Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition geboten sei. Während der Stabschef der 5. Armee, Schmidt von Knobelsdorf, auf der Leistungsfähigkeit seiner Truppe und auf einer unentwegten Fortsetzung des Angriffs beharrte, erkannte der Kronprinz, dass dies nicht mehr ohne Weiteres möglich war.

Ohne Möglichkeit sich mit seinem Stabschef zu verständigen, bat er deshalb den Kaiser um die Abberufung Knobelsdorfs. Am 23. August entsprach Wilhelm II. dieser Bitte. Am 28. August trat Rumänien an der Seite der Entente in den Krieg ein, infolgedessen trat einen Tag später Falkenhayn, der diesen weiteren Gegner nicht auf Seite der Mittelmächte hatte bringen können, als Generalstabschef zurück. Elegant wurde er zum Oberbefehlshaber der 9. Armee in Rumänien ernannt. Zusammen mit August von Mackensen erreichte er bis Weihnachten 1916 einen fast vollständigen Sieg über Rumänien. An Falkenhayns Stelle setzte der Kaiser den Oberbefehlshaber von Ober Ost, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und dessen Stabschef General Erich Ludendorff. Nach einem Besuch Ludendorffs an der Westfront ordnete Hindenburg die Beendigung aller Offensivaktionen und den Ausbau des gewonnenen Terrains zu einem festen Stellungssystem an. Die Aufgabe der schwer zu verteidigenden Stellungen vor Verdun wurde zunächst nicht in Betracht gezogen.

Diese Weisung schloss begrenzte Aktionen zur Frontverbesserung ausdrücklich nicht ein, wie zum Beispiel durch das 14. Infanterieregiment aus Bayern im Chapitre-Wald, dies jedoch wie so oft ohne nennenswerten Erfolg. Im Allgemeinen war der starke Regen im September 1916 ein wichtiges beschränkendes Element bei der Planung weiteren Vorgehens: Durch die anhaltenden Regenfälle waren die Trichterstellungen beider Kriegsgegner schnell voll Wasser gelaufen und stark versumpft. Zu dem pausenlosen tödlichen Feuer von Maschinengewehren und Artillerie kam jetzt noch die Gefahr hinzu, in einen der mit Wasser gefüllten Trichter zu rutschen und zu ertrinken.

4. September 1916: Explosionsunglück im Tavannes-Tunnel

Am 4. September ereignete sich auf französischer Seite, knapp vier Monate nach dem schweren Unglück im Fort de Douaumont, im Tavannes-Tunnel unmittelbar unterhalb des Fort Tavannes ein vergleichbarer Vorfall. Die französische Armee hatte den ehemaligen Eisenbahntunnel seit Beginn der Schlacht zur Unterbringung von Soldaten und als Munitionslager genutzt, bis es aufgrund des unachtsamen Umgangs mit Geschützgranaten zu einer Reihe von schweren Explosionen kam. Die Deutschen konnten beobachten, wie Rauchwolken aus dem Tunnel emporstiegen, und nahmen das Gebiet daraufhin mit ihren Geschützen unter Feuer. Französische Soldaten, die aus dem Tunnel entkommen konnten, gerieten somit zwischen einschlagende Granaten. Das Feuer im Tavannes-Tunnel konnte erst nach drei Tagen unter Kontrolle gebracht werden. Offizielle Quellen sprachen von 500 Opfern – wie viele wirklich ums Leben gekommen sind, lässt sich nicht mehr klären.

Oktober 1916: Beginn der französischen Offensive

Die deutschen Probleme des Kampfes an mehreren Fronten waren den Franzosen nicht verborgen geblieben, ebenso wenig wie die Einstellung der deutschen Soldaten zu einem defensiveren Kampf und zum Ausbau der eigenen Stellungen. Infolgedessen und der französischen Offensivstrategie treu bleibend, planten das GQG, Nivelle und Mangin einen Großangriff im Raum der „roten Zone“, des zentralen Kampfplatzes am rechten Maasufer zwischen den Forts Douaumont und Vaux, mit dem Ziel der Rückgewinnung dieser beiden zentralen Festungen. Der ehemalige Artilleriegeneral Nivelle widersetzte sich aufs Neue dem System Pétains, das eine so gut wie vollständige Zerstörung der feindlichen Befestigungsanlagen vor dem Sturm durch die Infanterie vorgesehen hatte. Stattdessen wollte Nivelle das Bewegungs- und Überraschungsmoment nutzen und die Infanterie sehr schnell ins Gefecht werfen. Er ordnete ein konzertiertes Vorgehen von Artillerie und Infanterie an: 150 Meter vor der anrückenden Infanterie sollte das Feuer der schweren Geschütze liegen, 70 Meter vor der Hauptkampflinie das der leichteren Feldkanonen. So wollte Nivelle die gegnerischen Stellungen ausschalten und unmittelbar danach mit Infanterie besetzen lassen. In dem bei Bar-le-Duc nachgebildeten Angriffsgebiet mussten sich die französischen Soldaten mit der Geographie vertraut machen und gleichzeitig üben, hinter der von Nivelle benannten „Feuerwalze“ vorzurücken.

