Martin Buber

Aus Wikipedia:

„… geboren am 8. Februar 1878 in Wien; gestorben am 13. Juni 1965 in Jerusalem) war ein österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph.

Leben

Martin Buber wurde 1878 in Wien als Sohn von Karl (Castiel Salomon) Buber und Elise Buber, geborene Wurgast, in wohlhabende Verhältnisse geboren. Nach der Trennung seiner Eltern 1881 wuchs er ab dem Alter von vier Jahren bei seinen Großeltern im galizischen Lemberg (heute Lwiw, Ukraine) auf. Sein Großvater war der Privatgelehrte und Midraschexperte Salomon Buber, der zu seiner Zeit einer der wichtigsten Forscher und Sammler auf dem Gebiet der chassidischen Tradition des osteuropäischen Judentums war. Nach dem Besuch des polnischen Gymnasiums in Lemberg studierte Martin Buber in Wien, Leipzig, Zürich und Berlin. Er belegte Nationalökonomie, Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte, Psychiatrie und Psychologie, u. a. bei Heinrich Herkner, Gustav Schmoller, Wilhelm Dilthey und Georg Simmel. 1903 promovierte er mit der Dissertation Zur Geschichte des Individuationsproblems. Nicolaus von Cues und Jakob Böhme.

1899 lernte er die Katholikin Paula Winkler kennen, mit der er sich 1907, nach ihrer Konversion zum Judentum, offiziell verheiratete. Sie wirkte an seiner Arbeit intensiv mit und veröffentlichte ihre eigene schriftstellerische Arbeit unter dem Pseudonym Georg Munk. Das Paar hatte zwei Kinder: Sohn Rafael (1900–1990), von 1922 bis 1929 mit Margarete Buber-Neumann (1901–1989) verheiratet, und Tochter Eva (1901–1992), verheiratet mit Ludwig Strauss.

In Wien lernte er Theodor Herzl persönlich kennen (erste briefliche Kontakte gab es im Februar 1900) und schloss sich dessen zionistischer Bewegung an. Im September 1901 übertrug Herzl Buber die Leitung des zionistischen Parteiorgans Die Welt als Nachfolger Berthold Feiwels, der nicht dazu zu bewegen war, die Funktion weiterhin wahrzunehmen.

1902 war Buber Mitbegründer des Jüdischen Verlags. Ab 1905 arbeitete er für den Verlag Rütten & Loening als Lektor; dort initiierte und betreute er u. a. das großangelegte Projekt einer sozialpsychologischen Monographienreihe Die Gesellschaft. 1908 war er an der Gründung des Sozialistischen Bundes beteiligt (u. a. mit Gustav Landauer und Erich Mühsam).

1916 gründete er zusammen mit Salman Schocken die Monatszeitschrift Der Jude, die bis 1928 erschien. Im selben Jahr siedelte Buber mit seiner Familie von Berlin-Zehlendorf nach Heppenheim an der Bergstraße über, wo er sein philosophisches Hauptwerk Ich und Du veröffentlichte und gemeinsam mit Franz Rosenzweig Die Schrift, eine Neuübertragung der Hebräischen Bibel ins Deutsche, begann.

Er hielt 1924 auf dem Monte Verità einen Tao-te-jing-Kurs ab. Von 1924 bis 1933 war Martin Buber erst Lehrbeauftragter und zuletzt Honorarprofessor für jüdische Religionslehre und Ethik an der Universität Frankfurt am Main. Er legte diese Professur 1933 nach der Machtübernahme Hitlers nieder, um einer Aberkennung zuvorzukommen. Er beteiligt sich danach am Aufbau der Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung bei der Reichsvertretung der Deutschen Juden. Die Mittelstelle war eine von 1934 bis 1938 tätige jüdische Bildungseinrichtung. „Ihr Hauptziel war es, den deutschen Juden die Möglichkeit zu geben, ihre jüdische Identität zu stärken, vor allem, als die jüdische Welt, die sie kannten, um sie herum zusammenbrach. Dies spiegelt sich in dem von Buber geprägten Slogan für das Zentrum wider: ‚Bewaffnung für die Existenz‘.“

