Nun danket alle Gott

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Nun danket alle Gott ist der Titel eines von dem protestantischen Eilenburger Geistlichen Martin Rinckart (1586–1649) verfassten Chorals. Er zählt zu den bekanntesten geistlichen Liedern in deutscher Sprache

Entstehung und Rezeption

Der Text Nun danket alle Gott erschien erstmals 1636 in Rinckarts Jesu Hertz-Büchlein, wo er unter der Rubrik „Tisch-Gebetlein“ aufgeführt ist.[2] Die Melodie wird von einigen Hymnologen ebenfalls Rinckart zugeschrieben, von anderen Johann Crüger, in dessen Gesangbuch Praxis pietatis melica von 1647 sie erstmals veröffentlicht ist. Die drei Strophen wurden zu dieser Zeit entweder selbständig als Tischgebet oder zusammen mit der Melodie als „Lied zu Tisch“ vorgetragen. Eine traditionell oft vermutete Verbindung zum hundertjährigen Jubiläum der Confessio Augustana (1630) erschließt sich dagegen aus dem Text selbst nicht und gilt als historisch fragwürdig.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gehörte das Lied bereits zum festen Bestand vieler  bedeutender evangelischer Kirchengesangbücher in Deutschland. Berühmt wurde es im 18. Jahrhundert in Anlehnung an die Schlacht von Leuthen als „Choral von Leuthen“. In der Nähe des niederschlesischen Ortes Leuthen besiegte am 5. Dezember 1757 die preußische Armee unter Friedrich II. die Österreicher im Siebenjährigen Krieg. Am Abend nach der Schlacht sollen 25.000 Soldaten spontan das Lied angestimmt haben, das in der Folgezeit zunächst in Preußen, später in ganz Deutschland zu einer beliebten vaterländischen Hymne avancierte.

Eine ungewöhnliche und wesentlich ambivalentere Rolle spielt Nun danket alle Gott in Börries Freiherr von Münchhausens Ballade Der Todspieler von 1903, in der ein evangelischer Pastor auf tragische, unerklärliche Weise durch sein besonders inspiriertes Spiel des Chorals nach und nach den Tod seiner Frau und zweier seiner drei Söhne verschuldet.

Nun danket alle Gott erhielt im 1897 geschaffenen Historischen Festspiel der Dinkelsbühler Kinderzeche einen prominenten Platz als Schlusschoral der seitdem (außer 1940–1947 und 2020) alljährlich stattfindenden Aufführung. Das Lied hat hier die Funktion der Danksagung an Gott wegen der erfolgreich abgewendeten Plünderung der Stadt durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg. Die Verwendung des 1634 veröffentlichten Chorals ist allerdings anachronistisch, da die im Festspiel erzählten Ereignisse 1631 stattgefunden haben sollen.

Der Choral wurde auch 1955 im Lager Friedland nach Ankunft der offiziell letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, deren Heimkehr Bundeskanzler Konrad Adenauer erwirkt hatte, angestimmt. Helmut Kohl wählte es 1998 als Teil der Serenade des Großen Zapfenstreichs vor dem Speyerer Dom anlässlich seiner Verabschiedung aus.

Das Lied erfuhr zahlreiche musikalische Bearbeitungen, unter anderem durch Johann Christoph Altnikol, Johann Pachelbel, Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach (BWV 79, 192, 252, 386, 657 sowie mehrere Fragmente), Felix Mendelssohn Bartholdy (Lobgesang), Franz Liszt (zur Einweihung der Walcker-Orgel im Dom zu Riga, 1884), Max Reger und in der englischen Übertragung von Catherine Winkworth durch John Rutter (Now thank we all our God, 1974). Es ist im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 321 verzeichnet (EG 321). Im katholischen Gesangbuch Gotteslob ist es unter Nummer 405 (GL 405), im Mennonitischen Gesangbuch unter Nummer 53 (MG 53) und im Neuapostolischen Gesangbuch unter Nummer 256 (NG 256) zu finden. Durch zahlreiche Übersetzungen ist es auch über den deutschen Sprachraum hinaus verbreitet.

Text

Rinckarts Gedicht besteht aus drei Strophen zu je zwei Alexandriner-Paaren, einem weiblich und einem männlich reimenden.

Die ersten beiden Strophen sind die dichterische Umsetzung des apokryphen Textes Sir 50,22–24 Lut. Dabei liegt die Lutherübersetzung zugrunde:

Nun danket alle Gott, der große Dinge tut an allen Enden, der uns von Mutterleib an lebendig erhält und uns alles Gute tut. 23Er gebe uns ein fröhliches Herz und verleihe immerdar Frieden zu unsrer Zeit in Israel und dass seine Gnade stets bei uns bleibe und uns erlöse, solange wir leben.“

Nun danket alle Gott
mit Herzen, Mund und Händen,
der große Dinge tut
an uns und allen Enden,
der uns von Mutterleib
und Kindesbeinen an
unzählig viel zugut
und noch jetzund getan.

Der ewigreiche Gott
woll uns bei unserm Leben
ein immer fröhlich Herz
und edlen Frieden geben
und uns in seiner Gnad
erhalten fort und fort
und uns aus aller Not
erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott,
dem Vater und dem Sohne
und dem, der beiden gleich
im höchsten Himmelsthrone,
dem dreimal einen Gott,
wie es ursprünglich war
und ist und bleiben wird
jetz
und und immerdar.

Die dritte Strophe ist eine Nachdichtung des Gloria Patri. Die Originalfassung Rinckarts wurde mit geringeren Abweichungen bis ins 20. Jahrhundert hinein gesungen und fand sich im bis 1993/96 verwendeten Evangelischen Kirchengesangbuch. In der aktuellen Version ist das „jetzund“ in Strophe 1 und 3 getilgt; „dem, der beiden gleich“ wurde durch „Gott dem Heilgen Geist“ ersetzt. Das „er“ in der drittletzten Zeile war schon im 19. Jahrhundert durch „es“ ersetzt und damit der Lutherübersetzung des Gloria Patri angepasst worden; Glättungen des „dreimal einen“ gab es schon im 18. Jahrhundert und auch im DEG 1915.