Zur Vorbereitung des Großangriffs ließ Nivelle fünf Tage lang etwa 600 Geschütze auf das Angriffsgebiet einschießen, darunter zahlreiche besonders große Kaliber, wie zum Beispiel zwei 400-mm-Mörser. Am 24. Oktober gingen acht französische Divisionen auf einer Breite von sieben Kilometern zum Angriff über. Der gesamte Angriffsbereich war durch die Regenmenge der letzten Tage zu einem einzigen Schlammfeld geworden. Das vorbereitende Artilleriefeuer hatte die meisten Verteidiger verwundet oder getötet, so dass die ersten Gräben ohne Schwierigkeiten genommen werden konnten: Die Feuerwalze arbeitete sehr genau, denn hinter den Einschlägen konnten die Deutschen die Angreifer nicht erkennen, und wenn die Granatwand vorverlegt wurde, waren die Franzosen bereits in den Gräben. Die wenigen einsatzbereiten und bemannten Maschinengewehre richteten große Verluste unter den Franzosen an, wurden jedoch ohne deutsche Reserven nach und nach eingenommen.

24. Oktober 1916: Rückeroberung des Forts Douaumont

Der Abschnitt des deutschen VII. Reservekorps (Gruppe Louvemont), des XII. Armee-Korps (Gruppe Hardaumont) und des XVIII. Reservekorps (Gruppe Vaux) wurde am 24. Oktober massiv von den Franzosen angegriffen. Die Front der 25. Reserve-Division, der 34. und 54. Infanterie-Division brach im Frontraum Fleury–Thiaumont völlig zusammen. Im Chapitre-Wald und an der Straße Vaux–Tavannes wurde die Verteidigung der 9. und der 33. Reserve-Division nach kurzer Verzögerung ebenfalls überwunden. Der französische Angriff kam erst in den Resten des Dorfs Douaumont durch Flankenbeschuss aus dem Fort und heftigen Widerstand der Truppen in der Minzeschlucht zum Stehen. Französische Truppen waren bis zum Fort Douaumont vorgedrungen und hatten einige Wälle besetzt. Im einsetzenden deutschen Artillerieabwehrfeuer mussten sie diese vorgeschobenen Positionen jedoch aufgeben.

Im Fort Douaumont hatten die Deutschen unter anderem einen zentralen Verbandsplatz eingerichtet, der während der französischen Attacken immer stärker zu tun bekommen hatte. Durch die dicke Betondecke geschützt, wähnte man sich in relativer Sicherheit vor den französischen Geschossen. Am 24. Oktober führte ein direkter Treffers eines neuen französischen 400-mm-Mörsers in das deutsche Lazarett zum sofortigen Tod aller Anwesenden. Dieses Geschütz gab alle zehn Minuten einen Schuss mit höchster Präzision ab. Die Schüsse waren alle auf das Fort Douaumont gezielt, erreichten alle ihr Ziel und richteten größte Zerstörungen an. Der sechste Schuss schließlich schlug in ein Pionierdepot ein, in dem 50 Soldaten verschüttet wurden. Es brach ein großes Feuer aus, das auf die gelagerte Infanterie- und Artilleriemunition (unter anderem etwa 7000 Handgranaten) überzugreifen drohte. Die deutschen Verteidiger des Forts versuchten nun mit Mineralwasser und Urintonnen aus den Latrinen das Feuer einzudämmen, was allerdings nicht gelang. Schließlich befahl der Kommandant zur Sicherheit seiner Mannschaften den Rückzug aus dem Fort. Der von den Franzosen verschossene Gasvorhang um das Fort begünstigte den Abzug der deutschen Truppen inklusive der Verwundeten, die mit aufgesetzten Gasmasken abrückten.

