Die Modelle des Phidias

  1. Akt. I. Szene.

(Wenn die Modelle vor den Vorhang gekommen sind, sagt das 1. Modell:)

l. MODELL: Sie fragen sich mit Recht: wer das hier sei Sie werden’s gleich hören: eins zwei drei.
CHOR: Wir sind hier im Hause die Modelle:/ (Der Vorhang geht auf)
PIRÄUS: Nun, meine Damen, was fuhrt Sie in das Atelier meines berühmten Herrn und Meisters Phidias.
1. MODELL: Wir haben es bereits dem Publikum erzählt Da Sie aber nicht dabei waren, wollen wir es Ihnen gern noch einmal erzählen. – (zum Dirigenten) Darf ich bitten: /: Wir sind hier im Hause die Modelle :/
PIRÄUS: Ihr haltet Euch so viel hier auf, daß Ihr Euch über Phidias nicht so viel aufzuhalten braucht. Wenn ich Euch hier so seh Akt stehn, dann weiß ich, wie die Actien stehn. Da hilft keine Dialektik
1. MODELL: Nein, da hilft nur Ihr Dialekt.
PIRÄUS: Merkt man ihn denn, meinen Dialekt?
1. MODELL: Ach, wenn man nicht hinhört …
2. MODELL: Kein Mensch in Athen spricht so einen Dialekt
PIRÄUS: Kein Mensch in Athen kennt auch die Bohnensprache … die „Vindo-Bonen-Sprache“. Ich bin eben aus Vindobona
2. MODELL: Wo liegt denn Vindobona?
PIRÄUS: Vindobona ist eine Stadt im nördlichen Austrien, unmittelbar bei Grinzing gelegen, und es sollte mich nicht wundern, wenn sie im Strudel der Geschichte besonders bekannt wird, durch die Geschichte ihres Strudels; ihres Apfelstrudels.
1. MODELL: Vindobona? Grinzing? Strudel? Austrien? Hab ich noch nie gehört.
PIRÄUS: Wie, Vindobona, das alte Wien, die Krone der Städte?
1. MODELL: Ach die Stätte der Krone!
2. MODELL: Danke, diese ethnologischen Erklärungen genügen uns, Herr Piräus.
PIRÄUS: Ihr könnt mich Pirä nennen, kurzerhand.
Ein Namen den mein Vater für mich fand
Er wollte mich nicht Aristides und nicht Xenon heißen,
Er wollte einen ganz besonderen Geschmack beweisen,
So kam er auf die glückliche Idee
und nannte mich: Pirä.
2. MODELL: Kartoffel-Puree.
PIRÄ: Spotte nicht, Mit einer edlen Rückenlinie darf man sich allerdings vieles erlauben. Gestatte, daß ich mit meiner rauhen Hand über diese zarte Linie fahre.
2. MODELL: Lassen Sie das, das ist doch keine öffentliche Verkehrslinie.
PIRÄ: Das wollen wir dahingestellt sein lassen, auf dieser Linie ist wohl schon mancher bis zum Knie gefahren
2. MODELL: Falsch: Wenn man zum Knie will, muß man mit der C fahren.
3. MODELL: Oder mit O und W.
4. MODELL: Oh Weh!
2. MODELL: (deutet auf eine futuristische Statue) Was ist denn das hier?
PIRÄ: Das wißt Ihr nicht? Ihr werdet das Rätsel leicht lösen:
Das Erste weidet sich im Gras.
Ein Tier, vierbeinig und mit Hufen.
Das Zweite macht Euch allen Spaß,
Und kommt Euch meistens wie gerufen.
Das Dritte ist ein ekelhafter Fraß
Das Ganze ist der neuste Stil des Phidias.
2. MODELL: Das ist natürlich wieder eine bodenlose Unanständigkeit.
PIRÄ: Nein, es ist keine Unanständigkeit.
3. MODELL: Ich hab’s und es ist doch sehr unanständig.
PIRÄ: Wieso?
3. MODELL: Ochsenschwanzsuppe.
PIRÄ: Nein, das ist weder Ochsenschwanzsuppe noch unanständig. Ich will es Euch sagen:
Das Erste weidet sich im Gras,
Vierbeinig und mit Hufen –
Die Kuh!
3. MODELL: Ochsen.
PIRÄ: Und worüber freut Ihr Euch alle? Nicht über den Fiskus, aber über den Bißkuß, über den Biß beim Kuß, der auch oft bis verlangt wird, (worauf die Modelle „au“ sagen)
2. MODELL: Kubis -?
PIRÄ: Und was hat man Euch während des großen peloponnesischen Krieges früh und spät aufs K-Brod geschmiert? Mus.
ALLE MODELLE: Kubismus.
PIRÄ: Und das hat Phidias auf dem Gewissen.
3. MODELL: Ich ziehe Ochsenschwanzsuppe vor: nach wie vor.
PIRÄ: Pfui Mädchen: Was Du vorziehst, interessiert uns nicht.
1. MODELL: Herr Pirä wir werden jetzt das Lokal verlassen
ALLE MODELLE: Auf Wiedersehen, Herr Pirä.
PlRÄ: Machts gut, Kinder.
1. MODELL: Meister, darf man Ihnen noch schnell mit einer Frage kommen?
PIRÄ: Laß schnell kommen.
1. MODELL: Sagen Sie uns, was für ein Modell sucht denn momentan Phidias?
PIRÄ: Was Phidias braucht fehlt Euch, trotz Eurer Jugend
1. MODELL: Was sucht er denn?
PlRÄ: Er sucht – die Tugend.
2. MODELL: Da kann er lange suchen –
3. MODELL: Die wird er in ganz Griechenland nicht finden.
PlRÄ: Ja ich weiß, es ist nicht leicht. Wir haben zwar inseriert in der A.Z. – in der Athener Zeitung – fünf doppelt gespaltene nonpareille Zeilen – Spaß kost ein Vermögen – die Insertionsspesen von heut -:
„Gesucht prima Tugend ff‘
PIRÄ: Fi-Fi. Aber was meldet sich schon auf Inserate! Ihr glaubt das entmutigt mich; im Gegenteil, ich brauche eine Tugend – ich finde eine Tugend. Ich will und muß eine Tugend haben.
1. MODELL: Also Sie suchen hier die Tugend und wir gehen unterdessen ins Romanische – ah – ins römische Cafee.
2. MODELL: Übrigens die Hauptsache, der eigentliche Grund unseres Besuchs? Setzen Sie doch bitte für mich 2 Drachmen auf Ptolemäus. Am Sonntag ist Rennen.
1. MODELL: Für mich auch.
2. MODELL: Für mich auch.
3. MODELL: Für mich auch.
2. MODELL: Für mich auch.
4. MODELL: Für mich auch.
PIRÄUS: Sieg oder Platz?
ALLE: Sieg.
PIRÄUS : Ich an Eurer Stelle hätte ja nicht auf Ptolemäus gesetzt – ich setze auf Fox¬trott.
(Modelle ab)

  1. Szene.

Pirä: Diese guten Kinder dürften nicht ganz unrecht haben. Aber wo soll ich die Tugend finden? Ich war schon in allen Pensionaten, Höheren Töchterschulen, Palais de Dances, bei Hermaphrotietz und bei Wertheim – alles andere, nur keine Tugend. Ach mit der Tugend habe ich meine Not.

3. Szene

PHIDIAS: Da mußt du eben aus der Not eine Tugend machen.
PlRÄ: Verzeihung Herr Phidias.
PHIDIAS: Hat meine Frau nicht nach mir gefragt?
PlRÄ: Doch: zu verschiedenen Malen.
PHIDIAS: Und was hast Du ihr geantwortet?
PlRÄ: Ich habe ihr geantwortet: Excellenz Perikles erwartet Sie.
PHIDIAS : Das ist eine sehr glückliche Wendung, die ich Dich bitten möchte in Hinkunft beizubehalten.
PlRÄUS: In Hinkunft.
PHIDIAS: Immer wenn eine Dame nach mir fragt, nach mir verlangt, sagst Du:
PlRÄ: Excellenz Perikles warten draußen.
PHIDIAS: Na und sonst keine Besuche, keine interessanten?
PlRÄ: Nein, nur Interessenten. Sie verstehen es ist nicht so leicht eine Tugend und eine Schönheit in einer Person zu finden Was der einen fehlt geht der ande¬ren ab. Die Frauen mit guten Formen haben schlechte Formen nur die Frauen mit schlechten Formen haben gute Formen, das ist ein circulus vitiosus.
PHIDIAS: Wo hast Du Dein Latein gelernt?
PlRÄ: Ich habe doch das Gymnasium bis Quarta absolviert.
PHIDIAS: Soso – Und doch muß ein Modell gefunden werden Erst gestern hat mir Perikles einen Mahnbrief geschrieben Ich kann es länger auf die lange Bank nicht schieben -Du weißt ja was ich suche:
PlRÄ: Die Tugend: sie muß sein voll Charme und voller Pli Ein Aprikosenteint, zwei zarte Brüste, wie Orangen hold geformt, zwei Augen voller Seele Von ihren Lippen tön‘ der Sang der Philomele Ein kleiner Fuß: die Stiefel No. 31. Ach Herr, ich fand sie nicht.
PHIDIAS: So suchtest Du nicht fleißig
PlRÄ: Ach Herr, ich suchte schon; ich lief treppauf, treppab
Doch hing’s bald von der Brust, bald von den Brüsten ab Bald fehlte es am Nacken und bald am Gegenteil, Bald war ein Buckel da, bald war ein Bein nicht heil, Die meisten litten schon an Podagra und Gicht -Herr, eine Tugend die vollkommen – fand ich nicht.
PHIDIAS: Du scheinst mir unbegabt.
PlRÄ: Das wollen wir nicht hoffen.
PHIDIAS: Ich hab die schönste Tugend heute Nacht getroffen. Wie Aphrodite schön und scheu wie eine Taube
PIRÄUS: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
PlRÄ: Lieber Herr, ich fürchte Sie sind das Opfer eines kleinen Irrtums geworden.
PHIDIAS: Da habe ich eine so entzückende Unschuld getroffen. Ach eine so liebe
Liebe. Apropos Liebe, hast Du schon ein Modell dafür gefunden? Perikles hat außer der Statue der Tugend ja auch noch die Liebe bei mir bestellt.
PlRÄ: Ja ich weiß, der Auftrag auf die Gruppe lautet: Tugend und Liebe vereint, gründen das häusliche Glück.
PHIDIAS: Ich habe die Tugend, Du mußt mir eine Liebe finden.
PlRÄ: Ja: einen jungen Mann hatte ich dafür, einen, der schien mir nicht ungeeignet.
PHIDIAS: Na und –
PlRÄ: Er zeigte ja für die Sache auch wärmstes Interesse.
PHIDIAS: Na und —
PlRÄ: Ja wie ich mit ihm sprach, fühlte ich mich doch etwas eigentümlich berührt.
Er hatte eine gewisse Manier, die Dinge hintenherum zu betrachten – Und dann wurden wir auch über den Preis nicht einig.
PHIDIAS: Dann muß man eben eine andere Liebe suchen
PlRÄ: Meister, es ist nicht so einfach, eine einwandfreie Liebe zu finden. Eine Liebe bei der alles klappt Wünschen Sie eine große Liebe, eine kleine, eine mittlere Liebe, eine dicke, eine dünne Liebe, eine Nächstenliebe, eine platonische Liebe, eine Bruderliebe, eine Kinderliebe, eine Affenliebe –
PHIDIAS: Ich will eine hübsche, eine nette, eine liebe Liebe.
PlRÄ: Schön, Herr.
PHIDIAS: Sieh nicht auf den Preis, aber sieh auf die Füße.
PlRÄ: Ich bin im Bilde.
PHIDIAS: Und vergiß heute nicht die Venus und den Sieg zu liefern. Sie sind schon drei mal reklamiert worden.
PlRÄ: Die Leute machen einen ganz nervös. Wenn sie nicht soviel reklamiert hät¬ten, wäre der Sieg längst geliefert.
PHIDIAS: Staube sie aber vorher noch einmal ab, der Sieg hat sowieso schon so viel Staub aufgewirbelt.
PlRÄ: Also die Venus zu Frau von Samothrake und den Sieg zu Herrn Milo.
PHIDIAS: Aber nein umgekehrt: Die Venus zu Milo, den Sieg zu Frau von Samothrake.
PlRÄ: Aha, die Venus zu Milo, den Sieg zu Samothrake schon gemacht. Ich werde die Statuen für die Ausgrabungen schon an die richtigen Stellen abliefern. Ich weiß, was ich der Nachwelt schuldig bin. (ab)

