Max Brod

Aus Wikipedia:

… geboren am 27. Mai 1884 in Prag, Österreich-Ungarn; gestorben 20. Dezember 1968 in Tel Aviv) war ein tschechoslowakisch-israelischer Schriftsteller, Theater- und Musikkritiker. Sein einst erfolgreiches literarisches Werk ist heute weitgehend unbeachtet. Bedeutungsvoll sind seine Verdienste um den Erhalt der Werke des Schriftstellers Franz Kafka als deren Herausgeber, Bearbeiter und Interpret. Darüber hinaus war Brod Förderer der Komponisten Leoš Janáček und Jaromír Weinberger. Er gilt auch als Entdecker des Dichters Franz Werfel.

Leben

Max Brod wurde als Sohn eines Prager Bankbeamten geboren. Von seiner Mutter ist nur bekannt, dass sie psychische Probleme mit den Kennzeichen einer Depression gehabt haben soll. Vater und Mutter waren begeisterte Opernfreunde. Sein Vater schätzte u. a. „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner und sang zuhause Opernarien; die Mutter soll von Giuseppe Verdis „La traviata“ beeindruckt gewesen sein. Max Brod, sein Bruder Otto Brod (* 6. Juli 1888 in Prag, † Oktober 1944 in Auschwitz) und seine Schwester Sophie wuchsen in kultiviert-jüdischer bürgerlicher Atmosphäre in Prag auf.

Max Brod war Absolvent des Stefans-Gymnasiums in Prag, nahm anschließend an der deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag ein Jurastudium auf und promovierte dort 1907 zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. jur.). Er trat in die „Akademische Landsmannschaft Hercynia zu Prag“ ein, eine Studentenverbindung, die von 1871 bis 1939 bestand und als Alte Prager Landsmannschaft Hercynia im CC zu Frankfurt am Main heute weiter besteht.

Während der Studienzeit begegnete Max Brod am 23. Oktober 1902 in der Prager „Lese- und Redehalle der deutschen Studenten“ Franz Kafka, als Brod dort einen Vortrag über Arthur Schopenhauer hielt. Eine lebenslange Freundschaft begann, über deren Beginn in einer Publikation von Max Brod folgendes überliefert ist:

„Nach diesem Vortrag begleitete mich Kafka, der um ein Jahr Ältere, nach Hause. – Er pflegte an allen Sitzungen der ‚Sektion‘ teilzunehmen, doch hatten wir einander bis dahin kaum beachtet. Es wäre auch schwer gewesen, ihn zu bemerken, der so selten das Wort ergriff und dessen äußeres Wesen überhaupt eine tiefe Unauffälligkeit war, – sogar seine eleganten, meist dunkelblauen Anzüge waren unauffällig und zurückhaltend wie er. Damals aber scheint ihn etwas an mir angezogen zu haben, er war aufgeschlossener als sonst, allerdings fing das endlose Heim-Begleitgespräch mit starkem Widerspruch gegen meine allzu groben Formulierungen an.“

Max Brod und Franz Kafka trafen sich fortan häufig, oft täglich, und blieben bis zu Kafkas Tod befreundet. Franz Kafka war öfter Gast im Elternhaus der Brods und lernte dort 1912 seine spätere Freundin und Verlobte Felice Bauer kennen, die eine Kusine von Brods Schwager Max Friedmann war. Zusammen mit Brods engem Freund Felix Weltsch und Franz Kafka bildeten sie die so genannte „Prager Schule“.

Auch Albert Einstein lernte Brod an der Prager Universität kennen; er wurde Vorbild für die Figur des Johannes Kepler in seinem Roman „Tycho Brahes Weg zu Gott“ (1915).

Nach der Promotion zum Dr. jur. 1907 wurde Brod zunächst Justiz-, Finanz-, Post- und Versicherungsbeamter, dann Theater- und Musikkritiker sowie Feuilletonredakteur beim „Prager Tagblatt“. Er emigrierte 1939 nach Palästina und war bis zu seinem Tod 1968 Dramaturg des Habimah-Theaters in Tel Aviv.

Beginn der literarischen Karriere

Mit 24 Jahren veröffentlichte Brod bereits sein viertes Buch, den Roman „Schloß Nornepygge“, der vor allem in Berliner Literaturkreisen enthusiastisch als Meisterwerk des Expressionismus gefeiert wurde. Durch dieses und weitere Werke wurde Brod zu einer bekannten Persönlichkeit der deutschsprachigen Literatur. Er förderte mit Erfolg Schriftsteller und Musiker. Zu den von Brod Protegierten gehörte unter anderem der Dichter Franz Werfel, den er bereits 1910 mit einer Gedichtvorlesung in Berlin der Öffentlichkeit bekannt machte, sich mit diesem aber später zeitweise überwarf, als Werfel begann sich vom Judentum loszulösen und sich dem Christentum zuwandte. Auch mit dem von der jüdischen Religion zum römisch-katholischen Glauben konvertierten Publizisten und Schriftsteller Karl Kraus hatte Brod darüber Auseinandersetzungen. Max Brod war in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg von einem indifferenten zu einem bewussten Anhänger des Judentums und aktiven Vertreter des Zionismus geworden. Er verstand Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Juden in erster Linie als Angehörige einer „Rasse und Herkunft“ und lehnte daher Assimilierung und Mischehen mit Angehörigen anderer Religionen entschieden ab. Seine Werke veröffentlichte er seit 1912 im Kurt Wolff Verlag.

