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Die Garnisonkirche (offiziell: Hof- und Garnisonkirche) war eine evangelische Kirche in der historischen Mitte von Potsdam. Erbaut im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. nach Plänen des Architekten Philipp Gerlach in den Jahren 1730–1735, galt sie als ein Hauptwerk des norddeutschen Barocks. Mit fast 90 Metern war sie das höchste Bauwerk Potsdams und prägte im berühmten Dreikirchenblick zusammen mit der Nikolaikirche und der Heiliggeistkirche das Stadtbild. Beim britischen Luftangriff in der Nacht von Potsdam 1945 ausgebrannt, ließ das SED-Regime die gesicherte Ruine 1968 sprengen. Nach dem „Ruf aus Potsdam“ für den Wiederaufbau des Gotteshauses erfolgt seit 2017 die kontrovers debattierte Rekonstruktion als offene Stadtkirche und internationales Versöhnungszentrum.
In der wechselvollen Geschichte Deutschlands war die Garnisonkirche ein bedeutender Ort. Unter anderem besuchten Johann Sebastian Bach, Alexander I. und Napoleon das Bauwerk, in dem neben Friedrich Wilhelm I. auch dessen Sohn Friedrich II. bestattet war. Die ersten frei gewählten Stadtverordneten Potsdams tagten in der Garnisonkirche, Lutheraner und Reformierte vereinigten sich in ihr zur Union, und der Organist Otto Becker (1870–1951) entwickelte sie zu einer wichtigen Stätte der Kirchenmusik. Mit dem Tag von Potsdam 1933 wurde das Gotteshaus von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken vereinnahmt; zugleich gehörten Henning von Tresckow, Helmuth James von Moltke und viele weitere Widerstandskämpfer der Kirchengemeinde an.
Beschreibung
Kirchturm
Der Turm der Garnisonkirche mit einer Gesamthöhe von 88,43 Metern ragte in die Breite Straße hinein. Die Seitenwände des Turmes wurden an jeder Seite von schmalen Längsfenstern durchbrochen, zusätzlich trugen die Ecken Figurenschmuck. Über dem Hauptportal zur Breiten Straße befand sich eine Inschrifttafel mit goldenen Buchstaben. Darauf war zu lesen: „Friderich Wilhelm, König in Preußen, hat diesen Thurm nebst der Guarnison-Kirche zur Ehre Gottes erbauen lassen. Anno 1735.“ Ein Teil der Buchstaben ist heute noch vorhanden. Das Turmbauwerk wurde im Untergeschoss wuchtig aufgeführt und verjüngte sich in den oberen Etagen. Die Turmlaterne bildete ein aus Eiche konstruiertes, mit Kupferblech verkleidetes Geschoss, auf dem eine Wetterfahne angebracht war. Sie enthielt das aus der 1722 geweihten ersten Garnisonkirche stammende Glockenspiel, ergänzt durch fünf neue, von Paul Meurer geschaffene Bassglocken.
Nachdem das Glockenspiel bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zur vollen Stunde verschiedene Choräle und zur halben Stunde weltliche Lieder abgespielt hatte, ertönte ab 1797 bis 1945 der Stundenchoral „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ im Wechsel mit dem Halbstunden-Lied „Üb‘ immer Treu und Redlichkeit“ von Ludwig Hölty, (mit der etwas vereinfachten Melodie der Arie Ein Mädchen oder Weibchen aus Mozarts Oper Die Zauberflöte) und jeweils eine Variation als zweite Strophe. Dazwischen waren Vorschläge und kurze Melodien zu hören, so dass das Glockenspiel alle 7½ Minuten über der Stadt erscholl. Seit der Aufstellung des nachgebildeten Glockenspiels auf dem Plantage genannten Platz nördlich des Kirchenstandorts 1991 spielt dieses wieder die genannten Lieder zur vollen und zur halben Stunde.
Der Soldatenkönig verlieh den Fahnen seiner Regimenter ein Fahnenbild, das bis zum Ende der Monarchie Fortbestand haben sollte. Es befand sich auch an vielen zu seiner Regierungszeit erbauten Gebäuden, wie der Garnisonkirche in Potsdam, und zeigte einen Adler, der mit gespreizten Flügeln zur Sonne fliegt. Dieser trug die Umschrift: „Non soli cedit“ (Er weicht nicht der Sonne). Zu jener Zeit regierte in Frankreich der Sonnenkönig. Dessen Truppen trugen auf ihren Feldzeichen ihrem König zu Ehre eine oder mehrere Sonnen. Dass die junge aufstrebende Macht der brandenburgischen Kurfürsten nicht zu weichen gewillt war, sollte der Adler, der mit dem Schwert und den zuckenden Blitzen in den bewehrten Fängen die Sonne anging, zum Ausdruck bringen.
Im Jahr 1880 erfolgte eine umfangreiche Restaurierung der Turmspitze.
Kirchenschiff
Das Kirchenschiff, ein rechteckiger, in Querachse ausgerichteter Bau, schloss in nördlicher Richtung an den Turm der Garnisonkirche an. Auf dem 17 Meter hohen, steilen Walmdach waren auf West-, Nord- und Ostseite jeweils zwei Dachgauben aufgesetzt. Die großen Rundbogenfenster des Kirchenschiffes dominierten das Fassadenbild, das durch Mittelrisalite an allen drei Fassaden belebt wurde. Weiterhin befanden sich zu beiden Seiten am Übergang zum Kirchturm Attika-Balustraden, die in einer Rundung an das Dach anschlossen. Sie wurden zur Breiten Straße mit Säulenpilastern ausgeführt und bildeten so mit dem Turm die repräsentative Eingangsfront. Das Kirchenschiff fasste etwa 3.000 Personen.
