Ernst Günther Julius Röhm

Geboren am 28. November 1887 in München, wird von Wikipedia beschrieben als: ein Offizier, Politiker (NSDAP) und Kampfbundführer. Röhm war langjähriger Führer der Sturmabteilung (SA) und kurze Zeit im Kabinett Hitler Reichsminister ohne Geschäftsbereich, bevor er auf Befehl Adolf Hitlers, vorgeblich als Reaktion auf einen angeblich geplanten Putsch, den Röhm-Putsch, ermordet wurde.

Leben und Wirken

Aus Wikipedia:

„… Ernst Röhm war das jüngste von drei Kindern des bayerischen Eisenbahnoberinspekteurs Guido Julius Josef Röhm (1847–1926) und dessen Ehefrau Sofia Emilie Röhm (* 15. Dezember 1857; † 6. Januar 1935), geb. Baltheiser. Er hatte einen älteren Bruder, Robert Röhm (* 29. April 1879; † 31. Mai 1974), der wie der Vater in den Eisenbahndienst ging, und eine ältere Schwester, Eleonore Röhm (* 14. Mai 1880; † ?), verheiratete Lippert. Seine Neffen, die Söhne seiner Schwester, waren der Diplomat Bernhard Lippert und der Rechtsanwalt Robert Lippert.

Im Elternhaus wurde Röhm eine strenge Anhänglichkeit an das bayerische Königshaus mit auf den Weg gegeben, die er sich mindestens bis 1930 bewahrte. Als Protestanten gehörten die Mitglieder der Familie Röhm in Bayern einer Minderheit an.

Von Herbst 1897 bis Frühling 1906 besuchte Röhm das Maximiliansgymnasium in München, wo er das Abitur ablegte. Anschließend trat er – seinem Jugendwunsch, Soldat zu werden, folgend – als Fahnenjunker in die Bayerische Armee ein. Nach dem Besuch der Kriegsschule in München und der Beförderung zum Leutnant (9. März 1908) wurde er dem 10. Infanterie-Regiment „König Ludwig“ in Ingolstadt zugewiesen. Dort galt er in den Vorkriegsjahren als Dandy und Lebemann. In Hinblick auf seine spätere politische Tätigkeit als Wehrverbandsführer in den 1920er und 1930er (Reichskriegsflagge, Frontbann, SA) Jahren als nützlich erweisen sollten sich die persönlichen Beziehungen zu einer Anzahl von Regimentskameraden, die er in diesen Jahren knüpfte. Diese baute er später immer wieder als persönliche Vertrauensleute in leitenden Positionen in die von ihm geführten Organisationen ein.

Ab 1913 wurde Röhm zum Adjutanten ausgebildet und im Winter 1913/1914 wurde ihm die Aktualisierung des Mobilisierungszeitplans seines Regiments übertragen.

Erster Weltkrieg (1914 bis 1918)

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges rückte das 10. bayerische Infanterie-Regiment, dem Röhm angehörte, in Richtung Westen vor. Nach der deutschen Niederlage in der Marne-Schlacht beteiligte das Regiment sich am Vormarsch auf die Côtes-Lorraines. Am 24. September 1914, während der Kampfhandlungen um die Ortschaft Spada, erlitt Röhm einen Gesichtsschuss, der ihn dauerhaft entstellte: Er wurde in ein Heimatlazarett verlegt, wo sein abgerissenes Nasenbein durch eine Plastik ersetzt wurde, was nur unvollkommen gelang. Er musste in der Folge lernen, durch seine neue Nase zu atmen, und sich aufgrund von Atembeschwerden weiteren Operationen unterziehen. Da die Wunde immer wieder neu vereiterte, hatte er für den Rest seines Lebens mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

Am 19. Oktober 1914 erhielt Röhm das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen; am 3. Dezember 1914 erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant.

Am 17. April 1915 kehrte Röhm in der Stellung eines Regimentsadjutanten zur Fronttruppe des 10. Infanterie-Regiments in Spada zurück, wo er am 2. Juni 1915 das Kommando über die 10. Kompanie erhielt. Er nannte diese Zeit später das „schönste (Jahr) meines soldatischen Lebens“. Am 18. April 1916 erhielt Röhm die Beförderung zum Hauptmann.

