In Basel erscheint 1499 Sebastian Brants Narrenschiff in der 3. deutschen Ausgabe.
Wikipedia schreibt:
„… Daß Narrenschyff ad Narragoniam des Sebastian Brant (1457–1521), 1494 gedruckt von Johann Bergmann von Olpe in Basel, wurde das erfolgreichste deutschsprachige Buch vor der Reformation. Es handelt sich um eine spätmittelalterliche Moralsatire, die eine Typologie von über 100 Narren auf einem Schiff mit Kurs gen „Narragonien“ entwirft und so der verkehrten Welt durch eine unterhaltsame Schilderung ihrer Laster kritisch den Spiegel vorhält. Das Werk wurde 1497 ins Lateinische übersetzt und durch Weiterübersetzungen in verschiedene Landessprachen in ganz Europa verbreitet.
Das Buch gliedert sich in eine „vorred“ und 112 Kapitel, die in den meisten Fällen jeweils ein typisches menschliches Fehlverhalten oder Laster beschreiben und als Auswuchs närrischer Unvernunft präsentieren, so z. B. Habsucht, Kleidermoden, Schwätzerei oder Ehebruch, auch vor der Einnahme Konstantinopels durch das Osmanische Reich und dem nahen Weltende wird gewarnt; Regierende bekommen gute Ratschläge, und ein neuer Heiliger namens St. Grobian führt sich wie ein Flegel auf. Das Schlusskapitel stellt diesem Reigen von Narren den Weisen als Ideal vernünftiger Lebenshaltung gegenüber und klingt im Schlussreim mit dem Namen des Autors aus, noch gefolgt von einem gereimten Explicit und einer in späteren Auflagen hinzugefügten protestation, die sich über unbefugte Plagiate und Erweiterungen beschwert.
Ist der Narr durchgehendes Leitmotiv, so taucht das „Narrenschiff“ als rahmenprägendes Motiv nur einige Male auf; dafür erfindet der Verfasser neue Wortzusammensetzungen, wie z. B. „Narrentanz“ und „Narrenspiegel“, die womöglich geläufige Titel religiöser Schriften, wie „Totentanz“ und „Bußspiegel“, parodieren sollten. Überdies wird der „Narrenbrei“ gerührt oder Mitgliedschaft im „Narrenorden“ beschrieben. Brant lässt keinen Bereich des Lebens und des Wissens aus, dem nicht eine Kategorie der Narretei zugeordnet werden könnte:
„Ja würt all gschrifft vnd ler veracht / Die gantz welt lebt in finstrer nacht / Vnd dût in sünden blint verharren / All strassen / gassen / sindt voll narren.“ – „Ja wird alle Schrift und Lehre verachtet; [dann] lebt die ganze Welt in finsterer Nacht; Und tut in Sünden blind verharren; Alle Straßen, Gassen sind voller Narren.“
Der Weg zur Weisheit führt, so Rothkegel (1988), für Brant nicht über die „unmündige Frömmigkeit“, sondern über seinen „fründ Vergilium“, das heißt die menschliche Vernunft. Brant erfasst „das Problem menschlichen Verhaltens“ auf der Grundlage der biblischen Psalmen und Weisheitsschriften und der antiken Philosophie: „Brants Ideal ist der Weise der „Stoiker“. Im „Narrenschyff“ liest sich das im Kapitel „Der wyß man“ („Der weise Mann“) so:
„Er acht nit was der adel spricht / Oder des gemeynen volcks geschrey / Er ist rotund / ganz wie ein ey.“ – „Er achtet nicht auf das, was der Adel / der Adlige spricht; Oder auf des gemeinen/einfachen Volkes Geschrei; Er ist rund; ganz wie ein Ei (wohl übertragen zu verstehen als: so glatt wie ein Ei, so dass alles an ihm abgleitet)“
Das „Narrenschyff“ wurde von den Zeitgenossen sogleich in den höchsten Tönen gelobt, insbesondere von den Frühhumanisten des Oberrheins, mit denen Brant bekannt gewesen sein dürfte. Wahrscheinlich plante er, sein Werk selbst ins Lateinische zu übersetzen, übertrug diese Aufgabe dann aber seinem Schüler Jakob Locher, dessen Arbeit unter dem Titel „Stultifera Navis“ am 1. März 1497 in Basel erschien, gedruckt wie die deutsche Ausgabe bei Johann Bergmann von Olpe. Diese Ausgabe verbreitete sich schnell über die Landesgrenzen hinweg und machte Brants Werk zu einem internationalen Erfolg. Die Übersetzung Lochers ist keine wörtliche, sondern eher eine lateinische Nachdichtung, die (so das Ergebnis eines Textvergleichs von Rupp, 2002) den Erwartungen des lateinkundigen Publikums und dessen klassischem Bildungshintergrund Rechnung getragen habe.