Innenraum und Ausstattung
Der Innenraum der Garnisonkirche war klar gegliedert. Massive Pfeiler waren durch Korbbögen miteinander verbunden, die wiederum eine flache Decke und zweigeschossige Emporen trugen. Der Innenraum war zunächst schmucklos und mit einfacher Holzausstattung versehen. Die Angehörigen der Zivilgemeinde saßen auf den Bänken im Erdgeschoss, die der Militärgemeinde auf den Emporen.
Eine zunächst hölzerne Kanzel wurde auf der Südseite aufgestellt. Friedrich Wilhelm I.ließ sie 1735 nach eigenen Vorgaben durch das raumbeherrschende Königliche Monument ersetzen. Dabei handelte es sich um einen Kanzelaltar mit dahinterliegender, ebenerdiger Gruft, in der er und seine Frau begraben werden sollten. Hinterlegt mit einer Schauwand aus schwarzem, rotbuntem und weißem Marmor, die Anklänge an Giovanni Lorenzo Berninis Ziborium über dem Hochaltar des Petersdoms aufwies, ragte das Werk in den Kirchenraum hinein. Die Entwürfe lieferte Christian Friedrich Feldmann, Ausführende waren Johann Christian Angermann, Johann Konrad Koch und der Bildhauer Johann Georg Glume, der auch die Marmorfiguren Mars und Bellona am Eingang zur Gruft geschaffen hat. Der aus der Vorgängerkirche stammende Feldaltar war einfach in Holz gehalten und diente dem Abendmahl. Das Taufbecken und eine Taufkanne nach Entwürfen von Schinkel bildeten zunächst die Zeremoniengeräte.
In den Jahren 1897 bis 1899 wurde der Innenraum grundlegend im Stil des Neobarocks umgestaltet. Aus Anlass des Militärdienstjubiläums des deutschen Kaisers Wilhelm II. stiftete dieser einen neuen Altar sowie weitere Taufgeräte. Statt des Holzaltars wurde ein prunkvoller Steinaltar aufgestellt; die bisher schlicht gehaltenen Pfeiler, Decken und Emporen erhielten zeittypische Stuckelemente und Vergoldungen. Weitere Taufgeräte fertigte der Bildhauer und Ziseleur Otto Rohloff im Jahr 1902.
Wagner-Orgel
Die große Orgel wurde 1731/32 von dem Orgelbauer Joachim Wagner erbaut. Sie stand oberhalb der Kanzel auf der zweiten Empore der Garnisonkirche. Das Instrument war in einem imposanten Orgelgehäuse mit einem reich geschnitzten Prospekt untergebracht. Der figürliche und plastische Schmuck des Orgelgehäuses wurde vermutlich vom Künstler Johann Georg Glume (1679–1765) geschaffen. Der Prospekt war in drei Türme gegliedert (im Mittelturm waren aus Platzmangel einige Pedalregister untergebracht) und hatte sechs Prinzipalpfeifen-Felder. Die größten Prospektpfeifen hatten eine Länge von fünf Metern. Eine Besonderheit der Orgel war – einer Militärkirche entsprechend – ein Spielwerk aus posaunenblasenden und paukenschlagenden Engeln, sich drehenden Sonnen (Zimbelsterne) und einem flügelschlagenden Adler.
Das Instrument hatte zunächst 25 Register auf drei Manualen und Pedal. Im Jahre 1862 wurde die Disposition durch den Orgelbauer Carl Ludwig Gesell auf 42 Register erweitert. Das Instrument umfasste unter anderem ein Glockenspiel.[8] Im Zuge einer Umgestaltung des Innenraumes in den Jahren 1897 bis 1899 errichtete der Orgelbauer Wilhelm Sauer die Orgel neu, wobei er etwa die Hälfte des historischen Pfeifenmaterials wiederverwendete. Das neue, im spätromantischen Stil disponierte Instrument hatte nun 46 Register auf pneumatischen Kegelladen. Anhand der noch existierenden Unterlagen ist es möglich, die Wagner-Orgel klanglich zu rekonstruieren. Die finanziellen Mittel für eine Rekonstruktion wurden von dem Versandhausgründer Werner Otto gestiftet.
Geschichte
Erstes Bauwerk
1720 bis 1722 wurde die erste Potsdamer Garnisonkirche als quadratischer Fachwerkbau an der Breiten Straße und dem Stadtkanal errichtet. Ein auf das steile Zeltdach aufgesetzter eingeschossiger Turm erhielt ein 35-stimmiges Glockenspiel des niederländischen Glockengießers Jan Albert de Grave. Nach der Fertigstellung der Kirche zogen die evangelische Militärgemeinde, hauptsächlich Angehörige des Leibregiments der Langen Kerle und die deutsch-reformierte Zivilgemeinde ein. Die Kirche hatte dabei von Beginn an eine Sonderstellung inne, da sie dem direkten Patronat des Königs von Preußen unterstand. Dadurch unterlagen sowohl Militär- wie auch Zivilgemeinde dessen alleiniger Verfügung. Die katholischen Soldaten wurden von der in den 1730er-Jahren entstandenen Peter-und-Paul-Gemeinde seelsorglich betreut.
