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Ein feste Burg ist unser Gott ist ein Kirchenlied, dessen Text von Martin Luther wohl vor 1529 geschrieben wurde. Die Melodie galt lange ebenfalls als sein Werk, entstand aber unter zumindest Mitarbeit von Johann Walter. Das Lied ist für den Protestantismus von großer Symbolkraft.
Entstehungsgeschichte
Der Text ist angelehnt an den Psalm 46, „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke“. Die Frage, ob Luther auch die Melodie tatsächlich komponiert hat, spaltete im 19. Jahrhundert die Musikwissenschaftler. Nach Michael Fischer ist Luther (nur) „vermutlich […] auch Urheber der Melodie“; nach evangelisch.de ist es „umstritten“, „ob die Melodie von Luther komponiert wurde“. Nach Christa Maria Richter kann man „davon ausgehen, dass die Melodie […] ein Gemeinschaftswerk Luthers und Walters gewesen ist, wenn sie nicht sogar überwiegend von Walter stammt“.
Die älteste überlieferte Quelle stellt die Augsburger Form und Ordnung geistlicher Gesang und Psalmen von 1529 dar. Gedruckt wurde das Lied auch im Erfurter Gesangbuch von Andreas Rauscher (1531). Da das Lied in der Ausgabe des Klug’schen Gesangbuchs von 1533 enthalten ist, wird vermutet, dass es auch in der verlorengegangenen Erstausgabe dieses Gesangbuchs von 1529 veröffentlicht wurde, möglicherweise auch schon 1528 im ebenfalls verlorengegangenen Gesangbuch von Hans Weiss. Über den genauen Zeitpunkt und Anlass der Entstehung gehen die Angaben auseinander. Die Spanne reicht dabei von 1521 bis 1530. Nach einer Auffassung entstand das Lied bereits 1527, möglicherweise unter dem Eindruck der nahenden Pest. Nach anderer Meinung wurde das Lied von Luther möglicherweise ursprünglich als Kampflied gegen die osmanischen Invasoren verfasst. Wieder andere meinen, dass sich das Lied gegen die Altgläubigen richte, die sich der Reformation und – aus Sicht Luthers und seiner Anhänger – dem Wort Gottes verweigerten, und weisen darauf hin, dass 1529 die „Protestanten“ auf dem Reichstag zu Speyer eine eigene Religionspartei geworden seien.
Musikalische Fortentwicklung
Bis zum 18. Jahrhundert wurde der lebendige Rhythmus der früheren Fassungen aus dem 16. Jahrhundert zunehmend geglättet. Die Melodie ist dadurch ruhiger und eingängiger geworden.
Chorsätze des Liedes schufen u. a.:
Stephan Mahu (vor 1544)
Johann Walter (1544)
Martin Agricola (1544)
Johannes Eccard
Hans Leo Haßler
Johann Hermann Schein
Melchior Franck (4stg. 1602, 5stg. 1631
Johann Philipp Krieger (1688)
Wirkungsgeschichte
Das Lied wurde im 19. Jahrhundert für den Protestantismus von großer Symbolkraft; Heinrich Heine bezeichnete es als „Marseiller Hymne der Reformation“, Friedrich Engels als Marseillaise der Bauernkriege“. Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Lied in Zeiten äußerer Bedrängnis oder zum Bekenntnis des eigenen Glaubens von Protestanten gesungen. So berichtet Michael Hirschfeld davon, dass evangelische Vertriebene in den 1940er Jahren gezielt Luthers Lied gesungen hätten, als sie erstmals in einer katholischen Kirche des Oldenburger Münsterlandes, in das sie von den Behörden zugewiesen worden waren, einen Gottesdienst hätten feiern dürfen.
Die typische lydische Quartwendung in der Melodie, versteckt im Mittelteil auf die Worte „Der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint“, ist als Kopfmelodie zu Brüder, zur Sonne, zur Freiheit verwendet worden.
Darüber hinaus erfuhr Ein feste Burg ist unser Gott beginnend mit den Befreiungskriegen Anfang des 19. Jahrhunderts eine nationale Aufladung als Kampflied über den engeren religiösen Sinn hinaus. Davon zeugen die Einbindung in national-deutsch ausgerichtete Feiern wie das Wartburgfest 1817 oder die Einweihung des Lutherdenkmals in Worms 1868. Einen Höhepunkt erreichte die national-militaristische Instrumentalisierung während des Ersten Weltkriegs, als insbesondere die Zeilen „Ein feste Burg ist unser Gott“ sowie „Und wenn die Welt voll Teufel wär“ weite Verbreitung fanden (beispielsweise auf Kriegsansichtskarten). In diesem Kontext stand das Lied für das Selbstbild des von allen Seiten bedrohten Deutschland, das im Vertrauen auf Gott jedoch über alle Gegner dieser Welt triumphieren würde. In der erneuerten Dauerausstellung des Lutherhauses Eisenach wird die wechselvolle Geschichte von Ein feste Burg ist unser Gott seit dem Jahr 2022 interaktiv dargestellt.
In der heutigen Ordnung des lutherischen Kirchenjahrs ist Ein feste Burg ist unser Gott dem 1. Sonntag der Passionszeit Invokavit als Wochenlied zugeordnet und damit auf Matthäus 4,1–11 LUT, die Versuchung Jesu durch den Teufel, bezogen. Als Wochenlied des Reformationstags sind hingegen Nun freut euch, lieben Christen g’mein (EG 341) oder Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich (EG 351) vorgesehen.
Text
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not,
die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
mit Ernst er’s jetzt meint,
groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Mit unsrer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren;
es streit’ für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ,
der Herr Zebaoth,
und ist kein andrer Gott,
das Feld muss er behalten.
Und wenn die Welt voll Teufel wär
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
wie sau’r er sich stellt,
tut er uns doch nicht;
das macht, er ist gericht’:
ein Wörtlein kann ihn fällen.
Das Wort sie sollen lassen stahn
und kein’ Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem Plan
mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib:
lass fahren dahin,
sie haben’s kein’ Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.