Am 21. Februar 1935 untersagte die Geheime Staatspolizei Buber „bis auf weiteres jede Betätigung als Redner in öffentlichen Veranstaltungen und in geschlossenen Tagungen jüdischer Organisationen“. Im selben Jahr wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen. 1938 konnte er aus dem NS-Staat nach Jerusalem entkommen – er selbst sprach immer von seiner Einwanderung –, wo er bis 1951 an der Hebräischen Universität von Jerusalem Anthropologie und Soziologie lehrte. Ab diesem Zeitraum stand Buber einigen zionistischen Intellektuellen nahe, so etwa dem Philosophen Felix Weltsch, dem Schriftsteller Max Brod, Politikern wie Chaim Weizmann als auch Hugo Bergman. Sie alle waren Bekannte Bubers aus dem alten Europa der Städte Prag, Berlin und Wien; ihre Freundschaft und gegenseitige Anregung bestand bis in die 1960er Jahre.

Bubers Wohnhaus in Heppenheim wurde während der November-Pogrome am 9. November 1938 verwüstet. Er wohnte darin von 1916 bis 1938 zusammen mit seiner Frau und später seinen Enkelinnen, den Töchtern von Rafael Buber und Margarete Buber-Neumann. Barbara (verheiratete Goldschmidt) wurde Malerin, Judith Soziologin und Frauenforscherin. Nachdem es als Kfz-Zulassungsstelle gedient hatte, wurde das Haus 1975/76 unter Denkmalschutz gestellt, in den Jahren 1978/79 renoviert und restauriert. Seit April 1979 ist das Haus Sitz des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ). In den Jahren 1938 bis 1940 verfasste Paula Buber das literarische Zeitbild Muckensturm. Ein Jahr im Leben einer kleinen Stadt, das 1953 unter Pseudonym veröffentlicht wurde, wobei sich Muckensturm auf Heppenheim bezieht.

Kurz nach den Novemberpogromen erschien Ende 1938 ein offener Brief Mahatma Gandhis unter der Überschrift Die Juden, in dem er zur Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland, zum Zionismus und zum Palästinakonflikt Stellung bezog. Gegen diesen Text wandte sich nicht nur Martin Buber. Gandhi betonte zwar seine Sympathien für das jüdische Volk, lehnte aber den Zionismus als ungerecht gegenüber den Arabern ab, denen Palästina ebenso zustehe wie England den Engländern und Frankreich den Franzosen. Ein Krieg gegen Deutschland könne zur Verhinderung der „frevelhaften Verfolgung eines ganzen Volkes“ gerechtfertigt werden. Allerdings könnten die Juden der Verfolgung mit gewaltlosem, organisiertem, zivilen Widerstand begegnen. Es gebe Gemeinsamkeiten zur Situation der Unberührbaren in Indien und zur Diskriminierung der Inder in Südafrika. Buber widersprach in seiner scharfen Replik dem Vergleich zwischen der antisemitischen Gewalt mit der Diskriminierung der Inder durch die Briten und Buren. Gandhi kenne die Lage in den deutschen Konzentrationslagern nur unzureichend, das Ausmaß des nationalsozialistischen Terrors sei ihm nicht bewusst. Buber drückte seine Enttäuschung darüber aus, dass der von ihm geschätzte und verehrte Gandhi oberflächlich urteile, denn die Inder in Südafrika würden diskriminiert, seien aber weder vogelfrei noch würden sie systematisch beraubt oder sogar umgebracht und zu „Geiseln für das erwünschte Verhalten des Auslands“ gemacht. Jahrelanger gewaltloser Widerstand jüdischer Deutscher habe die Nationalsozialisten nicht an ihren Unrechtstaten hindern können, sondern die Gewalt eher verstärkt. Gandhis Behauptung, Palästina gehöre ausschließlich den Arabern, sei historisch, rechtlich und moralisch falsch. Vielmehr stehe Palästina beiden Völkern bzw. allen Völkern zu, die geschichtlich mit diesem Land verbunden seien. Nur ein gemeinsames gewaltfreies Leben miteinander führe zu Frieden und Gerechtigkeit.

