Klabund – Musiker der Sprache

National Zeitung Basel vom 18. Dezember Nr. 586

In dem geistreich sprühenden, unerklärlicherweise bis heute nicht neu aufgelegten „Crossen Bestiarium der modernen Literatur“ charakterisierte Franz Blei den Dichter Klabund als einen „überaus buntfarbigen Kugelkäfer, dem seine natürliche Buntheit noch nicht genügt. Wo immer er was Farbiges findet, rollt er sich darin herum, so lange, bis er auf seinen kleinen Stacheln einiges davon aufgespießt hat, was ihn noch bunter erscheinen lässt als er ist. Solches macht dem Klabunde Spaß“. Heute sind die farbigen Spuren auf der Wiese der Literatur fast völlig‘ verweht. Unsere Zeit weiß mit den zarten Gebilden, die der seltsame Dichter spann, nur mehr wenig‘ anzufangen, hat doch einem Worte Malraux‘ zufolge der Akademismus des Faustschlags ins Gesicht den Akademismus des jungen Mädchens, das Bach spielt und dazu die Blumen be­trachtet, abgelöst.

Umso freudiger begrüßen wir das Unternehmen des Phaidon-Verlages (Zürich), der uns in drei reizvoll mit Bast gebundenen, mit Holzschnitten chinesischer und japanischer Meister verzierten Leinenbänden die „Die Dichtungen aus dem Osten“ in einer
Kassette vorlegt. Jahrelang waren diese Nachdichtungen, die einen bittersüßen Schmelz ausstrahlten, begehrte und gesuchte Objekte von Liebhabern gewesen. Sie heute in einem etwas kleineren Forma in schöner Geschlossenheit lesen zu dürfen, ist beglückend. Klabunds Nachdichtungen aus dem Chinesischen und Japanischen besitzen einen eigenen, unverwechselbaren Klang. Wir vermögen uns ihrem
Zauber nicht zu entziehen, ob er nun das chinesische
Spiel des „Kreidekreises“ beschwört, das japanische „Kirschblütenfest“ oder die zarten Gebilde chinesischer und japanischer Lyrik.                                H. A. J.