Nur 100 Mann blieben als Restbesatzung zurück, die den Auftrag hatten, so gut wie möglich zu verteidigen und das Feuer zu löschen. Der Gasbeschuss und die Qualmentwicklung waren allerdings so stark geworden, dass beides unmöglich wurde. Die Restmannschaft war ebenfalls gezwungen, das Fort zu verlassen. Wenig später jedoch kehrten einige Offiziere und Soldaten auf eigenen Wunsch und ohne Befehl in das Fort zurück und erkannten, dass das Feuer nicht mehr lebensbedrohlich war. Sofort schickte der kommandierende Offizier Hauptmann Prollius einen Melder zurück, um Verstärkungen anzufordern.

Einige Verwundete und Versprengte berichteten von infernalischen Zuständen an der Front des Fort Douaumont, wo nur noch Verletzte und Tote im Schlamm lägen. Nach einem gescheiterten Ausbruchsversuch der kleinen Truppe um den immer noch lebenden Kommandanten erreichten die Franzosen schließlich Douaumont und nahmen 28 überlebende Deutsche in Gefangenschaft. Ein geplanter Gegenangriff der Deutschen wurde wegen des immer stärker werdenden Engagements an der Somme verworfen.

November 1916: Rückeroberung des Fort Vaux

Nach einem weiteren französischen Vorstoß sah sich die deutsche Besatzung von Fort Vaux am 2. November zum Rückzug gezwungen. Deutsche Pioniere sprengten Teile des Forts. Diese Gebietsgewinne trugen dazu bei, dass Robert Nivelle im Dezember als Nachfolger von General Joffre zum designierten Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte ernannt wurde. Am 16. Dezember erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas, der die deutschen Verbände bei Douaumont bis zum 18. Dezember um über drei Kilometer zurückdrängte. Am 20. Dezember wurde die französische Offensive eingestellt.

Verdun bis zum Kriegsende

1917 konzentrierten sich die Kriegsparteien auf andere Frontabschnitte, doch kam es auch vor Verdun noch mehrfach zu Gefechten, auch wenn diese nicht dieselben Ausmaße wie im Vorjahr annahmen. Insbesondere die Höhe 304 und der „Tote Mann“ wurden seit Juni 1917 wieder heftig umkämpft. Bis zum 29. Juni gelang es deutschen Einheiten, die Höhe 304 vollständig zu besetzen. Im August führten französische Angriffe zur endgültigen Räumung der Höhe 304 und des „Toten Mannes“ durch die Deutschen. Es folgten weitere Aktionen auf dem rechten Maasufer im Bereich des Dorfes Ornes und der Höhe 344, doch sollte das Maas-Gebiet erst gegen Ende des Kriegs wieder zum Schauplatz von größeren Angriffen werden. Durch einen Vorstoß amerikanischer Truppen unter General Pershing wurde die deutsche Front südöstlich von Verdun am 30. August 1918 um mehrere Kilometer eingedrückt. Am 26. September folgte die von Verdun ausgehende, französisch-amerikanische Meuse-Argonne-Offensive, welche die Deutschen bis Anfang November aus den Argonnen zurückdrängte. Am 11. November trat der Waffenstillstand in Kraft.

Die „Hölle von Verdun“

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen (Explosionskrater) auf engem Raum innerhalb weniger Wochen in eine Kraterlandschaft verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Zeitweilig wurden über 4000 Geschütze in dem vergleichsweise kleinen Kampfgebiet eingesetzt. Durchschnittlich 10.000 Granaten und Minen gingen stündlich vor Verdun nieder und erzeugten eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Beim Explodieren schleuderten sie große Mengen Erde hoch, die zahlreiche Soldaten bei lebendigem Leibe begruben. Nicht alle konnten rechtzeitig aus dem Erdreich befreit werden.

Aufgrund des allgegenwärtigen Feuers von Geschützen und Maschinengewehren mussten viele Tote und Verletzte im Niemandsland zwischen den Fronten liegen gelassen werden, weshalb insbesondere in den Sommermonaten ein schwerer Leichengestank über dem Schlachtfeld hing. Zudem war es im permanenten Geschosshagel oftmals nicht möglich, die Frontsoldaten ausreichend mit Nachschub zu versorgen oder sie abzulösen. Bereits auf dem Weg zur vordersten Linie verloren zahlreiche Einheiten weit über die Hälfte ihrer Männer. Kaum ein Soldat, der vor Verdun eingesetzt wurde, überstand die Schlacht, ohne zumindest leicht verwundet worden zu sein.

