Max Herrmann-Neiße

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Max Herrmann-Neiße, auch Herrmann-Neisse – geboren am 23. Mai 1886 in Neiße, Schlesien; gestorben am  8. April 1941 in London) war ein deutscher Schriftsteller.

Biografie

Frühzeit und schriftstellerische Anfänge

Max Herrmann-Neiße (eigentlich Max Herrmann), ein Sohn des Kaufmanns und Gastwirts Robert Herrmann (1854–1916), zeichnete sich schon als Gymnasiast durch außerordentlichen literarischen Einfallsreichtum aus. Er verfasste Gedichte und Theaterstücke; auch schloss er eine enge Freundschaft zu dem ebenfalls aus Neisse stammenden Franz Jung. Die Jahre der Kindheit und Jugend – wie auch das spätere Leben – waren überschattet durch den Umstand, dass Herrmann-Neiße an Hyposomie litt, also kleinwüchsig war.

Von 1905 bis 1909 studierte er in München und Breslau Literatur- und Kunstgeschichte. In München kam er mit der dortigen Bohème in Kontakt und besuchte häufig Varietés und Kabaretts. 1909 verließ er die Universität ohne Abschluss und ging zurück nach Neiße, um als freier Schriftsteller zu leben. Nach ersten, wenig beachteten Veröffentlichungen erschienen ab 1911 in der von Franz Pfemfert herausgegebenen Zeitschrift „Die Aktion“ Gedichte Herrmann-Neißes und bald darauf auch im von Alfred Kerr herausgegebenen Pan. Beide Zeitschriften gehörten zu den führenden Organen der modernen Literatur und machten den jungen Autor rasch bekannt.

Für seinen 1914 im S. Fischer Verlag erschienenen ersten größeren Gedichtband Sie und die Stadt erhielt er 1924 den Eichendorff-Preis. Der Erste Weltkrieg ruinierte seine Eltern. Sein Vater verstarb 1916, und seine Mutter ertränkte sich 1917 in der Glatzer Neiße. Im März 1917 zogen Herrmann-Neiße und die gleichfalls aus Neiße stammende Leni Gebek, die er im Mai 1917 heiratete, nach Berlin, wo er in engem Kontakt zu Jung, Pfemfert und sozialistischen wie anarchistischen Kreisen stand. In dieser Zeit fügte er seinem Namen den seiner Heimatstadt an.

Jahre des Erfolgs (1919 bis 1933)

Allein 1919 erschienen vier Bücher Herrmann-Neißes (drei Gedichtbände und ein Theaterstück), die von der Kritik und von Autoren wie Else Lasker-Schüler oder Oskar Loerke begeistert aufgenommen wurden. Allerdings genügte dies nicht für den Lebensunterhalt, den er durch journalistische Arbeiten und eine Tätigkeit als Korrektor bei S. Fischer sichern musste. Ebenfalls 1919 wurde seine Komödie „Albine und Aujust“ in Berlin uraufgeführt.

In den 1920er Jahren begann Herrmann-Neiße neben Gedichten verstärkt Erzählungen und andere Prosa zu schreiben. 1920 erschien der autobiografische Roman „Cajetan Schaltermann“. Die meisten Texte  dieser Zeit sind noch stark vom Expressionismus geprägt. Mit dem Erzählband „Die Begegnung“ (1925) zeichnete sich eine Wende hin zur Neuen Sachlichkeit ab. In dieser Zeit begann er regelmäßig in Kabaretts aufzutreten, wo er meist eigene Texte vortrug; hieraus ergaben sich Kontakte u. a. zu Claire  Waldoff und Alfred Polgar. 1927 erhielt Herrmann-Neiße den Gerhart-Hauptmann-Preis.

In den späten 1920er Jahren war Herrmann-Neiße einer der bekanntesten Berliner Literaten, wozu neben seinen Texten auch die auffällige Gestalt und Erscheinung beitrugen. Zahlreiche Künstler, darunter Ludwig Meidner, George Grosz und Otto Dix, porträtierten ihn zu dieser Zeit.

Im Exil

Kurz nach dem Reichstagsbrand 1933 verließ Herrmann-Neiße gemeinsam mit seiner Frau Deutschland und ging zunächst in die Schweiz, dann über die Niederlande und Frankreich nach London, wo er sich im September 1933 niederließ. Die Kosten für Unterkunft und Ernährung trug ein Gönner – es handelt sich um den vermögenden Juwelier Alphonse Sondheimer. Er ermöglichte 1936 auch die Publikation des Bandes „Um uns die Fremde“, die bei Oprecht in Zürich erschien.

Herrmann-Neiße gründete Ende 1933 gemeinsam mit Lion Feuchtwanger, Rudolf Olden und Ernst Toller den Exil-PEN, doch blieb er in England ansonsten weitgehend isoliert. 1938 beantragte er, nachdem er aus Deutschland ausgebürgert worden war, ohne Erfolg die englische Staatsbürgerschaft.

Auch im Exil schrieb er viel, darunter Gedichte, die zu seinen besten gerechnet werden, aber es gab nur noch wenige Möglichkeiten zur Veröffentlichung. 1940 entstand das Gedicht „Litanei der Bitternis“:

„Bitter ist es, das Brot der Fremde zu essen,
bittrer noch das Gnadenbrot,
und dem Nächsten eine Last zu sein.
Meine bessren Jahre kann ich nicht vergessen;
doch nun sind sie tot,
und getrunken ist der letzte Wein.“

Herrmann-Neiße spielt in diesem Gedicht auf das Dreiecksverhältnis an, in dem er als schwächster Teil lebte, nachdem seine Frau eine Liebesbeziehung mit Alphonse Sondheimer begonnen hatte, den sie nach dem Tod des Dichters auch heiratete. Im April 1941 starb er in London an den Folgen eines Herzinfarkts und wurde auf dem East Finchley Cemetery in London beigesetzt. Der Band „Letzte Gedichte“ wurde posthum von seiner Frau Leni veröffentlicht, die 1960 kurz nach dem Tod ihres zweiten Mannes Selbstmord beging. Wie viele Schriftsteller der Zeit geriet Max Herrmann-Neiße schnell in Vergessenheit. Seine Werke wurden erst ab den späten 1970er Jahren allmählich wiederentdeckt und neu herausgegeben (und danach wieder vergessen).