4. Szene.

ASPASIA: Herr Phidias!
PHIDIAS: Aspasia mein Kind. Wie lieb, daß Sie so pünktlich sind.
ASPASIA : Ja meine Uhr ist entzwei. (Sie sieht sich im Atelier um) Gott was für reizende Nippes-Figuren Sie hier haben. (Zeigt mit ihrem Schirm auf die Venus von Milo) Was ist denn das für ein Ladenmädchen?
PHIDIAS: Das Mädchen steht schon ziemlich lange in meinem Laden. Aber ich habe jetzt einen Käufer dafür gefunden.
ASPASIA: Wie interessant, wie zauberhaft!
PHIDIAS: Sie sind wohl zum ersten Mal in einem Atelier?
ASPASIA: Nein, ich arbeite selbst in einem Atelier, in einem Schneider-Atelier.
PHIDIAS: Wie sich das trifft!
ASPASIA: Eigentlich ist kein großer Unterschied zwischen Ihrem Atelier und unserem Atelier. Sie hauen die Damen aus, wir hauen sie über’s Ohr. Preise, Preise haben wir — davon machen Sie sich keinen Begriff. Ein ganz gewöhnliches Frühjahrskleid aus Gabardine oder Cheviot: 4000 Drachmen. Was sagen Sie dazu?
PHIDIAS: Ich liebe Sie um jeden Preis. Wo arbeiten Sie denn?
ASPASIA: Bei Gerson.
PHIDIAS: Schon?
ASPASIA: Gerson, 600 Jahre vor Christi natürlich.
PHIDIAS: Sie sind ja zum Schrein. (Er will Aspasia umarmen)
ASPASIA: Ich schreie schon. Hände weg.
PHIDIAS: Sie werden Ihrem Schicksal nicht entgehen
ASPASIA: (Zeigt mit ihrem Schirm auf ein Bild das an der Wand hängt) „Es wird höflichst gebeten die hier umherstehenden Figuren nicht mit den Händen zu berühren“.
ASPASIA: (Flüchtet vor Phidias und schlägt dabei mit ihrem Schirm der Venus den Arm ab)
ASPASIA: Ach Du lieber Zeus, jetzt bin ich dem Ladenmädchen ein wenig zu nahe gekommen.
PHIDIAS: Das macht garnichts, ein kleiner Zwischenfall Das ist ja nicht das erste Ladenmädchen, dem man zu nahe gekommen ist.
ASPASIA: Ich bin außer mir, sowas muß mir passieren. Kann man das nicht wieder flicken? Oder mit Syndetikon zusammenkleben
PHIDIAS: Ich werde sehen, was sich tun läßt.
ASPASIA: Ich bin unglücklich, vielleicht gibt es doch einen Ausweg? Könnten Sie ihr nicht noch die Beine abschlagen, und sie unserem Atelier als Schneider-Puppe verkaufen? Ich könnte ja mal Herrn Gerson fragen –
PHIDIAS: Ich werde daran denken.
ASPASIA: Übrigens ist das Ihre Schuld ganz allein.
PHIDIAS: Sie klagen mich ungerecht an.
ASPASIA: Wenn Sie mich nicht partout hätten küssen wollen, wäre das alles nicht passiert
PHIDIAS: Aber wer macht Ihnen einen Vorwurf?
ASPASIA: Sie sagen das so, und in Wirklichkeit sind Sie mir doch böse. Versetzen Sie sich doch an meine Stelle: Sie kommen mir näher, ich weiche Ihnen aus. Sie kommen mir noch näher, ich weiche noch mehr aus, Sie heben die Hand, ich hebe den Schirm und patsch (sie schlägt dem Sieg von Samothrake den Kopf ab). Ach Du lieber Zeus, schon wieder eine Muß die dumme Gans auch so empfindlich sein und gleich den Kopf verlieren! Das geht ja Hals über Kopf! Ja, ein Unglück kommt nie allein. Aller guten Dinge sind drei. Erst die Uhr, dann das Ladenmädchen, und jetzt die gute Frau mit den Flügeln. Was werden Sie von mir denken!
PHIDIAS: Ich denke daß es gut ist, daß Sie eine so kleine Patschhand haben
ASPASIA: War das von Bedeutung, was ich da zerschlagen habe?
PHIDIAS: Es war ein Sieg.
ASPASIA: Jetzt ist es eine Nieder-Lage.
PHIDIAS: Oh das macht nichts, ich werde eben an einen neuen Sieg denken, nie davon reden, immer daran denken.
ASPASIA: Ihre Großmut beschämt mich, Meister.
PHIDIAS: 0 mein Kind, nennen Sie mich nicht Meister, nennen Sie mich Phi-Phi. Wenn Sie mich Meister nennen, schneiden Sie mir alle Möglichkeiten ab.
ASPASIA: Alle? Ach, Sie meinen weil ich Schneiderin bin?
ASPASIA: Die Melodie ist sehr hübsch. Aber die Worte hat kein Mensch verstanden.
PHIDIAS: Ja das können wir uns (singt) leisten. Darf ich Ihnen vielleicht den Inhalt erklären? (Will auf sie zu)
ASPASIA: Was geben Sie denn jetzt wieder an?
PHIDIAS: Die Inhaltsangabe.
ASPASIA: Sie gehen mir aber etwas zu sehr ins Detail.
PHIDIAS: Aspasia, Sie regen mich direkt auf.
ASPASIA: Ob direkt oder indirekt, so schnell wird hier nicht aufgeregt –
PHIDIAS: Ahnen Sie denn wie schön Sie sind!
ASPASIA: Ach, leere Redensarten. Ein Künstler ist leicht entflammt, Künstlerliebe
PHIDIAS: Sie haben etwas so Unsagbares, etwas das so für Sie spricht … (Pause) Warum sagen Sie denn nichts?
ASPASIA: Warum soll ich denn etwas sagen! Ich habe ja etwas, das so für mich spricht.
PHIDIAS: Darf ich Ihnen etwas erzählen?
ASPASIA: Ach Sie können mir ja doch nichts vorreden, Ihre Märchen kenne ich längst
ASPASIA: Mein Herr was haben Sie von mir geglaubt
Ich bin entsetzt und muß in Versen reden.
Mama hätt‘ niemals mir erlaubt
Dies Haus des Lasters zu betreten.
PHIDIAS: Kein Haus des Lasters ist’s es ist ein Freudenhaus,
Hier ziehen alle Mädchen sich mit Freuden aus.
Es ist ein Haus der Kunst, geweiht dem edlen Blech
ASPASIA: Ich kam hierher mein Herr, die Tugend zu agieren, Sie aber wollen mich mit aller Kunst verführen.
PHIDIAS:
Wozu die großen Töne,
Ich will bewundern Sie in aller Ihrer Schöne.
Ich bin ein Wüstling nicht, nicht lüstern, auch nicht frech,
Weil ich mich nach der hüllenlosen Schönheit sehne,
Ich seh in einem jeden nackten Weib die Göttin
Nach ihren Formen bilde ich den Gott in Stein
Seh ich die Göttin, schiele ich nicht nach dem Bett hin
Es lockt mich nicht die Gunst, mich lockt die Kunst allein.
ASPASIA: Was will der langen Rede kurzer Sinn,
Ich bin und bleibe eine Schneiderin.
ASPASIA: Sie haben sich, mein Herr, bei mir geschnitten.
Als Dame muß ich um Distance Sie bitten,
Auf Anstand gingen Sie, als ich Sie traf – doch nicht
Auf Abstand aus. Ich bin noch Jungfrau, keusch und schlicht.
Sie fallen mit der Tür ins Haus – ist das noch Schicklichkeit?
Und proponieren das Finale vor der Ouvertüre.
PHIDIAS: Aspasia, ich schwöre heil’ge Schwüre;
Beim Zeus, Sie gehn zu weit.
ASPASIA: So weit nicht, Herr wie Sie.
PHIDIAS: Ich schwör es Ihnen zu.
Ich lasse Sie in Ruh‘
Bei Zeus, Apollon, Styx und Herkules
(er hebt die Hand zum Schwur)
ASPASIA: Die Hand da weg, das macht mich ganz nervös.
PHIDIAS: Erhaben wandeln Sie vor mir wie auf Kothurnen
ASPASIA: Deswegen brauchen Sie nicht so herumzuturnen.
Das kann man auch in Ruhe sagen.
PHIDIAS: Wie könnte ich Unziemliches je wagen
Doch komme ich in Ihre Näh‘
Begeistert mich das Kunstwerk das Sie sind.
ASPASIA: Sie reden für mich alles in den Wind.
Sie sollten sich was schämen.
PHIDIAS: Ich möchte … will … ich soll …
ASPASIA: … Die Hand herunter nehmen.
PHIDIAS: Doch fürchte ich die Leidenschaft geht mit mir durch.
Ich habe heißes Blut. Und bin kein Frosch und Lurch.

V. Szene.

(Frau Phidias tritt auf)
FRAU PHIDIAS: Mahlzeit.
PHIDIAS: Da haben wir den Salat. Nun rette sich wer kann, (zu seiner Frau) Ich bin ganz schuldlos, hör mich ruhig an. Ich hatte ein Modell bestellt.
FRAU PHIDIAS: Du suchst wohl Deine Modelle jetzt unter den Minderjährigen.
PHIDIAS: Ich ging im Walde so für mich hin
Und nichts zu suchen, das war mein Sinn.
Kaum sah ich dieses Mädchen’s märchenhafte Beine
Da wußte ich: Dies ist die Tugend oder keine.
FRAU PHIDIAS: Halt Du gefälligst den Mund. Ich weiß schon was ich weiß, und Sie Fräulein, was haben Sie hier noch zu suchen, machen Sie daß Sie nach Hause kommen.
ASPASIA: Sie schreien, daß im ganzen Haus es gellt. Und machen Szenen Ihrem Mann Da mir ein solcher Auftritt nicht gefällt, so schick ich mich zum Abtritt an. (ab)
PHIDIAS: Das ist ja eine nette Bescherung. Jetzt ist mir meine Tugend abhanden gekommen.
FRAU PHIDIAS: Du hältst mich wirklich für reichlich dumm. Das Frauenzimmer – die Tugend darstellen? Weißt Du was das ist? Das ist eine Deiner blöden Hu-Hu-Hu Humanitätsduseleien, so ein Weibsstück dafür zu nehmen.
PHIDIAS: Ich habe sie ja garnicht genommen.
FRAU PHIDIAS: Das fehlte auch grade noch.
PHIDIAS: Ich möchte mal gerne wissen wie Du Dich in einer solchen Situation beneh¬men würdest.
FRAU PHIDIAS: Das will ich Dir gleich sagen.

Couplet

FRAU PHIDIAS: Sie wagen es bis in mein Haus vorzudringen!
PRINZ: Ich denke doch das ist das Haus des Bildhauers Phidias! Ich wollte ihm einen Atelierbesuch abstatten. Ich segne den Zufall, der uns hier vereinigt.
FRAU PHIDIAS: Bedenken Sie wenn Phidias käme, was würden Sie sagen!
PRINZ: Guten Tag; ich wünsche eine Statue zu kaufen, würde ich sagen. Diese aus Marmor oder diese da (zeigt auf Frau Phidias). Ich zahle jeden Preis für das Vergnügen der Besichtigung.
FRAU PHIDIAS: Ich fürchte dieses Wort bedarf einer Berichtigung.
Sie sprechen sehr galant, doch wird Sie’s wenig frommen.
Sie werden schwerlich hier auf Ihre Kosten kommen.
Ich zweifle nicht, daß wenn das Gold im Kasten klingt,
So manche Schöne gern in Ihre Arme sinkt
Ich leb‘ mit meinem Manne in den Flitterwochen,
Ich habe ihm noch nie, noch nie die Treu‘ gebrochen.
Ich bitte Sie; mein Herr, dort ist die Tür:
Ich bin die Tugend selbst, Sie haben Pech mit mir
PRINZ: So wird mein Sieg nur umso größer sein.
Wenn ich gestehen darf, die Tugend selbst ward mein.
Ich liebe nicht die Siege ohne Kampf.
Man kreuzt den Blick, schon kreuzt man auch den Degen,
Es wehrt der Feind sich tapfer und verwegen
Bis endlich doch er in die Knie sinkt,
Bis man sich auf die Brüstung schwingt,
Und mit der hoch erhobenen Fahne der Sieger Eingang in die Burg erringt.
FRAU PHIDIAS: Ich finde Ihre Bilder reichlich militärisch.
PRINZ : Oh, ich bin Pazifist.
FRAU PHIDIAS: Ja, wenn die Schlacht geschlagen ist.
PRINZ: Süß ist der Friede, den Sie mir gewähren werden.
Ich werde selig sein, der Seligste auf Erden.
Ich gehe hier nicht fort, ich bleib‘ in Ihrer Näh.
FRAU PHIDIAS: Schön, bleiben Sie. Doch dabei bleibt’s, ich geh
PRINZ: Sie fliehen die Schlacht und wollen mir nicht stehn –
FRAU PHIDIAS: Ich habe Angst.
DER PRINZ: Vor mir?
FRAU PHIDIAS: Vor … mir. Auf Wiedersehen, (ab)
PlRÄUS: (tritt auf)
PlRÄ: Der Herr hat eine Statue gewählt?
PRINZ: Ja … nein … das heißt … gestatten Sie: Erotokles, Prinz von Syrien. (Er gibt ihm Geld)
PlRÄ: Von Wieringen?
PRINZ: Von Syrien.
PlRÄ: Diese Visitenkarte genügt mir, gestatten Sie, daß ich Ihnen die Pfote – pardon – die Hand schüttle. Das Gold ist echt – Sie sind ein echter Prinz. Womit kann ich dienen?
PRINZ: Oh mir gefällt hier alles ausnehmend, alles gefällt mir ausnehmend.
PlRÄ: Greifen Sie zu, Gelegenheitskauf … Diese Diana von Ephesus prima Waare
PRINZ: (zerstreut) Sehr hübsch, sehr hübsch.
PlRÄ: Kaufen Sie Hoheit, Weiße Woche. Ich lasse Ihnen diesen Apollo hier mit 10% Rabatt. Dieser Venus sind zwar die Hände ein wenig abgeschlagen aber das macht nichts, Sie können sie auf Abschlagszahlung bekommen. Aber gestatten Sie einen Moment, (er geht zum Telefon) Hallo Amt Alexander Alexander der Große, bitte 22 22. Ist dort Totokies Wettbüro? Hier Piräus Ja … Kammerdiener bei Akademieprofessor Phidias. Bitte placieren Sie 600 Drachmen Sieg auf Ptolemäus. Ptolemäus. P. wie Parthenon T wie Themistokles O wie Osiris L wie Leonidas, E wie Emil M wie Marathon … also Sie haben verstanden? (zum Prinzen) Wollen Sie die Sachen gleich mit¬nehmen? Soll ich sie einpacken, oder soll ich sie Ihnen in’s Haus schicken.
PRINZ: Ich möchte gern noch …
PlRÄ: Die Hausfrau? Die kann ich Ihnen um keinen Preis verkaufen. Die ist unbezahlbar. Aber ich schenk sie Ihnen.
PRINZ: Ich lasse den Mut nicht sinken, sie zu erobern.
PIRÄUS: Recht so, Kopf hoch, Sie gehören ja als Prinz gewiß zum Bund der Aufrechten.

Couplet.

ALLE MODELLE:
Wir sind hier im Hause die Modelle,
Jeden Morgen pünktlich stets zur Stelle.
Wir stehn Akt spät und früh
Bei dem Herrn FiFi.
Und doch wird die Nachwelt uns nicht kennen,
Jede Kunstgeschichte ihn nur nennen.
Alle Welt spricht von Fifi.
Er allein ist das Genie – nie.
1. MODELL: Ich gab den Kopf her gänzlich kopflos an die samothrak’sche Nike.
2. MODELL: Ich gab berückend meinen Rücken für die Göttin Artemis.
3. MODELL: Ich gab die Arme, ach ich Arme zu dem Ruhme der Antike
Venus von Milo hieß ich einst und steh im Louvre von Paris.
4. MODELL: Ich mach viel Kopfzerbrechen dereinst den historischen Gelehrten,
Weil auf die Nachwelt ich nur komm mit meinem aller Ehren werten.

CHOR DER MODELLE:
Alles haben wir verloren
An den verfluchten Gaul.
War das Vieh doch nie geboren
Uns geht es oberfaul.
Ach die Parze Clotho
bracht uns Pech beim Toto. Ach
Du lieber Augustin.
Alles Geld ist hin.

CHOR DER MODELLE:
Wird Ptolemäus Sieger sein
Wird er das Rennen machen?
Für ihn schlägt unser Herz allein
Im Schlafen und im Wachen.
Wenn nur nicht das perfide Aas
Uns reitet in den Dalles
Ihr selber setztet spielend alles
Geld des Herrn Phidias.