Das sumpfige Bauland in Potsdam und die ungenügende Gründung des Bauwerkes ließen bereits wenige Jahre später Setzungsrisse entstehen, und das Gebäude begann abzusacken. Nach dem Auslagern des Glockenspiels begann 1730 der Abbau und Abriss von Turm und Kirchenschiff. Da König Friedrich Wilhelm I. ein Interesse am Wohl seiner Untertanen und ihrer geistlichen Bildung hatte, beauftragte er den Architekten Philipp Gerlach mit dem Bau einer neuen Kirche.
Zweites Bauwerk
Die Bauarbeiten für das zweite Bauwerk begannen 1731 an gleicher Stelle. Bereits am 17. August 1732 konnte die Kirchweihe durch den Hofprediger Christian Johann Cochius und Garnisonprediger Johann Gottfried Hornejus stattfinden. Wie bei fast allen seinen Kirchenbauten in Berlin und Potsdam wünschte sich Friedrich Wilhelm I., der häufig die Niederlande bereist hatte und die dortigen Glockentürme bewunderte, nach dem Vorbild unter anderem der (ebenfalls von Philipp Gerlach entworfenen) Berliner Parochialkirche auch für die Garnisonkirche in Potsdam einen hohen und imposanten Turm als besonderes gottgefälliges Zeichen seines festen Glaubens. Mit der Fertigstellung des Turms endeten am 2. August 1735 die Bauarbeiten an der Garnisonkirche. Am selben Tag erklomm der König nach überstandener schwerer Krankheit die 365 Stufen des Turms, am 3. August folgte Kronprinz Friedrich.
Zeit der Monarchie
Am 1. Juni 1740 wurde Friedrich Wilhelm I. in der Gruft der Garnisonkirche beigesetzt, die er drei Jahre vor seinem Tod unter der Kanzel hatte anlegen lassen. Auf Einladung seines Nachfolgers Friedrich II. besuchte Johann Sebastian Bach 1747 Potsdam und die Garnisonkirche. Er spielte auf der Orgel und war sehr angetan. Seiner Meinung nach sei sie ein „gar prächtig Werck“. Die am 28. Juni 1757 verstorbene Frau Friedrich Wilhelms I., Sophie Dorothea, wählte in ihrem Testament den traditionell als Grablege der reformierten Hohenzollern dienenden Berliner Dom als Begräbnisort. Ihr Platz in der Gruft der Garnisonkirche blieb somit frei. Auch ihr Sohn Friedrich II. hatte in seinem Testament nicht die Garnisonkirche, sondern die Terrasse von Schloss Sanssouci zum Begräbnisort bestimmt. Er wurde jedoch bereits am Abend des Todestags, am 18. August 1786, in der Garnisonkirche neben seinem Vater beigesetzt.
Im November 1805 besuchte das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise gemeinsam mit dem russischen Zar Alexander I. die Königsgruft zur Festigung ihres Bündnisses gegen Napoleon Bonaparte. Als dieser im Folgejahr nach seinem Sieg über die preußische Armee bei Jena und Auerstedt auf seinem Marsch nach Berlin am 25. Oktober 1806 durch Potsdam kam, besuchte er die Königsgruft in der Garnisonkirche. Napoleons Worte, man würde nicht bis hierher gekommen sein, wenn Friedrich noch lebte, fielen wahrscheinlich nicht in der Garnisonkirche, sondern bei der Besichtigung von Friedrichs Wohnung im Stadtschloss. Aus Respekt vor Friedrich dem Großen stellte Napoleon die Garnisonkirche unter seinen persönlichen Schutz, während die Französische Kirche und die Heiligengeistkirche der französischen Kavallerie als Fouragemagazine dienen mussten.
Im Zuge der Preußischen Reformen tagten die ersten frei gewählten Potsdamer Stadtverordneten am 3. August 1809 in der Garnisonkirche. Am 25. Dezember 1816 wurden in der Garnisonkirche 24 Adler und 2 Fahnen der französischen Armee ausgestellt, die in den Befreiungskriegen gegen Napoleon erbeutet worden waren. Dazu wurden die bisher links und rechts neben dem Altar stehenden Figuren Mars und Bellona des Bildhauers Johann Georg Glume in das Treppenhaus des Stadtschlosses gebracht.
Bei den Feierlichkeiten zum 300-jährigen Jubiläum der Reformation fand am 31. Oktober 1817 erstmals ein gemeinsamer Gottesdienst von Reformierten (Calvinisten) und Lutheranern statt, die sich am 3. August 1809 auf Anordnung Friedrich Wilhelm III. zur Kirche der Altpreußischen Union vereinigt hatten. Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. hatte schon in seiner Kronprinzenzeit Entwürfe zur Umgestaltung der Garnisonkirche erarbeitet. Vorschläge wie ein Neubau in Form einer fünfschiffigen Basilika, deren Ausmaße rund das Zehnfache der bisherigen Kirche eingenommen hätten, wurden jedoch nie realisiert. Einzige größere Veränderung in seiner Amtszeit war der Einbau einer zehneckigen Taufkapelle in den südwestlichen Vorraum (1856). Es folgten Renovierungsarbeiten im Kirchenschiff (ebenfalls 1856) sowie die Instandsetzung des Turmes (1880).