Die Soldaten mussten häufig stundenlang ihre Gasmasken tragen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern oder ihren Urin zu trinken. Sowohl den französischen als auch den deutschen Soldaten graute es vor dem Fronteinsatz bei Verdun. Das Schlachtfeld wurde von ihnen als „Blutpumpe“, „Knochenmühle“ oder schlichtweg „die Hölle“ bezeichnet. Bei Regen glich das Kampfgebiet einem Schlammfeld, wodurch jede Truppenbewegung stark erschwert wurde. Jeder Weg wurde eingetieft, das ganze Gebiet war ein einziges Trichterfeld. Immer stärkere Pferdegespanne mussten eingesetzt werden, um ein einziges Geschütz bewegen zu können. Diese Gespanne erlitten unter dem Beschuss besonders hohe Verluste: Bis zu 7000 Militärpferde sollen an einem einzigen Tag umgekommen sein. Eine besondere Bedeutung kam den Forts vor Verdun zu, die den Truppen zwar Schutz boten und zur Erstversorgung von Verwundeten genutzt wurden, allerdings herrschten dort katastrophale hygienische Verhältnisse. Den militärischen Führungen auf beiden Seiten war durchaus bewusst, was die Soldaten in der Schlacht zu erdulden hatten; sie zogen aber keine Konsequenzen daraus.

Die Toten

Zahl der Toten

Zwischen 1914 und 1918 wurden insgesamt 105 deutsche und 88 französische Divisionen vor Verdun eingesetzt. Bei einer durchschnittlichen Divisionsstärke von 12.000 bis 15.000 Mann waren dies etwa 2,5 Millionen Soldaten. Allein auf deutscher Seite wurden fast 1.200.000 Mann durch die „Hölle von Verdun“ geschickt; bei den Franzosen verhielt es sich ähnlich, allerdings wurden dort die Truppen schneller durch ein Rotationssystem abgelöst. Bei diesem System war jede Division nur drei Wochen am Stück bei Verdun eingesetzt (eine Woche erste Linie – eine Woche zweite Linie – eine Woche in Ruhe).

Die genaue Zahl der bei Verdun Getöteten ist nicht endgültig geklärt. Die meist recht aktuell erstellten Verlustangaben in offiziellen Dokumenten bieten nur eine grobe Orientierung. Dort ist die Zahl der Toten in der Regel innerhalb einer Gesamtverlustzahl (neben den Verwundeten, vorläufig Vermissten, in Gefangenschaft Geratenen) ohne Konkretisierung enthalten. Dazu kommen durch die Zeitnähe bedingte Ungenauigkeiten, eventuell auch Beschönigungen. Auf allen Seiten dienten Verlustzahlen der Führung in erster Linie dazu, möglichst rasch für die weitere Planung die Gesamtzahl der „Ausfälle“ zu erfahren. Die Zahl der Toten war hierbei Nebensache und interessierte kaum. Den offiziellen Zahlen widersprechen die verschiedenen Schätzungen einiger Historiker.

So geben die deutschen Quellen die Zahl der Gefallenen zwischen Beginn der Offensive und Juni 1916 mit etwas mehr als 41.000 an. Verglichen mit dem ersten Tag in der Schlacht an der Somme, an dem allein auf britischer Seite 20.000 Soldaten fielen und 40.000 verwundet wurden, erscheint diese Zahl in den Maßstäben des Ersten Weltkrieges maßlos untertrieben. Denn dem gegenüber steht die Zahl von über 240.000 Verwundeten im gleichen Zeitraum. Normalerweise wird das Verhältnis von Tod zu Verwundung mit 1:3 angenommen, hier liegt es bei etwa 1:6. Kalkuliert man dieses Zahlenverhältnis bis zum Ende der Schlacht im Dezember 1916, so kann man annehmen, dass auf beiden Seiten jeweils etwa 100.000 Mann gefallen sind.

Diese Zahlen stehen aber für tödliche Direktverluste, also ohne Berücksichtigung der Soldaten, die im späteren Verlauf und nicht an der Front in Verdun ihren Verwundungen erlegen sind. Nach Berechnungen des Historikers Niall Ferguson belief sich die Zahl der Toten während der Kriegshandlungen auf etwa 6000 pro Tag und die Zahl der Getöteten insgesamt auf etwa 350.000 Menschen.