Unsere Phantasie sieht ihn schon zwanzig Längen voraus
Und von den Tribünen schallt schon heftiger der Applaus
Trubel über Trubel
Siegesrausch und Jubel
Hip Hip Hip Hip
Hip Hip Hip Hurrah.

Couplet

Von dem amüsanten Abzählspiel
Ich und Du
Müllers Kuh
Wußten schon die alten Griechen viel.
Müllers Esel der bist Du.
Wenn die Tiere ihnen nicht mehr paßten
Fuchs und Katz
Maus und Ratz
Warfen sie sie in den Spielzeugkasten
Und machten neuen Spielen Platz.

Sie plündern erst die Blumen in den Töpfen
Zählen dann an ihren Westenknöpfen
Bis der Jüngling und die Maid
Liebend nach den Göttern schreit.
Und man zählt nach alter Griechen Sitte
Ab und auf die Götter sehnsuchtsvoll:
Bacchus, Hera, Aphrodite,
Eros, Dionys, Apoll.

Spät’re Zeiten werden nicht mehr kennen
Ich und Du Müllers Kuh
Werden neuen Göttern Weihrauch brennen
Müllers Esel der bist Du.
Eines Tags zu jedermanns Ergötzen
Flätzt sich schon
Auf dem Thron,
Welchen Zeus im Stich ließ voll Entsetzen
Generaldirektor Davidsohn.

Am Olymp einst sang sein Lied der Schäfer
Heute komparsiert er in der Efa
Wer spricht noch von Venus und Konsorten
Ihre Zeiten sind vorbei.
In zehntausend Jahren wird man lesen
Deutschlands Götter sind dereinst gewesen:
Asta Nielsen, Henny Porten
Hella Moja, Mia May.

Couplet.

Ich kenne längst alle Geschichten,
Die Grimm und Musäus berichten.
Es geistert zur Nacht,
Wenn niemand mehr wacht,
Der Heinzelmann, fern und nah
Papa schnarcht im Schlafe und dehnt sich,
Mama liegt im Wachen und sehnt sich
Doch plötzlich ist der Heinzelmann da.
Etcetera etcetera.

Papa, Mama,
Welch Märchen erzählt Ihr da
Wer glaubt denn noch an die Geschichte
Der nächtlichen Heinzelwichte
Der Geist
Zumeist
Als Hausfreund sich erweist
Wenn Papa am Morgen erwacht,
Ist alle Arbeit schon gemacht.

Wer heutzutag schenkt denn noch Glauben
Dem Märchen der gurrenden Tauben?
Die sich bei Tag und Nacht
Vor Liebe umgebracht
In zärtlichem Liebesgebalg.
Die Treue ist heut fauler Zauber.

Drum muß auf den Schwanz man dem Tauber
Streckt er aus dem Ehekäfig den Hals,
Nach altem Brauch streu’n etwas Salz
Nur etwas Salz.

Papa und Mama,
Der Vogel bleibt treulich da,
Befolgt man des Märchens Regeln,
Fliegt er nicht zu anderen Vögeln.
Galant
Charmant
Frißt er ihr aus der Hand
Dem Weibchen hält Treue der Mann
Faßt sie’s nur halbwegs richtig an.

Couplet.

Ich kam vom Alexanderplatz
Da folgte mir ein junger Fratz,
Er sah göttlich wie Apoll aus.
Er war kaum 18 Jahre alt,
Doch wollte er mich mit Gewalt
Begleiten bis nach Haus.
PlRÄ: Excellenz Perikles wartet dort.
FRAU PHIDIAS: Einen Moment, ich komme sofort.
Er folgte auf den Fersen mir
Und sprach berauscht in Versen mir
Doch lauter ungereimte Sachen.
Am Eck sich schon die Börse zeigt,
Als er sich zärtlich zu mir neigt
Und der Dollar steigt und steigt
PlRÄ: Excellenz Perikles wartet dort
FRAU PHIDIAS: Einen Moment, ich komm‘ sofort.
Wir waren an der Oper schon –
Herr, Sie erlauben sich einen Ton,
Was erzählen Sie für Opern.
Es folgt am Brandenburger Tor
Mir nach der Brandenburger Tor
Und er flüstert mir in’s Ohr:
PlRÄ: Excellenz Perikles wartet dort.
FRAU PHIDIAS:
Einen Moment, ich komme sofort.
Was folgen Sie mir stets Sie Wicht,
Bedenken Sie die Folgen nicht
Verlassen Sie mich auf der Stelle
Er bettelte: Nur einen Kuß
Da sprang ich in den Autobus
Und fuhr in’s K.d.W. zum Schluß.
Was glauben Sie, wen ich da sah?
PlRÄ: Der junge Mann war wieder da.
FRAU PHIDIAS:
So war es wirklich in der Tat
Ich wußte mir schon keinen Rat,
Und ich flüchtete zum Teeraum,
Kaum nahm die Tasse ich zur Hand,
Wer glauben Sie kam angerannt
Bis er schmachtend vor mir stand,
Was glauben Sie wen ich da sah?
PlRÄ: Der junge Mann war wieder da.
FRAU PHIDIAS:
Da wurde ich fuchsteufelwild
Auf dieses freche Mannsgebild
Die Geduld war mir gerissen.
Ich habe Handschuhnummer zehn.
Ich holte aus, da schlug es zehn,
Ohne mich nur umzudrehn
Langt ich ihm eine mit Eklat.
(Ohrfeige)
EROTOKLES: Der junge Mann war wieder da.

Finale

ASPASIA: Aspasia
PKRIKI.ES: Ich, Perikles.
PHIDIAS: Ich Phi-Phi: Wir erheben Protest.
FRAU PHIDIAS: Wie man uns hier herausgestellt
DER PRINZ: Zum Spott der ganzen Welt.
ALLE: Denn unser heil’ger Ruhm Ward zum Brimborium
FRAU PHIDIAS: Euch gab sich die Historie
DER PRINZ: In ihrer ganzen Glorie
ASPASIA: Erstaunt denkt Fritz und Rieke
PHIDIAS: Die uns bisher verehrt,
PERIKLES: Das ist nun die Antike
PlRÄ: Mensch halt die Luft, sei stieke
ALLE ZUSAMMEN: Ich find die ganze Clique Ist keinen Pfennig wert.
PRINZ: Faßt Euch an Eurer Nase
ASPASIA: Seid Ihr nicht auch ’ne Blase?
FRAU PH: Glaubt Ihr, daß Rock und Hosen
PHIDIAS: Symbol der Sittlichkeit –
PlRÄ: Steigt Ihr in Euer Auto
ASPASIA: Doch uns Hellenen graut oh
ALLE: Vor Eurer götterlosen Und gottverlassnen Zeit.

Couplet.

Was mußt Du im Leben sein? Blöd, blöd, blöd
Blödsinnig glücklich sei hienieden
Daß keiner seine Nase rümpf
Das Glück verkörpern hier wir fünf
Des Hauses Glück und Frieden
FRAU PHIDIAS: Ich bin die Frau.
ASPASIA: Ich bin die Freundin.
PHIDIAS: Ich bin der Mann.
DER PRINZ: Ich bin der Freund.
PERIKLES: Ich der Mäcen
ALLE: In jedem Stück
Kann man uns fünfe sehen
Wo, wie und was es sei.
Wir fünf sind stets dabei.
Wir sind in dem Quintette
Von jeder Operette
Wir halten jede Wette
Bei Kaiman, Strauß und Fall
In Syrakus und Kreta
sieht man uns früh und späta
Und alles jubelt: Seht da
Die trifft man überall

Couplet.

Ach lieber Herr verzeihn Sie mir, verzeihn Sie mir,
verzeihn Sie mir Ich bin ja noch ganz außer mir,
ganz außer mir, ganz außer mir.
Entschuldigen Sie mich bitte sehr
Ich rede so viel Blödsinn hier
Ich bin ja noch ganz atemlos
Ich bin ja noch ganz fassungslos
Entschuldigen Sie mich bitte sehr,
Ich rede so viel Blödsinn her
PlRÄ: Regen Sie sich doch nicht so auf, gnädige Frau, Sie kommen ja immer mehr herunter.
ASPASIA: Ich war noch nie so guter Hoffnung.

Ich komme grade von Frau Pythia.
Es gibt da einen blonden Herrn,
Ich werd‘ sein Weib. Er nimmt mich mit ja
In sein Palais am Großen Stern.

Zwar steht noch eine dunkle Dame
Vor unserer Zukunft Ehebett,
Das ist gewiß die ganz infame
Lysistrata vom Nackt-Ballet.

Die Karten legte sie mir pikfein
Mein Glück ist wirklich evident,
Ich werd‘ was in der Republik sein:
Wer weiß? Die Frau vom Präsident.

Ich werd‘ in einer edlen Pose
In Ullstein’s Weltgeschichte stehn
Und für die ganze Zukunftschose
Zahlt ich nur zwanzig Mark und 10

Ach lieber Herr verzeihn Sie mir

Couplet.

Wenn ich mir mal die Zeitung anseh‘
Was schiert mich da die Politik,
Ich sehe nach ob Tanz in Wannsee
Und welches die Ballmusik.
Der Staatsschatz ist mir gänzlich schnuppe
Ich brauche zum Staat einen Schatz
Ich bin die dollste dollste Puppe
vom Lacedämonischen Platz.

Ich lese nur die Sparte Sport
Den neusten Athen-W-Skandal
Die letzte Mode, den letzten Mord
Alles andere ist mir schnurz egal.

Ich schwärme für’s Sechs-Tagerennen
Und für das Sechs-Nächte-System
Homers Roman rührt mich zum Flennen
Vom Einäugigen Polyphem
Ich lese jedes Inserat oh
der Heiratsvermittlungsbüros
Doch mit den Feuilletons von Plato
Ist nur noch verdammt wenig los.

Ich lese nur die Sparte Sport etc.

Couplet.

Das ist das Gesetz der Sphären
Bist Du auch noch so hoch gestellt,
Einmal mußt Du runter von der Höhe
Denn alles fällt auf dieser Welt.

Der Schnee fällt manchmal noch im März
Mitunter fällt das Barometer,
Die Jungfrau früher oder später
Und in die Hosen fällt das Herz.

Eh noch die Blätter fallen vom Baum
Wollte den großen Krieg man enden
Doch können Blätter sich auch wenden
Jetzt fällt man Holz – es war ein Traum

Der Dollar fällt nicht weit vom Stamm –
Kapital der Actionäre
Der Ritter fällt für seine Ehre
In Ohnmacht wenn die Sipo kam.

Manch einer fällt herein mit Geld
Euch fällt das Auge zu im Bette
Der Vorhang fällt am Schluß der Operette
Wenn sie nicht selber vorher fällt.

Couplet.

Mein Freund Fi-Fi mach kein so blödes Gesicht
Hör‘ was aus meinem Mund die Weisheit zu Dir spricht:

Es heißt nur die nackte Wahrheit kann
Männer bezaubern. Doch ich sage
Die Wahrheit ist eine Toilettenfrage
Besser ist’s, sie zieht was an.
Es reizt nur die Natur,
In seidner Garnitur
Denn es lockt nur das Bild
Welches halb sich verhüllt.

Mit Skunks bepelzt
Mit kleinen Pumps beschuht
Nach dem neusten Stil berockt
Solche Dame solche Dame hat die Herren stets gelockt.

Süß parfümiert
Und raffiniert frisiert
Manikürt und sporttrainiert
Solche Dame, solche Dame, hat noch stets die Herrn verführt

Ich weiß wohl der Mann sagt Euch
In dem Punkt sind alle gleich
Daß der Frau die wahrhaft schön
Auch schon ein Nichts wird stehn

Daß ein Huth für zwölf Mark 8
Euch zu einer Göttin macht,
Daß der Teint am hellsten blinkt
Puderlos und ungeschminkt
Folgt Ihr diesem Rat, dann ist es um Euch schlecht bestellt,
Weil er eine andere nimmt, die ihn kost‘ ein Heidengeld.
Denn sie hat’s ihm angetan
Nur weil sie sich angetan:
:/: Mit Skunks bepelzt:/:

Ich weiß wohl der Mann sagt Euch
In dem Punkt sind alle gleich
Daß ein echtes Perlen-Collier viel zu prunkhaft ist
Weil man selbst ein echter Schmuck, eine wahre Perle ist
Glaubst Du davon einen Ton,
Bist Du auf dem Holzweg schon,
Laß den Holzweg, nimm den Weg zu Deinem Juwelier
Zum Friseur, zur Schneiderin – hör nicht auf den Cavalier.
Erst scheint er verstimmt zu sein,
Doch dann stimmt er mit Dir ein:

Couplet.

Als Gott die Welt in sieben Tagen schuf
Bewies er viel Talent für den Beruf.
Sonne, Erde und die Frucht der Hesperiden
Alles schuf als Kugel er hienieden

Als Adam einst sich durch die Büsche schlug,
sah er Eva, die zwei Früchte trug,
Ihrer Schönheit sich bewußt genug
Und sie macht ihm schüchtern das Geständnis
Nimm die Frucht vom Baume der Erkenntnis.
Pflück Dir die goldenen Früchte
Wenn sie Dir blinken
Wenn sie Dir winken
Im grünen Flor.
Wenn sie prall und
Reif in der Sonne hängen
Und zum Munde
Sich durch die Zweige drängen
Laß uns die reifen Früchte pflücken
Die uns so süß beglücken
Es blüht der Garten Eden
Noch heut für jeden
Der’s Paradies nicht verlor.

Als ich im Sommer durch die Straßen ging
Die Dämmerung schon an den Häusern hing
Bot ein schönes Mädchen mir mit einem losen
Lächeln einen Korb voll Aprikosen
Es hatte Sternenblonde Haare sie
Ich frug nach dem Preis der Waare sie
Fragte nach der Zahl der Jahre sie
Sechzehn Jahre lautet ihr Geständnis
Und ich macht ihr flehend mein Bekenntnis.
Gib mir die goldnen Früchte
Stille den Durst mir
Stille die Lust mir
Zur Seligkeit
Wenn sie prall und etc.

Couplet.

Ach neige Dich Athene in Huld meinem Flehen
Die sich im Licht des Tages voll Scham nur entblößt
Du hast aus Herzenskummer schon oft mich erlöst.
Hat doch mein Gatte öfter mich schon so gesehen
Wolle bedenken gnädig bei meinem Gebet
Daß wenn nicht ich es tu eine andere es tat.

Zwar nennt es eine Sünde die heilige Lade
Ganz nackt zu stehn im Lichte vom Kopf bis zum Knie
Doch ist es halb so schlimm wenn sie voll Harmonie
Wenn süß die Brust sich wölbt und die Beine pfeilgrade
Wolle bedenken etc.