Die folgende Zeit wurde durch das wilhelminische Bedürfnis nach Repräsentation geprägt. Die einst karg ausgestattete Garnisonkirche erfuhr nun eine völlig neue Innenausstattung nach Entwürfen von Fritz Laske (1854–1918). Neben einem neuen Gestühl aus Zypressenholz, das jetzt auch angeordnet wurde, gestaltete man die Logen wesentlich reicher aus. Die Emporenbrüstungen erhielten Schmuck mit feinprofilierten Verzierungen, Kartuschen und eine Vergoldung. Gustav Kuntzsch aus Wernigerode führte die Holzbildhauerarbeiten aus. Neben den gestalterischen Aufgaben musste Fritz Laske auch allen neuzeitlichen Anforderungen (Brandschutz, Heizung, Beleuchtung, Verbesserung der Sichtverhältnisse auf den Emporen usw.) gerecht werden. In den Einigungskriegen war die Zahl der im Kirchenschiff ausgestellten Trophäen auf 117 französische, 25 dänische Fahnen und 7 österreichische Feldzeichen angewachsen. Die Wagnersche Orgel wurde von 42 auf 46 Register vergrößert, in ihrem Prospekt jedoch nicht verändert. Das Turmportal erhielt 1907 ein schmiedeeisernes Portalgitter Damit waren die baulichen Veränderungen abgeschlossen.
Die direkten baulichen Zuwendungen Wilhelms II. unterstrichen die herausgehobene Stellung, die das Gebäude als Hofkirche genoss. Im Zentrum der Offiziers- und Adelsstadt Potsdam, „deren Identität sehr stark deutschnational, monarchistisch und militaristisch geprägt war“, blieb „die Garnisonkirche […] bis zu ihrem Untergang das, was sie seit ihrer Errichtung war: Ausdruck eines kriegerisch verstandenen Bündnisses von Thron und Altar […].“ Über ihre Bestimmung als Gotteshaus hinaus musste sie seit dem späten 19. Jahrhundert auch als eine Art preußische Walhalla gelten.
Zeit der Weimarer Republik
Als nach Artikel 245 des Versailler Vertrages die französischen Trophäen zurückerstattet werden sollten, wurden sie von unbekannter Hand im Juli 1919 entfernt und sind nicht wieder aufgefunden worden. An ihrer Stelle wurden Fahnen der nunmehr untergegangenen preußischen Regimenter angebracht.
Der „Geist von Potsdam“, der die preußischen Regentschaften Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. (1713 bis 1786) idealisierte und autoritäre Herrschaftsformen sowie ein starkes Militär einforderte, ließ die Garnisonkirche zu einer Wallfahrtsstätte für die Gegner der Weimarer Republik werden, wie es sonst kaum einem anderen Gebäude in Deutschland zuteil wurde. Der Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, der Deutsche Reichskriegerbund Kyffhäuser oder auch der Alldeutsche Verband hielten hier ihre Versammlungen ab. Am 24. November 1919 organisierte zudem die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) eine Gegenveranstaltung zur Gründung der Weimarer Republik, bei der als Hauptredner Erich Ludendorff auftrat.
Im Gegensatz dazu war die Garnisonkirche als Stätte der Kirchenmusikpflege bekannt und etablierte sich insbesondere im 20. Jahrhundert darin. Einen besonderen Beitrag dazu leistete Otto Becker (1870–1954), der von 1910 bis 1945 als Organist wirkte und das Glockenspiel bediente. Otto Becker spielte von 1915 bis 1933 auch die Orgel der Synagoge in Potsdam. In der Garnisonkirche erklangen zu dieser Zeit über 2000 Glockenkonzerte, es fanden Orgelkonzerte, Oratorienaufführungen, geistliche Konzerte sowie Kammermusiken statt. Von 1925 bis 1930 erfolgte eine große äußere Instandsetzung der Garnisonkirche unter Leitung des Architekten Karl Daubitz. Aus dieser Maßnahme stehen heute eine Reihe von Aufmaßzeichnungen und hunderte von Detailfotos zur Verfügung.
Nationalsozialismus und Widerstand
Bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933, die in einem Klima von Rechtsunsicherheit und Gewalt stattfanden, erhofften sich die Nationalsozialisten die absolute Mehrheit der Stimmen. Damit planten sie die Selbstauflösung des Parlaments durchzusetzen, um endgültig den Weg in die Diktatur beschreiten zu können. Nach dem Reichstagsbrand beschloss das Reichskabinett auf Vorschlag Hitlers, die Reichstagseröffnung nach Potsdam zu verlegen. Am 2. März fiel im Kabinett die Vorentscheidung für die Garnisonkirche als Ort. Als Zeitpunkt wurde ein Termin Anfang April ins Auge gefasst. Nach Protesten der evangelischen Kirchenleitung um Otto Dibelius, die auch Reichspräsident Paul von Hindenburg unterstützte, und Einwänden des monarchistischen Preußenbundes, kam man überein, nur einen feierlichen Staatsakt in der Garnisonkirche durchzuführen und den Reichstag danach im benachbarten Langen Stall offiziell zusammentreten zu lassen. Am 8. März entschieden sich Hitler, Hermann Göring und Wilhelm Frick bei einem Ortsbesuch in Potsdam unter Bezug auf die erste Reichstagseröffnung am 21. März 1871 durch Kaiser Wilhelm I. im Weißen Saal des Berliner Schlosses für den 21. März als Termin, was die Vorbereitungszeit erheblich verkürzte und schließlich zur Verlegung der Eröffnungssitzung des Reichstags in die Berliner Krolloper führte.