Während der Schlacht um Verdun erlitt Röhm am 23. Juni 1916 während der Erstürmung von Fort Thiaumont erneut schwere Verwundungen, als er von vierzehn Granatsplittern an Kopf, Rücken, Oberarmen und am linken Oberschenkel getroffen wurde. Die folgenden sechs Monate bis Dezember 1916 verbrachte er in diversen Lazaretten in Frankfurt, München und Hohenaschau, bis er am 2. Dezember 1916 als garnisonsdiensttauglich entlassen wurde. Während seiner Lazarettzeit erhielt er am 12. August 1916 das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen. Die folgenden Monate der Genesung verbrachte er als Mitarbeiter im bayerischen Kriegsministerium in München, wo er von Dezember 1916 bis zum 29. Mai 1917 als Adjutant des Chefs der Armeeabteilung des Ministeriums, Gustav Kreß von Kressenstein, verwendet wurde.

Nach Wiedererlangung der Frontverwendungsfähigkeit wurde Röhm am 29. Mai 1917 zum Ordonnanzoffizier im Stab der 12. Bayerischen Infanterie-Division (…) ernannt. Diese Division wurde bis Mitte April 1918 in Rumänien und dann in den letzten Kriegsmonaten an der Westfront eingesetzt. Nach dem Ausscheiden des 2. Generalstabsoffiziers der Division (Ib) wurde Röhm mit der Ausübung von dessen Aufgaben betraut. In dieser Stellung war er für Nachschub, Unterkunft, Versorgung und Verpflegung sowie das Sanitätswesen der Division zuständig. In dieser Eigenschaft erwies er sich besonders während des deutschen Rückzugs aus Flandern 1918 als hervorragender Organisator.

Nachkriegszeit

Nach der Demobilisierung 1919 schloss er sich dem „Freikorps Epp“ (Das Freikorps gilt als eine der „Geburtszellen“ der NS-Bewegung) unter Franz von Epp an. Dieses Freikorps war an der gewaltsamen Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt und wurde im Juli 1919 in die 7. (Bayerische) Division der Reichswehr eingegliedert. Gemeinsam mit anderen völkisch-nationalistischen Reichswehroffizieren (…) gründete Röhm die informelle Offiziersvereinigung „Eiserne Faust“. Hier traf er im Frühherbst 1919 Adolf Hitler, der zunächst V-Mann in der von Mayr geführten Politischen Abteilung des Nachrichtendienstes des Gruppenkommandos der Reichswehr war und anschließend politische Schulungen für die Reichswehr durchgeführt hatte. Hitler war bereits Mitglied der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und noch im selben Jahr trat auch Ernst Röhm der Partei bei.

Röhm leitete das Waffenreferat der Reichswehr in Bayern und übernahm die nach der Auflösung der Einwohnerwehren 1921 neu eingerichtete sogenannte Feldzeugmeisterei der Reichswehr. Aufgabe dieser illegalen Einrichtung war es, nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages verbotene Bestände an Waffen und Munition vor der interalliierten Kontrollkommission zu verstecken. Mit der Verfügungsgewalt über diese geheimen Waffenlager gewann der weitreichend vernetzte Röhm eine außerordentlich einflussreiche Position innerhalb der rechtsnationalen bayerischen Wehrverbände. Röhm galt deshalb als „Maschinengewehrkönig von Bayern“.

Röhm und die NSDAP

Ein Jahr nach dem Eintritt in die DAP wurde Ernst Röhm eines der ersten Mitglieder der NSDAP (Mitgliedsnummer 623), welche unter Hitlers Führung aus der DAP hervorgegangen war. Hitler knüpfte mit der Hilfe Röhms erste Kontakte zu bayerischen Militärs und Politikern, von denen Röhm viele überzeugen konnte, der NSDAP beizutreten; auch beim weiteren organisatorischen Aufbau der Partei spielte Röhm eine wichtige Rolle.

