Gerhart Pohl

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Gerhart Pohl – geboren am  9. Juli 1902 in Trachenberg, Schlesien; gestorben am 15. August 1966 in Berlin (West) – war ein deutscher Schriftsteller und Verlagslektor.

Leben und Werk

Pohl war in der Weimarer Republik zeitweise Herausgeber der Zeitschrift „Die neue Bücherschau. Eine literarische Monatsschrift. Dichtung, Kritik, Grafik.“

Von 1926 bis 1932 arbeitete Pohl als Sprecher und Moderator bei den ersten entstandenen Radiosendern in Deutschland. Bei den regionalen Sendern Funk-Stunde Berlin, ORAG Kömigsberg, SFS Breslau, WERAG Köln, SWR Frankfurt, MIRAG Leipzig und dem landesweit empfangbaren Sender Deutsche Welle (D.W.) war er an insgesamt 79 Sendungen zu Kunst und Literatur beteiligt und las eigene Schriften, Schriften, Prosa, Essays und Dichtungen vor. Damit war er ein Pionier in der Vermittlung literarischer Inhalte in der Anfangszeit des Rundfunks.

1932 kaufte er ein kleines Holzhaus im niederschlesischen Krummhübel-Wolfshau, Vorlage für die „Fluchtburg“ in seinem gleichnamigen späteren Roman von 1955. Pohl traf sich hier regelmäßig mit Freunden und Gleichgesinnten, namentlich Oppositionellen und Verfolgten des NS-Regimes (u. a. Will Erich Peuckert, Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Johannes Wüsten, Jochen Klepper und Werner Milch). Pohl selber wurde von den Nationalsozialisten zeitweilig mit Berufsverbot belegt, indem man ihn 1935 aus der Reichsschrifttumskammer ausschloss. Dort gab es allerdings Differenzen bezüglich Gerhart Pohl: Kurt Metzner hat sich gegen Pohl ausgesprochen, Wilhelm Ihde für seinen Verbleib, und man räumte ihm die Möglichkeit ein, von Fall zu Fall eine Sondergenehmigung für eine Veröffentlichung zu beantragen. So konnte etwa 1936 sein erfolgreicher Roman „Die Brüder Wagemann“ erscheinen. 1939 wurde schließlich einem durch Pohl gestellten Antrag auf Wiederaufnahme in die Reichsschrifttumskammer stattgegeben, nicht zuletzt aufgrund diskreter Einwirkung vonseiten Gerhart Hauptmanns im Hintergrund.

Der Autor und Lektor (zeitweise: Aufbau Verlag) war ein Erzähler, Romacier, Dramatiker und  Essayist. Ferner war er Herausgeber, Redakteur und Mitarbeiter von Gerhart Hauptmann in dessen letzten Lebensjahren. Nach 1950 verfasste er auch unter dem Pseudonym Silesius alter Denkschriften zur Frage der ehemals deutschen Ostgebiete. Die erste Nachkriegsauflage seiner Romane „Die Brüder Wagemann“ und „Der verrückte Ferdinand“ erschien 1952 in der Deutschen Buch-Gemeinschaft, das Spätwerk nach 1945 wurde vom Lettner-Verlag (Berlin) betreut und veröffentlicht.

Von Bedeutung ist besonders sein tiefgründiger Schlüsselroman „Fluchtburg“ (1955), der Verfolgung, Widerstand und Emigration  innere wie äußere  während der NS-Zeit anhand des eigenen Erlebens reflektiert. Das im Lettner-Verlag erschienene Buch wurde mit dem Ostdeutschen Literaturpreis ausgezeichnet. Bedeutend ist auch das Erinnerungsbuch an Gerhart Hauptmanns letzte Tage in Schlesien: „Bin ich noch in meinem Haus?“ (1953; Ausgabe mit Nachwort seines Freundes Günter Gerstmann, 2004; neu erschienen 2011 im Plöttner Verlag; ferner: Übersetzung in den USA).

Gerhart Pohl wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf beigesetzt. Das Grab war bis 2021 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.

Sein Nachlass, soweit erhalten, befindet sich im Gerhart-Pohl-Archiv in der Berliner Akademie der Künste.

Gerhart Pohls Haus in Wolfshau (Wilcza Poręba), die ehemalige „Fluchtburg“, wird seit 2015 auf Initiative des Vereins „Fluchtburg e. V:“ als Erinnerungs- und deutsch-polnische Begegnungsstätte wiederhergerichtet.

Ehrungen

1950: Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, deren Vizepräsident er von 1963 bis 1966 war

1953: Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland

1962: Kogge-Literaturpreis der Stadt Minden.