Hermann Budzislawski

Aus Wikipedia:

„… geboren am 11. Februar 1901 in Berlin; gesorben am 28. April 1978 ebenda) war ein deutscher Journalist. Bekannt wurde er bereits in den 1930er Jahren als Chefredakteur der Zeitschrift „Die Weltbühne“.

Leben

Vor 1933

Hermann Budzislawski besuchte die Knabenschule der Jüdischen Gemeinde Berlin und die Oberrealschule und studierte nach dem Abitur 1919 bis 1923 Nationalökonomie und Staatswissenschaften in Berlin, Würzburg und Tübingen. Danach arbeitete er als kaufmännischer Angestellter, Redakteur der Zeitschrift Industrial and Trade Review for India und Hauslehrer, sowie 1926 bis 1933 als Freier Mitarbeiter des Nachtexpress und der Weltbühne. 1929 bis 1933 war er Mitglied der SPD.

Exil

1933 flüchtete Budzislawski nach Zürich und 1934 weiter nach Prag, wo er sich der Einheitsfront von Neu Beginnen anschloss. Am 11. Juni 1935 veröffentlichte der Deutsche Reichsanzeiger die vierte Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs, nach welcher er rechtskräftig ausgebürgert wurde. Dort war er bis 1938 Vorsitzender des Deutschen Volksfrontkomitees, danach Vorsitzender des Ausschusses Deutscher Oppositioneller in Paris. Daneben war er Herausgeber und Chefredakteur der Exilzeitschrift Die Weltbühne. Er war Gründungsmitglied und Vorsitzender des Deutschen Volksfrontkomitees in Prag. 1939 bis 1940 war er in Frankreich interniert, danach flüchtete er über Portugal in die USA. Dort war er u. a. Mitarbeiter und Ghostwriter von Dorothy Thompson und Kommentator und Kolumnist der Overseas News Agency New York. Im Mai 1944 war er an der Gründung des Council for a Democratic Germany (CDG) in New York beteiligt.

Rückkehr

1948 kehrte Budzislawski nach Deutschland zurück, wurde Mitglied der SED und Professor für internationales Pressewesen an der Universität Leipzig. 1954 bis 1962 war er der Dekan der neu gegründeten Fakultät für Journalistik. (1963 wurde Wolfgang Rödel zu seinem Nachfolger berufen.) Bis 1967 unterrichtete Budzislawski an der Karl-Marx-Universität als Direktor des Institutes für Pressegeschichte und des Institutes für Theorie und Praxis der Pressearbeit und als Dekan der journalistischen Fakultät. Seine Schriften prägten über Jahre den in der DDR praktizierten so genannten sozialistischen Journalismus, dessen Haltung dadurch gekennzeichnet ist, gemäß der Lenin’schen Pressetheorie kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator des Sozialismus zu sein. Anders als bei seinen Nachfolgern im Dekanat der Fakultät für Journalistik zeichnen sich seine Arbeiten jedoch auch durch einen zwischen den Zeilen lesbaren Liberalismus aus, der auf seine Exil-Zeit in den USA zurückzuführen ist. So brandmarkte Budzislawski zwar die westliche Sensationspresse als reine Ablenkung von sozialen Problemen, führte jedoch selbst die sozialistische Sensationsmeldung ein. Diese ist geprägt von den Merkmalen Personalisierung (Protagonist möglichst aus dem Ostblock) und Emotionalisierung (eine sozialistische Helden- oder Pioniertat steht im Vordergrund).

Budzislawski war Mitglied des Verbandes Deutscher Journalisten (VDJ) und des Kulturbundes und Abgeordneter der Volkskammer. 1956 wurde er Mitglied des P.E.N.-Zentrums West und Ost. 1958 leitete er kurzzeitig als Vertreter von Karl-Eduard von Schnitzler die Sendereihe „Treffpunkt Berlin“. Außerdem war Budzislawski 1955 bis 1966 Mitglied des Exekutivrates der Weltföderation der Wissenschaftler, 1958 bis 1966 erneut Abgeordneter der Volkskammer und ab 1963 Präsident der UNESCO-Kommission der DDR. 1967 bis 1971 war er Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift Die Weltbühne.

Er wurde in der Grabanlage Pergolenweg in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.“

Über die ersten Stationen seines Lebens gibt Budzi­slawski Auskunft in Briefen von 1946 und 1972 und einem Interview, das 1966 in der „Weltbühne“ veröffentlicht wurde.

„Ich bin in einer kleinbürgerlichen Familie aufgewach­sen, die zu den Verhältnissen im Kaiserreich in Opposi­tion stand… Mein entscheidendes Erlebnis im Krieg war der Tod meines Bruders; er fiel 1916 bei Verdun. So lernte ich schon als Schüler den Krieg hassen… Im Jahre 1919, als Primaner der Leibniz-Oberrealschule in Charlotten­burg, gründete ich die Freie Schülerschaft, eine linke kul­turrevolutionäre Organisation. Helmuth Liebknecht, der Sohn Karl Liebknechts, oder Männer wie der Schulrefor­mer Professor Oestreich kennen mich aus jener Zeit… In Tübingen studierte ich Staatswissenschaft und National­ökonomie und promovierte 1923… Meine Dissertation zum Thema der „Ökonomie der menschlichen Erbanla­gen“ wäre aus heutiger marxistischer Sicht eine eher ko­mische Angelegenheit, und soweit ich mich an diese ver­schollene Arbeit erinnere, wäre sie kaum zu verteidigen… Ich studierte mit der Absicht, Journalist zu werden. Ein Jahr lang war ich verantwortlicher deutscher Redakteur der Zeitschrift „Industrial and Trade Review for India“. Sie war ein Sprachrohr der indischen Befreiungsbewe­gung. Ich habe damals in der indischen Redaktion fast wie auf einer englischsprachigen Insel in Berlin gelebt… Danach gab ich einen Artikeldienst heraus… Im Jahre 1929 trat ich der Sozialdemokratischen Partei bei und kämpfte dort auf dem äußersten linken Flügel für ein Zu­sammengehen mit den Kommunisten. Auch im Vorstand des Schutzverbands deutscher Schriftsteller und in der Berliner Künstlerkolonie am Breitenbachplatz beteiligte ich mich an den Bemühungen, eine Einheitsfront von So­zialdemokraten und Kommunisten gegen die nahende fa­schistische Gefahr zu schaffen… Ich emigrierte Ende März 1933 nach Zürich…“

Im Januar 1934 verließ Budzislawski mit seiner Familie, die ihm im Mai 1933 gefolgt war, Zürich. Obwohl in der Schweiz als politischer Flüchtling anerkannt, war ihm jede politische Tätigkeit untersagt.

„Ich ging in die Tschechoslowakei, weil sie geogra­phisch günstig für den antifaschistischen Kampf gelegen war… und weil die tschechoslowakische Bevölkerung uns moralisch und auch praktisch unterstützte, unseren Kampf verstand und während des größten Teils der Zeit, die ich in Prag lebte, auch die tschechoslowakischen Be­hörden die von mir herausgegebene Zeitschrift, die „Neue Weltbühne“, und mich selbst unterstützten), schrieb er 1972.