Röhm war seit Ende 1921 Leiter der Münchner Ortsgruppe der Reichsflagge, eines Wehrverbandes unter Röhms Freund, dem Reichswehrhauptmann Adolf Heiß. Auf Röhms Initiative hin schloss sich die „Reichsflagge“ am 4. Februar 1923 mit dem Bund Oberland, dem Bund Wiking und der SA zur Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände zusammen. Als Befehle Röhms an die „Reichsflagge“, in denen aktive Offiziere als Leiter militärischer Übungen namentlich genannt wurden, an die Öffentlichkeit gelangten, zog sich Röhm zwar offiziell aus der Führung des Bundes zurück, betätigte sich dort aber inoffiziell weiter. Bei einem Aufmarsch der Arbeitsgemeinschaft am 1. Mai 1923 erhielten die Teilnehmer trotz ausdrücklichen Verbots der Reichswehr Waffen aus deren Beständen. Röhm wurde dafür verantwortlich gemacht und aus dem Divisionsstab entfernt. Einer angekündigten Versetzung nach Bayreuth begegnete er mit einem Abschiedsgesuch in der Hoffnung, in München bleiben zu können. Tatsächlich wurde die Entlassung zurückgenommen und Röhm bis auf weiteres beurlaubt. Nach der Gründung des „Deutschen Kampfbundes“ am Deutschen Tag am 1. und 2. September 1923 sorgte Röhm dafür, dass Hitler am 25. September die politische Führung des Bundes übernehmen konnte. Der selbstbewusste Röhm sah Hitler als öffentlichkeitswirksamen „Trommler“ an, ging aber selbst vom „Primat des Soldaten vor dem Politiker“ aus.

Am 26. September 1923 ersuchte Röhm erneut um seinen Abschied aus der Reichswehr, um einer Versetzung nach Berlin zuvorzukommen. Weiterhin beurlaubt, konzentrierte er sich ganz auf seine Arbeit in der Reichsflagge. Da Heiß nicht bereit war, Röhms Kurs mitzumachen, und mit der Reichsflagge aus dem Kampfbund austrat, spaltete sich Röhm mit den südbayerischen Ortsgruppen im Oktober 1923 ab und gründete den Bund Reichskriegsflagge. Mit seinem Bund unterstützte er Hitlers und Erich Ludendorffs Initiative für eine Putsch-Aktion. Am 9. November 1923 war er maßgeblich am Hitlerputsch beteiligt, wofür er eine fünfmonatige Haftstrafe zu verbüßen hatte. Aus der Reichswehr war er noch vor dem Hitler-Prozess ausgeschieden. SA und NSDAP wurden in der Folge des Putschversuches verboten. In Anerkennung seiner prominenten Rolle bei diesem Putschversuch wurde ihm 1933 der Blutorden mit der Verleihungsnummer 1 verliehen. Röhm gehörte neben Dietrich Eckart, Hermann Esser, Julius Streicher und Christian Weber zu den ganz wenigen Duzfreunden Hitlers.

Führer des Frontbanns und Rückzug aus der Politik (1924 bis 1928)

Nach seiner Freilassung aus der Festungshaft begann Röhm mit dem eigentlichen Aufbau der SA zu einer Vorstufe jener paramilitärischen Kampforganisation, die sie nach 1930 und wiederum unter seiner Anleitung endgültig werden sollte. Röhm konnte mit der von Hitler nach dem gescheiterten Putsch von 1923 proklamierten Legalitätstaktik, dem Arrangement innerhalb der parlamentarischen Struktur, nicht viel anfangen. Dennoch zog er 1924 auf Reichswahlvorschlag für die Nationalsozialistische Freiheitspartei in den Reichstag ein; im selben Jahr trat er der DVFP bei. Seine politische Einstellung blieb radikal antikapitalistisch und revolutionär. Für ihn gab es kein Arrangement mit für seine Begriffe korrupten Mächten wie der Großindustrie oder der Reichswehr. Die SA sollte eine autonome Macht darstellen, die nicht der Parteipolitik untergeordnet war. Röhm stand damit teilweise offen in Gegnerschaft zur Parteiführung der NSDAP.