1953 erhielt Buber den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, mit dessen – in Israel sehr umstrittenen – Entgegennahme in der Frankfurter Paulskirche setzte er ein Zeichen der Verständigungsbereitschaft. Der Bergsträßer Anzeiger schrieb zu seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung: „Buber hat die Welt in seinen Dankesworten ermahnt, das Vertrauen zurückzugewinnen. Die Krise der Menschen zeigt sich am deutlichsten als eine Krise des Vertrauens“. Nach Heppenheim kehrten weder er noch seine Frau je zurück.

In New York war Buber 1955 neben Hannah Arendt, Gershom Scholem u. a. an der Gründung des Leo Baeck Instituts beteiligt, einer wichtigen Dokumentations- und Forschungsstätte für die Geschichte der deutschsprachigen Juden. Ein Großteil der Bestände, die auch in elektronischer Form vorliegen, ist im Jüdischen Museum Berlin einsehbar. Buber gehörte auch – ebenso wie Hannah Arendt – zu den Autoren des „Aufbau“.

Paula Buber starb 1958 in Venedig bei der Rückkehr von einer Reise durch die USA und Europa, die sie mit ihrem Mann gemeinsam unternommen hatte. Martin Buber starb 1965 in Jerusalem.

Werk

Obwohl Martin Buber selbst zu keiner dieser jüdischen Richtungen gehörte, widmete er sich dem Verständnis der orthodoxen und ultraorthodoxen mystischen jüdischen Bewegung im Westen. Dazu übersetzte er zahlreiche Erzählungen und Traditionen des Chassidismus in die deutsche Sprache. Insbesondere seine umfangreiche Textsammlung Die Erzählungen der Chassidim liefert dafür ein Zeugnis. Zeit seines Lebens war Buber ein Vermittler zwischen der bedrohten traditionellen Welt der Juden in Osteuropa und der westlichen Haskala. Schon zu Beginn der zionistischen Bewegung und der jüdischen Einwanderung nach Palästina mahnte er eindringlich, gute Beziehungen zu den Arabern aufzubauen. Das trug ihm viel Widerspruch und Feindschaft ein.

Auf Anregung des Verlegers Lambert Schneider begann Buber 1925 zusammen mit dem Philosophen Franz Rosenzweig mit der Übersetzung der Heiligen Schrift, des Tanach, ins Deutsche. Die Bände erschienen zunächst im Verlag von Lambert Schneider. Es ging den beiden Gelehrten vor allem um die sprachlich genaue Übertragung des hebräischen Urtextes unter Wahrung seines vollen Bedeutungsreichtums. Nach Rosenzweigs Tod im Jahr 1929 (dem letzten gemeinsamen Band Jeschajahu war ein Gedenkzettel für Rosenzweig beigelegt) setzte Buber die Arbeit allein fort; bis 1938 erschienen von vorgesehenen 20 jedoch nur 15 Bände. Der 1938 im Schocken Verlag publizierte Band Gleichsprüche blieb der letzte der Einzelausgaben. Ein geplantes Erscheinen des bereits fertiggestellten Ijob-Bandes im nach New York übersiedelten Schocken-Exilverlag wurde nicht realisiert, weil Buber einen „Torso nicht um ein weiteres Stück vergrößern“ wollte. Die fehlenden Bände kamen erst nach dem Krieg, zu einem einzigen voluminösen Buch zusammengefasst, als Schriftwerke im Rahmen einer vierbändigen Gesamtedition der Buber-Rosenzweig-Bibel im Hegner-Verlag heraus. Die Buber-Rosenzweig-Übersetzung gilt neben der Tora-Übertragung von Moses Mendelssohn als bedeutendste deutschsprachige jüdische Bibel (und als genauste Übertragung der alttestamentlichen Bücher). Sie war Vorbild für André Chouraqui bei seiner wörtlichen Übertragung der Schrift ins Französische; er verfolgte das Ziel, eine ebenfalls allgemein akzeptierte französischsprachige jüdische Bibel zu schaffen, die in den 1970er Jahren in 22 Bänden erschien und seither ständig nachgedruckt wird.