Entdecker und Mentor

Der von Johannes Urzidil als ungemein vielseitiger Poeta doctus bezeichnete Max Brod, der auch als Übersetzer, Komponist und Publizist tätig war und mehrere umfangreiche philosophische Werke veröffentlichte, trug unter anderem dazu bei, dass Jaroslav Hašeks Weltkriegssatire „Der brave Soldat Schwejk“ auf Berliner Bühnen gespielt und der tschechische Autor dadurch im Ausland populär wurde.

Max Brod nimmt auch einen ehrenvollen Platz in der Musikgeschichte ein. Er verfasste in Zusammenarbeit mit dem mährischen Komponisten Leoš Janáček deutschsprachige Libretti für dessen Opern und verhalf ihm damit zum Durchbruch auf den internationalen Opernbühnen. Aufführungen in tschechischer Sprache fanden damals außerhalb der Länder der Böhmischen Krone kein Publikum und selbst in Prag waren sie keineswegs selbstverständlich. Brod meisterte die schwierige Aufgabe, seinen Text in Einklang zu bringen mit einer Musik, die ganz auf der Sprachmelodie des Tschechischen basierte. Dies erforderte Zugeständnisse und Anpassung des Komponisten, so dass z. B. die deutschsprachige „Jenůfa nicht notengetreu mit dem tschechischen Operntext übereinstimmt. Außer „Jenufa“ übersetzte Brod die Libretti zu den Opern „Katja Kabanova“, „Das schlaue Füchslein“, „Die Sache Makropulos“ und „Aus einem Totenhaus“. Außerdem trug Brod durch zahlreiche Veröffentlichungen und eine erste Biographie zum allmählich einsetzenden Ruhm Janáčeks bei. Er machte auch seinen Einfluss geltend, um Aufführungen der damals avantgardistischen Werke an europäischen Opernhäusern durchzusetzen.

Vor allem aber wurde Max Brod zum entscheidenden Förderer und Mentor der Werke von Franz Kafka. Brod versuchte den an seiner Begabung zweifelnden Kafka in dessen literarischen Bestrebungen zu unterstützen und drängte ihn, seine Arbeiten zu veröffentlichen. Es ist wahrscheinlich Brod zu verdanken, dass Kafka anfing, ein Tagebuch zu führen. Zwar verabredeten sie auch gemeinsame literarische Projekte, doch diese verwirklichten sich aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsweise der beiden Autoren nicht. Auch nach seiner Heirat mit Elsa Taussig im Jahr 1913 blieb Brod der engste Freund und Bewunderer Kafkas. Er stand diesem in seinen Lebenskrisen bei, wobei Brod andererseits auch bei eigenen Problemen öfter Rat und Hilfe bei Kafka suchte und fand. 1913 nahm Brod auch Franz Kafka in das von ihm herausgegebene Jahrbuch für Dichtkunst Arkadia auf. Dazu schrieb das „Berliner Tageblatt“ in seiner Ausgabe vom 29. April 1914: „Zwei Talente aus dem jüngeren Jahrgang sind Franz Kafka und Heinrich Eduard Jacob. Beide gegeneinander auszuspielen ist ein Unding. Größere Gegensätze in der Formulierung des Ethischen gibt es kaum. Aber jeder leistet auf seinem Gebiet Erstaunliches.“

Nach dem Ersten Weltkrieg

Als nach dem Krieg 1918 die Monarchie Österreich-Ungarn auseinanderfiel und sich die Tschechoslowakei konstituierte, wurde Brod kurzfristig Vizepräsident des Jüdischen Nationalrates. Nachdem Brod seine Tätigkeit als Beamter im Postdienst in Prag aufgegeben hatte, arbeitete er als Kunstkritiker und freier Autor. In den 1920er Jahren erreichten seine Bücher große Auflagen. So wurden von Tycho Brahes Weg zu Gott bis 1920 52.000 Exemplare gedruckt.

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei setzte ihn 1933, als sie die Macht in Berlin übernommen hatte, auf ihre Liste der verbrannten Bücher 1933 und Max Brod stand auf der Liste verbotener Autoren während der Zeit des Nationalsozialismus.

In dieser Zeit nahm Brod als Redakteur am „Prager Tagblatt“ von exilierten deutschen Journalisten und Schriftstellern zahlreiche Artikel und Kurzgeschichten an, obwohl ihm klar war, dass er sie niemals alle veröffentlichen konnte. Die bar ausgezahlten Honorare, auch wenn es geringe Beträge waren, bedeuteten für viele Emigranten eine wichtige Überbrückungshilfe. Eine Zeit lang arbeitete auch die Autorin Maria Treben für ihn. Am Abend vor der deutschen Besetzung Prags am 15. März 1939 emigrierte Brod zusammen mit Felix Weltsch im letzten freien Flüchtlingszug nach Palästina.