Die Feierlichkeiten in Potsdam begannen am Vormittag zunächst mit zwei gleichzeitigen Gottesdiensten in der protestantischen Nikolaikirche beziehungsweise in der katholischen Peter-und-Paul-Kirche. Im Anschluss gab es einen stark von militärischen Traditionen geprägten Staatsakt in der Garnisonkirche. Die gesamte Veranstaltung mit Reden Hindenburgs und Hitlers und einer großen Militärparade wurde reichsweit im Radio live übertragen und von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels gezielt als „Tag von Potsdam“ inszeniert. Dabei kam es zu mehreren Handschlägen zwischen Hitler und Hindenburg. Ein Handschlag vor der Garnisonkirche, der überdies besonders flüchtig ausfiel, wurde von einem US-amerikanischen Fotografen festgehalten und später von der NS-Propaganda zum „symbolischen Händedruck“ stilisiert. Mit dem Reichspräsidenten Hindenburg, den viele Teilnehmer geradezu als „Ersatzkaiser“ ansahen, wurde die Machtergreifung Hitlers als angebliche „Wiedergeburt der Nation“ dargestellt. Durch die neue Nähe zu Hindenburg, die unter anderem in dem Handschlag zum Ausdruck kam, stieg Hitlers Ansehen in der Öffentlichkeit. Der Gegensatz zwischen Hitler und Hindenburg, die sich 1932 im Reichspräsidenten-Wahlkampf noch heftig bekämpft hatten, schien überwunden, das zuvor gespaltene Mitte-Rechts-Lager durch die Feier, bei der Hitler die „Vermählung (…) der alten Größe und der jungen Kraft“ beschwor, geeint. In seiner Rede ging Hitler außerdem sehr geschickt auf die Person des alten Generalfeldmarschalls ein, den er am Ende der Rede ausführlich hochleben ließ, was die Veranstaltung auch zum „Durchbruch im persönlichen Verhältnis“ zwischen Hitler und Hindenburg machte. Der damalige französische Botschafter André François-Poncet bezeichnete die Veranstaltung in der Garnisonkirche als „Potsdamer Komödie“.
Gleichzeitig war die Garnisonkirche ein Symbol für preußische Werte, die im Gegensatz zum NS-Regime standen, und eng mit dem traditionsreichen Infanterie-Regiment 9 verbunden, aus dem zahlreiche Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus hervorgingen. Der Kirchengemeinde gehörten insgesamt 30 Personen des 20. Juli 1944 an, darunter Kurt von Plettenberg, Helmuth James von Moltke und Henning von Tresckow. Letzterer erklärte am 11. April 1943 bei einer Rede nach der Konfirmation seines Sohnes in der Garnisonkirche, dass viel von Preußentum gesprochen werde, ohne zu verstehen, was dieses wirklich bedeute:
„Es birgt eine große Verpflichtung in sich, die Verpflichtung zur Wahrheit, zu innerlicher und äußerlicher Disziplin, zur Pflichterfüllung bis zum letzten. Aber man soll niemals vom Preußentum sprechen, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich damit nicht erschöpft. Es wird so oft mißverstanden. Vom wahren Preußentum ist der Begriff der Freiheit niemals zu trennen.“
– Henning von Tresckow
Das wahre Preußentum sei eine „Synthese aus Bindung und Freiheit, […] zwischen Stolz auf das Eigene und Verständnis für Anderes“ und vom christlichen Denken nicht zu trennen. Man könne das „gerade jetzt nicht ernst genug betonen“ und dafür sei „unsere alte Garnisonkirche Symbol“. Nur wenige Tage später, am 23. April 1943, schrieb der damals bereits verhaftete Widerstandskämpfer Hans von Dohnanyi an Dietrich Bonhoeffer über die gemeinsame Erinnerungen an „schöne, ernste Stunden in der Garnisonkirche“.
Bei dem britischen Luftangriff auf Potsdam in der Nacht vom 14. April 1945 auf den 15. April 1945 sah es zunächst so aus, als sei die Kirche unbeschädigt geblieben. Doch brannte der benachbarte Lange Stall lichterloh, und es entstand ein Feuersturm, der durch die schon am Vorabend zersplitterten Fenster drang, zunächst die hölzernen Emporen, dann auch das riesige Kirchendach erfasste und schließlich den Turm erreichte. Dort befanden sich die hölzernen Klappen zur Belüftung der Spielwalze des Glockenspiels, die zur raschen Verbreitung des Feuers beitrugen. Da die Wasserleitungen während des Angriffs teilweise zerstört worden waren, blieb wegen des zu geringen Wasserdrucks in den Schläuchen der Brandherd für die Löschtrupps unerreichbar. So brannte der Turm langsam von oben nach unten durch, bis schließlich auch das hölzerne Gebälk des Kirchenschiffs in Flammen stand. Es gelang noch, einige Gegenstände wie Kruzifix, Leuchter und Altartisch in Sicherheit zu bringen, ehe durch die enorme Hitze ein Blindgänger im Kirchenschiff explodierte. Auch die einzelnen Glocken des Glockenspiels begannen sich zu lösen und stürzten fast 80 Meter in die Tiefe. Als die lichterloh brennende Turmspitze aus Eichenholz vom Turm stürzte, war das wertvolle Instrument endgültig verloren. Von der Kirche blieb lediglich eine Ruine, bestehend aus den Umfassungsmauern des Kirchenschiffs und dem hochaufragenden gemauerten Turmstumpf. Die Särge Friedrichs des Großen und seines Vaters, Friedrich Wilhelms I., waren bereits 1943 vorsorglich aus der Garnisonkirche entfernt, in einen bombensicheren Bunker des heutigen Einsatzführungskommandos der Bundeswehr untergestellt und durch Attrappen ersetzt worden.