Rechnet man die Verwundeten im „normalen“ Verhältnis von 1:3 hinzu (also 300.000 Verwundete pro Seite), müssten die Gesamtverluste beider Seiten auf etwa 800.000 Soldaten angesetzt werden. Ein Indiz dafür sind die offiziellen Zahlen des französischen Service Historique des Armées für den Zeitraum 21. Februar bis 12. Dezember:

gefallen: 61.269 (1.925 höhere Dienstgrade, 59.304 Mannschaften)
vermisst: 101.151 (1.808 höhere Dienstgrade, 99.243 Mannschaften)
verwundet: 216.337 (5.055 höhere Dienstgrade, 211.282 Mannschaften)
gesamt: 378.687 Tote, Vermisste oder Verwundete.

Es ist anzunehmen, dass mindestens 50 % der Vermissten gefallen sind. Abgesehen von allen wie auch immer begründeten Schätzungen wären genauere Aussagen nur bei gründlicher Auswertung der vorliegenden Personalunterlagen mit EDV-Hilfe möglich. Dies scheitert beispielsweise auf deutscher Seite schon daran, dass die Bestände des Heeresarchivs Potsdam 1945 zerstört wurden.

Entgegen den Erwartungen von Falkenhayns waren die Verluste auf französischer Seite nur geringfügig höher als auf deutscher. Die französische Armee wurde durch die Schlacht um Verdun stark geschwächt, doch stellte sich die Situation auf deutscher Seite ähnlich dar.

Sowohl die Somme-Schlacht als auch die Schlacht um Verdun offenbarten den Umgang vieler militärischer Befehlshaber mit dem Leben ihrer Soldaten: Es stand nicht die Minimierung eigener Verluste im Vordergrund, sondern der Verbrauch gegnerischer Ressourcen. Allein auf deutscher Seite wurden 1.350.000 Tonnen Granaten innerhalb der dreißig Hauptkampfwochen verfeuert. Etwa 50 Tonnen Stahlsplitter liegen heute noch auf jedem Hektar des Schlachtfeldes, dies entspricht 5 kg pro Quadratmeter.

Nach dem „Sanitätsbericht über das Deutsche Heer im Weltkriege 1914/1918“[15] hatte die 5. Armee unter anderem die Verluste für den Zeitraum vom 21. Februar bis zum 9. September 1916 zu verzeichnen. Die Angaben beruhen auf den Truppenkrankenrapporten (Zehn-Tages-Meldungen) der einzelnen Einheiten und gelten als verlässlich. Die 5. Armee verzeichnete im betrachteten Zeitraum eine Durchschnittsstärke von 572.855 Mann. Ihr gehörten innerhalb dieses Zeitraumes 48 Divisionen an.

Erkrankt: 398.293, darunter 2.744 Gaskranke
Verwundet: 241.860
Gefallen: 41.632 (1.388 Offiziere, 4.032 Unteroffiziere, 36.140 Mannschaften)
Vermisst: 26.739 (262 Offiziere, 1.207 Unteroffiziere, 25.270 Mannschaften)
Gestorbene Verwundete bei der Truppe: 2.440
Gestorbene Verwundete in den Lazaretten des Feldheeres: 10.725 Gestorbene Verwundete in den Lazaretten des Besatzungsheeres und in der Heimat: Nicht angegeben. Diese Zahl kann aber mit etwa 5.000 angenommen werden, da im Kriegsverlauf die Zahl der Gestorbenen in den Lazaretten des Feldheeres doppelt so hoch war wie die Zahl der in den Lazaretten des Besatzungsheeres gestorbenen Soldaten.
Selbstmorde: 29

Zudem starben einige der Erkrankten und einige Soldaten verunglückten tödlich. Diese Zahlen sind jedoch nicht überliefert. Unter der Annahme, dass der größte Teil der Vermissten gefallen ist, kann im Zeitraum vom 21. Februar bis zum 9. September 1916 von etwa 80.000 Toten ausgegangen werden.

