Der Leierkastenmann

Volkslieder der Gegenwart

Der Leierkastenmann

Ich bin der Leierkastenmann
Und drehe meine Kurbel,
Tags steh ich in den Höfen rum
Mit meiner alten Urschel.

Ich spiel ein wunderschönes Lied,
Die Köchin schaut herunter.
Die alte Urschel ist bemüht
Und hält den Teller unter.

Da fällt ein Pfennig und ein Herz
Wohl in Papier gewickelt,
Jedoch der alte Rechnungsrat
Schenkt manchmal einen Nickel.

Ich bin der Leierkastenmann
Und dreh an meiner Kurbel.
Ich weiß noch, wie ich achtzehn war
Und siebzehn meine Urschel…

Lied des Landstreichers

Ich werde wieder gut vor dir –
Woher mir das geschieht?
Ich fluchte, soff und stahl für vier,
Ich war ein Fuchs, ich war ein Tier –
Nun bin ich nur ein stilles Lied.

Du singst es dir in Träumen vor,
Wenn blaß der Mond am Himmel steht.
Der Wächter tutet unterm Tor.
Der Wind weht rauschend durch das Rohr –
Ich bin im Winde längst verweht…

Die Schusterin

Es war einmal eines Schusters Frau
Ein wunderschönes Weib,
Die liebte die feinen Herren
Zum schönsten Zeitvertreib.

Maß einem edlen Grafen
Der Schuster Schuhe an,
So stand sie dicht daneben
Und lächelte ihn an.

Im Garten steht eine Laube,
Es zwitschert die Nachtigall.
Dort traf sie nachts im Dunkeln
Die Kavaliere all.

Ihr Haar flog wild im Winde,
Der Mond verkroch sich sacht.
Sie liebte in ihrer Sünde
Sieben in einer Nacht.

Und als die Sonne aufging,
Der Schuster trat hervor,
Blaß wie der bleiche Vollmond
Und schwankend wie ein Rohr.

„Ich will meine Schande nicht sehen mehr
Und mein zerfallenes Haus …“
Er hob den Schusterpfriemen
Und stach sich die Augen aus.

Die Schusterin fiel in Ohnmacht,
Und als sie lallend erwacht,
Da haben zwei schwarze Männer sie
Ins Irrenhaus gebracht.

Die holde Katherine

Der Kaiser und der König, die stritten sich so sehr,
Wer der holden Katherine der Allerliebste wär.

Und es sprach der mächtige Kaiser zur holden Katherin:
Ich lieb dich wie mein Leben -, so nimm mein Szepter hin.

Darauf der mächtige König zu Katherine spricht:
Ich liebe dich wie die Ewigkeit und sterbe noch für dich!

Herr Kaiser und Herr König, das holde Mädchen sprach,
Ich bitte Euch recht von Herzen, laßt in Eurer Liebe nach.

Ich liebe einen Buben, der ist mir grade recht.
Er hat zwei starke Arme und ist des Bauern Knecht.

Er tut es wohl keinem Kaiser und keinem König gleich.
Er hat kein Szepter und Krone und auch kein Kaiserreich.

Er hat zwei blaue Augen und einen roten Mund
Und wenn ich ihn nur sehe, blüh ich auf aus Herzensgrund.

Er ist ein armer Bauernknecht und ich eine arme Magd,
Doch die Letzten hier auf Erden, so hat der Herr gesagt,

Sie werden in der Seligkeit die Allerersten sein.
Herr Kaiser und Herr König, merkt euch dies Sprüchlein fein!.

Der Hatschier

I bin oan Hatschier
Und sauf a Moaß Bier,
Den Radi daneben,
So lasset uns leben
Zu unsrer Pläsier.
I bin oan Hatschier.

I bin oan Hatschier,
Ja so als wie mir.
Bei der Gräfin, der Oalten,
Hob ich Nachtwach z’hoalten.
Z’wegen wos und z’wegen ihr,
I bin oan Hatschier.

I bin oan Hatschier,
Is koaner über mir.
I kimm glei nach dem Kini,
D‘ Minister san mir z’weni,
Frisch o’zapft is‘ Bier.
I bin oan Hatschier.

Der Hirt am Lautersee

Ich bin wohl euer Hüter gern,
Ihr Kühe weiß und braun.
Es kommen sommers viele Herrn
Euch anzuschaun
Und viele Fraun
Des Nachts bei Mond und Stern.

Des Nachts bei Stille, Stern und Mond,
Da bin ich nicht allein…
Der Liebe Spiel nicht ungewohnt
Werd ich belohnt
Von mancher, die in Städten wohnt
Im Haus von Marmorstein.