Ich muß es Dir gestehen, es macht mich verlegen
Daß es zum Gatten mich voller Sehnsucht zieht hin
Sieht er denn nicht wie jung und wie schön ich noch bin?
Sollen ihn andere Frauen zur Lust nur erregen –
Wolle bedenken etc.

Finale.

PHIDIAS:
Ach sollte in der Tat mein Glück so bald enteilen?
Aspasia warf mir an den Kopf ein schroffes Nein.
Schreib ich vielleicht ihr post‘ restant‘ noch ein paar Zeilen?
Das Porto ist zu hoch. Ich laß es lieber sein.
PlRÄ: Herr macht Euch nichts daraus!
PHIDIAS: Doch wer ist jener Knabe?
PlRÄ: Der Herr will als Modell sich Empfehlen.
PHIDIAS: Dann mag er schnell sich
Die Tunika vom Leibe ziehen, damit ich seinen ganzen Anblick habe.
EROTOKLES: Was will der Mann?
PlRÄ: Sie wollen bitte sich bemühn,
Sich Rock und Hose auszuziehn,
Auf daß er Ihre Plastik sehen kann.
EROTOKLES: Das ist ja, ich muß gestehn, ein amüsantes Haus.
Was kann geschehn? Ich zieh mich aus.
MODELLE:
Kommt Kinder seht mal schnell
Das neueste Modell.
Welch ein Modell doch!
Welch ein Gestell doch!
Nicht dick noch dünn
So grade mitten drin
Er scheint zu haben
Die nötigen Gaben
Der junge Mann ist ein Gewinn.
PlRÄ: Er könnte machen
Die dollsten Sachen
PHIDIAS: Sehr ungern bin für die Methode ich.
EROTOKLES:
Von den Modellen,
Die sich hier stellen,
Bin die letzte Mode ich.

Jedes Glied ist bei mir trainiert,
Meine Muskeln sind aus Eisen.
Wenn die Damen es nicht geniert, Will ich es ihnen gern beweisen.
PHIDIAS:
Nein mit so einem Schwanenhals
Wird in meinem Betriebe
Er von mir gemeißelt als
CHOR: Was?
PHIDIAS: Der Gott der Liebe
CHOR: Der Liebe Gott.
EROTOKLES: Das ist zum Schrein
Was kann da sein,
Der Gute will, daß ich die Position
Als Gott der Liebe
bei ihm hier übe
Welch sonderbare Ambition.
Wohlan, wenn es Sie interessiert,
Ich bin für den Beruf prädestiniert.

Ich hab für diese Stellung, glaub ich, sehr viel Talent.
Ich kenne jede Stellung, die man auf dem Gebiet der Liebe kennt.
Es steht mir hoch in Ehren meine Kunst jederzeit
Stets zieh‘ ich mich aus den Affairen zu völliger Zufriedenheit.

Die Liebe, die Liebe
Ist meine einzige Passion.
Ich habe gründlich sie studiert,
Studiert bei Venus in Person.
Die Liebe, die Liebe
Hat strahlend mir gelacht (lacht)
Tags als Sonne
Nachts als Wonne
Tag und Nacht.

Es kommt bei dieser Arbeit auf die Ausdauer an.
Das Wichtigste ist durchzuhalten, so lange man nur halten kann.
Schon öfter in die Lage des Modelles ich kam
Den Auftrag führ ich prompt zu Ende, den ich zu liefern unternahm.
PHIDIAS: Künden Sie Ihren Namen jetzt und Ihre Herkunft auch Das ist des Landes hier der Brauch.
EROTOKLES: Meister, ich heiße einfach, schlicht und keß: Erotokles.
CHOR:
Welch ein Name schlicht und keß: Erotokles.
Wie viel verspricht allein der Name
Gefällt der Name
Nicht jeder Dame? Nicht jeder Dame?
In ihm sprüht und funkelt es.
Erotokles.
Der Name macht für sich Reklame –
Erotokles.
EROTOKLES: Ich bin nur ein Modell und kein
Spielball für Sie, meine Schönen.
Wenn Sie mich weiter so verwöhnen,
Wird Phidias bös auf mich sein.
PHIDIAS: Na, wenn der Kerl so albern ist
Zahl‘ ich ihn unter dem Tarif.
CHOR:
Ein Spielzeug er zum Dalbern ist
Mit dem ich gerne schlief.
Wir streicheln ihn,
Wir schmeicheln ihm,
Wir lieben ihn
Und im Chore zwitschert es:
Erotokles.

Walzer – Duett.

FRAU PHIDIAS: Sie haben mich zärtlich gestreichelt
PRINZ: Sie waren mein einziges Glück.
FRAU PHIDIAS: Sie haben mit Küssen geschmeichelt
PRINZ: Sie gaben die Küsse zurück.
FRAU PHIDIAS: Sie wissen die zärtlichsten Spiele Sie kennen sich gründlich aus
PRINZ: Im alten dorischen Style Da bin ich wie zu Haus.
FRAU PHIDIAS: Sie haben tapfer mein Herz geraubt
PRINZ: Sie sprachen Worte, die unerlaubt
FRAU PHIDIAS: Ich mußte unter Flehen Vergehen, vergehen.
PRINZ: Sie fochten tapfer auf Hieb und Stich.
FRAU PHIDIAS: Aber auch Sie verwundeten mich
Ich mußt‘ mich auf Tod und Leben Ergeben ergeben.
PRINZ: Kein Wort von Vergangenem mehr.
Die Fahne der Zukunft gehißt,
Denken wir an die Lust
Die uns beschieden noch ist –

In einem Vorort da mieten wir
Ich und Du ein Quartier.
Und wir werden uns lieben
Jeden Tag von fünf bis sieben

Dort gibt es Kissen von jeder Art
Die uns zart
Gutes tun
Drauf steht gestickt: Nach getaner
Arbeit ist gut ruhn.
FRAU PHIDIAS: Und im Schleier schleich ich zu Dir
Poche an die Tür
Und Du öffnest mir.

Laß mich, laß mich laß mich Geliebter
Lauschen was aus Dir spricht,
Aus verschlossner Truhe
Hobst Du mein Herz ans Licht
In dem Meer der Liebe will
Ich vor Wonne ertrinken
Seesterne blinken
Laß mich versinken,
Doch schweig still.

Walzer.

ASPASIA: Laß mich, laß mich, laß mich in Ruhe
Lauschen, was aus Dir spricht
Aus verschlossner Truhe
Hobst Du mein Herz ans Licht.
In dem Meer der Augen will
Ich vor Wonne ertrinken
Seesterne blinken
Laß mich versinken
Doch schweig still.

Wie eine Sonne, so brennst Du heiß
Ziehst um mich Deinen Kreis
Und mit den zärtlichsten Strahlen
sendest Du stets neue Qualen
Länger nicht halt ich dem Feuer stand
Deine Hand
Schürt den Brand
Länger nicht kann mir entgehen
Daß sie den Bogen spannt.
Und es zielt Dein Pfeil auf meine Brust.
Und mein Herzblut rinnt, und ich sterb vor Lust.
PRINZ: Laß mich, laß mich laß mich die Ruhe
finden, die ich verlor
Öffne Deine Truhe
Hebe den Schatz empor.
BEIDE: In dem Meer der Augen will ich vor Wonne ertrinken
Laß mich ertrinken,
Laß mich versinken,
Doch schweig still.

Finale.

PlRÄ: Ist dies Duett
Nicht wirklich nett?
Das sich der Autor von der Seele schrieb
Auch sowas zieht
Auf dem Gebiet
Nicht einmal in dem ganzen Lied
Sangen die Liebenden: Ich hab Dich lieb
MODELLE: Unserm Blick sich zu entreißen
Zogen sie in Ruh
Ihren Vorhang zu.
:/: Was soll das heißen :/:

Ei Ei man macht am hellen lichten Tage Jou Jou
PlRÄ: Mehr Discretion, Ihr lieben Kinder
MODELLE:
Ach hätten wir, ach hätten wir
ne Leiter hier zur Hand
Man sieht von oben runter besser
Als hinauf vom Unterstand.
Nehmt doch die Stühle, fix, geschwinder
Nehmet die Stühle doch dafür
PlRÄ: Welch unanständiges Plaisier. Das ist die Frechheit in Person.
MODELLE: Das ist ein grämlicher Patron.
PlRÄ: Das ist die Frechheit in Person.
Ihr nehmt von allem ja Besitz
Ihr laßt mir nicht den kleinsten Ritz.
MODELLE: Ist es nur das, so traure nicht
Und mach ein freundliches Gesicht
Was wir hier sehn, was wir erspähn,
Pirä, erzählen wir Dir schon. Oh Oh
PlRÄ: Na und?
MODELLE: Lieb und galant Oh wie pikant Will er ihr streicheln
PlRÄ: Na was denn?
MODELLE: Die Hand
Jetzt droht Gefahr
Er will sogar
zärtlich ihr küssen
PlRÄ: Na was denn?
MODELLE: Das Haar
PlRÄ: Das klingt nicht gerade interessant
Hand und Haar, Haar und Hand.
Mehr mehr –
MODELLE: Nichts mehr.
PlRÄ: Was aber macht Erotokles?
MODELLE: Man sieht sehr schwer.
S‘ ist ein Malheur.
Jetzt sieht man deutlich
PlRÄ: Na was denn?
MODELLE: Nichts mehr.
Träumend ihm nah
Lächelt sie da
Flüstert im Halbschlaf
PlRÄ: Na was denn?
MODELLE: Mama.
Ihr Gesicht erglänzt entrückt –
Liebe weiß wohl was sie will.
Und sie seufzt: Ich bin beglückt
Ich habe nie so süß ge…
PlRÄ: Still