Die Kämpfe um Verdun ließen ab September 1916 deutlich nach. Für die Monate September bis November 1916 liegen im „Sanitätsbericht“ nur die Zahlen der Verwundeten für die 5. Armee vor:

September: 13.956 Verwundete, 35.856 Erkrankte
Oktober: 12.156 Verwundete, 33.900 Erkrankte
November: 8.112 Verwundete, 36.990 Erkrankte

Kriegsgräberstätten

Verdun als Mythos

Legenden und Mythen

Fleury und Thiaumant

Vor allem das erbarmungslose Ringen um Fleury und Thiaumant wurde oft verklärt und verzerrt geschildert. Der Besitzwechsel dieser Orte wurde oft als Anlass genommen, die Sinnlosigkeit des Krieges zu veranschaulichen. Hier werden mitunter übertriebene Zahlen genannt; es wird von 13, 23 oder sogar 42 Wechseln zwischen Deutschen und Franzosen berichtet. Offiziell wechselten das Dorf Fleury und das Zwischenwerk Thiaumont zwischen Juni und Oktober jeweils viermal den Besitzer. Belegt sind folgende Angriffe und Gegenangriffe:

Fleury wurde am 23. Juni zum Teil erobert, am 11. Juli war es vollständig in deutscher Hand, am 2. August setzten sich französische Truppen für einen Tag in Fleury fest, die Deutschen hielten es danach bis zum 18. August. Ab diesem Tag lagen die Stellungen am berüchtigten Fleury-Bahndamm. Am 23. Oktober musste das Gelände von den Deutschen vollständig geräumt werden.

Ähnlich für Thiaumont: Einnahme durch die Deutschen am 23. Juni, Verlust am 5. Juli, Wiedereinnahme am 8. Juli und endgültiger Verlust am 23. Oktober infolge der Großoffensive der Franzosen.

Der Bajonettgraben

Nach dem Krieg wurde östlich einer kleinen Schlucht am Thiaumont, die Ravin de la Dame, „Bois Hassoule“ (Hassouleschlucht) oder auch „Ravin de la Mort“ (Totenschlucht) genannt wurde, ein Graben entdeckt, aus dem die Spitzen der aufgepflanzten Bajonette der Soldaten herausragten. Untersuchungen ergaben, dass die Soldaten tatsächlich noch Kontakt zu ihren Gewehren hatten. In den 1930er-Jahren entstand die Legende, dass diese Soldaten des französischen 137. Infanterieregimentes während Angriffsvorbereitungen auf das Zwischenwerk Thiaumont lebendig und stehend durch eine Granate verschüttet worden waren.

Die Aussagen eines Leutnants der 3. Kompanie, der die Soldaten angehörten, ergab ein völlig anderes Bild: „Die Soldaten waren während eines deutschen Vorstoßes am Morgen des 13. Juni 1916 gefallen und in ihrem Graben liegen geblieben. Die Deutschen beerdigten sie (sie schütteten den Graben zu) und ihre (aufrecht gestellten) Gewehre dienten als Markierung der Grabstelle.“ Eine Exhumierung 1920 bestätigte seine Erklärung: Keine der sieben Leichen stand aufrecht, vier konnten nicht identifiziert werden. Heute ist der Ort in dem Denkmal La Tranchée des Baïonnettes zu besichtigen, das von einem amerikanischen Industriellen errichtet wurde.

Ils ne passeront pas!

„Ils ne passeront pas!“ („Sie werden nicht durchkommen!“), auch „On ne passe pas!“, war der zentrale Propaganda-Slogan des Mythos um Verdun. Es wurde von den französischen Generälen Nivelle und Pétain geprägt. Später wurde es in vielen Propagandapostern sowie auch als Slogan für die Maginot-Linie benutzt. Der Slogan wurde später auch häufig genutzt. Eines der bedeutendsten Beispiele war kurz nach dem Beginn des Spanischen Bürgerkriegs als die Republikanerin Dolores Ibárruri in einer Rede die spanische Version des Slogans, „¡No pasarán!“ verwendete. Heutzutage ist die spanische Version des Slogans Symbol für die politische Linke.

Die Sicht auf die Stadt Verdun

Unter anderem im Buch „Verdun – Das große Gericht“ von P. C. Ettighoffer wird erwähnt, die Deutschen hätten nach ihrem Großangriff vom 23. Juni 1916, bei dem auch die Munitionsräume bei Fleury (Poudriere de Fleury) durch das bayerische Infanterie-Leibregiment eingenommen wurden, von der sogen. „Filzlausstellung“ (Ouvrage de Morpion) aus die Stadt Verdun sehen können. Ettighoffer schreibt weiter, dass Soldaten des Leibregiments Maschinengewehre in Stellung brachten und von der „Filzlaus“ aus Verdun beschossen. Dies ist unmöglich, da im Falle der „Filzlausstellung“ die Sicht durch den Belleville-Rücken versperrt wird, was durch einen einfachen Blick auf eine Karte erkennbar ist. Weiterhin wird dieser Beschuss der Stadt in keiner anderen Quelle erwähnt. Nicht einmal die Regimentsgeschichte des Infanterie-Leibregiments erwähnt einen solchen Beschuss, obwohl dies mehr als erwähnenswert wäre. Dort heißt es lediglich, dass ein kleiner Stoßtrupp der 11. Kompanie bis in die „Filzlausstellung“ vorfühlte und unmittelbar danach mit einigen französischen Gefangenen zu den Munitionsräumen zurückkehrte. Bis heute ist unklar, wie Ettighoffer zu dieser Behauptung kam, da Verdun von keinem Punkt des Schlachtfeldes, den deutsche Soldaten je erreicht hatten, einsehbar ist.