Ebenfalls 1924 gründete Röhm die Organisation Frontbann, eine Wehrorganisation, mit der er seine Milizidee verwirklichen wollte und deren Schirmherrschaft Erich Ludendorff übernahm.

Im Februar 1925 betraute der im Dezember 1924 aus der Festungshaft in Landsberg entlassene Hitler Röhm mit dem Aufbau und der Führung der nun neugegründeten SA. Röhm legte sein Kommando jedoch bereits nach knapp zwei Monaten zum 1. Mai 1925 wieder nieder, aufgrund grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Hitler über die Funktion und Struktur der neuen SA. Während Hitler im Wehrverband nur eine Hilfstruppe der Partei sehen wollte, die lediglich Saalschutz- und Propagandaaufgaben übernehmen, aber keine neue Wehrbewegung sein sollte, verlangte Röhm das Primat des Soldaten vor dem Politiker und sah die politische und militärische Führung der Bewegung als gleichberechtigte Funktionen an. In seinem Denken weiterhin militärisch-aktivistisch geprägt sah Röhm zudem den nun von Hitler verfolgten Legalitätskurs mit Skepsis und wollte keine SA führen, die in einem rein subalternen Verhältnis zur Parteiorganisation stand. Gleichzeitig mit dem Kommando über die SA legte er auch die Führung des Frontbanns nieder. (…)

In den folgenden Jahren bis 1928 schlug Röhm sich kurzzeitig in verschiedenen kaufmännischen Stellungen und als Vertreter durch. Außerdem legte er unter dem Titel „Geschichte eines Hochverräters“ seine Autobiographie vor.

Im Jahr 1928 unternahm Röhm mit Hilfe der sogenannten „Wehrpolitischen Vereinigung“ (WPV) erneut den Versuch, sich aktiv innerhalb der NSDAP zu betätigen, gab dieses Unterfangen jedoch bereits nach kurzer Zeit auf.“

Das folgende Kapitel als Militärinstrukteur in Bolivien (1928 bis 1930) übergehe ich, da es nach meiner Meinung keine besondere Rolle spielt.

Stabschef der SA (ab 1931)

Aus Wikipedia:

„…Auf einer SA-Führertagung am 30. November 1930 in München gab Hitler den versammelten SA-Führern schließlich die Betrauung Röhms mit der Leitung der SA bekannt. (…)

Nachdem Röhm am 5. Januar 1931 sein neues Amt angetreten hatte, baute er die SA zu einer breit angelegten Bewegung aus, mit der er das Selbstverständnis und Auftreten der NSDAP bis zum Sommer 1934 maßgeblich prägte. Unter seiner Ägide stieg die Stärke der SA binnen kurzer Zeit erheblich an: Während die Gesamtstärke der SA bei Röhms Antritt als Stabschef noch bei 77.000 Mann gelegen hatte, überschritt sie bereits im April 1931 die 100.000-Mann-Grenze. (…) Im Januar 1932 war eine Stärke von 290.000 Mann erreicht und zum Zeitpunkt des Machtantritts der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 betrug der Personalbestand der SA rund 430.000 Männer. (…) Als geschickter Netzwerker besetzte Röhm schrittweise weitere wichtige Stellungen in der Obersten SA-Führung (…) und schuf sich auf diese Weise sukzessive eine machtvolle Position in der NS-Bewegung.

Röhm forderte die Auflösung der Reichswehr in einer von der SA gestellten „revolutionären Volksmiliz“. Er wollte damit seine Vision einer zweiten nationalsozialistischen „Volksrevolution“ vorantreiben. Dadurch geriet er erneut mit Hitler und dessen Gefolgsleuten aus SS und Reichswehr in Streit. Zwar gibt es aus dieser Zeit schriftliche Zeugnisse über Versuche Röhms, die Notwendigkeit eines parallelen Existierens von SA und SS neben der Reichswehr zu begründen, doch dürften solche Bekenntnisse kaum seinen Überzeugungen entsprochen haben. Röhm entfernte sich immer mehr von der offiziellen Parteilinie und betrachtete die SA als „eine nationalsozialistische Kampforganisation neben der NSDAP“, die von der Partei „völlig unabhängig“ sei.