In seinen philosophischen Werken kommt bei Buber vor allem das Thema des Dialogs als anthropologisches Prinzip des Menschen zum Ausdruck. Sein Hauptwerk trägt den Titel Ich und Du und behandelt das Verhältnis des Menschen zu Gott und zum Mitmenschen als existentielle, dialogische und religiöse Prinzipien. Seine Werke prägten u. a. den Arzt Hans Trüb, später den Pädagogen Hermann Röhrs und den Philosophen Amitai Etzioni, der das kommunitaristische Denken ausarbeitete; auch der strukturierende Dreischritt ich – du – wir des von den Didaktikern Urs Ruf und Peter Gallin entwickelten Dialogischen Lernens scheint von Bubers dialogischem Prinzip geprägt. Zudem plädierte Buber in Texten wie Drei Sätze eines religiösen Sozialisten für einen religiösen Sozialismus.

Anfang der 1960er Jahre stellte Buber seine Werke in drei Sammelbänden zusammen, geordnet nach Schriften zur Philosophie, Schriften zur Bibel und Schriften zum Chassidismus. Sein Hausverlag Lambert Schneider veröffentlichte die drei Bücher gemeinsam mit dem Kösel-Verlag. Diese Edition gilt nach Zusammenstellung und Ordnungsprinzip als Ausgabe letzter Hand und behält daher trotz der inzwischen begonnenen neuen Werkausgabe weiter ihre Gültigkeit. Das im eigentlichen Sinne letzte Buch Bubers ist der Band Nachlese, dessen Druckfahnen er noch selbst korrigiert, dessen Erscheinen er aber nicht mehr erlebt hat. Die Spätzeit des Religionsphilosophen hat Werner Kraft im Band Gespräche mit Martin Buber dokumentiert.

Die aktuelle, auf 21 Bände angelegte Gesamtausgabe der Schriften Martin Bubers (Martin Buber Werkausgabe) war bislang als Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften angesiedelt. Seit 2010 wird die Edition an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf aus eigenen Mitteln sowie mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegeben. Im Frühjahr 2011 erschien der für Buber in mehrerlei Hinsicht zentrale neunte Band der Werkausgabe unter dem Titel Schriften zum Christentum. In den dort versammelten Dokumenten, aus denen insbesondere seine 1950 entstandene Schrift Zwei Glaubensweisen herausragt, zeigt Buber in paradigmatischer Weise das Trennende, gleichzeitig aber auch die enge theologische Verbindung zwischen Judentum und Christentum auf.

Würdigungen

Auszeichnungen

1951 Hansischer Goethe-Preis
1953 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels[13]
1958 Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
1958 Israel-Preis
1960 Kultureller Ehrenpreis der Landeshauptstadt München[14]
1961 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
1962 Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
1963 Erasmuspreis
1964 Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg

Gedenktafel

Am 16. Oktober 2018 wurde an seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Zehlendorf, Vopeliuspfad 12, eine Berliner Gedenktafel enthüllt.

Martin-Buber-Gesellschaft

Die 2000 gegründete Martin-Buber-Gesellschaft sucht „Kenntnis und Verständnis für Martin Buber zu wecken und zu vertiefen, die Erforschung und Darstellung seines Werkes, seiner Person und seiner Zeit zu fördern. In die Erhellung des Buberschen Lebenskreises einbeschlossen sollen seine Herkünfte sein, primär die jüdische Geistes- und Glaubensgeschichte, vorwiegend vom 18. Jahrhundert an.“ In der Gesellschaft gibt es eine philosophische Sektion, eine pädagogische Sektion und eine therapeutische Sektion. Erster Vorsitzender ist Wolfgang Krone, stellvertretende Vorsitzende ist Ursula Frost. Ehrenvorsitzender ist Lothar Stiehm.