Brod als Nachlassverwalter Franz Kafkas

Kafka starb 1924 im niederösterreichischen Sanatorium Kierling und hatte letztwillig verfügt, dass alle seine literarischen Aufzeichnungen zu vernichten seien, und Max Brod als Nachlassverwalter eingesetzt. Brod setzte sich über dessen letzten Willen hinweg, da er glaubte, die angeordnete Vernichtung von Franz Kafkas Manuskripten kulturell nicht verantworten zu können und diese weiter veröffentlichen wollte. Dies führt bis heute zu Auseinandersetzungen um das berühmte und lukrative Erbe. Max Brod soll sich verpflichtet gefühlt haben, die literarische Welt auf Leben und Denken Kafkas aufmerksam zu machen, den er als den „größten Dichter unserer Zeit“, nämlich des 20. Jahrhunderts, rühmte.

Bereits 1925 begann Max Brod mit der Veröffentlichung der Romanfragmente Kafkas. In den Dreißigerjahren folgten eine sechsbändige Werkausgabe und eine Biografie Kafkas. In zahlreichen Veröffentlichungen wehrte sich Brod gegen eine von ihm als einseitig angesehene Interpretation der Werke Kafkas, die zu der Kennzeichnung kafkaesk für bestimmte Sachverhalte geführt hat.

1939 bis zum Tod

Max Brod wandte sich unter dem Einfluss Martin Bubers früh dem Zionismus zu. Dies war neben seiner jüdischen Religion und den einsetzenden Verfolgungen durch die Nationalsozialisten nach 1933 einer der Gründe, warum er 1939 nach Palästina floh, als die deutsche Wehrmacht im März 1939 die restlichen Gebiete der Tschechoslowakei besetzte und bis Mai 1945 das Protektorat Böhmen und Mähren bestand.

Sein Bruder, der Schriftsteller Otto Brod (1888–1944), wurde 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt und 1944 nach Auschwitz deportiert, wo er in der Gaskammer ermordet wurde. Als Max Brod nach dem Krieg vom Schicksal seines Bruders (und Freundes) erfuhr, gab ihm das den Anstoß, sich wieder mit theologischen Themen zu beschäftigen. Vor allem die Fragen: „Ist die Seele unsterblich?“ und: „Wie lässt sich das Leiden der Welt mit dem Glauben an einen allmächtigen und allgütigen Gott vereinbaren?“ teilt er mit weiteren Glaubensgemeinschaften und Religionen.

Von 1938 bis 1947 hat Max Brod fast nichts publiziert. Das Geschehen im Zweiten Weltkrieg und der Tod seiner Frau 1942 hatten seine Kräfte gelähmt. Sehr wichtig war in dieser Zeit für ihn die enge Freundschaft zu Felix Weltsch in Jerusalem, die sich durch Hunderte Briefe ausdrückte. Dessen Freundschaft zu Brod hielt von der Piaristenschule bis zum Tode Weltschs 75 Jahre.

In Tel Aviv arbeitete und lebte Max Brod bis zu seinem Tod im Jahre 1968 als freier Autor, Journalist und Dramaturg am Nationaltheater Habimah.

Seinen Nachlass und damit auch einen Teil des Nachlasses von Franz Kafka verwaltete, zum Teil kritisiert und beargwöhnt, nach seinem Tod seine ehemalige Sekretärin und Lebensgefährtin Esther Hoffe. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob sie und später deren Töchter als ihre Erbinnen das Recht hätten, diesen Nachlass dem Deutschen Literaturarchiv Marbach zu verkaufen oder ob es sich dabei um „nationales Kulturgut“ handele, das in Israel verbleiben müsse. Die israelischen Gerichte gaben durch alle Instanzen der Nationalbibliothek recht, zuletzt im August 2016 am Obersten Gericht der Richter Eljakim Rubinstein.

Der Musiker und Komponist

Brod hatte neben Jura auch Musikwissenschaft, Komposition und Klavier studiert und war ein ausgezeichneter Pianist. Als Komponist war er bis in die 1950er Jahre aktiv, wobei er im Wesentlichen kammermusikalische Werke schuf, darunter allein 14 Liederzyklen. Sein Kompositionslehrer war ein Schüler von Antonín Dvořák, dessen Musik sein Schaffen deutlich prägte. Erst später – in den 1940er Jahren – zeigten sich in seinen Kompositionen Einflüsse der zeitgenössischen Musik, auch hinterließ die israelische Folklore ihre Spuren in seinem Werk.

Anerkennung

1948 wurde Brod mit dem Bialik-Literaturpreis ausgezeichnet, im Jahr 1965 erhielt er die Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft e.V. in Düsseldorf. Im Jahr 1964 wurde er in die Freie Akademie der Künste in Hamburg aufgenommen und noch im gleichen Jahr mit deren Plakette ausgezeichnet. 1973 wurde in Wien-Hernals (17. Bezirk) die Max-Brod-Gasse nach ihm benannt.