Neuanfang und Ende
Die in ihrem Bestand stark reduzierte Zivilgemeinde der Garnisonkirche gelangte im Zuge von Verhandlungen mit der Provinzialregierung in den Besitz aller Grundstücke der Gemeinde. Abgesehen von der Kirchenruine war auch der bauliche Zustand des Gemeindehauses, der Pfarrhäuser sowie der beiden Wohnhäuser sehr schlecht; man bemühte sich um Reparaturen und plante eine Instandsetzung. Zu diesem Zweck konnten Beihilfen nicht nur von kirchlicher, sondern auch von staatlicher Seite eingeworben werden. Am 25. Juli 1949 beschloss der Gemeindekirchenrat die Umbenennung der Kirche in Heilig-Kreuz-Kirche. Ein knappes Jahr später zog die Heilig-Kreuz-Gemeinde in eine im Turm hergerichtete Kapelle ein. Mit Hilfe von zwei neugegossenen Glocken konnte nun wieder zum Gottesdienst gerufen werden. In den 1960er-Jahren begann man mit der Herrichtung der Kirchenruine. Besucher konnten nach Anmeldung beim Küster den etwa 60 Meter hohen Turm besteigen. Die ersten Bauarbeiten für fünf neue Zwischendecken im Turm wurden durch einen 1966 plötzlich verhängten Baustopp unterbrochen. Die Heilig-Kreuz-Gemeinde nutzte das Gebäude noch bis 1968 für Gemeindeleben und Gottesdienste.
Am 12. August 1966 beschloss die Bezirksparteileitung Potsdam der SED die Beseitigung der Ruine, ohne dies jedoch in irgendeiner Form öffentlich zu machen. Walter Ulbricht, der erste Sekretär des Zentralkomitees der SED, besuchte 1967 die Stadt und fragte bei einer dreistündigen Debatte über die städtebauliche Gestaltung Potsdams, „was die Ruine dort noch zu suchen habe.“ Sie müsse, so erklärte der preußen- und kirchenfeindliche Ulbricht, ebenso wie die übrigen Potsdamer Kriegsruinen aus dem Stadtbild verschwinden. Denn die Kirche störe die Entstehung eines sozialistisch geprägten Potsdamer Stadtkerns. Dem heftigen Widerstand von Kirchenvertretern, Denkmalschützern, Architekten und Bürgern in und außerhalb der DDR zum Trotz beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 26. April 1968 die Sprengung der Garnisonkirche. Bemerkenswert war, dass dieser Beschluss keineswegs, wie damals in der DDR üblich, einstimmig, sondern mit vier Gegenstimmen gefasst wurde. Den letzten Gottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kapelle hielt Pfarrer Uwe Dittmer im April 1968 ab. Beginnend am 14. Mai 1968 wurde in mehreren Abschnitten zunächst das Kirchenschiff gesprengt. Der Turm fiel nach einem missglückten Sprengversuch am 19. Juni 1968, bei dem eine Hälfte stehen blieb, erst am Sonntag, dem 23. Juni 1968 endgültig zusammen. Im Anschluss an die Beseitigung der Kirche wurde – um einige Meter zurückversetzt – im Jahr 1971 auf dem Grundstück das Rechenzentrum für den Bezirk Potsdam errichtet.
Wiederaufbau
Entwicklung
Die Idee zum Wiederaufbau der Garnisonkirche geht auf die Initiative des ehemaligen Bundeswehroffiziers Max Klaar und der von ihm im Dezember 1984 mitbegründeten Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel zurück. Nach dem Mauerfall warb Klaar für diese Idee in Potsdam. Bereits am 3. März 1990 hielt er dazu eine Rede auf dem Landesparteitag der CDU Brandenburg. Am 23. Juni 1990 erinnerte das Neuen Forum mit einer Veranstaltung an die Sprengung der Garnisonkirche im Jahr 1968. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung am 24. Oktober 1990 zur Wiederannäherung an das historische Stadtbild ebnete schließlich den Weg für die Rekonstruktion des Bauwerks. Vertreter der evangelischen Landeskirche erstellten ein Konzept, das die Nutzung der wiederaufzubauenden Garnisonkirche für Stadtkirchenarbeit, Symbolkirchenarbeit sowie Friedens- und Versöhnungsarbeit festlegte.
Bereits seit 1987 ließ die im westdeutschen Iserlohn gegründete Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V. (TPG) das Geläut des Glockenspiels wiederherstellen und übergab es am 14. April 1991 der Stadt Potsdam. Anschließend sammelte sie Spenden für den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Zwischen dem umstrittenen Vorsitzenden der TPG Oberstleutnant a. D. Max Klaar einerseits sowie der evangelischen Landeskirche und der Stadt Potsdam andererseits konnte jedoch keine Einigung über die spätere Nutzung der Garnisonkirche erzielt werden. Die evangelische Kirche plädierte für eine Nutzung als Versöhnungszentrum, was die TPG ablehnte. Deshalb beendete Klaar im Jahr 2005 die Spendensammlung und veranlasste die Auflösung seines Vereins.