Eine mittelniederdeutsche Ausgabe wurde 1497 unter dem Titel „Dat narren schyp“ von Hans van Ghetelen in Lübeck gedruckt.
Der Straßburger Prediger Johann Geiler von Kaysersberg stand Brants Parodien nicht ohne Vorbehalte gegenüber; zwar geißelte auch er Missstände und Verfall der Sitten, baute dabei aber auf Bildung, Humor und Volkstümlichkeit. 1498 begann er mit dem Entwurf von Predigten über das Narrenschiff, in denen er die aktuelle Satire durchaus kritisch verarbeitete.
Als Geiler 1510 starb, ließ sein Schüler Jakob Otter den Predigtzyklus nach Notizen und Mitschriften bei Matthias Schürer in Straßburg drucken; sie erschienen unter dem Titel „Navicula sive Speculorum Fatuorum“ im Januar 1511.
Thomas Murner, Franziskaner, Schriftsteller und ein Schüler Jakob Lochers, brachte im Jahre 1512 gleich zwei satirische Schriften heraus, zu denen er sich von Brants „Narrenschyff“ und Geilers Narren-Predigten hatte inspirieren lassen: die „Schelmenzunfft“ und „Doktor Murners Narrenbeschwerung“. 1519 erschien in Rostock, gedruckt von Ludwig Dietz, eine niederdeutsche Ausgabe des „Narrenschyff“ mit dem Titel: „Dat Nye Schip von Narragonien“.
Im Lauf des 16. Jahrhunderts erfreuten sich die Narrenfiguren Sebastian Brants weiterhin großer Beliebtheit, gleichwohl wurden sie von den kirchlichen Institutionen nicht mehr gern gesehen; man druckte in kleinem Format, das zudem preisgünstiger war und den Absatz sicherte. Im März 1572 erschien in Basel, aus der Offizin von Sebastian Henricpetrus, eine Ausgabe von Lochers lateinischer Übersetzung: „Stultifera Navis Mortualium“, ein mit kleinen Kupferstichen reich bebildertes Oktav.
Das Narrenschiff gehört zur volkstümlichen Literaturform der Narrengeschichten, einer satirischen Literatur, die die Belehrung über die menschlichen Schwächen und die Kritik des Zeitgeistes zum Inhalt hat; ihre Ausdrucksformen sind die Karikatur und die Übertreibung. Hierzu sind nach Brants Narrenschiff auch das Lob der Torheit (1509) des Erasmus von Rotterdam sowie Till Eulenspiegel (1515) und die Schildbürger (1597) zu nennen.
Auch wenn Brant am Ende des „Narrenschyff“-Erstdrucks von 1494 sagt, es sei entstanden „vff die Vasenacht/die man des narren kirchwich nennet“, ist daraus nicht zu schließen, dass er seine Narren aus den Karnevalsbräuchen gewonnen haben könnte, die bis auf den heutigen Tag solide Bürger für einige Tage im Jahr in überschwänglich feiernde Narren verwandeln. Eher ist es so, dass im ausgehenden Mittelalter der Narr bereits längst vor Brant als eine gottverneinende, sündige Figur bekannt war, die mit dem eigentlichen Fastnachtsfest noch gar nichts zu tun hatte; für die Moralsatire bot sich die Figur des Narren geradezu an. Sie ist daher keine Zufälligkeit. Stattdessen übernahm der Autor hier eine in allen Bevölkerungsschichten verstandene Symbolfigur. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn Sebastian Brants Narrenbeispiele in den Illustrationen allesamt mit den typischen Narrenattributen – Narrenkappen, Eselsohren und Schellen u. a. – dargestellt werden.
Sicher ist allerdings auch, dass Sebastian Brant und sein Narrenschiff die Allegorie des Narren schlagartig europaweit zur beliebtesten Figur des ausgehenden Mittelalters machten.
Das Narrenschiff wurde auch in der Musik thematisiert, unter anderem 1980 in dem gleichnamigen Song der Gruppe Karat (Schwanenkönig), sowie dem gleichnamigen Lied von Reinhard Mey auf seinem Album „Flaschenpost“ von 1998. Die belgische Bal Folk-Gruppe Naragonia benannte sich nach dem Bestimmungsort des Narrenschiffes.
Ab den 1970 er Jahren veröffentlichten zahlreiche Künstler und Bands des Rock und Pop Stücke mit dem Titel „Ship of Fools“: The Doors (1970), The Grateful Dead (1974), John Cale (1974), Bob Seger and the Silver Bullet Band (1976), Van der Graaf Generator (1978), Soul Asylum (1986), Echo & the Bunnymen (19986), World Party (1986), Erasure (1988), Robert Plant (1988), The Residents (1992), Sarah Brightman (1993), Scorpions (1993), Secret Chiefs 3 (2001), Yngwie Malmsteen (2002), Alphaville (2003), Ron Sexsmith (2006), Doves (2009).