Ein neues Buch: „Brennendes Herz – Klabund“

Guido von Kaulla schrieb die überfällige Biographie des Dichters

Für die Oktober-Nummer 1970 der „Heimatgrüße“ verfasste der in Konstanz lebende und wirkende Schauspieler Gui­do von Kaulla den Gedenkartikel zum 80. Geburtstag Klabunds .Autobiogra­phie des 18jährigen Dichters“. Die Lesergemeinde der „Heimatgrüße“ nahm da­mals gewiss mit Interesse auf, was Herr von Kaulla dank seines in Jahrzehnten zusammengetragenen Klabund-Archivs Uber die Jugend Alfred Henschkes zu erzählen wusste. Im Vorspann des vor ei­nem Jahr veröffentlichten Aufsatzes klang bereits an, dass Guido von Kaulla an ei­nem Buch über den Dichter arbeitet. Nun ist es soweit, nun ist die längst überfällige Klabund Biographie da. Der Verlag Werner Classen in Zürich bringt sie zur diesjährigen Frankfurter Buch­messe unter dem Titel „Brennendes Herz – Klabund“ heraus. Das Buch kostet 24,50 DM. Die Redaktion gibt anlässlich dieses literaturgeschichtlichen Ereignis­ses vorbehaltlich einer späteren Bespre­chung dem Biographen das Wort:

Im Verzeichnis der „Herren Studie­renden“ der Ludwigs-Universität Mün­chen war im Wintersemester 1909/10 auch der Crossener Alfred Henschke vertreten mit der Angabe „Heimat: Brandenburg“. Der Geburts- und Hei­matort dieses sich als Dichter später „Klabund“ nennenden Bürgersohnes ersteht aber auch vor den Augen Frem­der in meiner Schilderung seines Le­bens, die als Buch jetzt im Oktober er­scheint. Da liest man denn u.a. von der Aue und vom Bergfriedhof, vom Hotel „Drei Kronen“ und vom Schützenhaussaal, vom Turm der Marienkirche und von der Adler-Apotheke.

Crossen lernte ich kennen, als ich nach dem Tode Klabunds dort bei den Henschkes Gast war. Damals wurde ausgemacht, das mir wie schon der Berliner und Dachauer Nachlass so auch der in Crossen befindliche mit allen Manuskripten, Briefen und Photographien zur Verfügung stehen sollte, um für meine Doktorarbeit und eine später daraus zu entwickelnde Bio­graphie ausgewertet zu werden.

Der Berliner Verleger und Klabund-Vertraute Fritz Heyder äußerte mir ge­genüber 1932 die Ansicht, Klabund müsse erst legendär werden, ehe man eine Lebensbeschreibung herausbrin­gen könne. Dieser Zustand ist nun ein­getreten.

In der langen Zwischenzeit mussten viele Klippen umschifft und Schwierigkeiten überwunden werden. Aber immerhin: Nach über 40 Jahren gelang es, die mit Liebe – aber nicht mit Liebedienerei – geschriebene Bio­graphie in gedrängter Form bei einem Verleger unterzubringen – nicht als Buch der Literatur, sondern, um ein Wort des Kritikers Alfred Ken abzu­wandeln, als ein Menschenbuch. Das Leben einer leidenschaftlichen Natur ersteht in seinen Siegen und Niederla­gen, in seinen Antrieben und Begeg­nungen. Da ist es unwichtig, dass des Dichters Werk derzeit nur mit einem nach meiner Meinung nicht geglückten Auswahlband auf dem Markt vertreten ist. Denn das wahre Bild Klabunds ist, so glaube ich, nunmehr endgültig ge­zeichnet.

Schwierigkeiten ergaben sich durch die finanzielle Kalkulation des an sich kleinen schweizerischen Verlages, die drastisch den Umfang des Buches be­schränkte. Da mit jedem nicht unbe­dingt notwendigem Worte gegeizt wer­den musste, fielen beispielsweise lei­der auch viele Eigennamen dem Rot­stift zum Opfer. Die älteren Leser der „Heimatgrüße“ werden sich vielleicht gleich mir an die sogenannten „We­stentaschenkreuzer“ der Zeit nach dem 1. Weltkrieg erinnern. Die Versailler Bestimmungen hatten der Marine des Deutschen Reiches nur Kreuzer von 10.000 Bruttoregistertonnen erlaubt, in der Absicht, dadurch das Einbauen schwerer und weittragender Schiffsgeschütze unmöglich zu machen Aber es gelang dem Können der Konstruk­teure, dennoch Geschütze von großer ‚ Feuerkraft unterzubringen. Daran dachte ich oft, wenn ich notgedrungen auf viele Erwähnungen verzichten musste, um stattdessen Sätze mit mehr „Feuerkraft“ retten zu können.

Eine andere zu meisternde Erschwe­rung war die, dass aus Gründen der urheberrechtlichen Absicherung nur aus bereits veröffentlichten Klabund-Texten zitiert werden durfte und nur in einem durch den Charakterisierungszweck gebotenem Umfang. Die Texte selbst fanden sich oft auch an sehr entlegenen Stellen wie etwa im „Aufbau“ (New York) oder im „Steglitzer Anzeiger“ oder in der Münchener „Neuen Zeitung“. Wichtig war die gute Zusammenarbeit mit dem Phaidon-Verlag (London).

Der notwendig gewordene Preis des 220 Textseiten und 16 Bildseiten umfassenden Buches wird vielleicht etwas den privaten Kauf behindern. Doch ich denke und hoffe, dass genügend öffentliche Bibliotheken das Buch er­werben und dadurch allen Interessierten das Lesen ermöglichen werden. Im Übrigen dürfte es von den Verkaufs­zahlen dieser Biographie abhängen, ob ein von mir bereits verlagsfertig vorbe­reitetes zweites Buch über Klabund er­scheinen kann.