Es fällt ihr zärtliches Gelock
Mir über Stirn und Mund.
Im Winde bauscht sich leicht ihr Rock…
Es bellt der Hund…
Fern aus dem Grund
Tönt einer Kuh Geglock…

Die Jägerei ist meine Freud

Die Jägerei ist meine Freud
Im wunderschönen Wald.
I schieß den Gockel und den Has,
Grad wie es mir gefallt.

Doch wann i mal an Madel triff,
Mei Liaber, dees is g’feit.
Da schieß i mit der Doppelbüchs,
Grad daß es Kugeln schneit.

Mein Schpezl und Gevatter ist
Der g’wampete Herr Schandarm.
Wenn er so durch den Wald stolziert
Möcht i sei Haut net ham.

I druck mi hinter ein Gebüsch
Und leg mei Stutzen o,
Und schieß eam seinen Schnackler weg,
Daß er wieder loaf’n ko.

In meines Vaters Garten

In meines Vaters Garten
Da steht ein Rosenstrauch.
Die Rosen wollen blühen,
Mein Mund will blühen auch.

In meines Vaters Garten
Verbarg ich mein Kind mit List.
Die Eltern würden es schlagen,
Weil es unehelich ist.

In meines Vaters Garten
Verwein ich all mein Blut.
Ich muß die Rosen begießen,
Daß keine welken tut.

In meines Vaters Garten
Die schönste Rose brach der Wind.
Die Blüten sind zertreten,
Getötet hab ich mein Kind.

Grün sind meine Kleider

Grün sind meine Kleider,
Grün sind meine Schuh;
Denn ich liebe einen Jäger
Und des Jägers Knecht dazu.

Weiß sind meine Kleider,
Weiß sind meine Schuh;
Denn ich liebe einen Müller
Und des Müllers Knecht dazu.

Blau sind meine Kleider,
Blau sind meine Schuh;
Denn ich liebe einen Husaren
Und des Husaren Pferd dazu.

Rot sind meine Kleider,
Rot sind meine Schuh;
Denn ich liebe den Henker
Und des Henkers Knecht dazu.

Der Henker hat mich erstochen,
Rot über die Heide floß mein Blut.
Da kann man wieder sehen,
Wie falsche Liebe tut.

Wohnungsinschrift

Wer über diese Schwelle tritt,
Der bringe Güte und Frohsinn mit!
Kommt einer sorgenbeschwert herfür:
Der Staubabtreter steht vor der Tür!

Die Wittib

Hier ruht die Wittib Monika Tupfer,
Sie buk vortreffliche Gugelhupfer.
Eines Tages schob sie zu tief in den Ofen die Wacken,
Da hat der Herrgott sie selbst gebacken.

Schnadahüpfl

Zwoa ist net oans,
Und an Geld hob i koans.
Koan Stumpf und koan Stiel,
Aber Liabe hob i – hoppdirili –
Liabe hob i z’vuil.

Das Ehepaar

Hier ruht Frau Brauereibesitzersgattin Mayer,
Sie starb kurz nach der silbernen Hochzeitsfeier.
25 Jahre lebten sie in ehelichem Frieden,
Da gab er ihr eine Watschen – und sie ist verschieden.

Unter diesem Stein mußte man den Gatten
Der Frau Brauereibesitzersgattin Mayer bestatten.
Er hatte ein zu empfindliches Gewissen,
Jene Watschen hat auch ihn selbstmörderisch in den Tod gerissen.

Du milde, schöne Gottesmagd

Du milde, schöne Gottesmagd,
Dir sei mein Mädchenherz geklagt,
Weil du doch selber Jungfrau einst
Mein Leid nicht zu verachten meinst.

Stiefmutter ist ein böses Weib,
Quält mich gewiß zum Zeitvertreib.
Der Vater ist ihr untertan,
Daß in ein Kloster ich soll gehn.

O wollest meine Jugend sehn,
Ich kann nicht in ein Kloster gehn!
Hab einen Schatz, der liebt mich sehr,
Hilf, daß er mir zu Willen wär!

Daß er mir küßt den blassen Mund,
Den macht kein Kloster mehr gesund.
Ich bitt, schenk mir ein Mägdelein,
Das soll nach dir gerufen sein!

Die Jungfrau

Hier ruht die Jungfrau Lisa Gütersloh,
Mein Gott, sie tat nur immer so.
In der letzten Nacht noch haben sie gesehn,
Einen Schlächtergesellen auf ihr Zimmer gehn.
Doch auf dem Fuße folgte die Strafe diesem Graus:
Es war des Morgens um halb vier,
Da blies derselbe Schlächter ihr
Mit seinem Schlächtermesser
Das Lebenslämpchen aus.