Auch geriet er mit Hitler in offenen Streit, als dieser es ablehnte, die SA erneut als „Wehrbewegung der Partei“ aufzubauen. Röhm dazu bei verschiedenen Gelegenheiten: „Hitler habe Trommler der Wehrverbände zu bleiben. (…) Parteipolitik wird im Frontbann, auch in der SA nicht geduldet. (…) Ich verbiete mir auf das strengste jede Einmischung der SA in Parteiangelegenheiten; ebenso streng verbiete ich, dass die SA-Führer von parteipolitischen Führern Weisungen entgegennehmen.“

Im April 1932 wurde die SA von Reichskanzler Heinrich Brüning erneut verboten, nachdem es zu gewalttätigen Übergriffen von SA-Mitgliedern gekommen war. Im Juni wurde das Verbot von dessen Nachfolger Franz von Papen wieder aufgehoben. Daraufhin kam es im Vorfeld der Reichstagswahl Juli 1932 zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen mit insgesamt etwa 300 Toten und über 1100 Verletzten. Vor der Reichstagswahl im März 1933 schreckte die SA auch nicht vor Folter zur Einschüchterung politischer Gegner zurück.

Skandale um Röhms Homosexualität 1931/32

In den Jahren 1931/32 stand Röhm im Mittelpunkt einer Pressekampagne, die auf seine Homosexualität abzielte. Ganz unterschiedliche Gegner des Nationalsozialismus hofften dadurch, Hitler selbst treffen zu können und dessen politischen Aufstieg zu stoppen.

Röhm hatte nach eigenen Angaben seine Homosexualität 1924 entdeckt, verkehrte seit Mitte der 1920er Jahre in Nachtklubs (…) und lebte seine Sexualität in den dortigen Dampfbädern aus. Einzelheiten über Röhms Sexualleben der Jahre 1931 bis 1934 wurden erst im Zuge eines Prozesses vor dem Landgericht München I im Herbst 1934 bekannt (Granninger und Genossen wegen Unzucht und Kuppelei), denn Röhm hatte stets darauf geachtet, nicht gegen den § 175 StGB zu verstoßen und sich nicht erpressbar zu machen. (…)

Nach Röhms Ernennung zum Stabschef hatte die Presse immer wieder Gerüchte über Röhms Homosexualität kolportiert. Insbesondere die sozialdemokratische Münchener Post versuchte ab dem Frühjahr 1931, die Nationalsozialisten politisch-moralisch zu diskreditieren, indem sie etwa über die „warme Bruderschaft im Braunen Hause“ berichtete. (…)

In der NS-Bewegung wurde Homosexualität stillschweigend toleriert und tabuisiert. Der Skandal sorgte für Unruhe, aber Hitler stellte sich unmissverständlich vor Röhm, auf dessen Loyalität er sich stützte. Einige Nationalsozialisten um Walter Buch waren jedoch so entsetzt über Hitlers Festhalten an Röhm, dass sie die Ermordung Röhms und seiner engsten Vertrauten planten. Das Vorhaben scheiterte aber, als Röhm davon erfuhr. Auch die Presse bekam von dem Komplott Kenntnis und machte es zum Teil ihrer Kampagne. Der NSDAP-interne Konflikt um Röhms Homosexualität beflügelte allerdings auch eine Verschwörungstheorie, die schließlich zur Grundlage der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik gegenüber Homosexuellen wurde. SS- und Gestapo-Chef Heinrich Himmler, der für die spätere Ermordung Röhms maßgeblich verantwortlich war, sah die Homosexualität als eine Bedrohung des Staates. (…)