II. Akt.

PlRÄ: Wir wollen einmal sehen was es Neues gibt. Könnt Ihr nicht warten, Ihr zerreißt mir ja die ganze Zeitung. Ich habe hier die Athener Zeitung A-Z am Mittag, den Sportteil, einen Moment (er liest): „Die Spartaner griffen mit aller Wucht an. Es entspann sich ein erbittertes Ringen bis nach 15 Minuten der rechte Flügel der Athener durchbrach und sich mit voller Vehemenz auf die überraschten Spartaner stürzte.“
1. MODELL: O Gott, wie furchtbar, ich wußte gar nicht, daß Krieg ist zwischen Sparta und Athen.
PIRÄUS: „Die Spartaner hatten mit ihren Schüssen Pech. Es waren fast immer Fehlschläge, 5 Minuten vor zwölf kam es zum Handgemenge.“
2. MODELL: Halten Sie ein mit diesem grauenerregenden Gemälde eines Bürgerkrieges.
PIRÄUS : „Ein wüster Knäuel wälzte sich wie ein unentwirrbares Tohuwabohu am Boden. Blut spritzte.“
3. MODELL: Wasser, ich werde ohnmächtig.
PIRÄUS: Was habt Ihr denn nur, wer spricht denn von Krieg? Im Sportteil das ist der Bericht vom letzten großen Fußballwettkampf zwischen Sparta und Athen, (liest weiter) „Nach zehn Minuten gibt Athen eine Vorlage an den halbrechten Hahn, der aus 2 m Entfernung das Leder einschiebt. Ein Eckball wird schön vor dem Gästetor getreten, an einem Pfosten geköpft und dann glücklich abgedreht.“ Versteht Ihr das?
MODELLE: Kein Wort.
PIRÄUS: Ja, es ist sonderbar was die Leute heutzutage für ein Griechisch sprechen.
MODELLE: Das Rennen, das Rennen, wie ist es mit dem Rennbericht?
PIRÄUS: (Liest) „.‘.“. Versteigerung von Castans Panoptikum …“ Nein, das scheint es nicht zu sein. Hier, „das große Rennen“ „Es war ein internationales Ereignis“
MODELLE: AH.
PIRÄUS: „Die Gesellschaft von Athen war vollzählig vertreten. Das Auge war ent¬zückt von dem Glanz und der Pracht der Uniformen und neuesten Frühjahrstoiletten. Man bemerkte unter den Anwesenden Lysistrata in einem entzückenden Kleid aus Crepe Georgette.“
MODELLE: Der Sieger!
PIRÄUS: „Crepe Georgette scheint berufen die neue Mode zu werden. Man bemerkte ferner Xantho in einer Robe aus silbergrauem Tüll mit Brüsseler Spitzen.“
MODELLE: Der Sieger!, wer hat gesiegt?
PIRÄUS: „Man erkannte Polype den berühmten Feldherrn, er hatte die große Uniform mit den himbeerroten Generalstabsbiesen angelegt.
Von Persönlichkeiten der Presse bemerkte man: Diogenes, Chefredakteur der ‚Laterne‘ und Prometheus, Herausgeber der radikalen Wochenschrift ‚Der gefesselte Mensch‘.“
MODELLE: Der Sieger!
PIRÄUS: „Punkt drei erschien ein Landauer an der Standarte des Reichspräsidenten erkennbar. Perikles, Präsident der Republik vom Jubel des Volkes begrüßt. Seine Wiederwahl bei der bevorstehenden Neuwahl des Reichspräsidenten scheint gesichert.“
MODELLE: Der Sieger!
PIRÄUS: „In den Lüften das Rasseln eines Motors, alles wendet den Kopf nach oben: Der bekannte Fliegerleutnant Ikarus erscheint in seinem Doppeldecker. Ein bedauerlicher Zwischenfall tritt ein. Der Aeroplan stürzt ab, er stürzt so un¬glücklich, daß er einem Mann aus dem Volke, namens Nessus das Hemd zer¬reißt, sowie einer Dame den Chinchillamantel, und ihre gesamte Toilette vom Leibe zerrt: Sie steht völlig nackt neben dem gestürzten Aeroplan: Ein un¬vergeßlicher Anblick: Man erkennt Phryne …“
MODELLE: Ah!
PIRÄUS: „Endlich ertönt das Signal zum Start In diesem Augenblick trat nach althergebrachter Sitte Jupiter pluvius in Funktion. Es begann ein fürchterlicher Platzregen. Alles flüchtet auf die Tribünen Die Toiletten der Damen werden furchtbar mitgenommen, mit Ausnahme der Toilette von Phryne aus oben genannten Gründen. Die Pferde gehen los. Der Favorit Ptolemäus aus dem Stall des Augias scheint in blendender Form,“
MODELLE: Ah!
PIRÄUS: „die ihm leider wenig nützt. Es kommt zu einem Zusammenstoß zwischen Ptolemäus und Buzefalus aus dem Stall des Alexander. Ptolemäus bricht aus dem Feld und macht totes Rennen, Foxtrott aus dem Stall des Herrn von Weinberg geht als Erster durch’s Ziel.“ (Chor)
PIRÄUS: Ich verdiene meinen Namen nicht mehr, ich bin ein Hafen aber ich bin auf dem Trockenen.
MODELLE: Warum?
PIRÄUS: Ich habe für 600 Drachmen sämtliche Werke von Phidias verkauft und habe das ganze Geld auf Ptolemäus gesetzt.
1. MODELL: Ich Ptolemäus ist ein ägyptischer Königsname, ich kann mich mit der Republik noch nicht befreunden. Ich bin überzeugter Monarchist. Ich habe auf den König gesetzt und bin herein-gefallen. Ach, mein schönes Geld.
MODELL: Sein schönes Geld … was wird der Meister sagen wenn er seine Statuen nicht mehr hier vorfindet. –
PIRÄUS: Das wäre noch das wenigste … ich werde ihm sagen ich habe sie verkauft.
MODELL: Aber wenn er den Erlös dafür von Ihnen verlangt?
PIRÄUS: Das ist es ja eben … wenn er den Erlös dafür von mir verlangt. Großer Zeus … was soll ich nur tun?
ZWEITES MODELL: Lieber Herr Piräus, mir kommt eine Idee!
PIRÄUS: Hoffentlich keine platonische.
MODELL: Bis Sie einen Ausweg gefunden haben werden wir, meine Freundinnen und ich uns hier auf die leeren Sockel stellen und die Plätze der abhanden gekommenen Statuen einnehmen.
3. MODELL: Wir kennen ja die Pose einer jeden, wir haben ja lange genug dafür Modell gestanden, es wird uns nicht schwer fallen.
PIRÄUS: Das ist ein genialer Einfall, ich bin entzückt, wie soll ich Euch danken.
ERSTES MODELL: Indem Sie uns den üblichen Stundenlohn für Modellstehn verabfolgen. 2 Drachmen pro Stunde und Person.
2. MODELL: Bitte zahlen, zur Kasse.
PIRÄUS: Ihr seid acht, das macht sechzehn Drachmen, woher nehmen und nicht steh¬len! An diesen schwarzen Donnerstag werde ich ewig denken.
2. MODELL: Wir machen uns zurecht, Herr Piräus
PIRÄUS : Also schön, die sechzehn Drachmen werdet Ihr bekommen. Aber Sonntag Vormittag zahle ich nur die Hälfte. (Die Modelle nehmen die Pose der Statuen ein)
ZWEITES MODELL: Sehn Sie her geh’n Sie mal da in die Ecke. Wie machen wir uns? Ist der Unterschied nicht zu groß? Haben Sie etwas auszusetzen?
PIRÄUS: Nur den Preis, den Ihr mir macht . sonst nichts. Aber halt, was ist denn das für ein blauer Fleck (zu einem Modelle) ich kann mich nicht besinnen daß die Diana von Ephesus einen blauen Fleck hatte – es wird Phidias blau vor den Augen werden wenn er das sieht.
MODELL: Ich habe mich gestoßen … in der Untergrundbahn .. es war so überfüllt.
PIRÄUS: So so gestoßen.
MODELL: Aber ich schwöre Ihnen, es ist nicht das was sie glauben.
PIRÄUS: Schon gut.
3 MODELL: Es ist vier Jahre her, daß ich zur Venus von Milo Modell gestanden habe.
PIRÄUS: Na und?
MODELL: Meine Formen haben in den vier Jahren ein wenig gelitten – ich trage einen Büstenhalter.
PIRÄUS: Die Venus von Milo mit einem Büstenhalter, das fehlte gerade noch. Was machen wir denn da? Sakrament! Ich höre Schritte, man kommt. Pst. Rührt Euch nicht, es ist Phidias. Nein, es ist Perikles, Gott sei Dank.
EIN MODELL: Diese Aufregung, mir wird schlecht, ich fall in Ohnmacht.
PIRÄUS: Das hat doch noch einen Augenblick Zeit, hier hast Du einen Schnaps. (Perikles tritt ein) PERIKLES: Guten Morgen Was ist denn mit Ihnen los, Piräus? Sie zittern ja an allen Gliedern!
PIRÄUS: An allen nicht, Excellenz, an allen nicht! Aber Sie haben mir einen schönen Schreck eingejagt, ich dachte der Meister käme.
PERIKLES: Und warum die Furcht?
PIRÄUS: Vor Ihnen Excellenz, der Sie der Staat selbst sind, gibt es ja kein Staatsgeheimnis.
PERIKLES: Unser allverehrter Meister ist nicht da?
PIRÄUS: Bedauerlicherweise, Gott sei Dank, nein.
PERIKLES: Ich will auf ihn warten und mir unterdes seine Meisterwerke ein wenig betrachten.
PIRÄUS: Bitte sehr, Excellenz!
PERIKLES: Dieser Phidias, welch ein Talent! Sollte man nicht glauben dieser Marmor wäre blühendes Fleisch. Jeden Augenblick erwartet man, daß diese Statuen den Mund aufthun und zu reden beginnen.
MODELLE: Wem sagen Sie das!
PIRÄUS: Wollt Ihr schweigen, Kanaillen?
PERIKLES: Was sagst Du?
PIRÄUS: Die Akustik, ich meine die Beleuchtung ist nicht besonders, aber es wird gleich besser werden.
PERIKLES: Wie der Meister es verstanden hat den Marmor zu beleben. Alles ist da: Selbst die Muskeln und Adern heben sich plastisch ab, man spürt ordentlich das Blut pulsieren, Marmor pflegt sonst kalt und unbeweglich zu sein Bei ihm da ist er getönt und ganz warm.
PIRÄUS: Das ist die Sonne, die Sonne, die auf den Marmor scheint.
PERIKLES: Bewundernswert, bewundernswert. Unser Meister hat den Statuen eine solche Imagination der Bewegung verliehen, daß man erwartet sie würden sich jeden Moment bewegen.
PlRÄ: Nein, sie bewegen sich nicht, ausgeschlossen, sie sind ja dafür bezahlt, daß sie sich nicht bewegen.
PERIKLES: Man denkt: Jetzt recken sie die Glieder jetzt heben sie die Beine .. jetzt springen sie herunter vom Sockel .. jetzt singen sie.
(die Modelle gehen vom Sockel herunter und singen🙂
MODELLE: „Wir sind hier im Hause die Modelle“ etc
PERIKLES: Was ist denn hier los?
PlRÄ: Versuchen Sie gar nicht Excellenz es zu verstehen. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde wie einst Shakespeare sagen wird – … Mit dem gesunden Menschenverstand, Excellenz, kann man hier keinen Staat einlegen, obgleich Sie, Excellenz, mit Ihrem gesunden Menschenverstand, schon oft den Staat hineingelegt haben. Beschäftigen Sie sich lieber mit den Statuten der Gesetze, als mit den Gesetzen der Statuen. Eins, zwei, drei sind sie weg. Die Statuen waren eben von Ihnen weg Sie haben das Zartgefühl gehabt uns hier allein zu lassen und ich möchte …
PERIKLES: Sie können sagen was Sie wollen, es ist seltsam … Ich komme hier zum Besuch der Ausstellung der schönen Künste.
PIRÄUS: Ja, schöne Künste, nicht wahr? Ich wiederhole: Sie haben das Zartgefühl ge¬habt uns allein zu lassen. Und ich möchte Excellenz untertänigst eine Bitte unterbreiten.
PERIKLES: Unterbreiten Sie.
PlRÄ: Excellenz sind ein so ausgezeichneter Reiter, Sie sind beim Rennen um die Präsidentenwürde als Erster durch’s Ziel gegangen, daß ich Sie um Ihren Rat bitten möchte: Wie gewinnt man beim Rennen, worauf soll ich setzen!
PERIKLES: Wollen Sie einen offenen Rat, einen Staatsrat?
PlRÄ: Ich bitte darum!
PERIKLES: Spielen Sie nicht …! Nie – niemals.
PlRÄ: Ich habe einen Tip auf Ptolemäus gehabt!
PERIKLES: Und? Haben Sie gesetzt? Gewonnen oder verloren!
PlRÄ: Verloren … alles ist hin
PERIKLES: Sie hätten nicht auf Ptolemäus, Sie hätten sich lieber an Ihren Kopf tippen sollen. Es liefen außer Ptolemäus drei Favoriten, was kann ein Pferd gegen drei!
PIRÄUS: Was ein Pferd gegen drei kann? Rennen kann es, daher der Name, Herr! Aber es ist nicht gerannt.
ASPASIA: (tritt auf) Ich bin selig.
PlRÄ: Sie haben auf Foxtrott gesetzt?
ASPASIA: Ich komme direkt von der Frau von Pythia, sie hat mir eine glänzende Zukunft prophezeit! PIRÄUS: Ich empfehle mich den Herrschaften, (ab)
PERIKLES: Gnädiges Fräulein sehen fabelhaft aus! (Couplet der Aspasia)
PERIKLES: Was Sie da singen, das ist ja unerhört!
ASPASIA: Ach, das macht nichts, ich möchte nur zu gern wissen wer dieser junge blonde Herr ist, auf den Frau von Pythia anspielt.
PERIKLES: Sie haben keine Ahnung wer es sein könnte?
ASPASIA: Doch, Herr Phidias … er hat allerdings eine Glatze.
PERIKLES: Sie kennen keinen Staatsmann?
ASPASIA: Nein, ich kenne keinen Mann mit dem sich Staat machen läßt.
PERIKLES: Haben Sie niemals Perikles gesehen?
ASPASIA: Gott sei Dank nein! Ich bin nicht neugierig.
PERIKLES: Darum möchte ich nicht mit Ihnen wetten, Sie würden die Wette verlieren.
ASPASIA: Nein, ich weiß nur, daß die A-Z am Mittag manchmal lächerlich langweilige Artikel von ihm bringt. Papa verkauft nämlich die A-Z am Reichstagsgebäude.
PERIKLES: Sie billigen seinen politischen Standpunkt?
ASPASIA: Ich weiß überhaupt nicht was das ist, politischer Standpunkt
PERIKLES: Das werde ich Ihnen gleich erklären: Ich werde Ihnen einiges aus meiner letzten Wahlrede zitieren: Der Tag rückt immer näher, da das griechische Volk zu entscheiden haben wird welches Schicksal es in seine Hand gelegt hat Mit donnerndem Fanfarenton bricht die Morgenröte einer neuen Zeit an. Da ziemt es sich wohl Rückblick und Ausschau zu halten. Fern sei es von uns dem Faß der Danaiden den Boden der Tatsachen, auf den wir uns gestellt haben, auszuschlagen. Wohlauf: Vorwärts und rückwärts: das sei die Parole! Dem Volke muß die Religion erhalten bleiben, dies kann nur durch allgemeinen Preisabbau und durch rationelle Dividendenpolitik erreicht werden. Die notleidende Großindustrie, welche jetzt schon nicht mehr in der Lage ist ihre Riesengewinnste entsprechend anzulegen, muß in die Arbeitslosenfürsorge eingezogen werden. Mit dem Kapitalismus hat das Proletariat manch Hühn¬chen zu rupfen! Heben wir die Hand – sie soll uns verdorren, wenn wir die Wahrheit nicht sagen – zum Schwur, daß dieses Huhn bald im Topfe jedes Arbeiters schmoren soll. Wir sind für die proletarische Diktatur in ihrer gemäßigten Form: Der konstitutionellen Monarchie.
ASPASIA: Also was ein politischer Standpunkt ist, das weiß ich nun, aber mich interessiert in einer Zeitung ganz etwas anderes!
PERIKLES: Was denn?
(Couplet der Aspasia)
PERIKLES: Mein gnädiges Fräulein.
ASPASIA: Aspasia ist mein Name!
PERIKLES: Mein gnädiges Fräulein, Aspasia, ich bin überaus beglückt Ihre werte Bekanntschaft gemacht zu haben. Ich hoffe, daß wir nicht dabei stehen bleiben werden, (geht auf sie zu)
ASPASIA: Bleiben Sie ruhig dabei stehen.
PERIKLES: Darf ich mir erlauben, Ihnen hier meine Visitenkarte zu überreichen (er gibt ihr einen Backstein). Aber bitte sehen Sie nicht eher nach als fünf Minuten nach meinem Weggang und besuchen Sie mich so schnell Sie können und so oft Sie können.
ASPASIA: Oh, ich kann schnell und oft! Wann ist denn Ihr Jour fix?
PERIKLES: Fix? Ach so, ich pflege Freitag um 5 zu empfangen
ASPASIA: Ach das paßt sich ja gut, Freitag ist ja der Tag in der Woche an dem es warmes Wasser gibt!
PERIKLES: In meinem Salon verkehrt die halbe ganze und die ganze halbe Welt. Sie werden Aristophanes treffen, einen kleinen boshaften Burschen, der eine böse Zunge hat.
ASPASIA: Ich liebe mehr Leute, die eine gute Zunge haben.
PERIKLES: Dann pflegt der junge Alcibiades zu kommen, ein bildhübscher Mensch.
ASPASIA: Ach, das ist der, der ein Verhältnis mit dem sogenannten Philosophen Sokrates hat? Das ist ja fabelhaft interessant!
PERIKLES: Dann ist da ein harmloser, ganz amüsanter Geschichtenerzähler namens Herodot, ein junger Assistenzarzt von der ersten Poliklink, der eine große Zu¬kunft vor sich hat. Hippokrates! Dann noch zwei Schwankautoren von eini¬gem Ruf: Euripides und Sophokles!
ASPASIA: Ach das sind die, die den Raub der Sabinerinnen geschrieben haben!
PERIKLES: Sie sind ja sehr auf dem Laufenden!
ASPASIA: Ich bin ja auch ein Laufmädchen, trotzdem bin ich beim Examen zur Auf¬nahme in die höhere Töchterschule durchgefallen.
PERIKLES: Nein, was Sie sagen!
ASPASIA: Ja und daran schuld war niemand als der eine dieser beiden Schwankdichter: Sophokles! Das Thema zum griechischen Aufsatz lautete: Inwiefern ist So¬phokles der Schiller der Griechen! Inwiefern Sophokles der Schiller der Griechen ist, konnte ich absolut nicht feststellen. Sagen Sie selbst, was hat Ödipus mit der Jungfrau von Orleans zu tun!
PERIKLES: Sie sind anbetungswürdig. Auf baldiges Wiedersehen! – Ich werde gar nicht überrascht sein wenn in meinem Leben diese kleine Frau eine große Rolle spielte, (ab)
ASPASIA: Wenn dieser feiste alte Knabe nicht so entsetzlich rothaarig wäre, so würde ich mich fragen ob er nicht der schlanke junge blonde Herr ist, auf den Frau von Pythia anspielte.
PlRÄUS: (tritt auf) Mein Herr läuft durch die ganze Stadt.
ASPASIA: Hat er Karlsbader Salz genommen? Macht er eine Kur?
PIRÄ: Nur mit Ihnen, Fräulein, er sucht Sie Fräulein!
ASPASIA: Das bißchen Bewegung schadet ihm gar nicht, er ist sowieso zu dick.
PlRÄ: Phidias liebt Sie, Sie sind so schön und jung, Sie sind ihm so lieb und teuer.
ASPASIA: Je jünger, desto teurer!
PlRÄ: Er findet kein zweites Modell wie Sie, Sie sind ihm unbezahlbar!
ASPASIA: Das furcht‘ ich auch.
PlRÄ: Er kann um keinen Preis auf Sie verzichten!
ASPASIA: Meine Keuschheit steht sehr hoch im Preis.
PlRÄ: Wird Phidias sein Ziel erreichen, das ist hier die Frage!
ASPASIA: Ja, das ist immer eine Preisfrage! – Ob sich eine Frau schenkt.
PlRÄ: Sie haben soviel Seele Fräulein, aber was den Preis betrifft beunruhigen Sie sich nicht. Phidias weiß den wahren Wert einer Frau richtig zu schätzen Wenn ich mir erlauben darf, nach dem Äußern zu urteilen, so sind Sie viel wert.
ASPASIA: Sie werden es bald besser beurteilen können! Es geniert Sie hoffentlich nicht, wenn ich es mir bequem mache (sie zieht sich aus).
PlRÄ: Nicht im geringsten.
ASPASIA: Genieren Sie sich nicht, wenn man sich geniert, das beeinträchtigt immer das Vergnügen.
PlRÄ: Oh, ich bin jenseits aller Vorurteile, jenseits von Gut und Böse. Doch während Sie die Kleider ablegen gestatten Sie mir doch, das Atelier zu fegen (pfeift „Das war ein Kind von Seelenadel“).
FRAU PHIDIAS: (tritt auf zu Pirä) Laß uns allein (mustert mit dem Lorgnon Aspasia)
Sie sind das Fräulein das man zum Modell
der Tugend hat bestellt.
ASPASIA: Gewiß, gewiß
FRAU PHIDIAS: Entfernen Sie sich schnell.
Mein Gatte legt auf Sie nicht mehr Wert
Er hat sich zu schnell für Sie entschlossen.
Er ist Künstler, ihn regt ein Nichts schon auf.
ASPASIA: Bin ich ein Nichts?
Doch hat er meinen Akt noch nicht gesehn
Wie kann er wissen ob ich tugendhaft und schön!
FRAU PHIDIAS: Daß Ihre Leiblichkeit ganz ohne Fehle
sah er beim ersten Blick. Wir schweigen von der Seele.
ASPASIA: Was hat die Seele mit der Tugend denn zu tun?
Die Tugend sie muß schön vor allem sein!
FRAU PHIDIAS: Je nun –
Wir wollen über den Begriff der Tugend hier nicht streiten.
ASPASIA: Und dazu mußt ich beinah mich entkleiden -Er hätt‘ mir’s früher sagen können.
FRAU PHIDIAS: Er war zu schüchtern.
ASPASIA: Der und schüchtern? Da muß ich lachen.
FRAU PHIDIAS: Machen
Sie, daß Sie weiterkommen!
Der Meister legt garkeinen Wert auf Sie.
Weshalb ich Ihnen noch einmal sage
Als Modell der Tugend kommen Sie nicht in Frage.
Doch sagt er Ihnen gleich als Trost und Pflaster,
Er nimmt Sie ganz bestimmt; braucht er einmal das Laster.
Für heute allerdings, für heute ist es Kuchen.
ASPASIA: Sie können, Gnädige, mich am A-reopag besuchen, (ab)
FRAU PHIDIAS: Vielleicht ging ich zu weit? Und Phidias wird mich tüchtig Schelten, daß ich ihm sein Modell hab‘ fortgejagt Doch weiß der Himmel, ich bin schrecklich eifersüchtig Wag ich was sie gewagt? Ich wag’s, es sei gewagt!
(Gebet an Athene)
FRAU PHIDIAS: Still, mein Mann! (sie nimmt die Pose der Tugend ein)
PHIDIAS: Wie,! meine Frau, halbnackt,? Blendwerk der Hölle! Was bedeutet dieser grausige Spuk!
FRAU PHIDIAS: Was ficht Dich an, was ist Dir?
PHIDIAS: Das Ungewohnte der Situation, Du verstehst.
FRAU PHIDIAS : Nicht immer war Dir diese Situation so ungewohnt, es wäre Dir wohl angenehmer wenn Dein Ladenmädchen diese unverschämte Kröte statt meiner hier stände. Ich habe sie an die Luft gesetzt.
PHIDIAS: Wie konntest Du die Dame derart ..
FRAU PHIDIAS: Oft genug in unserer Ehe hast Du den Wunsch geäußert mich einmal meißeln
zu dürfen, aber alle diese Aphroditen: Dafür Modell zu steh’n schien mir zu
unpassend für eine anständige Frau.
Aber jetzt, wo Du die Tugend suchst sage ich Dir glatthin
Eh daß Du’s mit den andern treibst
Nimm Deine ehelich Dir angetraute Gattin
Es ist mir schleierhaft, warum Du Dich so sträubst.
Wo Du doch immer gegen die Benützung
Fremder Modelle warst
Wobei Du noch bei mir pro Sitzung
Fünf Drachmen sparst.
PHIDIAS: Wenn Du mir auch fünf Drachmen sparst, dieweil ersparst Du dennoch mir ansonsten nichts
FRAU PHIDIAS: Im Gegenteil,
Sieh mich doch an, bin ich nicht schön?
PHIDIAS: Ja, Du bist schön, aber jetzt zieh‘ Dich wieder an, Ich schäme mich, ich kann das nicht mitanseh’n.
FRAU PHIDIAS: Wenn die andere an meiner Stelle wäre, würdest Du Dich da auch schämen?
PHIDIAS: Das ist ja ganz etwas anderes.
FRAU PHIDIAS: Eine andere Frau ist Dir nie nackt genug, aber Du bist wie verwandelt
Im Augenblick wo es sich um Deine eigene handelt
Aber wenn Du von mir nur verlangst
Daß ich die Formen verhülle meines Körperbaues
Dann sollst Du bei der nächsten Schneiderrechnung
Dein Wunder erleben, Dein blaues.
PHIDIAS: Es ist fast sinnlos, daß man mit Dir streitet
Die Tugend ging von je bekleidet
Sie spielte stets die gleiche Rolle
Solang wir denken können sah man
an ihr die Strümpfe nur aus Wolle
Die Unterwäsche war von Lahmann
War schon die Pflicht Vergnügen und die Tugend schön,
Was blieb da für die Sünde?
Sie könnte betteln geh’n.
FRAU PHIDIAS: Du hast genug an Sprüchen ausgepackt
Es ist mir alles gleich, ich bin und bleibe nackt.
PRINZ: (Tritt ein im Kostüm der Liebe) Ist es erlaubt? Götter, welch ein Anblick!
PHIDIAS: Wer hat Ihnen erlaubt, ohne anzuklopfen hier einzutreten!
PRINZ: Seit einer Stunde schon klopfe ich an den Vorhang da, es hat ja niemand gehört.
PHIDIAS: Überhaupt, was treibt Sie denn hierher?
PRINZ: Die Liebe, ich bin doch das Modell der Liebe, oder haben Sie Ihre Ansicht geändert? PHIDIAS:
Nein, nein, pardon. (zu Frau Phidias) E s ist das Modell, das ich für die Liebe bestellt habe. Du siehst wozu Deine Kinderei führt
FRAU PHIDIAS: Soll ich mich zurückziehen?
PHIDIAS: Zu spät, bleibe (leise) das wird Deine Strafe sein!
PRINZ: Entschuldigen Sie gnädige Frau, meinen formlosen Eintritt, aber genieren Sie sich nicht vor mir, das ist ja mein täglicher Anblick, ich bitte Sie, als Modell.
PHIDIAS: Aber selbstverständlich.
FRAU PHIDIAS: Wenn ein Modell steht, liebt es aber nicht, wenn man zusieht.
PRINZ: Gewiß – da wir aber so wie so gemeinsam stehen müssen …
PHIDIAS: Ich dachte schon, ein Unbefugter hätte sich Zutritt verschafft. Aber da nur Sie es sind, ist das ja etwas anderes.
PRINZ: Die Gewohnheit stumpft ab, mich kann der Anblick einer nackten oder halb¬nackten Frau nicht mehr reizen, was man alle Tage sieht, bekommt man über. Ein Koch mag auch nicht seine eigenen Speisen essen. Wir Modelle sind ge¬gen Versuchung gefeit.
Aber ich rede und wir kommen nicht vom Fleck Ich diene doch hier einem anderen Zweck.
Wollen Sie mich bitte über meinen Platz und meine Rolle orientieren. Soll ich mich der Dame zu Häupten oder zu ihren Füßen gruppieren? Vielleicht macht es sich famos
wenn ich ihr wie Hamlet meinen Kopf legte in den Schoß? Wünschen Sie den Arm etwas schiefer? Oder vielleicht den Kopf noch tiefer?
PHIDIAS: Nein bleiben Sie so, wie Sie jetzt sind, nur etwas ruhiger bitte. Die Tugend ist so aufgeregt, was hat sie denn!
FRAU PHIDIAS: Nichts.
PHIDIAS: Fühlst Du Dich in Deiner Position nicht wohl? Mehr Hingebung bitte, Du stehst ja so kalt neben dem jungen Mann wie ein Ölgötze. Tugend und Liebe sind durch starke innere Bande an einander gefesselt. Ihr müßt Euch mehr aneinanderschmiegen, Ihr sollt doch das häusliche Glück begründen.
PRINZ: Ich werde es begründen.
FRAU PHIDIAS: Wie wollen Sie das begründen? Ich bin auf Ihre Gründe neugierig. Einen Augenblick, ich fühle mich nicht bequem.
PIRÄ: (tritt auf) Meister!
PHIDIAS: (sehr ärgerlich) Was gibt’s denn?
PIRÄ: Excellenz Perikles erwartet Sie
PHIDIAS: (ärgerlich) Ich kann ihn jetzt nicht brauchen, ich fahr‘ noch aus der Haut.
PIRÄ: Herrgott, ist die Madam aber schön gebaut.
PHIDIAS: Hinaus mit Dir, Wüstling.
FRAU PHIDIAS: Perikles ist hier und erwartet Dich?
PHIDIAS: Es scheint so.
FRAU PHIDIAS: Dann geh‘, aber beeile Dich, ich habe keine Lust noch stundenlang hier herum zu steh’n und mir zum Schluß einen Schnupfen zu holen.
PRINZ: Wir werden Ihre Abwesenheit dem Studium einiger origineller Stellungen widmen.
FRAU PHIDIAS: Ja, ich will mich bemühen Deinem Wunsch entsprechend zärtlicher zu werden.
PHIDIAS: Auf Wiedersehn! (ab)
FRAU PHIDIAS: Wie konnten Sie es wagen –
PRINZ: Ich wage alles für Sie.
FRAU PHIDIAS: Wenn ich Sie nun verriete –
PRINZ: Wem?
FRAU PHIDIAS: meinem Mann Phi-Phi!
PRINZ: Dann schmiß er mich hinaus!
FRAU PHIDIAS: Es gab ein Blutvergießen –
Er würde mit einem Armee-Revolver auf Sie schießen.
Er ist Reserve-Offizier.
PRINZ: Beim Train. Ich war aktiv.
Beim I. Garde-Regiment zu Pferd, mir geht nichts schief.
Doch will ich gern im Zweikampf für Sie fallen
Was gilt es mir, seitdem ich Sie gesehen.
FRAU PHIDIAS: Sie Unverschämter!
PRINZ: Ich war verdammt
Verschwieg‘ ich mein Gefühl, das lohend für Sie flammt.
FRAU PHIDIAS: Sie wollen also ferner mich belästigen!
PRINZ: Gewiß, solange meine Liebe mich belästigt.
Was tun Sie da?
Sie zieh’n sich an?
FRAU PHIDIAS: Ich schäme mich als Dame
Mich Ihnen länger so zu zeigen.
Sie konnten nur durch eine ganz infame
List Ihren Zweck erreichen.
PRINZ: Wenn Sie mich jetzt wegschicken, gnädige Frau,
So erkenne ich daran ganz genau
Daß ich Ihnen nicht gleichgültig bin wie ein unschuldiges Kind.
Entweder Sie bleiben wie Sie sind
und behandeln mich als irgend ein Modell,
Ziehen Sie sich aber an und schicken mich zurück in mein Hotel,
So kann ich wetten
Daß Sie an mich ketten
namhafte Triebe
Und eine schamhafte Liebe.
FRAU PHIDIAS: Wenn ich mich jetzt also anziehe
So nehmen Sie das als Liebesbeweis?
PRINZ: Gewiß.
FRAU PHIDIAS: Verwegener!
PRINZ: Ich weiß