Matrosenlied

In Algier sind die Mädchen schwarz,
Was macht denn das, mein Kind?
Wenn sie nur sonst an Kopf und Herz
Und, Schatz, das andre weißt du schon,
Auch zu gebrauchen sind.

Sie sind wie Schokolade schwarz,
Und beißt mal einer an,
So spürt er gleich an Kopf und Herz
Und, Schatz, das andre weißt du schon,
Was so ein Mädchen kann.

In Hamburg sind die Mädchen weiß
Und auch in Kiel, hurra!
Blau ist das Auge, blond das Haar,
Und, Schatz, das andre weißt du schon,
Grad wie in Afrika.

Der Schneidergeselle

Nun muß ich ja scheiden,
Das Herz tut mir weh.
Was ist höher als der Himmel,
Was ist tiefer als die See?

Was ist goldner als die Sonne?
Was ist blasser als der Mond?
Das ist die treue Liebe,
Die im Herzen mir wohnt.

Und die Sterne, sie leuchten,
Und die Winde, sie wehn.
Ich muß in die Fremde
Auf Wanderschaft gehn.

Geselle, Geselle,
Was blickst du so trüb?
Es rauscht ja die Welle,
Und sie hat mich noch lieb.

Und ich führe die Nadel
So emsig Stich um Stich
Die Stiche im Herzen,
Die zähle ich nicht…

Die Hochzeitsglocken

Begegnet mir mein Dirndl
Von weitem daher,
So wird’s mir ums Herz so voll –
Und im Beutel so leer…

Denn sie will fesche Kleider,
Seidne Strümpfe und Schnall’n,
Und ein sakrisch grünes Hütl,
Das tät ihr gefall’n.

Im Wirtshaus bestellt s‘ Braten
Und ein damischen Sekt.
Drauf hat sie sich von d‘ Fingern
Die Soß abgeschleckt.

Und gehn wir durch die stockfinstere
Nacht dann nach Haus,
Da bitt ich: lieb’s Dirndl,
Laß dein Kammerfenster auf!

Du lausiger Bua,
Was büldst dir denn ei?
I loaß nie koan Mannsbild
In mei Schlafkammer nei! –

Da läuten in meiner Taschen
Die Taler so hell…
Mei herzliabster Bua,
Jetzt kimm aber schnell!

Du derfst in mei Kammer,
Mei herzliabster Bua,
Wenn die Hochzeitsglocken läuten,
Dann derfst scho dazua…

In Amsterdam bin ich geboren

Zu Amsterdam bin ich geboren,
Meine Mutter war ein Mädchen ums Geld.
Mein Vater hat ihr die Ehe geschworen,
War aber weit gefehlt.

In einer dunkeln Gasse
Sah ich zum erstenmal das Sonnenlicht.
Ich wollte es mit meinen Händen fassen,
Und konnt es aber nicht.

Ein junger Mann kam eines Tages
Und küßte mich und rief mich seinen Schatz.
Sie legten bald ihn in den Schragen,
Ein anderer nahm seinen Platz.

Wir sind im Frühling durch den Wald gegangen
Und sahen Hirsch und Reh.
Die Bäume blühten und die Vögel sangen,
Vierblättrig stand der Klee.

Ein jeder hat mir Treu in Ewigkeit geschworen,
War aber weit gefehlt.
Zu Amsterdam hab ich mein Ehr verloren,
Ich bin ein Mädchen ums Geld.

Ach Bader

Ach Bader, ach Bader,
Laß du mein‘ Schatz zur Ader.
Sie liebt mich nicht, sie liebt mich nicht,
Ich sag‘ es ihr ins Angesicht.
Sie löste unsere Bande
In Schande.

Ach Guter, ach Guter,
Der Bader – was tut er?
Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht,
Der Bader aber stößt und sticht
Und bohrt an unserm Glücke
Mit Tücke.

Du Arge, du Arge,
Bald lieg‘ ich tot im Sarge.
Es gilt mir gleich, wer jetzt mit List
Der Deine ist und wer dich küßt
Auf Knie und Mund und Stirne,
Du Dirne.

Ja auf der Walze

Ja auf der Walze
Dees is z‘ dumm.
Verlier‘ i aus dera Hos’n
Mei Schmalzlerdos’n,
Woaß net warum.

Ja auf der Walze
Bin ganz deschperat,
Da hob i der Magd
Oan Bub’n g’macht,
Ja dees is fad.