Die SA entfaltete nach der Machtergreifung einen regelrechten Personenkult um Röhm. Die Gerüchte um sein Sexualleben wurden dementiert oder durch historische Vergleiche, etwa mit Goethes Promiskuität oder Schopenhauers Misogynie, relativiert. Hitler nutzte Röhms Homosexualität 1934, um dessen Beseitigung zu rechtfertigen, und behauptete, erst 1934 davon erfahren zu haben. Nach der Ermordung Röhms nahm auch die Verfolgung Homosexueller durch die Nationalsozialisten drastisch zu. Der § 175 wurde 1935 verschärft, und es kam danach in fast allen großen Städten zur Schließung von Homosexuellentreffpunkten, zu Razzien und Bespitzelungen. Die deutschsprachige Exilpresse kommentierte die Ermordung Röhms beinahe einhellig mit homophoben Obertönen und war sich in der Abscheu gegenüber dessen sexuellen Neigungen mit dem NS-Regime einig.

Parteiinterne Attentatspläne auf Röhms Umfeld (1932)

Die öffentlichen Skandale um Röhms Sexualität beziehungsweise die Hypothek, die die Person Röhms infolge dieser Skandale für die NSDAP zu werden drohte, führten dazu, dass sich in der der Politischen Organisation (PO) der Partei eine starke Front gegen ihn formierte: Zu Röhms Feinden in der Partei gehörten insbesondere der Parteiideologe Alfred Rosenberg, der Leiter des Parteiverlages Max Amann sowie der Leiter des Obersten Parteigerichts Walter Buch. Die Feindschaft dieser Männer zu Röhm ging so weit, dass Buch schließlich sogar den Plan fasste, die Belastung für die Partei, als die er den Stabschef der SA ansah, zu beseitigen, indem er die Ermordung von Röhms engsten Mitarbeitern (…) und eventuell auch von Röhm selbst in Auftrag gab: Im Frühling 1932 wies Buch einen alten Freund, den früheren SA-Standartenführer Emil Danzeisen, an, Attentate auf die Gruppe um Röhm zu organisieren. Diese sollten als kommunistische Anschläge getarnt werden. Mit der praktischen Ausführung betraute Danzeisen Karl Horn. Dieser schreckte vor einer solchen Tat jedoch zurück und setzte stattdessen bei einem Besuch im Braunen Haus Du Moulin über Buchs Absichten gegenüber Röhm und seinen Mitarbeitern in Kenntnis. Erneut war es die „Münchener Post“, die die Öffentlichkeit über diese dramatischen Vorgänge innerhalb der NS-Führungsgruppe in Kenntnis setzte. So erschien am 8. April ein Artikel „Tscheka-Organisation im Braunen Haus? Was ist die Zelle G?“, in dem von einer geheimen Feme-Organisation berichtet wurde, die die Aufgabe habe, missliebige Nationalsozialisten durch Mord zu beseitigen. Die Auseinandersetzung um die geplante Ermordung der Röhm-Gruppe wurde schließlich von Hitler entschieden, der Buch und andere von weiteren Maßnahmen gegen Röhm (vorerst) abhielt. Allerdings veranlasste Hitler Röhm auch dazu, sich von seinen Mitarbeitern Du Moulin und Bell zu trennen, die er aufgrund der Kontakte zur Linkspresse und zur Münchener Polizei, die sie im Zuge der Affäre gepflogen hatten, als kompromittiert ansah. In dem nachfolgenden „Danzeisen-Prozess“ wurde Danzeisen, der zu den Vorwürfen schwieg, am 5. Juli 1932 zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Feindschaft der Gruppe um Buch zu Röhm dauerte indessen unterschwellig an: So gab Buchs Schwiegersohn Martin Bormann sich in einem Brief an Rudolf Heß vom Oktober 1932 zwar als in sexuellen Dingen tolerant und erklärte, dass ihm die Homosexualität Röhms an sich „herzlich gleichgültig“ sei, dass dieser für ihn aber aufgrund des Schadens, den er durch seinen Lebenswandel der Partei zufüge, inakzeptabel sei: „Für mich und alle wirklichen Nationalsozialisten gilt nur die Bewegung, nichts anderes. Was oder wer aber der Bewegung nützt, ist gut, wer ihr schadet, ist ein Schädling und mein Feind. Die Bewegung und nur sie ist ausschlaggebend. 1934 trug die andauernde Feindschaft der „Münchener Parteiclique“ um Buch schließlich maßgeblich zum blutigen Ende von Röhm und seinem Kreis bei.