Verdun aus französischer Sicht

Verdun hatte für das französische Volk eine einende Funktion, die vor dem Hintergrund des als Abwehr definierten Kampfes zum nationalen Symbol wurde. Der Erste Weltkrieg wurde zuletzt erst durch den als Sieg gefeierten Widerstand vor Verdun zu einem gerechten Krieg gegen den Aggressor, selbst wenn die Kriegsstrategie Frankreichs vor Beginn des Krieges im Jahr 1914 alles andere als passiv war.

Die Verteidigung Verduns wurde in den Nachkriegsjahren mehr und mehr zur Heldentat verklärt. Die Festung Verdun wurde als unüberwindbares Bollwerk betrachtet, das den Fortbestand der französischen Nation garantiert hatte. Für das Grabmal des unbekannten Soldaten beim Arc de Triomphe in Paris exhumierte man die Leiche eines vor Verdun gefallenen Franzosen. General Pétain wurde von den Franzosen zum Nationalhelden erklärt und 1918 zum Marschall von Frankreich ernannt. Ihm zu Ehren wurde nach dem Krieg eine Statue auf dem Schlachtfeld vor Verdun errichtet, auf deren Sockel eine Modifizierung des zentralen Satzes des französischen Verdun-Mythos zu lesen ist: „Ils ne sont pas passés“ („Sie sind nicht durchgekommen“).

Die Verklärung der Verdun-Schlacht zur erfolgreichen Behauptung einer unbezwingbaren Festung sollte 1940 verheerende Folgen für Frankreich haben, da sie der modernen Kriegsführung mit schnellen Vorstößen durch Panzereinheiten – wie sie die Wehrmacht beim Westfeldzug (10. Mai bis 25. Juni 1940) praktizierte – nicht gewachsen war. Pétain wurde aufgrund seiner Kooperation mit dem Dritten Reich im August 1945 zum Tode verurteilt; wahrscheinlich wurde wegen seiner Verdienste in der Schlacht um Verdun seine Strafe in lebenslange Haft umgewandelt.

Auf den Schlachtfeldern ist auch heute noch diese mehr oder weniger starke nationale Bedeutung der Schlacht allgegenwärtig. Am Fort Douaumont weht seit vielen Jahren schon die Trikolore, die deutsche und die Europafahne. An vielen anderen Orten der Schlacht, die ins kollektive Gedächtnis aufgenommen wurden weht die Trikolore, um die nationale Bedeutung zu unterstreichen. Die gleiche Interpretation gilt für die verschiedenen Denkmale im Umkreis von Verdun (Denkmal der Streitkräfte, Löwe von Souville (es stellt einen sterbenden bayrischen Löwen dar und markiert das weiteste Vordringen der deutschen Truppen),[21] Maginot-Denkmal, …), die alle den nationalen Gedanken und vermeintlichen Sieg feiern, aber sehr selten an das Sterben der Soldaten erinnern.

Erst durch das gemeinsame Bekenntnis durch François Mitterrand und Helmut Kohl am 22. September 1984 wurde diese stark nationale Symbolik gebrochen, um zusammen mit Deutschland einer gemeinsamen Vergangenheit zu gedenken.

Verdun aus deutscher Sicht

Da die Offensive an der Maas weder zur Einnahme Verduns noch zur völligen Abnutzung der französischen Armee geführt hatte, waren wesentliche Angriffsziele nicht erreicht worden. Wie die meisten anderen Schlachten wurde auch der Kampf vor Verdun nach dem verlorenen Weltkrieg nicht als wirkliche Niederlage der deutschen Armee gesehen. Dies wurde vor allem gestützt durch die von den nationalen Kräften in Deutschland verbreitete Dolchstoßlegende. Verdun wurde als Fanal für eine ganze Generation gesehen – ähnlich dem Opfergang der Schulabgänger und Studenten 1914 in der Ersten Flandernschlacht. Bis zur Machtübernahme 1933 wurde Verdun doch unter einem wesentlich weniger heroischen Blickwinkel gesehen, da die Sinnlosigkeit der zehnmonatigen Schlacht nur schwer anders interpretiert werden konnte.

