Fabel Nina

Briefblatt, beidseitig beschrieben, wie üblich mit Kopierstift.

Positano, 29.IV.21

Lieber Herr Unus,

was sagen Sie zu folgender Fabel: Sie ist mir heute eingefallen:

Nina ist die Tochter eines Bauern aus Positano. Schon in ihrer Jugendzeit zeigt Fanzetti, der Priester, das größte Interesse für sie. Sie geht nicht in sein Netz, was sein hochmütiges Herz erbittert.

Als sie etwa fünfzehn Jahre alt ist, kehrt Gennaro, ein fünfunddreißigjähriger Mann aus Amerika in seine Heimat zurück. Er hat drüben als Früchteexporteuer sein Geld gemacht. Er heißt wegen seiner amerikanischen Manieren der Lord. Nina und er entbrennen sofort für einander. Der Priester, der ihr Verhältnis beobachtet, beschimpft öffent­lich an der Kirchentür als Hure. Der Lord erzwingt sich Zugang in die Sakristei und es kommt zu    einem Messerkampf zwischen den beiden. Der Priester wird schwer verwundet. Er wagt sich nicht aus dem Haus und lässt sich nach Neapel versetzen, Der Lord und Nina heiraten. Am Morgen nach ihrer Hochzeit wacht Nina auf: sie will ihren Gatten wecken: – er ist tot: durch einen Messerstich ins Herz ge­tötet, während sie neben ihm schlief.

Sie wartet die Trauerzeit ab und geht nach Neapel, den Gatten zu rächen. Sie singt als oriantosa in den niedrigsten Tingel­tangels, um die Beziehungen zu erhalten, die sie braucht: Die der Camorra. Es ist ihr kein Zweifel, dass der Lord von der Camorra ermordet worden ist. Es gelingt ihr, in ihre Kreise zu kommen und sie entdeckt, dass Fanzetti, der als Priester in Neapel wirkt, ein doppeltes Leben lebt: Als Priester und Camorristas. Sie liefert ihn und 400 Camorristas als Sühne für den Mord an ihrem Gatten der Polizei
ans Messer, bis sie zuletzt als Opfer der Camorra fällt. –

Was sagen Sie dazu? Ich denke mir die Behandlung in der Art des Moreau„ Oder könnte man ein Drama daraus machen? Die Handschrift und das Drum und Dran ist mir so ganz vertraut jetzt.