Dem Traum folgen

Das Leben der Schauspielerin Carola Neher und ihre Liebe zu Klabund

Erschienen 1969  im Dittrich Verlag Velbrück GmbH Bücher & Medien – 53919 Weilerswist-Metternich

https://www.velbrueck.de/dittrich/

Finger weg von diesem Buch. Zu den Angaben über die Familie kann man nur schreiben: Schnell und schlampig abgeschrieben, oder schlecht recherchiert – daher Korrekturen und die stammen aus der Familie Neher: „So hat Carolas Mutter Herrn Neher nicht 1899 geheiratet sondern am 6. Juni 1900.“

Und weiter: „  Katharina Karoline Baronek hat nie ein Haus in der Pilarstraße gekauft; sie lebte dort in einer Erdgeschoßwohnung zur Miete.“ Oder: „Die Weinstube wurde in der Villa in der Hirschgartenallee eröffnet und nicht in der Pilarstraße.“

„Alles Kleinigkeiten“, schreibt Micha Neher, aber ich füge hinzu, eben sehr ärgerliche bei der Vita der Autorin: Tita Gaehme – 1975-93 Verlegerin des Prometh-Verlags (Theater-, Foto-, Film- und Kunstbücher). Seit 1988 Theaterarbeit in Bonn, Köln und Wuppertal als Künstleri­sche Direktorin, Dramaturgin und Regisseurin. Rundfunk- und Fernsehautorin, Her­ausgeberin und Autorin von mehreren Büchern.

Sehr große Entrüstung aber lösen sowohl in der Familie Neher wie auch bei mir die folgenden Sätze aus. Tita Gaehme schreibt „(Zwischen) Josef und Carola besteht von Anfang an eine sehr enge geschwisterliche Beziehung, die auch in spä­teren Jahren nicht abbricht. (…) Er wird Berufsmusiker, arrangiert sich im Naziregime und wird in den dreißiger und vierziger Jahren Generalmusikdirektor am Städtischen Theater in Trier.“

In der Familie ist man „irritiert“, wesentlich weniger zurückhaltend kann man diese Sätze aber auch als bösartige Verleumdung bezeichnen. Josef Nehers Sohn schreibt dazu: „Dieses Arrangement sah so aus, dass mein Vater 1933 von der SS verhaftet und am 25. März 1933 als einer  der ersten politischen Schutzhäftlinge in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert wurde.“

Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen, außer der Empfehlung, von diesem Buch die Finger zu lassen, denn einer Autorin dürfen solche Fehler nicht unterlaufen.

Vorwort von Georg Becker, dem Sohn von Carola Neher

Inhalt:

Carola Neher gehört zu dem neuen Frauentypus, der in den Zwanziger Jahren zuerst am Theater modern und dann auch zum weiblichen Leitbild der Gesellschaft wird. Schlank, biegsam, mit langen Beinen, sachlich, mit kapriziöser Verve, tän­zerischer Virtuosität und berechnen­der Erotik betört sie Männer und setzt deren Begeisterung für ihren Karriere-Ehrgeiz ein. Das offene Be­kenntnis, der nüchterne Blick, Lust am Erkämpften und Erlebten sind ihre Ausdrucksformen der Moder­nität. Carola gehört schon zur Gene­ration der Neuen Sachlichkeit. Als der tuberkulosekranke Klabund 1924 die Schauspielerin Carola Neher in München kennenlernt, ist er ein berühmter Dichter, doch es bleiben ihm nur noch vier Jahre zu leben. Berlin ist in den Zwanziger Jahren das Zentrum der Theater- und Lite­raturszene. Dorthin muss jeder, der daran teilhaben will. Und hier explo­diert Carola Nehers Ruhm. Das Leben in der Stadt pulsiert, es ist ein Tanz auf dem Vulkan. Klabunds Krankheit erscheint als Metapher die­ser Gefährdung. Die Ahnung seines nahen Todes macht beide empfind­sam für die Signale der drohenden Katastrophe, die auf die unruhigen Zwanziger Jahre folgen wird, und ihr Lebenshunger hat viel mit dieser Ahnung zu tun. Als Klabund im Som­mer 1928 stirbt, hat Carola Neher den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren. Sie stürzt sich in die Arbeit, spielt Theater, dreht Filme. Sie wird Brechts Wunschbesetzung für die Polly in der „Dreigroschen­oper“, für Lilian Holiday in „Happy End“ und seine „Heilige Johanna der Schlachthöfe“.

Des Lebens der linken Schickeria über­drüssig, heiratet sie 1932 einen jun­gen kommunistischen Ingenieur und geht mit ihm 1933 nach Moskau. Ihr Schicksal steht stellvertretend für viele ihrer Generation: In brutaler Um­kehrung der revolutionären Erwartung endet ihr Leben 1942 in einem sowjetischen Gefangenenlager.