„Röhm-Putsch“ und Ermordung

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 feierte die inzwischen auf über 400.000 Mitglieder angewachsene SA mit großen Aufmärschen und Fackelzügen. Im November 1933 zog Röhm noch einmal in den nun nationalsozialistischen Reichstag ein. Im März 1933 wurde Röhm zum bayerischen Staatskommissar und Staatssekretär ernannt. Im Dezember des Jahres erfolgte seine Ernennung zum Reichsminister ohne Geschäftsbereich.

Im Sommer 1934 nahm Hitler an einer internen Veranstaltung der Berliner SA teil, bei der die übrige Führungsspitze der NSDAP ausgeschlossen war. In deren Verlauf marschierte Hitler mit einem starken SS-Aufgebot einschließlich zahlreicher Fahnen- und Standartenträger auf. Nach einer emotional angelegten Rede vor den versammelten SA-Mitgliedern kam es zu einem Gespräch zwischen Hitler und Röhm. Röhm vereinbarte mit Hitler, dass er die gesamte SA für vier Wochen in den Urlaub schicken werde. Am Morgen des 29. Juni 1934 gab Röhm den Stabsbefehl heraus, schickte seine SA ab dem 1. Juli in den Urlaub und kündigte an, in Bad Wiessee eine Kur anzutreten. Am Nachmittag des 30. Juni 1934 wurden Röhm, weitere führende Mitglieder der SA und sonstige Gegner Hitlers auf Befehl Hitlers und Betreiben der SS unter Heinrich Himmler, Hermann Göring und Reinhard Heydrich in das Gefängnis München-Stadelheim gebracht. Die SS hatte zuvor Gerüchte über einen Putsch durch Röhm und auch über seine homosexuellen Neigungen verbreitet. Diese waren jedoch längst bekannt, zum Beispiel durch die Zeitung „Der gerade Weg“ von Fritz Gerlich.

Ohne Gerichtsverhandlung wurde Ernst Röhm am 1. Juli auf Befehl Hitlers vom Kommandanten des KZ Dachau, Theodor Eicke, in der Zelle 70 des Gefängnisses Stadelheim erschossen. Röhm war zuvor der Aufforderung, Suizid zu begehen, nicht gefolgt. Die Aktionen wurden rückwirkend durch das von Carl Schmitt später initiierte „Staatsnotwehr“-Gesetz legitimiert. Der angebliche Röhm-Putsch wurde von Hitler ebenso zur Ermordung weiterer politischer Gegner benutzt. (…) Diese Aktion wurde auch als die „Nacht der langen Messer“ bezeichnet.

Röhm wurde zunächst auf dem Perlacher Friedhof bestattet. Am 21. Juli 1934 wurde seine Leiche exhumiert und verbrannt. Seine (angebliche) Urne wurde später auf dem Münchner Westfriedhof begraben; bis heute ist sein Grab eine Kultstätte für Rechtsextremisten.

Überlieferung

Ein großer Teil der Ernst Röhm betreffenden Unterlagen in den Akten der SA und NSDAP wurde nach seiner Exekution 1934 auf Befehl der NS-Führung vernichtet. Ein Großteil der Unterlagen, die in Röhms Privatwohnung sowie in seinem Büro in der Münchener Obersten SA-Führung, der Berliner Dependance derselben, und in Röhms Büro als Reichsminister verwahrt wurden, wurden 1934 beschlagnahmt und gelten als verschollen. Die biographische Forschung über Röhm ist daher seit jeher mit dem Problem konfrontiert, trotz dieser gewaltsam in die Quellenbestände zu ihm hineingerissenen Lücken zu einem möglichst vollständigen Bild der Person und ihres Wirkens zu gelangen. Insbesondere ein persönliches Tagebuch, das Röhm bis mindestens 1923 führte, ist später nicht wieder aufgefunden worden.