Ja auf der Walze,
Himmiherrgottsackerment!
Da hob i für mei Durscht
Hoaß Wasser g’suffa,
Hob ma d‘ Gurgel vabrennt.

Ja auf der Walze,
Dees sag i laut:
Da hat mi beim Tippeln
Der damische damische
Knieschnackler hi’g’haut.

Ja auf der Walze
Triff i wen o:
Mit spindeldürre Wadel
Koa Bua und koa Madel,
I kenn ean scho…

Schnee

Und heut hat’s geschneit,
Mein Schatz, der ist weit.

Der Schnee, der ist weiß,
Mein Schatz ist wie Eis.

Der Schnee ist getaut,
Mein Schatz, der ist Braut,

Ist Braut eines andern,
Muß reisen, muß wandern

Durch Winter und Schnee.
Ihr Eltern, ade!

Die Schwiegermutter

An Spaten möcht‘ i ha’m,
Mei Schwiegermuatter z‘ erschloan.
Mit der hob i an Gfrett,
Ja dees gloabt’s koaner net.
An Spaten möcht i ha’m,
Mei Schwiegermuatter z‘ erschloan.

An Spaten möcht i ha’m,
Mei Schwiegermuatter zu begra’m,
Ihre Leich, die tät stinken
Wie oan o’brennta Schinken.
An Spaten möcht i ha’m,
Mei Schwiegermuatter zu begra’m.

An Geld möcht i ha’m,
Nach Rosenheim fahr’n,
Oane Messe loaß i les’n,
Was mir mei Schwiegermuatter g’wes’n.
An Geld möcht i ha’m,
Nach Rosenheim fahr’n.

An Madel möcht i ha’m,
Ja dees dürft’s mir gla’m.
A blitzsauberes Madel
Mit dreckete Wadel.
A Madel möcht i ha’m,
Ja dees dürft’s mir gla’m.

Was wird mein Weiberl sag’n,
Hob i an Madel auf mein Wag’n?
Ja du elendiger Mo –
Jetzt schaff‘ i mia ’n oandrn ‚o. –
Dees tu, werd i sag’n
Und steig herunter vom Wag’n.

Der Schpezl

Madel, wann i zu dir kemma soll, muaßt fei brav sei:
Loaß di mit koan andern als wia mit ’n Seppl ei.

Der Seppl is mei Schpezl, deessell woaßt ja,
Dees, woas i ko, ko der Seppl a.

Aber fei stad sei, Seppl, daß d‘ mi vaschtegst,
Daß di net glei zur Babett in d‘ Bettstatt nei legst.

Aber fei stad sei, Babett, bitt zu der heilig Maria:
Dees Kind, wo i kriag, dees mecht i von mia.

Studentenlied

Studenten, Studenten
Wir wollen’s ewig sein.
Philister und Küster flennten,
Wir trieben Narretein.
Wir säßen in den Schenken
Und täten pokulier’n,
Und an Mädels denken,
Aber nicht studier’n!

Wir sind halt Praktikanten,
Und ihr treibt Theorie.
Wir berechnen Tangenten, Sekanten
An eines Busens Harmonie.
Stil und Architektura
Kündet des Mädchens Bau.
Entzückend ist Natura,
Die Theorie ist grau.

H2O, Griechen, Welfen,
Gamma und Kosinus,
Die können gar nicht helfen
Bei eines Mädchens Kuß!
Beim Trinken und beim Küssen
Hilft keine Theorie,
Man wird’s probieren müssen!
Ach, aus probiert man’s nie!

Der betrogene Liebhaber

Mein Schatz hat mich betrogen,
Ist von mir fortgezogen
Zu einem Schweinehund
Ohne Grund –
Der Hund!

Nun geh ich durch die Gassen,
Will mir ein Dirnlein fassen,
Das liebt mich gut für Geld,
So wie es mir gefällt –
Für Geld.

Und lieb ich sie acht Tage,
So hat das keine Plage,
Und will ich sie nicht mehr,
Krieg ich ’ne andre her –
Ist nicht schwer…

Zwiegespräch

„Du gabst mir immer wieder
Dein Herz und deine Lieder,
Ich nahm sie sorglos hin.
Nun muß ich dich betrüben:
Ich darf dich nicht mehr lieben,
Weil ich nicht dein mehr bin.“

„Und liebst du einen andern,
Will ich ins Weite wandern,
Mir wird so enge hier.
Wie schmerzlich blüht der Flieder!
Mein Herz und meine Lieder,
Ich lasse sie bei dir.“