Die meisten der deutschen Kriegsromane, die zu Zeiten der Weimarer Republik erschienen, handelten von der Schlacht um Verdun. „Verdun“ wurde dabei zum Sinnbild des modernen, vollständig industrialisierten Krieges. Dabei ging es nicht mehr um Sieg oder Niederlage, sondern um die Erfahrung der Materialschlacht. Auch die Frage nach dem Sinn der blutigen Stellungskämpfe wurde angesichts der gewaltigen Zerstörungskraft des modernen Kriegsgeräts als nebensächlich eingestuft. Nicht die kritische Nachbetrachtung, sondern das Erleben der Schlacht stand im Mittelpunkt des deutschen Verdun-Mythos. Eine zentrale Rolle übernahm dabei der Verdun-Kämpfer, der als neuer Typus des Soldaten betrachtet wurde. Dieser wurde als charakterlich entleert, kalt und hart beschrieben und verdrängte frühere, romantisch verklärte Idealbilder, wie sie insbesondere im bürgerlichen Milieu vorherrschten. Im Dritten Reich wurde dieser Mythos weiter ausgebaut. Der Umstand, dass viele Offiziere des Zweiten Weltkrieges vor Verdun gedient hatten, führte zu einer Instrumentalisierung zu Propagandazwecken.

Nach 1945 und unter dem Eindruck des für Deutschland noch verheerenderen Zweiten Weltkrieges wurde die Schlacht von Verdun in der Bundesrepublik selten thematisiert und dann im Allgemeinen nüchtern interpretiert.

Ergebnis der Schlacht – ein deutscher Erfolg?

Abhängig von der Perspektive wird das Ergebnis der Kämpfe vor Verdun unterschiedlich interpretiert, als Erfolg der Franzosen, als ein Unentschieden, oder als Erfolg der Deutschen.

Ein einfacher und leicht feststellbarer Maßstab ist die Lage der Frontlinie am 24. Februar 1916. Die Abwägung des Vormarsches und des Geländegewinnes der Deutschen kann zu der Interpretation führen, dass die deutsche Armee auch nach Beendigung der Schlacht im Dezember 1916 mehr Gelände gewonnen hielt, als sie durch den französischen Gegenstoß ab Juli 1916 wieder verloren hatte, und sie insofern als Gewinner der eigentlichen Schlacht von Verdun gesehen werden könnte. Diese Front wurde bis zum Eintreffen der Amerikaner und dem Verlust des St.-Mihiel-Bogens weitestgehend gehalten. Da dieser Zuwachs an gehaltenem Gelände jedoch keine signifikanten strategischen Auswirkungen auf den Kriegsverlauf hatte, ist diese Wahl des Maßstabes als belastbares Kriterium fragwürdig.

Eine andere Möglichkeit ist der Vergleich des Ergebnisses der Schlacht mit den ursprünglichen Zielen: Nach dieser Bewertung ist die Schlacht von Verdun für die deutsche Seite ein großer Fehlschlag, da ihre Ziele verfehlt und stattdessen die deutsche Offensivkraft entscheidend geschwächt wurde.

Das Schlachtfeld heute

Auf dem umkämpften Gebiet explodierten etwa 50 Millionen Artilleriegranaten und Wurfminen. Die Landschaft wurde mehrfach durchpflügt, wovon sie sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Nach wie vor befinden sich zahlreiche Blindgänger, Gewehre, Helme, Ausrüstungsstücke und menschliche Knochen im Erdreich des Schlachtfelds. Die ehemals umkämpften Forts und Zwischenwerke wie Douaumont und Vaux wurden schwer beschädigt, können jedoch besichtigt werden. Im Umland von Verdun befinden sich zahlreiche Friedhöfe und Beinhäuser. Im Beinhaus von Douaumont werden die Gebeine von etwa 130.000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten verwahrt. Bei Fleury befindet sich das Mémorial de Verdun, ein Museum, in dem damals verwendetes Kriegsgerät, Waffen, Uniformen, Bodenfunde, Fotos usw. ausgestellt werden. Außerdem kann eine Filmvorführung besucht werden.