Am 15. Januar 2004 unterzeichneten mehr als 100 Persönlichkeiten aus Brandenburg und Berlin den Ruf aus Potsdam, der zum vollständigen Wiederaufbau der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche aufruft. Schirmherren der Wiederaufbau-Initiative sind der ehemalige Bischof Wolfgang Huber, Ministerpräsident a. D. Matthias Platzeck und Innenminister a. D. Jörg Schönbohm. Im Februar 2004 gründeten dann Potsdamer und Berliner Bürger auf Initiative des Industrieclubs Potsdam e.V. mit Unterstützung der Evangelischen Landeskirche und der Landeshauptstadt Potsdam die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e. V. (FWG). Zweck der FWG ist die Förderung des Wiederaufbaus und die Erhaltung der Potsdamer Garnisonkirche. Die FWG ist ein Zusammenschluss von Personen und Organisationen, die den Wiederaufbau der Garnisonkirche und die spätere Arbeit in ihr befürworten und unterstützen wollen – gleich, ob aus religiösen, geistes- und kulturgeschichtlichen oder aus städtebaulichen Gründen. Leitfaden für ihre Arbeit ist der Ruf aus Potsdam. Die Garnisonkirchengemeinde selbst hat sich im Sinne dieses Versöhnungsgedankens mit der internationalen Nagelkreuzgemeinschaft vernetzt. Zugleich entstanden jedoch auch mehrere Bürgerinitiativen gegen das Projekt, die den Wiederaufbau aus christlichen, geschichtlichen, politischen und/oder kulturellen Gründen ablehnen.
Am 23. Juni 2008 wurde im Anschluss an einen Gottesdienst mit Bischof Huber die kirchliche Stiftung Garnisonkirche Potsdam in Anwesenheit zahlreicher prominenter Persönlichkeiten gegründet. Das Datum für die Stiftungsgründung war bewusst gewählt worden, auf den Tag genau vierzig Jahre nach der Sprengung der Ruine. Zweck und Ziel der gegründeten Stiftung ist der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Diese soll zukünftig als „offene Stadtkirche“, als „Symbolkirche“ und als „Schule des Gewissens“ genutzt werden. Hinter dem ehemaligen Standort der Garnisonkirche wurde am 25. Juni 2011 eine temporäre Kapelle mit eigener Pfarrstelle eingeweiht, die 2014 den Namen „Nagelkreuzkapelle“ erhielt. Sie beherbergt neben einer für alle offenen Profilgemeinde auch eine Ausstellung zur Geschichte und Zukunft der Garnisonkirche.
Verschiedene Teile der Kirche wurden bereits wiederhergestellt, darunter die Wetterfahne. Mit der Freimachung des Baufeldes und der Umgestaltung der Breiten Straße wurden wesentliche Voraussetzungen für den Baubeginn erfüllt. 2013 stufte der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die Garnisonkirche als national bedeutendes Kulturdenkmal ein. Der Bau des Kirchturms begann am 29. Oktober 2017 zum Reformationsjubiläum 2017. Zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen. Der Wiederaufbau des Kirchturms kostet 40,5 Millionen Euro und soll bis Sommer 2022 abgeschlossen sein. Der Bund fördert den Wiederaufbau mit 20 Millionen Euro, die evangelische Kirche unterstützt ihn mit einem zinslosen Darlehen von 5 Millionen Euro. Bis zur Fertigstellung des Turmsockels Ende April 2020 gingen Spenden in Höhe von 10 Millionen Euro ein, rund 5 Millionen Euro fehlten noch. Der Bruch der wiederaufgebauten Garnisonkirche mit der Vergangenheit wird durch das Nagelkreuz von Coventry auf dem Vorplatz, die Inschrift „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ (Lukas 1,79 LUT) an der Fassade und das Versöhnungszentrum im Innenraum dargestellt.
Die Planungen für das Kirchenschiff, für das es unterschiedliche Nutzungsvorschläge – auch nichtkirchlicher Art – gibt, sollen erst nach Wiederaufbau des Turms beginnen. Zum Beispiel wird vorgeschlagen, das Kirchenschiff nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche als „Gotteshaus und Kulturkirche“ für Konzerte, Veranstaltungen, Bildungs- und Jugendarbeit zu rekonstruieren. Thomas Albrecht, der Architekt des Kirchturm-Wiederaufbaus, zeigt sich überzeugt, dass es nach Fertigstellung des Turmes mit dem originalgetreuen Wiederaufbau des Kirchenschiffes weitergehen wird.
Kontroverse
Trotz des begonnenen Wiederaufbaus bleibt das Projekt über die Stadt Potsdam hinaus umstritten. Nachdem zunächst der Wiederaufbau der Kirche auf ein großes Interesse der Öffentlichkeit traf, erweiterte sich die Diskussion von der grundsätzlichen Frage des Wiederaufbaus um die Frage nach der Ausgestaltung.
Befürworter
Die Befürworter eines Wiederaufbaus führen im Wesentlichen städtebauliche Gründe an. Der Dreiklang der Potsdamer Kirchtürme der heutigen Heilig-Geist-Residenz, der Kuppel der Nikolaikirche und der Garnisonkirche sei ein unverzichtbares, charakteristisches und gliederndes Element des Gesamtskunstwerk Denkmalensemble Potsdamer Stadtkern.[50] Zudem sei die Garnisonkirche von herausragender architektonischer Qualität. Die Vernichtung des Baus auf Anweisung der DDR-Staatsführung dürfe zudem nicht Bestand haben, sondern das Unrecht der Sprengung des Gebäudes müsse in einer freiheitlichen Gesellschaft korrigiert werden können. Wer diese Zerstörung eines Kulturdenkmals hinnehme, so der zentrale Gedanke der Aufbaubefürworter, leiste weiteren Zerstörungen Vorschub, da diese offenbar Bestand haben könnten.
Daneben weisen die Befürworter des Wiederaufbaus auch auf die positiven Ereignisse hin, die in der Garnisonkirche stattfanden: Der Besuch Alexanders I. und Napoleons am Sarg Friedrichs des Großen, die Tagung der ersten frei gewählten
Stadtverordnetenversammlung Potsdams, die Vereinigung von Lutheranern und Reformierten zur Preußischen Union sowie die Mitgliedschaft vieler Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 in der Kirchengemeinde.