PERIKLES:
(Couplet)

FRAU PHIDIAS:
Was soll ich tun, O Zeus, ich weiß es nicht
Oh Aphrodite zeige mir den Weg zur Pflicht
MODELLE: (treten ein, zeigen auf das Zimmer der Frau Phidias) Er führt dort hin.
PRINZ: Hören Sie?
FRAU PHIDIAS: Träume ich? Bin ich wach? Welch‘ Wunder ist gescheh’n? Der Stein, der Marmor, der Ton scheint zum Leben zu erwachen!
PIRÄ: Es ist nur damit etwas Leben in diese verstaubte Kalkbude kommt.
FRAU PHIDIAS: Da ist Bacchus selbst in Fleisch und Blut.
PIRÄ: Na, wie habe ich das Ding gedreht, wie? Das Fest kann beginnen. Das Bacchanal, die Orgie, das Gastmahl des Plato oder vielmehr des Phidias! (Ballet. Der Prinz nähert sich nach dem Ballet Frau Phidias, flüstert ihr in’s Ohr)
FRAU PHIDIAS: Nein, . nein, nein . . nein … nein … nein (dieses „nein“, das immer leiser wird, geht schließlich in ein ,ja“ über).
PIRÄ: Die Tugend ist nur eine Kette von vielen Nein, aber ihr letztes Glied ist ein Ja.

(Finale)

3. Akt.

PlRÄ: (Wacht auf, erhebt sich) Ich muß mich erheben, welch erhebende Nacht. Dieser Reigen, dieses Ballet, ich muß ausfegen. Vergnügen – der Haushalt (er stößt gegen zwei am Boden liegende Modelle) Was ist denn das für eine Schlamperei, wir sind doch hier nicht in Lesbos, wie soll man da Ordnung machen, aufsteh’n, aufsteh’n! (öffnet den Vorhang, Tageslicht)
ALLE MODELLE: Ach, meine Knochen – ich bin tot – ach mein Kopf – ach meine Stirn!
PlRÄ: Ihr habt noch die Stirn vor allen Leuten hier so herumzuliegen?
ALLE: Wir machen nur nach, was wir an Phi-Phi sehen
PlRÄ: An Phi-Phi ist nichts zu sehn.
1. MODELL: Ach, was heute Nacht alles vor sich gegangen ist!
PlRÄ: Was vor sich gegangen ist, liegt hinter uns. Lassen wir es hinter uns, vergessen wir es.
2. MODELL: Ja, aber vergessen wir nicht, daß Sie uns noch die Drachmen für die gestrige Sitzung schulden.
PlRÄ: Wer spricht noch von gestern, heute ist heut. Ich werde jetzt hier ein bißchen ausfegen und Ihr werdet Euch ein bißchen aus dem Staub machen. Ich werde ein bißchen auf Ptolemäus III, der zuletzt mit vier Längen gesiegt hat, meine letzten fünf Drachmen setzen.
ALLE: Dann setzen Sie bitte auch unser Stundengeld das Sie uns noch schulden, für jede von uns.
PlRÄ: Ich werde Euch das Stundengeld stunden, nur möchte ich Euch bitten, nun¬mehr sang- und klanglos zu verschwinden
MODELLE: (ab, sie singen)
/: Wir sind hier im Hause die Modelle :/
PlRÄ: (ruft ihnen nach) Sang- und klanglos und kommt bald wieder.

II. Szene

(Der Prinz und Frau Phidias treten auf)
PlRÄ: Steht der gnädigen Frau irgend etwas zu Diensten?
FRAU PHIDIAS: Danke, ich bin mit allem Nötigen versehen
PlRÄ: Es ehrt uns besonders eine solche Größe bei uns beherbergt zu haben. Ist der gnädige Herr mit allem Nötigen versehen?
PRINZ: Danke, mir steht nichts mehr zu Diensten.
PlRÄ: Dann zieh ich mich zurück, discret, hier habe ich doch nichts mehr zu verlieren, (ab)

III. Szene

PRINZ: Verbergen Sie nicht wonach meine Augen verlangen
FRAU PHIDIAS: Ich schäme mich, verachten Sie mich nicht zu sehr
PRINZ: Verachten?
FRAU PHIDIAS: Was wir gemacht haben, war schlecht.
PRINZ: Ich versichere Sie, man kann es nicht besser machen.
FRAU PHIDIAS: Warum sagen Sie das?
PRINZ: Erinnern Sie sich doch.

(Duett)

FRAU PHIDIAS: Das wäre sehr hübsch, … aber trotzdem.
PRINZ: Sie haben Gewissensbisse?
FRAU PHIDIAS: Gewiß … gewisse.
PRINZ: Ich verstehe, Sie sagen sich: wie töricht ich war, daß ich mich so lange gesträubt habe.
FRAU PHIDIAS: Oh, nein, ich bedaure es.
PRINZ: Sie bedauern die verlorene Zeit, nehmen Sie das nicht zu tragisch. Wir werden alles wieder einholen. Wir werden unsere Küsse verdoppeln.
FRAU PHIDIAS: Ich wage mich gar nicht mehr anzusehen, jetzt wo ich meinen Mann betrogen habe, wo ich ihm etwas verheimliche
PRINZ: Was, Sie haben ihm etwas verheimlicht?
FRAU PHIDIAS: Ich dächte doch …
PRINZ: Glauben Sie mir, Sie haben keinem Menschen etwas verheimlicht.
FRAU PHIDIAS: Sie lieben die Scherze.
PRINZ: Ich scherze nicht, Liebe
FRAU PHIDIAS: Und vorhin …
PRINZ: Vorhin habe ich festgestellt, daß Ihre Schönheit anbetungswürdig ist von Kopf bis Fuß. Kann Ihr Mann etwas anderes behaupten? Haben Sie ihm also etwas verheimlicht?
FRAU PHIDIAS: Aber dann …
PRINZ: Aber dann – dann haben Sie mir den Himmel geöffnet, haben Sie ihn Ihrem Mann verschlossen? Nein. Also haben Sie ihm nichts verheimlicht.
FRAU PHIDIAS: Ich verstehe immer Heimlicht.
PRINZ: Nichts an Ihnen ist heimlich, alles kann sich sehen lassen, nichts ist falsch, nichts ist künstlich. Ihre Haare haben ihre natürliche Farbe, Ihre Zähne blit¬zen in natürlicher Weisheit, Ihre Fesseln sind von einer Zartheit
FRAU PHIDIAS: Das macht nichts – ich habe meinem Mann Treue geschworen.
PRINZ: Das war ein Fehler, man soll nichts beschwören
FRAU PHIDIAS: Aber – aber – aber –
PRINZ: Es gibt kein Aber, danken wir dem Himmel, der uns gestattet hat uns zu begegnen.
FRAU PHIDIAS: Allerdings.
PRINZ: Ich habe Sie vor einem ewigen Vorwurf retten können.
FRAU PHIDIAS: Nicht möglich.
PRINZ: Oh ja, Sie repräsentieren hier auf Erden ein Exemplar seltenster weiblicher Schönheit. Man wird nicht leicht ein zweites finden, nicht für den höchsten Preis. Und Sie glauben man hat sich da oben all die Mühe gegeben um das herzustellen, einzig und allein für Herrn Phidias? Oh nein.
FRAU PHIDIAS: Sie glauben?
PRINZ: Mit welchen Worten glauben Sie hätte Sie Petrus empfangen?
FRAU PHIDIAS: Petrus?
PRINZ: Der alte Petrus. „Was?“ hätte er gesagt „Mit zwei Augen wie diese … mit einem Mund wie dieser . mit zwei Beinen wie diese … mit einer wie diese, da haben Sie keinen andern gefunden als diesen Phidias? So ein Vieh?“
FRAU PHIDIAS: Wie?
PRINZ: So ein Phidias, ausgerechnet?! Sie glauben nicht was für Unannehmlichkeiten ich Ihnen erspart habe. Zeus sei Dank ist das alles jetzt in Ordnung gebracht.
FRAU PHIDIAS: Also müßten alle Frauen untreu sein?
PRINZ: Nein, nicht alle, einige müssen treu sein
FRAU PHIDIAS: Und zwar –
PRINZ: Die Häßlichen.
Doch um jeden Verdacht zu vermeiden –
Möcht ich Dir den Vorschlag unterbreiten –
Unsere frühere Stellung wieder einzunehmen.
FRAU PHIDIAS: Wie … Du glaubst … ich würde mich nicht schämen?
PRINZ: Ich versteh‘ nicht Deine Hemmungen.
Was findest Du darin?
FRAU PHIDIAS: Das Gefühl macht mir Beklemmungen,
Daß ich nicht mehr ehrbar bin
Ich hab‘ ihn betrogen.
PRINZ: Wer spricht von Betrug?
FRAU PHIDIAS: Ich weiß, es ist nicht lange her –
Da war ich es zu sehr.
Doch jetzt fürcht ich bin ich es nicht mehr genug,
Und ich fürchte Phidias verliert die Geduld.
PRINZ: Wenn wir uns hier lieben, so ist das doch nicht unsere Schuld,
Wir stehen hier Phi-Phi gehorchend, nicht dem eigenen Triebe –
wir übten aus Liebe nur zur Kunst die Kunst der Liebe.
FRAU PHIDIAS: Was war der Grund
Daß wir heut Nacht kaum schliefen?
PRINZ: Wir mußten uns in unsere Rollen
Nach Möglichkeit vertiefen!
Er konnte schwer ein besseres Paar
zur Liebe sich erküren.
FRAU PHIDIAS: Das ist wohl wahr.
PHIDIAS: (tritt ein) Bravo, ich bitte sich nicht zu rühren.
Das ist die Gruppe, die ich immer sah im Geist.
Ihr seid von Gott gemacht zusammen zu posieren
Das ist die Gruppe, die ich immer sah im Geist.
Die Gruppe, die Unsterblichkeit verheißt
Erstaunlich wie die Linien zueinanderfließen
Sich in das weiße Meer der Leiber dann ergießen,
Vollendet das Enface, vollkommen das Profil
PRINZ: Meister. Sie schmeicheln allzuviel.
FRAU PHIDIAS: Ich habe glaub‘ ich in vergang’ner Nacht
So manchen Fortschritt in der Kunst gemacht.
PRINZ: Ich leugn‘ es nicht, daß Sie gelehrig sind.
FRAU PHIDIAS: Sie lehrten mich, das aufmerksame Kind,
Der Kunst Gesetze völlig zu erfassen.
Und in die Tiefe des Begriffs zu steigen.
Nun kann ich von der Muse nicht mehr lassen
Und dankend will ich stets mich vor ihr neigen.
Es sei mein ganzes künftiges Leben
Dem Dienst der Kunst in Liebe hingegeben.
PHIDIAS: Bravo, mein Kind zu der Metamorphose
Doch jetzt genug der angestrengten Pose
Geht dort hinaus, Und ruht Euch aus.
FRAU PHIDIAS: Wie, in mein Zimmer?
PRINZ: Ich geh auf die Terrasse
Und schöpfe frische Luft.
FRAU PHIDIAS: Nehmen Sie doch eine Tasse
Thee bei mir.
PHIDIAS: Nach solcher Sitzung muß man liegen.
PRINZ: Wenn Ihr Gemahl gestattet, mit Vergnügen, (ab)
PHIDIAS: Was geht hier vor, eine ganz neue Einstellung meiner Frau. Sie fragt mich nicht wo ich die Nacht war, glücklicherweise. Es wäre mir nicht sehr sympa¬thisch gewesen ihr zu erklären, daß ich diese Nacht mit Aspasia ein Aben¬teuer hatte und daß ich in ihren Armen nicht früher aufwachte als bis die rosenfingrige Eos das Athener Tageblatt brachte.
ASPASIA: (tritt ein) Guten Morgen mein Phi-Phi-Männchen.
PHIDIAS: Guten Morgen, meine liebe Aspasia, guten Morgen, mein liebes Aas, mein liebes Aspasiachen, schon ausgeschlafen, und so verändert?
ASPASIA: Na, Fidschi-Fidschi, was sagst Du dazu?
PHIDIAS: Du hast das große Los gewonnen?

(Couplet der Aspasia)

PHIDIAS: Dies Lied erklärt – bei allem Reiz Die Herkunft nicht des neuen Kleids
ASPASIA: Ich hab mich verheiratet.
PHIDIAS: Beim Styx, man kann nicht sagen, daß Du Deine Zeit vertrödelst. Ich muß gestehn …
ASPASIA: Man soll nie gestehn, hör zu, meine Geschichte ist kurz.
PHIDIAS: Dann gestatte, daß ich mich setze.
ASPASIA: Du hast bemerkt, daß seit einiger Zeit Perikles um mich herumschwänzelte.
PHIDIAS: Seit einiger Zeit? Du hast ihn gestern hier zum ersten Mal in Deinem Leben gesehen.
ASPASIA: Entweder ich erzähle – oder Du erzählst. Ich wiederhole, Du hast bemerkt, daß Perikles seit einiger Zeit um mich herumschwänzelte.
PHIDIAS: Er stellte Dir seine Fallen um Dich zu Fall zu bringen.
ASPASIA: Nun: alles hat geklappt, es hat geschnappt, er hat mich gehabt. Aber ich habe ihm sofort gesagt: Bei mir nicht ohne Standesamt.
PHIDIAS: Aber das ist doch unmöglich.
ASPASIA: Ich habe eben das Unmögliche möglich gemacht.
PHIDIAS: Ja, aber wann, wann?
ASPASIA: Heute Morgen, als ich von Dir kam
PHIDIAS: Ach, als Du von mir kamst, natürlich. Fahre nur fort, Du beginnst mich zu interessieren.
ASPASIA: Perikles ist allerdings bereits in einem gewissen Alter –
PHIDIAS: Er ist sogar noch älter.
ASPASIA: Ja, er ist in Deinem Alter. „Ich habe es eilig“, hat Peperl zu mir gesagt.
PHIDIAS: Wer ist Peperl?
ASPASIA: Na, Perikles, ich sag ihm Peperl. „Ich hab‘ es eilig,“ hat mir Peperl gesagt „da meine Tage gezählt sind, muß ich meine Nächte zählen. Machen wir kurzen Prozeß.“ Und so wurde ich Frau Perikles.
Ich hab‘ Dir ja neulich schon gesagt, die Pythia hat mir prophezeit ich werde einen schlanken blonden Herrn heiraten.
PHIDIAS: Aber er ist rot!
ASPASIA: Er hat sich färben lassen, aus Rücksicht auf die Pythia.
PHIDIAS: Das sieht ihm ähnlich. Diese Staatsmänner wechseln die Farbe mit einer Leichtigkeit! Je nach Bedarf. Und Du – Du bist nun die Frau des ersten Archonten?
ASPASIA: Ja, ich bin jetzt eine Archonte. Als Hochzeitsgeschenk wird Papa von ihm zum Kommerzienrat ernannt.
PHIDIAS: Und an mich hast Du nicht gedacht?
ASPASIA: Doch – Peperl hat versprochen, Du kommst aufs Pantheon, wenn Du nur erst gestorben bist und man wird eine große Rede auf Dich halten. Und man wird eine goldene Inschrift machen: Je – ka – fi – fi
PHIDIAS: Darauflege ich gar keinen Wert.
ASPASIA: Wie komisch die Männer sind. Ich dachte das Pantheon machte Dir Spaß.
PHIDIAS: Ja, aber so spät wie möglich, oder auch gleich. Jetzt wo doch alles aus ist!
ASPASIA: Wieso aus, jetzt fängt es doch erst an.
PHIDIAS: Wie, Du schiebst mich nicht beiseite, trotz Deinem Mann?
ASPASIA: Du glaubst, weil ich ein bißchen heirate, deshalb werd‘ ich mich einschränken, mein Tun und mein Lassen oh nein, vor allem: Handelsfreiheit.
PHIDIAS: So ist es: Keine Zollschranken, Freiheit der Meere, freie Ein- und Ausfuhr (Er nimmt sie auf die Knie) Hat Dich Dein Peperl so herausstaffiert?
ASPASIA: Jawohl, mein Fidschi-Fidschi, ab heute habe ich die Verwaltung des Vermögens.
PHIDIAS: Oh, dann bin ich beruhigt. Ich weiß, daß unter Deinen Händen alles gedeiht
ASPASIA: Ich bitte Dich dringend keine Unanständigkeiten zu sagen.
PHIDIAS: Wozu hast Du denn geheiratet? (Er kitzelt sie)
ASPASIA: Was treibst Du denn da!
PHIDIAS: Nichts … ich drapiere … ich arrangiere …
ASPASIA: (Erhebt sich) Deine Arrangements …
PHIDIAS: Was hast Du denn? Was suchst Du? Hast Du etwas verloren?
ASPASIA: Ich fürchte, ich verlier die Bluse.
PHIDIAS: Wozu schuf Zeus Dich in Vollendung Wenn dieser Blick mir nicht gestattet sei
Ich hab für Dich die richtige Verwendung
Dich zu verhüllen wäre nur Verschwendung
Drum sag ich stolz und frei:
Was könnte reiner als des Künstlers Feuer brennen,
Ein Blick sagt uns der Frauen ganzen Wert
Uns Künstler hat ein Gott gelehrt:
An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen.