Der Erbauer der Garnisonkirche, König Friedrich Wilhelm I., sei, so führen die Wiederaufbaufreunde an, regionalgeschichtlich der eigentliche Gründer des modernen Potsdams. In seiner Regierungszeit habe sich die Zahl der Häuser und Einwohner mehr als verdoppelt, und so erst zu einem Stadtgebilde im modernen Sinne geworden. Die Verdienste des Friedrich Wilhelms I. seien zudem trotz der Kontroverse mit seinem Sohn Friedrich II. unbestritten: die Einführung der allgemeinen Schulpflicht, die Begründung preußischer Tugenden wie Ehrlichkeit, Sparsamkeit und Unbestechlichkeit seien auf ihn zurückzuführen und noch heute mitunter dringlich vonnöten. Im Übrigen habe Friedrich Wilhelm entgegen dem von seinem Sohn in der Öffentlichkeit noch heute wirksamen negativen Bild im Gegensatz zu Friedrich dem Großen keine Angriffskriege geführt.
Darüber hinaus hat sich innerhalb der evangelischen Kirche eine inzwischen mehrere hundert Menschen große Profilgemeinde gebildet, die ein aktives Gemeindeleben entfaltet hat. Der Wiederaufbau wurde ebenfalls vom Kirchenparlament mit einer Zweidrittelmehrheit unterstützt. Auch die Stadtverordnetenversammlung des Landeshauptstadt Potsdam hat das Vorhaben mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und Bürgerbündnis unterstützt und mit einem Bebauungsplan die rechtlichen Voraussetzungen zum Wiederaufbau geschaffen. Die deutsche Bundesregierung gehört ebenfalls zu den Förderern des Baus und schießt 12 Millionen Euro zum Wiederaufbau hinzu. Den Aufruf zum Wiederaufbau haben etwa 25.000 Menschen öffentlich unterschrieben.
Zahlreiche Prominente, darunter Günther Jauch, Wolfgang Joop und Christian Thielemann, unterstützen das Projekt. Die britische Königin Elisabeth II., Angela Merkel und Lea Rosh spendeten auch Ziegelsteine für den Wiederaufbau. Im Januar 2018 bekannten sich die mehrfache Olympiasiegerin im Eiskunstlauf Katarina Witt sowie die Schriftstellerin Helga Schütz zum Wiederaufbau der Potsdamer Kirche.
Gegner
Kritik am geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche äußerte auch Detlef Karg, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege. Er kritisierte 2012, dass sich die evangelische Landeskirche am Wiederaufbau der Garnisonkirche beteiligen wolle, zugleich aber die 1.164 Dorfkirchen und 700 Stadtpfarrkirchen in Brandenburg ernsthaft gefährdet seien. Es sei „nicht Aufgabe der Denkmalpflege, einen verlorenen Bau wieder aufzurichten. … Wenn man in Potsdam am alten Standort eine Kirche bauen will, kann man das auch in der heutigen Architektursprache tun.“
Am 20. März 2014 startete die Bürgerinitiative Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche ein Bürgerbegehren mit der Zielsetzung, dass die Stadt Potsdam alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten nutze, um auf die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam hinzuwirken.[62] Am 21. Juli 2014 wurde es als erfolgreich erklärt. Am 30. Juli 2014 beschloss die Stadtverordnetenversammlung in einer außerordentlichen Sitzung auf Antrag des Oberbürgermeisters, das Bürgerbegehren „anzunehmen“. Somit wurde der Oberbürgermeister beauftragt, alle für die Stadt rechtlich zulässigen Möglichkeiten zu nutzen, um auf die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam hinzuwirken. Am 1. September 2014 gründeten Kirchenmitglieder die bundesweite Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“, darunter die Politikerinnen Herta Däubler-Gmelin (SPD) und Almuth Berger sowie der Pfarrer der Potsdamer Erlöserkirche, Konrad Elmer-Herzig, unterstützt vom Theologen Friedrich Schorlemmer und seit März 2015 von der Martin-Niemöller-Stiftung e.V.
Am 1. September 2015 zogen ca. 200 Künstler in das benachbarte Rechenzentrum Potsdam ein, um dort ein temporäres Kunst- und Kreativzentrum zu betreiben. Das Rechenzentrum Potsdam entstand in der Zeit der DDR und wird von vielen Bürgern als architektonischer Zeitzeuge gesehen. Es wird daher dem Bestreben nach Wiederaufbau der Garnisonkirche die Zerstörung einer urbanen Identifikation aus der DDR-Zeit entgegengehalten, da das Rechenzentrum Potsdam für den Aufbau des Kirchenschiffs abgerissen werden soll. Der Mietvertrag für die Künstler soll spätestens 2023 enden. Darüber hinaus gibt es Stimmen, die eine Neugestaltung unter Verzicht auf Rechenzentrum und Garnisonkirche fordern – ein per Architektenwettbewerb zu gestaltendes Objekt auf deren Grundstücken. Als Quartier für die Künstler ist jedoch ebenfalls ein wieder zu errichtender Langer Stall und andere Standorte wie an der Schiffbauergasse in der Diskussion. Am 26. Juni 2020 initiierte die Martin-Niemöller-Stiftung e.V in Kooperation mit der Universität Kassel das Projekt „Lernort Garnisonkirche“, welches die Öffentlichkeit über ihre Sicht der Geschichte des Ortes von der historischen Garnisonkirche über das Rechenzentrum bis zum Wideraufbauprojekt aufklären will; ein wissenschaftlicher Beirat wurde einberufen.