(Couplet)

ASPASIA: Du ruinierst mein Kleid.
PHIDIAS: Das wäre schade, denn es ist sehr hübsch.
ASPASIA: (schnell) 1500 Drachmen
PHIDIAS: Der gute Peperl wird seine Freude haben.
ASPASIA: Gewiß, er findet, daß er eine Perle geheiratet hat, die sich für nichts fürstlich anzuziehen versteht.
PHIDIAS: Ihn hast Du jedenfalls fürstlich – ausgezogen.
ASPASIA: Es kommt ja dabei lediglich auf die Art an Ich habe ihm gesagt: Wie findest Du diesen kleinen Gelegenheitskauf, siebenhundertfünfzig Drachmen was? Geschenkt?
PHIDIAS: Sagtest Du nicht fünfzehnhundert Drachmen? Machst Du Schulden?
ASPASIA: Kein Gedanke, Augenblick, hier ist die Rechnung.
PHIDIAS: Für mich?
ASPASIA: Natürlich, siehst Du, Fidschi-Männchen, daß ich an Dich denke? Du hast vollkommen die gleichen Rechte wie mein Mann, Freiheit, Gleichheit. Hast Du beobachtet Phi-Phi, daß alle Ehemänner sich beklagen, daß ihre Frauen zuviel verbrauchen?
PHIDIAS: Wem sagst Du das! Ich bin so verheiratet.
ASPASIA: Hast Du andererseits beobachtet, daß die Freundinnen ihren Freunden sehr viel Geld kosten?
PHIDIAS: (will ihr die Rechnung zurückgeben) Ausgenommen die Seelenfreunde.
ASPASIA: (Gibt ihm die Rechnung zurück) Davon sprechen wir jetzt nicht. Ich habe jeden¬falls in dieser Frage für Ehemänner und Liebhaber eine Lösung von internationaler Bedeutung gefunden: Ich habe mich entschlossen die Frau von Perikles zu sein und die Freundin von Phidias. Ich werde für Perikles halb so teuer sein wie eine luxuriöse Frau und ich werde für Phidias halb so teuer sein wie eine luxurieuse Freundin. Du verstehst: Ich verlange von ihm nicht das Ganze, er glaubt er gibt mir das Ganze und Du vervollständigst das Ganze.
PHIDIAS: Ist das ein Rätsel aus dem Weltspiegel?
ASPASIA: Ich geb‘ doch keine Rätsel auf.
PHIDIAS: Du bist hinreißend, also – ich vervollständige das Ganze mit siebenhundertfünfzig Drachmen.
ASPASIA: Jawohl, Fidschi, je mehr ein Mann einer Frau bezahlt, desto unbezahlbarer wird sie für ihn.
PHIDIAS: Ja, Rechnungen fesseln.
ASPASIA: Und noch etwas:
PHIDIAS: (ängstlich) Noch etwas?
ASPASIA: Peperl behauptet, ich sei eine hervorragende Statue. Er will unbedingt, daß Du mich aushaust.
PHIDIAS: Aber das sage ich ja die ganze Zeit.
ASPASIA: Was soll das kosten?
PHIDIAS: Nicht teuer.
ASPASIA: Ernsthaft, wieviel? Er will 10.000 geben.
PHIDIAS: Muß ich da auch die Hälfte zahlen?
ASPASIA: Für eine Büste weiß ich, nimmst Du 5000. Aber was nimmst Du fürs Ganze?
PHIDIAS: Wenn ich aufs Ganze gehe … Wollen wir nicht die Details dieser Fragen in meinem Zimmer besprechen? Ich mache Dir Vorzugspreise.
ASPASIA: Ich fürchte, Liebhaberpreise, (beide ab)
PlRÄ: (kommt, eine Waage in der Hand)
PRINZ: Was machen Sie denn da, mein Freund.
PlRÄ: Ich wiege, ich wäge, ich erwäge Herr, es ist sehr delikat, ich wäge das Pro und das Contra.
PRINZ: Wie belieben?
PlRÄ: Sehen Sie Herr, bis jetzt habe ich mich im Leben aufgeführt wie ein anständiger Mensch, wie jeder gute Diener, habe ich gelogen, gestohlen, Cigarren des Herrn geraucht, seine Liqueure getrunken, seine Statuen verkauft … aber davon abgesehen, kann ich mir nicht den kleinsten Vorwurf machen jemals etwas Schlechtes begangen zu haben.
PRINZ: Meinen herzlichsten Glückwunsch.
PlRÄ:Heute aber, Herr, fühle ich, daß ich im Begriff bin etwas zu begehen, eine Schwei…
PRINZ: Eine Schweinerei!
PlRÄ: Oh nein, nennen wir das Kind beim rechten Namen! Eine Schweigepflicht auf mich zu nehmen, die ich nicht verantworten kann.
PRINZ: Wie das?
PlRÄ: Ich habe heute Nacht, Herr, in diesem Zimmer die Frau meines Meisters erwischt, meines so edlen, so lieben, so großherzigen, so bedeutenden Meisters in den Armen eines hergelaufenen Schurken.
PRINZ: Und was hat das mit Dir zu tun?
PlRÄ: Was das mit mir zu tun hat? Hier beginnen meine Zweifel, meine Gewissensqualen, muß ich nicht alles dem Gatten wiedererzählen?
PRINZ: Um Himmels Willen, sind sie verrückt? Lassen Sie mal sehen wo das hinaus will! Sie haben Schulden, wie?
PlRÄ: (brüllt) Himmelschreiende, Herr, himmelschreiende!
PRINZ: Machen Sie doch nicht solchen Lärm
PlRÄ: Ach Herr, es ist die Stimme des Gewissens.
Phidias: (gibt ihm Geld) Hier um die Stimme des Gewissens zum Schweigen und um die Waage ins Gleichgewicht zu bringen.
PlRÄ: Danke, Herr.
Phidias: Und kann ich jetzt zählen … ?
PlRÄ: Unnötig, ich habe volles Vertrauen zu Ihnen, nur wenn Sie gehen wollen, irren Sie sich bitte nicht in der Tür. Es ist die Erste.
Phidias: Danke, (ab)
PlRÄ: Er kehrt zurück zu seinen Liebeswonnen.
Ich dürft es mit der Waage wagen.
Und mit dem alten Sprichwort darf ich sagen
Frisch gewogen ist halb gewonnen.
Aber jetzt muß ich nach meinem Gaul laufen.
Auf Wiedersehen.
PRINZ: (Kommt mit Frau Phidias) Ich versichere Sie, wir müssen auf der Hut sein. Man hat uns heute Nacht beobachtet Ich würde Ihnen sogar empfehlen, um den Verdacht Ihres Mannes zu zerstreuen, besonders liebenswürdig zu ihm zu sein, ihm nicht zu scharf auf die Finger zu sehen, kurz ein Auge zuzudrücken.
FRAU PHIDIAS: Ja, ich könnte ihm vielleicht auch in der Zeit, wo Sie hier sind, eine Frau ins Bett legen – hören Sie, hören Sie, das brauchten Sie mir nur noch vorzumachen.
PRINZ: Ich bin nur dafür, den Riegel vorzumachen, das nächste Mal.
FRAU PHIDIAS: Nein, oh nein, danke, wenn Sie glauben, es ist nicht genug, daß ich die Frau eines Gehörnten bin .. ich will nicht auch noch die Frau eines Mannes sein, der mich betrügt.
PRINZ Im äußersten Notfall würden Sie ihm aber eine Frau gestatten die weniger hübsch ist wie Sie!
FRAU PHIDIAS: Aber bedeutend weniger hübsch.
PRINZ Dann beneide ich Ihren Gatten, er darf mit allen Frauen der Welt zusammen sein.
Frau Phidias: Erlauben Sie …
PRINZ Sie glauben das ist zu viel? Sagen wir mit allen anständigen Frauen.
Frau Phidias: Also mit keiner.
(Aspasia kommt in zärtlicher Umarmung mit Phidias)
FRAU PHIDIAS: Bravo! Ich bitte sich nicht zu rühren,
Das ist die Gruppe, die ich immer sah im Geist.
PHIDIAS: (überrascht) Erlaube, daß ich Dir erkläre. Die gnädige Frau bestellt bei mir die
ASPASIA: Statue, für 10.000 Drachmen.
FRAU PHIDIAS: Wagst Du, ja oder nein, zu leugnen, daß Du mich mit dieser Person hintergangen hast?
PHIDIAS: Ich gebe zu – der Schein trügt – die äußeren Umstände –
FRAU PHIDIAS: Auch Umstände kann ich nicht anerkennen. Hast Du, ja oder nein, Deine Lippen auf diese Person gedrückt?
PHIDIAS: Wenn ich es getan habe, so war es ein lapsus, ein lapsus linguae.
PRINZ: (leise zu Frau Phidias) Sie ist wirklich bedeutend weniger hübsch.

IV. Szene.

PERIKLES: Was geht hier vor?
FRAU PHIDIAS: Hier geht vor, daß mein Mann in einer Weise vorgeht –
PHIDIAS: (ihr in’s Wort fallend) Gestatte mir, daß ich vorstelle: Frau Phidias, mein Modell – Frau Perikles.
PRINZ: (leise zu Aspasia)
PERIKLES: Gott zum Gruße, mein teures Weib, Du wolltest also als Erste die freudige Botschaft hier her tragen?
PHIDIAS: Meine herzlichsten Glückwünsche, Excellenz.
PERIKLES: Hast Du schon wegen der Büste mit Phidias gesprochen?
ASPASIA: Ja, wir waren gerade mitten im Gespräch.
PHIDIAS: Ja wir waren gerade mitten drin.
PERIKLES: Ihr wart gerade mitten drin.
FRAU PHIDIAS UND PRINZ: Sie waren gerade mitten drin.
PERIKLES: Bravo, recht so, mir ist nämlich eine Idee gekommen Statt, daß ich persön¬lich Deine Statue bestelle, könnte man dies doch vielleicht mit der vom Mi¬nisterium bestellten Gruppe des häuslichen Friedens vereinen.
ASPASIA: Wie das! Und die 10.000 Drachmen.
PERIKLES: Augenblick. Die Gruppe ist ja vom Staat in Auftrag gegeben. Ich werde leicht eine Erhöhung des festgesetzten Preises erreichen.
PHIDIAS: Ja, aber welches Symbol könnte die gnädige Frau darstellen?
FRAU PHIDIAS: Vielleicht die Treue?
PHIDIAS: Wieso denn die Treue? Warum denn die Treue? Das wäre ja zwei mal dasselbe, O nein, für die Treue haben wir die Tugend!
ASPASIA: Wäre ich nicht ein ausgezeichnetes Symbol der Sparsamkeit?
PERIKLES: Das ist es!
ASPASIA: (zum Prinz und Frau Phidias) Wo soll ich mich hinstellen? Hier? (Zu Frau Phidias) Wollen Sie mir ein bißchen Platz machen?
FRAU PHIDIAS: Wie Sie befehlen, nur nicht zu nah der Liebe.
ASPASIA: Haben Sie keine Angst, ich steh Ihnen nicht im Weg, ich komme Ihrer Liebe nicht zu nah. (Will das Geld in ihren Strumpf tun)
PHIDIAS: Ausgezeichnet, bitte behalten Sie diese Stellung bei.
FRAU PHIDIAS: Ausgezeichnet, bitte behalten Sie diese Stellung bei. Die Sparsamkeit birgt ihr Vermögen im Wollstrumpf, welch‘ glänzende Gruppe zur Propaganda für die kleinen Sparer. Das Ganze wird heißen: Tugend und Liebe vereint im Bund mit der Sparsamkeit, gründen das häusliche Glück.

(Couplet)

PlRÄ: Oh Herr, Herr, verzeihen Sie Ihrem armen Diener, der kommt, das häusliche Glück zu stören Es ist aus – es ist aus.
ASPASIA: Wieso denn? Es kommt doch noch das Finale?
PlRÄ: Mit mir ist es aus. Das mußte ja mit Schrecken enden. Ptolemäus der IV. ist nicht ans Ziel gelangt.
PHI-PHI: Na und? (Modelle) Was seh ich? Wie wird mir? Meine Statuen im Laufschritt.
PlRÄ: Nein, die Statuen wollen nicht mehr den Status quo. Sie haben genug von der Statisterie. Lassen Sie mich es sagen: Ich habe all‘ Ihre Werke diesem Herrn hier verkauft. Er zahlte mir einen schönen Preis, er sei gepriesen. Herr, ich hätte das Geld vertrinken können; das wäre nicht recht gewesen. So habe ich es verspielt. Ich hätte gewinnen können und Feste feiern. Das wäre auch nicht recht gewesen Ich habe alles verloren. Ich bin also hart bestraft. Zeus hat mich hart gestraft. Ares hat mich gestraft. Sein Sie nicht zeuslischer als Zeus; sein Sie nicht arischer als Ares.
PRINZ: Es gibt einen Weg, alles zum Guten zu wenden: Meister, ich werde mir er¬lauben, Ihnen Ihre Werke wieder zu geben, und ich gebe den Modellen drei¬faches Stundengeld.
PlRÄ: Mein Herr, welch‘ Nächsten-Liebe.
PHIDIAS: Mein Herr, Sie sind ein Prinz!
PRINZ: Ja, Meister, ein Prinz, der aus Liebe zur Kunst eine Kriegslist nicht verschmäht hat. Ein ausländischer Prinz, dem die Valuta noch ganz andere Einkäufe gestattet. Wie die gnädige Frau, so war es auch mein sehnlichster Wunsch durch Sie unsterblich zu werden.
PERIKLES: Jetzt, wo wir das häusliche Glück wieder hergestellt hätten, könnten wir noch einmal die Gruppe stellen.
PRINZ: Ich stelle vielmehr zur Debatte wir gehen so schnell wie möglich schlafen.
ASPASIA:
Wobei ich mir noch eine sehr wichtige Bemerkung gestatte:

(Couplet)

Couplet

(Ein Couplet (französisch couplet „Zeilenpaar“) ist ein mehrstrophiges witzig-zweideutiges, politisches oder satirisches Lied mit markantem Refrain. In der Musik bezeichnet das Couplet außerdem die Strophenteile eines Rondos, die sich mit dem wiederkehrenden Refrain oder Ritornell abwechseln.)